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56.
Otto Quangels anderer Zellengefährte

Als Otto Quangel von einem Aufseher in seine neue Zelle im Untersuchungsgefängnis geführt wurde, stand ein großer Mann vom Tisch auf, an dem er lesend gesessen, und stellte sich unter das Zellenfenster, in der vorschriftsmäßigen Haltung, mit den Händen an der Hosennaht. Aber die Art, wie er diese »Ehrenbezeigung« ausführte, verriet, daß er sie nicht für sehr notwendig hielt.

Der Aufseher winkte auch gleich ab. »Is ja jut, Herr Doktor«, sagte er. »Da haben Sie einen neuen Zellengefährten!«

»Schön!« sagte der Mann, der aber für Otto Quangel mit seinem dunklen Anzug, seinem Sporthemd und Schlips mehr wie ein »Herr« als wie ein Zellenkamerad aussah. »Schön! Mein Name ist Reichhardt, Musiker. Kommunistischer Umtriebe beschuldigt. Und Sie?«

Quangel fühlte eine kühle, feste Hand in der seinen. »Quangel«, sagte er zögernd. »Ich bin Tischler. Ich soll Hoch- und Landesverrat begangen haben.«

»Ach, Sie!« rief der Dr. Reichhardt, der Musiker, dem Aufseher nach, der eben die Tür schließen wollte. »Von heut an wieder zwei Portionen, ja?«

»Is ja jut, Herr Doktor!« sagte der Aufseher. »Weeß ich ja von alleene!«

Und die Tür schloß sich.

Die beiden sahen sich einen Augenblick prüfend an. Quangel war mißtrauisch, fast sehnte er sich nach seinem Karlchen Hund im Gestapokeller zurück. Mit diesem feinen Herrn, einem richtigen Doktor, sollte er nun zusammen leben – es war ihm unbehaglich.

Der »Herr« lächelte mit den Augen. Dann sagte er: »Tun Sie nur so, als wenn Sie alleine wären, wenn Ihnen das lieber ist. Ich werde Sie nicht stören. Ich lese viel, ich spiele mit mir selbst Schach. Ich treibe Gymnastik, um den Körper frisch zu erhalten. Manchmal singe ich ein wenig vor mich hin, aber nur ganz leise; es ist natürlich verboten. – Würde Sie das stören?«

»Nein, das stört mich nicht«, antwortete Quangel. Und fast wider seinen Willen setzte er hinzu: »Ich komme aus dem Bunker von der Gestapo und habe da an die drei Wochen mit einem Verrückten zusammengesperrt gelebt, der ewig nackt war und Hund spielte. Mich stört so leicht nichts mehr.«

»Gut!« sagte der Dr. Reichhardt. »Noch schöner wäre es freilich gewesen, wenn Sie Musik ein wenig gefreut hätte. Es ist die einzige Art, sich hier in diesen Mauern Harmonie zu verschaffen.«

»Davon versteh ich nichts«, antwortete Otto Quangel abweisend. Und er setzte hinzu: »Es ist ein mächtig feines Haus gegen das, wo ich gewesen bin, was?«

Der Herr hatte sich wieder an den Tisch gesetzt und sein Buch in die Hand genommen. Er antwortete freundlich: »Ich war da unten auch eine Weile, wo Sie gewesen sind. Ja, etwas besser ist es schon hier. Wenigstens wird man nicht geschlagen. Die Aufseher sind meist stumpf, aber nicht völlig verroht. Doch Gefängnis bleibt Gefängnis, das wissen Sie ja. Ein paar Erleichterungen. Ich darf zum Beispiel lesen, rauchen, mir mein eigenes Essen kommen lassen, eigene Kleidung und Bettwäsche halten. Aber ich bin ein Sonderfall, und auch eine erleichterte Haft bleibt Haft. Man muß erst so weit kommen, daß man die Gitter nicht mehr fühlt.«

»Und sind Sie so weit?«

»Vielleicht. Meistens. Nicht immer. Durchaus nicht immer. Wenn ich zum Beispiel an meine Familie denke, dann nicht.«

»Ich hab nur 'ne Frau«, sagte Quangel. »Hat dieses Gefängnis auch eine Frauenseite?«

»Ja, die gibt es hier, wir sehen aber nie etwas von den Frauen.«

»Natürlich nicht.« Otto Quangel seufzte schwer. »Meine Frau haben sie auch eingesteckt. Hoffentlich haben sie die heute auch hierhergebracht.« Und er setzte hinzu: »Sie ist zu weich für das, was sie im Bunker aushalten mußte.«

»Hoffentlich ist sie auch hier«, sagte der Herr freundlich. »Wir werden es durch den Pastor erfahren. Vielleicht kommt er noch heute nachmittag. Übrigens dürfen Sie sich auch einen Verteidiger nehmen, jetzt, da Sie hier sind.«

Er nickte Quangel freundlich zu, sagte noch: »In einer Stunde gibt es Mittag«, setzte die Lesebrille auf und fing an zu lesen.

Quangel sah einen Augenblick zu ihm hin, aber der Herr wollte nicht weitersprechen, sondern las wirklich.

Komisch, diese feinen Leute! dachte er. Ich hätt noch 'ne Masse zu fragen gehabt. Aber wenn er nicht will, auch gut. Ich will nicht sein Hund werden, der ihm keine Ruhe läßt. Und ein wenig gekränkt machte er sich an das Beziehen seines Bettes.

Die Zelle war sehr sauber und hell. Sie war auch nicht gar zu klein, man konnte drei und einen halben Schritt hin und wieder drei und einen halben Schritt zurück gehen. Das Fenster stand halb offen, die Luft war gut.

Es roch hier angenehm; wie Quangel später feststellen konnte, kam dieser gute Geruch von der Seife und der Wäsche des Herrn Reichhardt her. Nach der stickig-stinkenden Atmosphäre des Gestapobunkers fühlte sich Quangel an einen hellen, fröhlichen Ort versetzt.

Nachdem er sein Bett bezogen hatte, setzte er sich darauf und sah zu seinem Zellengenossen hin. Der Herr las. In ziemlich rascher Folge wendete er Blatt um Blatt. Quangel, der sich nicht erinnern konnte, seit seiner Schulzeit ein Buch gelesen zu haben, dachte verwundert: Was der nur zu lesen hat? Ob der nichts nachzudenken hat, hier an diesem Ort? Ich könnte nicht so ruhig sitzen und lesen! Ich muß immerzu an Anna denken, und wie alles gekommen ist, und wie es weitergeht, und ob ich mich auch weiter anständig halte. Er sagt, ich kann mir 'nen Rechtsanwalt nehmen. Aber ein Rechtsanwalt kostet einen Haufen Geld, und was soll er mir nützen, wo ich schon zum Tode verurteilt bin? Ich habe doch alles zugegeben! So ein feiner Herr – bei dem ist alles anders. Ich hab's ja gleich gesehen, wie ich reinkam, der Aufseher hat ihn richtig mit Herr und Doktor angeredet. Der wird nicht viel ausgefressen haben – der hat gut lesen. Immerzu lesen ...

Der Doktor Reichhardt unterbrach nur zweimal sein vormittägliches Lesen. Das eine Mal sagte er, ohne aufzusehen: »Zigaretten und Streichhölzer liegen im Schränkchen – wenn Sie rauchen mögen?«

Aber als Quangel antwortete: »Ich rauche doch nicht! Dafür ist mir mein Geld zu schade!« las er schon wieder.

Das andere Mal war Quangel auf den Schemel gestiegen und bemühte sich, auf den Hof hinauszuschauen, von dem das gleichmäßige Scharren vieler Füße ertönte.

»Jetzt lieber nicht, Herr Quangel!« sagte der Dr. Reichhardt. »Jetzt ist Freistunde. Manche Beamte merken sich genau die Fenster, wo einer rausschaut. Dann fliegt der in die Dunkelzelle bei Wasser und Brot. Abends können Sie meist aus dem Fenster sehen.«

Dann kam das Mittagessen. Quangel, der den liederlich zusammengekochten Fraß des Gestapobunkers gewohnt war, sah mit Staunen, daß es hier zwei große Näpfe mit Suppe gab und zwei Teller mit Fleisch, Kartoffeln und grünen Bohnen. Aber mit noch größerem Erstaunen sah er, wie sein Zellengenosse sich in das Waschbecken ein wenig Wasser tat, sich sorgfältig die Hände wusch und sie dann abtrocknete. Dr. Reichhardt füllte neues Wasser ins Becken und sagte sehr höflich: »Bitte sehr, Herr Quangel!« und Quangel wusch sich gehorsam auch die Hände, obwohl er doch nichts Schmutziges angefaßt hatte.

Dann aßen sie fast schweigend das für Quangel ungewohnt gute Mittagessen.

Es dauerte drei Tage, bis der Werkmeister begriff, daß dieses Essen nicht die übliche vom Volksgericht den Untersuchungshäftlingen gespendete Kost war, sondern Herrn Dr. Reichhardts privates Essen, an dem er seinen Zellengenossen ohne alles Aufheben teilnehmen ließ. Wie er auch bereit war, Quangel von allem abzugeben, von seinen Rauchwaren, der Seife, seinen Büchern; der andere mußte nur wollen.

Und es dauerte noch einige Tage länger, bis Otto Quangel sein plötzlich angesichts all solcher Freundlichkeiten gegen Dr. Reichhardt aufgekommenes Mißtrauen überwand. Wer solche ungeheuerlichen Vergünstigungen genoß, mußte ein Spitzel des Volksgerichts sein, dieser Gedanke hatte sich in Otto Quangel festgesetzt. Wer solche Gefälligkeiten erwies, der mußte vom andern was wollen. Nimm dich in acht, Quangel!

Aber was konnte der Mann von ihm wollen? In Quangels Fall lag alles klar, auch vor dem Untersuchungsrichter des Volksgerichts hatte er nüchtern und ohne viel Worte die Aussagen wiederholt, die er schon vor den Kommissaren Escherich und Laub gemacht hatte. Er hatte alles erzählt, wie es wirklich gewesen war, und wenn die Akten noch immer nicht zur Anklageerhebung und Festsetzung des Verhandlungstermins weitergegeben waren, so lag das nur daran, daß Frau Anna mit einer Hartnäckigkeit sondergleichen darauf bestand, sie habe eigentlich alles getan und ihr Mann sei nur ein Werkzeug in ihrer Hand gewesen. Aber das gab alles keinerlei Grund ab, kostbare Zigaretten und sättigendes sauberes Essen an Quangel zu verschenken. Der Fall lag klar, es gab an ihm nichts zu bespitzeln.

Richtig überwand Quangel sein Mißtrauen gegen Dr. Reichhardt erst in einer Nacht, da sein Zellenkamerad, der überlegene, feine Herr, ihm flüsternd gestand, daß auch er noch oft eine grauenhafte Angst vor dem Tode habe, sei es nun Fallbeil oder Strick; der Gedanke daran beschäftige ihn oft stundenlang. Dr. Reichhardt gestand nun auch ein, daß er oft nur mechanisch die Seiten seines Buches umwendete: vor den Augen stand ihm nicht die schwarze Druckschrift, sondern ein grau zementierter Gefängnishof, ein Galgen mit seinem sachte im Winde baumelnden Strick, der aus einem gesunden, kräftigen Manne in drei bis fünf Minuten ein widerliches, verrecktes Stück Kadaver machte.

Aber noch grauenhafter als dieses Ende, dem Dr. Reichhardt (seiner festen Annahme nach) mit jedem Tag seines Lebens unaufhaltsam näher gebracht wurde, noch grauenhafter war ihm der Gedanke an seine Familie. Quangel erfuhr, daß Reichhardt von seiner Frau drei Kinder hatte, zwei Jungen, ein Mädel, das älteste elf, das jüngste erst vier Jahre alt. Und Reichhardt hatte oft Angst, grauenhafte, panische Angst, daß die Verfolger sich nicht mit der Ermordung des Vaters begnügen, sondern daß sie ihre Rache auch auf die unschuldige Frau und die Kinder ausdehnen, sie in ein KZ verschleppen und langsam zu Tode martern würden.

Angesichts dieser Sorgen wurde nicht nur Quangels Mißtrauen weggefegt, sondern er kam sich auch wie ein vergleichsweise begünstigter Mann vor. Er hatte nur um Anna zu sorgen, und wenn ihre Aussagen auch widersinnig und töricht waren, so sah er doch aus ihnen, daß Anna Mut und Kraft zurückgewonnen hatte. Eines Tages würden sie beide gemeinsam sterben müssen, aber das Sterben wurde leichter gemacht dadurch, daß es gemeinschaftlich geschah, daß sie niemanden auf der Erde zurückließen, um den sie sich in ihrer Todesstunde noch ängstigen mußten. Die Qualen, die Dr. Reichhardt um seine Frau und seine drei Kinder leiden mußte, waren unvergleichlich größer. Sie würden ihn bis in die letzte Sekunde seines Sterbens begleiten, das begriff der alte Werkmeister wohl.

Was Dr. Reichhardt eigentlich verbrochen haben sollte, daß ihm der Tod so gewiß schien, erfuhr Quangel nie ganz genau. Es schien ihm, als habe sein Zellengefährte sich nicht so sehr aktiv gegen die Hitlerdiktatur vergangen, sich nicht verschworen, keine Plakate geklebt, keine Attentate vorbereitet, als vielmehr nur so gelebt, wie es seiner Überzeugung entsprach. Er hatte sich allen nationalsozialistischen Lockungen entzogen, er hatte nie mit Wort oder Tat oder Geld zu ihren Sammlungen etwas beigesteuert, aber er hatte oft seine warnende Stimme erhoben. Er hatte klar gesagt, für wie unheilvoll er den Weg hielt, den das deutsche Volk unter dieser Führung ging, kurz, er hatte all das, was Quangel in wenigen Sätzen unbeholfen auf Postkarten geschrieben hatte, zu jedem geäußert, im Inlande wie im Auslande. Denn bis in die ersten Kriegsjahre noch hinein hatten den Dr. Reichhardt seine Konzerte ins Ausland geführt.

Es brauchte sehr viel Zeit, bis der Tischler Quangel sich ein einigermaßen klares Bild von der Art der Arbeit machte, die Dr. Reichhardt draußen in der Welt geleistet hatte – und ganz klar wurde dieses Bild nie, und ganz als Arbeit sah er in seinem tiefsten Innern die Tätigkeit Reichhardts nie an.

Als er zuerst gehört hatte, daß Reichhardt Musiker war, hatte er an die Musikanten gedacht, die in den kleinen Kaffeehäusern zum Tanz aufspielen, und er hatte mitleidig und verächtlich über solche Arbeit für einen starken Mann mit gesunden Gliedern gelächelt. Das war genau wie das Lesen etwas Überflüssiges, auf das nur feine Leute gerieten, die keine vernünftige Arbeit hatten.

Reichhardt mußte es dem alten Mann weitläufig und immer wieder erklären, was ein Orchester war, und was ein Dirigent tat. Quangel wollte das immer wieder hören.

»Und dann stehen Sie also mit einem Stöckchen vor Ihren Leuten und machen nicht mal selbst Musik ...?«

Ja, so sei es wohl.

»Und nur dafür, daß Sie anzeigen, wann jeder losspielen muß und wie laut – nur dafür bekommen Sie soviel Geld?«

Ja, Herr Dr. Reichhardt fürchtete, so sei es wohl, nur dafür bekam er soviel Geld.

»Aber Sie können doch selbst Musik machen, auf der Geige oder auf dem Klavier?«

»Ja, das kann ich. Aber ich tue es nicht, wenigstens nie vor dem Publikum. Sehen Sie mal, Quangel, das ist doch ähnlich wie bei Ihnen: auch Sie können hobeln und sägen und Nägel einklopfen. Aber Sie haben es nicht getan, Sie haben nur die andern beaufsichtigt.«

»Ja, damit sie möglichst viel schaffen. Haben denn Ihre Leute dadurch, daß Sie dastanden, nun schneller und mehr gespielt?«

»Nein, das haben sie freilich nicht getan.«

Schweigen.

Dann sagte Quangel plötzlich: »Und bloß Musik ... Sehen Sie, wenn wir in unsern guten Zeiten gearbeitet haben, nicht nur Särge, sondern Möbel, Anrichten und Bücherschränke und Tische, da haben wir was gearbeitet, was sich sehen lassen konnte! Beste Tischlerarbeit, verzapft und geleimt, was noch in hundert Jahren hält. Aber bloß Musik – wenn Sie aufhören, ist nichts von Ihrer Arbeit geblieben.«

»Doch, Quangel, die Freude in den Menschen, die gute Musik hören, die bleibt.«

Nein, in diesem Punkte kamen sie nie zu einem vollen Einverständnis; eine leise Verachtung für die Tätigkeit des Dirigenten Reichhardt blieb in Quangel zurück.

Aber er sah, daß der andere ein Mann war, ein aufrechter, wahrhaftiger Mann, der unter Bedrohungen und Schrecknissen sein Leben unbeirrt weitergelebt hatte, stets freundlich, stets hilfsbereit. Staunend begriff Otto Quangel, daß die Freundlichkeiten, die ihm Reichhardt erwies, nicht speziell ihm galten, sondern daß er sie jedem Zellengenossen erwiesen hätte, zum Beispiel auch dem »Hund«. Einige Tage hatten sie einen kleinen Dieb in der Zelle, ein verdorbenes, verlogenes Geschöpf, und dieser Bengel nützte die Freundlichkeiten des Doktors hohnlachend aus; er rauchte ihm all seine Zigaretten fort, er verhandelte seine Seife an den Kalfaktor, er stahl das Brot. Quangel hätte diese Kreatur am liebsten verprügelt, oh, der alte Werkmeister hätte den Bengel schon zurechtgestutzt. Aber der Doktor wollte das nicht haben, er nahm den Dieb, der seine Güte als Schwäche verspottete, in Schutz.

Als der Kerl schließlich aus ihrer Zelle geholt worden war, als sich herausgestellt hatte, daß er in unbegreiflicher Bosheit ein Bild, das einzige Bild, das Dr. Reichhardt von Frau und Kindern besaß, zerrissen hatte, als der Doktor trauernd vor den Fetzen dieses Bildes saß, die sich doch nicht wieder zusammenfügen lassen wollten, und als Quangel da zornig sagte: »Wissen Sie, Herr Doktor, ich glaube manchmal, Sie sind wirklich schlapp. Wenn Sie mir gleich erlaubt hätten, den Schuft ordentlich zusammenzustauchen, da hätte so was nicht passieren können« – da antwortete der Dirigent mit einem traurigen Lächeln: »Wollen wir denn werden die die andern, Quangel? Die glauben doch, daß sie uns mit Schlägen zu ihren Ansichten bekehren können! Aber wir glauben nicht an die Herrschaft der Gewalt. Wir glauben an Güte, Liebe, Gerechtigkeit.«

»Güte und Liebe für solch einen boshaften Affen!«

»Wissen Sie denn, wie er so boshaft wurde? Wissen Sie, ob er sich jetzt nicht gegen Güte und Liebe nur wehrt, weil er Angst davor hat, wenn er nicht mehr schlecht ist, anders leben zu müssen? Hätten wir den Jungen nur noch vier Wochen in unserer Zelle gehabt, Sie hätten die Wirkung schon gespürt.«

»Man muß auch hart sein können, Doktor!«

»Nein, das muß man nicht. Solch ein Satz gibt die Entschuldigung für jede Lieblosigkeit ab, Quangel!«

Quangel bewegte unmutig den Kopf mit dem scharfen, harten Vogelgesicht hin und her. Aber er widersprach nicht weiter.


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