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Vierzehntes Kapitel.

Gennadius.

Ebenso wie die Weltchronik fand auch das literarhistorische Werk des Hieronymus seine Fortsetzer. Der erste, der auch diesem Zeitalter angehört, ist ein Presbyter von Marseille, Gennadius In: Hieronymi opera ed. Vallarsi. (S. oben S. 184, Anm. 2). Tom. II und die Ausgabe von Herding, s. oben S. 204, Anm. 1. – – Histoire littéraire de la France. Tome II (1735), p. 632 ff. – Jungmann, Quaestiones Gennadianae. Programm der Thomasschule. Leipzig 1881., welcher auch verschiedene theologische Werke geschrieben hat. Diese Fortsetzung, die ganz in der Form des Grundwerks abgefasst, auch den Titel desselben: De viris illustribus beibehalten hat, ist uns nicht in vollkommner Gestalt überliefert: es scheinen ebensowohl einzelne Artikel zu fehlen Dafür scheint eine Stelle in Notker Balbulus' › De interpretibus divinar. scripturar.‹ c. 7 (Pez, Thesaur. anec., I., p. 9) zu sprechen, wo es heisst: Si tamen antiquos autores nosse volueris, lege librum b. Hieronymi de illustr. viris a S. Petro usque ad se ipsum et Gennadii, Toletani episcopi, ab Ambrosio usque ad eundem Gennadium. Wenn auch das Attribut Tolet. episc. unrichtig ist und wahrscheinlich dem Ildefonsus entlehnt, so kann doch kein Zweifel sein, dass hier nur der unmittelbare Fortsetzer des Hieronymus gemeint ist. Uebrigens beginnt auch weder Ildefonsus', noch Isidors betreffende Schrift mit Ambrosius. Ambrosius ist aber bei Gennadius überhaupt nicht behandelt, und doch hätte er sich dazu aufgefordert fühlen können, da Hieronymus Ambrosius zwar aufführt, aber nichts über ihn sagt. Siehe S. 207, Anm. 1. – Vgl. dagegen Jungmann, p. 20 f., als wieder andere von Abschreibern hinzugefügt sind, welches letztere von einigen Artikeln schon durch eine blosse Vergleichung der Handschriften mit Sicherheit zu beweisen ist Beispiele bietet Jungmann p. 11.; nach Abzug dieser und der als eingeschoben verdächtigen umfasst das Werk einige 90 Kapitel, die, wie in dem Buch des Hieronymus, allemal einem einzelnen Autor gewidmet sind. Das Werk scheint mir um 480 verfasst worden zu sein Für die Annahme dieses Zeitpunkts spricht namentlich, dass Timotheus Aelurus, der 477 starb, als wahrscheinlich noch lebend erwähnt wird: vivere adhuc in exilio iam haeresiarcha dicitur c. 72; da nun Gennadius eine Schrift desselben übersetzt hat, wie er ebendort sagt, so wird er diesem Autor eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben, und es lässt sich nicht denken, dass sein Tod ihm längere Zeit, als einige Jahre, unbekannt geblieben wäre. Wäre der Artikel über Eugen von Carthago, c. 97, als von Gennadius verfasst anzunehmen, was ich aber durchaus bezweifle, so müsste die Abfassungszeit auf die zweite Hälfte der achtziger Jahre hinabgerückt werden. Von den neunziger Jahren (wie Bähr noch annimmt) kann keine Rede sein, denn der Grund ihrer Annahme, dass in dem letzten, dem Gennadius selbst gewidmeten Artikel angeführt sei, er habe das Werk selbst an den Papst Gelasius, der seit 492 die Tiara trug, gesandt, ist durchaus hinfällig. Nicht bloss ist die Echtheit des ganzen Artikels durchaus unwahrscheinlich, nicht bloss machen ferner die Worte › et hoc opus‹ den Eindruck der Interpolation, sondern, was die Hauptsache ist, sie sind auf das folgende misi ad beat. Gelas. gar nicht zu beziehen, sondern offenbar auf das vorausgehende scripsi . Zu › misi‹ gehört nur epistulam de fide mea als Object. (Diese in der ersten Auflage gegebene Auffassung der Stelle, wie sie die bisherigen Ausgaben, die so viel zu wünschen übrig lassen, haben, findet ihre Bestätigung durch die bessere Lesart missam , s. Jungmann p. 19). Letztere Angabe aber kann, auch wenn der Artikel, woran nicht zu zweifeln, nicht von Gennadius ist, nicht aus der Luft gegriffen sein, und ich möchte darum die Sendung dieser Epistula von Gennadius an Gelasius keineswegs bezweifeln. Gennadius hat also noch mindestens im Anfang der neunziger Jahre gelebt. Um so weniger möchte ich die Abfassungszeit seines Buchs › De vir. ill.‹ über den oben angegebenen Zeitpunkt hinaufrücken., also etwa 448 90 Jahre später als das des Hieronymus. Es umfasst aber nicht bloss Schriftsteller dieses Jahrhunderts oder des letzten Jahrzehnts des vorausgehenden, sondern auch der frühern Zeit, indem Gennadius das Buch des Hieronymus nicht bloss fortsetzen, sondern auch ergänzen wollte. Dies zeigt schon der erste Artikel über den Jacobus Sapiens, Bischof von Nisibe, einen syrischen Autor, der sich während der Verfolgung unter Maximin als Confessor ausgezeichnet: Gennadius entschuldigt hier seine Auslassung von Seiten des Hieronymus damit, dass dieser damals noch nicht das Syrische verstanden und daher nur solche Syrer aufgeführt habe, die er durch griechische Uebersetzungen kannte.

Gennadius hält, wie das eben Gesagte schon bekundet, an der universellen Tendenz des Hieronymus, die berühmten christlichen Schriftsteller überhaupt, ohne Rücksicht auf die Sprache ihrer Werke, aufzuführen, fest, sodass die Griechen nicht weniger als die Lateiner berücksichtigt sind, wenn auch weder bei den einen, noch bei den andern eine Vollständigkeit erzielt ist, die man auch in jener Zeit nicht erwarten konnte. Gennadius war mit der griechischen Sprache wohl vertraut, da er, wie er 449 selbst mittheilt, verschiedene christlich-griechische Schriften, so namentlich von dem Mönch Evagrius (s. c. 11) Vgl. auch c. 72 am Ende., übersetzt hat. In der Ordnung der Autoren verfährt er ähnlich wie sein Vorgänger, d. h. er beobachtet nur ganz im allgemeinen eine chronologische Reihenfolge, wie auch seine Zeitangaben fast immer ganz genereller Natur sind. In der Art wie bei Hieronymus; im besten Falle wird gesagt, unter welchen Kaisern der Autor gestorben ist. Dass er auch von irrthümlichen Voraussetzungen ausgehen konnte, zeigt Commodian, den er sogar nach Prudentius stellt; glaubt er doch, dass Commodian den Lactanz benutzt habe! – Die Ausführung der einzelnen Artikel ist im allgemeinen nach Inhalt und Stil noch unbedeutender als bei Hieronymus, so schätzbar für uns auch die Nachrichten sind, die sie enthalten. Auch findet sich dasselbe subjective Verfahren als bei jenem. Aber anzuerkennen ist die Unabhängigkeit, die Gennadius von Autoritäten, wie einem Hieronymus und Augustin, zeigt, und die Freimüthigkeit seines Urtheils. Er hält selbst mit seinem Tadel solchen Männern als den genannten gegenüber nicht zurück, noch weniger bestimmt ihn eine Rücksicht auf sie, ihren Gegnern nicht gerecht zu werden. Allerdings neigt sich Gennadius offenbar zu dem im südlichen Frankreich noch immer herrschenden Semipelagianismus. Dass er selbst nicht zu den streng Orthodoxen gehörte, mag ihm eine gewisse tolerante Objectivität auch den von der Kirche ganz verpönten Häretikern, z. B. einem Origenes und Pelagius S. in Bezug auf ihn c. 19. – Freilich wird die Toleranz nicht überall beobachtet, und ist auch, wie angedeutet, nur eine relative. gegenüber erleichtert haben, wie wir sie selbst schon bei seinem Vorgänger anzuerkennen hatten.

 


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