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Die Zeit Friedrichs III.,
von 1688 bis 1713

Schloß Oranienburg war, wie wir es geschildert haben, ein Bau von mäßigen Dimensionen (nur fünf Fenster breit), als 1688, nach dem Tode des Großen Kurfürsten, der prachtliebende Friedrich III. zur Regierung kam. Es war eine Zeit für die bildenden Künste in unserem Lande wie vielleicht keine zweite Die Zahl der Baumeister, Bildhauer und Maler belief sich damals im Brandenburgischen auf 143. , zumal wenn man die verhältnismäßig bescheidenen Mittel in Anschlag bringt, die dem fürstlichen Bauherrn zur Verfügung standen. Schloß Köpenick, wo der Kurfürst die letzten Jahre vor seiner Thronbesteigung zugebracht hatte, wurde zuerst beendet; dann folgte, mit einer Munifizenz, die noch weit über das hinausging, was in Köpenick geleistet worden war, der Ausbau des Oranienburger Schlosses. Ob der Kurfürst damals die Absicht hatte, das Schloß an der Oberhavel zu seinem bevorzugten Aufenthalt zu machen, oder ob er seiner Stiefmutter, der holsteinschen Dorothea, in nicht mißzuverstehender Weise zeigen wollte, wie heilig, wie wert ihm die Schöpfung und Hinterlassenschaft seiner rechten Mutter sei, gleichviel, Schloß Oranienburg wuchs alsbald aus seiner engen Umgrenzung heraus, und ein Prachtbau stieg empor, wie die Marken damals, mit alleiniger Ausnahme des Schlosses zu Cölln an der Spree, keinen zweiten aufzuweisen hatten. Von 1688 bis 1704 dauerte der Bau, und das Schloß nahm im wesentlichen die Gestalt und Dimensionen an, worin wir es noch jetzt erblicken. An ein reich ornamentiertes Mittelstück (corps de logis) lehnten sich zwei Vorder- und zwei Hinterflügel, zwischen denen ein nach einer Seite hin geöffneter Hofraum lag. Ganz wie jetzt. Am Ende jedes der vier Flügel erhob sich ein Pavillon, und das corps de logis trug zwischen dem Dach und den Fenstern des dritten Stockes die Frontalinschrift: »A Ludovica princip. Auriac. matre optima exstruct. et nom. gentis insignit. aedes Friedericus Tertius Elector in memoriam parentis piissimae ampliavit, ornavit, auxit MDCXC.« (Dies von der besten Mutter, der Prinzessin von Oranien, Luise, gebaute und durch den Namen ihres Geschlechts ausgezeichnete Schloß hat der Kurfürst Friedrich III. zum Gedächtnis der frömmsten Mutter erweitert und geschmückt im Jahre 1690.) Diese Inschrift existiert noch.

Es kann nicht Zweck dieser Zeilen sein, mit Hülfe noch vorhandener Aufzeichnungen den Leser durch eine lange Reihe von Prachtzimmern und Galerien, von Sälen und Porzellancabinetten zu führen, von denen, mit Ausnahme weniger Zimmer, die ich gegen den Schluß des Aufsatzes hin zu beschreiben gedenke, auch jede Spur verlorengegangen ist; nur einiges werde ich hervorzuheben haben, um wenigstens eine Andeutung von dem Reichtum zu geben, der innerhalb dieser Mauern heimisch war. In dem Treppenhaus, das fast die halbe Breite des corps de logis einnahm, sprang eine Fontaine und trieb den Wasserstrahl bis in das dritte Stock hinauf; die Treppe selbst aber war unten mit vier Jaspis- und weiter oben mit vier Marmorsäulen geschmückt. An der gewölbten Decke waren die vier Laster des Hofes: Gleisnerei, Verleumdung, Neid und Habsucht, dargestellt, wie sie von ebenso vielen Engeln aus dem Himmel gestürzt werden. Deckengemälde, zum Teil ähnlichen symbolischen Inhalts, zeigten sich in fast allen größeren Sälen. Im Vorzimmer des Königs befand sich, an den Plafond gemalt, wie schon erwähnt, eine Kopie des großen Terwestenschen Bildes, während im sogenannten »Orangesaal« ein anderes großes Deckengemälde die Verherrlichung des oranischen Hauses symbolisch darstellte. In der Mitte desselben erblickte man eine weibliche Figur mit dem oranischen Wappen und einem Orangebouquet im Haar, während sie zugleich eine Schnur mit Medaillons in Händen hielt, wodurch die Geschlechtsfolge des Hauses Oranien veranschaulicht werden sollte. Neid und Verräterei mühen sich, die Schnur zu zerreißen, aber ein Blitzstrahl aus den Wolken fährt zwischen sie.

In demselben Saale befanden sich die Bildnisse der Fürsten von Oranien von 1382 ab, daneben aber das Portrait König Friedrichs I. selbst, mit dem bekannten Distichon als Unterschrift, durch das einst der Königsberger Dichter Bödecker die Geburt Friedrichs verherrlicht und seine künftige Königschaft vorhergesagt hatte:

Nascitur in Regis Friedericus Monte; quid istud?
Praedicunt musae: Rex Friedericus erit.

(Königsberg heißt die Geburtsstadt des Prinzen Friedrich; was folgt draus? Musen, kündet es laut: König wird Friedrich uns sein.)

So waren Säle und Treppenhaus. Fast noch prächtiger war die Kapelle: die Wände waren mit Marmor bekleidet und die Decke mit Kirchenbildern geziert, während der Altartisch auf vier vergoldeten Adlern ruhte. Bischof Ursinus hielt hier 1704 die Einweihungsrede. Nun ist alles hin, alles verweht und zerstoben. Nur Orgel, Kanzel und königliche Loge existieren noch, sind aber nach Französisch-Buchholz hin verpflanzt worden und zieren dort die Kirche bis diesen Tag.

So war Schloß Oranienburg in den Tagen, die der oranischen Prinzessin unmittelbar folgten. Wir fragen weiter: Wie war das Leben in diesen Räumen? Darüber liegen leider wenige Aufzeichnungen vor, und wir müssen auf Umwegen und durch Schlüsse zu einem Resultat zu gelangen suchen. Daß der Kurfürst häufig hier verweilte, geht weniger aus der Reichtumsfülle hervor, mit der er das Schloß ausstattete (eine prächtige Ausstattung verrät noch keine persönliche Teilnahme, keine Herzensbeziehungen), als aus dem Eifer, mit dem er die Herrschaft Oranienburg zu erweitern und einige der im Umkreis gelegenen Dörfer in einen gewissen Einklang mit dem Schlosse selbst zu bringen suchte. Diese sorgliche Fassung, die er dem Edelsteine gab, bewies am besten, wie sehr er an demselben hing. So wurden Grabsdorf und Lehnitz, Cossebant und Perwenitz, vier in der Nähe befindliche Güter, angekauft und in Vorwerke oder Koloniedörfer umgewandelt. Grabsdorf erhielt ein Jagdschloß, das innerhalb seiner schmucklosen Mauern bis diesen Augenblick noch die eiförmigen Zimmer zeigt, die, nach damaliger Mode, ihm gegeben wurden. Dabei wurde der Name Grabsdorf, der an unbequeme Dinge erinnern mochte, beiseite getan und in »Friedrichsthal« umgewandelt, unter welcher Bezeichnung Dorf und Jagdschloß bis diesen Tag noch vorhanden sind. Auch Cossebant verlor seinen alten Namen und trat die Erbschaft des vakant gewordenen Namens »Bötzow« an. Das heutige Bötzow hat also nichts gemein mit Burg und Stadt Bötzow, die bis 1650 anstelle des jetzigen Oranienburg zu finden waren, sondern ist ein in der Nähe gelegenes Dorf, das bis 1694 den Namen Cossebant führte.

Diese Neuschöpfungen, mit denen der Kurfürst Schloß Oranienburg umgab, beweisen genugsam, daß dies Havelschloß, dies Vermächtnis von der Mutter her, ein bevorzugter Aufenthalt des Kurfürsten und spätern Königs war, aber auch einzelne Berichte sind uns zur Hand, die uns, trotz einer gewissen Dürftigkeit der Details, den Kurfürsten (damals schon König) direkt an dieser Stelle zeigen. »Im Sommer 1708«, so erzählt Pöllnitz, »rieten die Ärzte dem Könige, das Karlsbad in Böhmen zu gebrauchen, wohin er sich im Laufe des Sommers auch wirklich begab. Vorher war er in Oranienburg und hatte auf dem dortigen Schlosse eine Zusammenkunft mit dem regierenden Herzog von Mecklenburg-Schwerin. Diese Zusammenkunft der beiden Fürsten war nicht ohne Bedeutung: sie hatte zunächst nur eine Erneuerung und Bestätigung des alten Erbfolgevergleichs im Auge, der im Jahre 1442, zu Wittstock, zwischen Friedrich II., dem Eisernen, und den Herzögen von Mecklenburg geschlossen worden war, mußte aber natürlich, da man Gefallen aneinander fand, einige Monate später die Schritte wesentlich erleichtern, die, im November 1708, zu einer dritten Vermählung des Königs, und zwar mit Luisa Dorothee, der Schwester des regierenden Herzogs von Mecklenburg, führten. – Am 24. November«, so fährt unsere Quelle fort, »traf die neue Königin in Oranienburg ein und wurde daselbst vom Könige und dem ganzen Hofe empfangen. Nachdem die Vorstellung aller Prinzen und Prinzessinnen stattgefunden hatte, verließ man das Schloß und begab sich nach Berlin, wo am 27. desselben Monats die Königin ihren feierlichen Einzug hielt.« Der König, trotz seiner Jahre, war anfänglich von der Königin bezaubert; keine Ahnung beschlich sein Herz, daß, vier Jahre später, dieselbe Prinzessin geistesgestört und wie eine Mahnung des Todes an ihn herantreten werde. Das war im Berliner Schloß, in den Januartagen 1713. Der König, krank schon, ruhte auf einem Armstuhl und war eben eingeschlummert, als er sich plötzlich angefaßt und aus dem Schlaf gerüttelt fühlte. Die geisteskranke Königin, die eine Glastür erbrochen hatte, stand weißgekleidet und mit blutenden Händen vor ihm. Der König versuchte sich aufzurichten, aber er sank in seinen Stuhl zurück. »Ich habe die Weiße Frau gesehen.« Wenige Wochen später hatte sich die alte Prophezeiung seines Hauses an ihm erfüllt. Nicht zu seinem Glück hatte die mecklenburgische Prinzessin das Land und, als erste Stufe zum Thron, die Marmortreppe von Schloß Oranienburg betreten.


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