Hans Dominik
John Workmann wird Millionär
Hans Dominik

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

12. Kapitel

Mr. Webster saß im Zimmer seines Hotels in einem der bequemen amerikanischen Schaukelstühle, während John Workmann rastlos auf- und niederschritt.

»Sie sprechen von Gold, Mr. Webster. Darf ich Genaueres darüber wissen?«

»Aber gewiß, Mr. Workmann. Ich bin in dieser Angelegenheit durchaus auf Ihre Hilfe angewiesen und ehrliche Partner dürfen keine Geheimnisse voreinander haben. Ich kenne ein kleines, aber märchenhaft reiches Goldvorkommen in den chilenischen Anden. Eine Entdeckung, die mich ein glücklicher Zufall machen ließ und die ich Gott sei Dank geheimhalten konnte. Ein wunderbares Spiel der Natur, Mr. Workmann. Ein Vorkommen, wie es kaum ein zweites Mal in der Welt vorhanden sein dürfte.

Kein Alluvialgold, keine Goldseifen, sondern ein primäres Goldvorkommen. Aber . . . haben Sie schon einmal etwas von Nuggets gehört, Mr. Workmann?«

»Nein, Mr. Webster. Ich verstehe Ihre Mitteilungen überhaupt nicht vollständig. Alluvialgold? . . . Primärvorkommen? . . . Was bedeutet das alles?«

James Webster lehnte sich in seinen Stuhl zurück.

»Ich sehe, Mr. Workmann, daß ich Ihnen vor allen Dingen erstmal einen kleinen Vortrag über das Gold halten muß. Gold, jenes gelbe Metall, um das soviel Blut und Tränen geflossen sind, kommt an verschiedenen Stellen der Erde in festes Urgestein eingesprengt vor. Die geologische Wissenschaft nimmt an, daß das Gold und das Gestein gemeinsam erstarrten, als unsere Erde sich in längst vergangenen Zeiten allmählich abkühlte. Der Platz im Urgestein war also demnach der erste und ursprüngliche Platz des Goldes, und deshalb bezeichnet man solches Vorkommen als das Primärvorkommen des Goldes.

Vielfach ist nun im Laufe der Jahrtausende das goldhaltige Gestein durch den Einfluß von Wasser und Frost verwittert, zersprengt und schließlich in Geröll und Sand aufgelöst worden. Mit dem fließenden Wasser wurde der goldhaltige Sand von den Bergen hinunter zu Tale getragen. Dabei aber machte sich der Umstand bemerkbar, daß die Goldkörnchen etwa sechsmal so schwer waren als gleichgroße Sandkörnchen. Die letzteren konnte das Wasser leichter mit sich schleppen und durch die Flußläufe schließlich sogar bis in das Meer tragen. Die schweren Goldkörnchen benutzten dagegen jede günstige Gelegenheit, jede Stelle, an der die Geschwindigkeit des Wassers geringer und seine Tragkraft infolgedessen kleiner wurde, um sich dort niederzulassen. So mußten sich solche Stellen, beispielsweise Flußkrümmungen, in denen das fließende Wasser stellenweise fast zum Stillstand kam, mit Gold anreichern. Während der Flußsand sonst vielleicht kaum nachweisbare Goldspuren enthielt, wurde der Boden dort so goldhaltig, daß er bisweilen schon schimmert und leuchtet, wenn man eine Schaufel voll davon in das Sonnenlicht hält. Solch goldhaltiges Erdreich bezeichnet man nun als Goldseife, und man spricht von Alluvialgold, weil das Gold vom Wasser zusammengewaschen oder angewaschen ist.«

John Workmann war dem Vortrag seines neuen Freundes und künftigen Partners gespannt gefolgt.

»Well, Mr. Webster. Ich habe vollkommen begriffen, was Sie sagten. Danach muß es doch entschieden vorteilhaft sein, Alluvialgold zu graben, denn hier hat ja die Natur schon vorgearbeitet und das Gold aus dem Urgestein herausgeholt und auf einer Stelle zusammengebracht.«

Mr. Webster lachte.

»In der Theorie haben Sie unbedingt recht, Mr. Workmann. Aber in der Praxis hapert es leider damit.«

»Wieso, Mr. Webster?«

»Deswegen, Mr. Workmann, weil die guten Seifenlager erschöpft sind. Die schönen Zeiten, in denen der einzelne Mann, nur mit Schaufel und Waschwanne bewaffnet, nach Kalifornien, Australien und Klondyke zog und nach ein paar Jahren als reicher Mann zurückkam, sind längst vorbei. Damals, Mr. Workmann, damals konnte man wirklich sein Glück machen, wenn man einen guten Claim erwischte und wenn man sich vor der Bar und dem Whisky in acht nahm. Freilich, die Claims waren verschieden, die Seifen launisch. Da stand wohl einer, wusch monatein und monataus, und hatte kaum einen goldenen Schimmer in der Waschwanne, während ein anderer, kaum zehn Meter von ihm entfernt, den Goldstaub pfundweise aus dem Lehm holte. Die Zeiten sind vorbei, Mr. Workmann. Es gibt augenblicklich in der ganzen Welt keine Orte mehr, wo sich das Goldwaschen mit Schaufel und Wanne noch lohnte. Es ist eigentlich schade darum . . . denn damit hat die ganze Goldgräberei ihren Sinn verloren . . .«

»Warum das, Mr. Webster?«

»Warum? . . . Ja, Mr. Workmann, da muß ich Ihnen erst erzählen, wie das Gold jetzt an den Stellen gewonnen wird, wo es primär vorkommt. Beispielswelse in Südafrika . . .«

»Oh, Mr. Webster, ich habe davon gelesen! Ich weiß, daß man im afrikanischen Goldgebiet tiefe Schächte bis zu den goldführenden Quarzadern gebohrt hat. Da wird das Quarzgestein gefördert, wie bei uns hier in Amerika Eisenerz und Kohle. Dann kommt das Gestein in die Pochwerke, wo es durch schwere Stahlstempel zu ganz feinem Sande zerpocht wird. Der Sand wird dann gewaschen und mit Quecksilber behandelt, und so gewinnt man das Gold.«

»Im großen und ganzen richtig, Mr. Workmann. Aber was denken Sie sich nun so, wieviel Gold dort in dem Gestein enthalten ist. Wieviel davon etwa in einer Tonne, also in zwanzig Zentnern Gesteins vorhanden ist?«

John Workmann schwieg. Erst nach geraumer Zeit antwortete er.

»Ich weiß es nicht, Mr. Webster. Ich habe darüber noch nie nachgedacht, und ich möchte Ihnen keine falschen Zahlen nennen.«

»Nun wohl, Mr. Workmann, ein Quarz, der in der Tonne zwanzig Gramm Gold enthält, gilt für ein sehr reiches Erz. Quarz mit sieben Gramm pro Tonne lohnt noch die Verarbeitung. Nun stellen Sie sich das einmal richtig vor. Eine Tonne Quarz, zwanzig Zentner Quarz, bilden einen Gesteinsbrocken von etwa einem halben Kubikmeter Inhalt. Sie wissen vielleicht, daß Gold neunzehnmal so schwer wie Wasser ist. Ein Kubikzentimeter Wasser wiegt gerade ein Gramm. Ein Gramm Gold nimmt also nur den neunzehnten Teil eines Kubikzentimeters ein, sieben Gramm ungefähr den dritten Teil eines Kubikzentimeters. In einen Fingerhut gehen zwei Kubikzentimeter oder achtunddreißig Gramm Gold. Um also einen Fingerhut voll Gold zu gewinnen, verarbeitet man bis zu fünf Tonnen oder hundert Zentner Quarz. Wissen Sie, was das bedeutet, Mr. Workmann?«

»Nein, Mr. Webster. Ich weiß nicht, wohinaus Sie mit Ihren Worten wollen.«

»Dahin will ich hinaus, Mr. Workmann, daß diese Art der Goldgewinnung die greulichste Energievergeudung ist, die es jemals gegeben hat. Hundert Zentner Quarz zu verarbeiten, heißt sie erst einmal zu Staub zerpochen, heißt einen Aufwand von Hunderten von Kilowattstunden treiben und viele Zentner Steinkohle verbrennen, mit denen man by Jove etwas Besseres anfangen könnte. Darum sage ich, Mr. Workmann, daß die Goldgewinnung nach der neuen Methode keinen Sinn mehr hat.«

»Ich verstehe noch immer nicht, Mr. Webster, wohinaus Sie wollen.«

Mr. Webster richtete sich ungeduldig in seinem Stuhl auf.

»Well, dann muß ich Ihnen die Geschichte noch deutlicher erklären. Zu welchem Zweck gewinnt man denn das Gold?«

»Ich denke, Mr. Webster, weil es als Edelmetall hoch geschätzt wird. Ist es doch der Wertmesser für alle anderen Dinge und Waren, der Träger unserer Goldwährung. Wir haben es doch erlebt, wie Währungen niedergebrochen sind, weil nur Papier und kein Gold da war. Die amerikanische Währung ist gesund, weil wir reichlich Gold besitzen. Die ganze Welt rechnet nach unserem Dollar.«

»Falsch, Mr. Workmann. Die Zerrüttung einer Währung hatte andere Gründe als das Fehlen des Goldes. Aber wir wollen nicht abschweifen, sondern bei unserem Thema bleiben. Sie sagten richtig, daß man Gold gräbt, weil es einen bestimmten Wert hat. Sehen Sie, Mr. Workmann, wenn nun in der guten alten Goldgräberzeit einer mit Schaufel und Wanne auszog, und mit geringer Arbeit für 100 000 Dollar Gold fand, so war das in jeder Beziehung ein gutes Geschäft. Für den Mann selber, der dadurch schnell zu Vermögen kam, sich eine Farm kaufen und irgend etwas anderes Vernünftiges anfangen konnte. Ein gutes Geschäft auch für die Allgemeinheit und für die Volkswirtschaft, denn es kamen neue Werte in Umlauf, ohne daß man dafür vorhandene Werte zerstören, etwa viele Kohlen zu verbrennen brauchte.

Heute aber ist das anders. Die Goldgewinnung ist eine Großindustrie geworden, wie etwa die Stahlindustrie, der Bergbau oder dergleichen. Diese Gesellschaften rechnen genau. Das Kilogramm Gold hat einen Wert von 670 Dollar. Wenn ich es also unter einem solchen Aufwand von Kapital und Energie gewinnen kann, daß sich mein Kapital dabei gut verzinst und amortisiert, so grabe ich Gold, ganz gleich, wieviel Kohlen dabei verbrannt, wieviele Arbeitskräfte anderen Betrieben entzogen werden. Diese Kalkulation eben, Mr. Workmann, die ist es aber, die ich sinnlos nenne. In Wirklichkeit führt diese Art der Goldgewinnung dazu, daß wir gar keine Goldwährung, sondern eigentlich eine Energiewährung haben. Der Wert des Goldes richtet sich heute schon nach dem Preise der Kilowattstunde. Könnten wir die Kilowattstunde zehnmal so billig herstellen wie jetzt, so müßte logischerweise auch der Preis des Goldes auf den zehnten Teil fallen, da seine Gewinnung in beliebiger Menge schließlich nur eine Energiefrage ist.«

»Wenn Sie so denken, Mr. Webster, dann verstehe ich aber nicht recht, warum Sie selbst auf Gold prospekten wollen. Es ist doch nach Ihrer Meinung sinnlos, und ich beginne einzusehen, wie Sie zu dieser Meinung kommen.«

Mr. Webster war aus seinem Stuhl aufgesprungen und stand John Workmann gegenüber.

»Erlauben Sie, Mr. Workmann. Ich habe nicht gesagt, daß ich auf Gold prospekten will. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich ein kleines, aber reiches Primärvorkommen kenne, und ich fragte Sie, ob Sie wissen, was Nuggets sind, als Sie mich unterbrachen.«

»Dann entschuldigen Sie mich bitte, Mr. Webster, und erklären Sie mir weiter, was Sie vorhaben.«

»Well, Mr. Workmann. Zuerst will ich Ihnen erklären, was Nuggets sind. Gewöhnlich ist das Gold, wie z. B. in Afrika, im Urgestein in Form feinsten Goldstaubes verteilt. Es gibt aber auch Ausnahmen. Es kommt vor, daß das gediegene Gold sich in größeren Nestern, Klumpen oder sogar Adern im Urgestein findet, und das sind die Nuggets. Nuggets von Haselnußgröße waren verhältnismäßig häufig und wurden vielfach in den Goldseifen gefunden. Solch Stückchen wog immer seine 50 bis 100 Gramm, hatte einen Wert von 30 bis 60 Dollar und erfreute das Herz des Goldgräbers. Aber es sind auch schon viel größere Nuggets in Gewichten bis zu 50 und mehr Kilogramm gefunden worden, die das Wildwasser ausgewaschen und bis in die Seifen geschleppt hat. Nun wissen Sie, was Nuggets sind.«

»Nach Ihrer Erklärung weiß ich es, Mr. Webster.«

»Well, Mr. Workmann. Die Nuggets sind natürlich nicht vom Mond herunter in die Seifen gefallen. Sie müssen vordem irgendwo auch als Nuggets im Urgestein gesteckt haben. Es müssen solche Goldklumpen auch gelegentlich im Primärgestein selbst vorkommen. Sehen Sie, Mr. Workmann, dieser Gedanke kam mir schon vor 25 Jahren, als ich mit dem Prospekten anfing, und hat mich seitdem nie wieder verlassen.

Einen Goldquarz finden, wie er in Afrika vorkommt? Gewiß, warum nicht! Soweit ein Prospektor überhaupt etwas verdienen kann, könnte er auch dabei verdienen. Aber was wäre die Folge? Am Orte des Fundes würde sich eine geräuschvolle Großindustrie nach Art der südafrikanischen auftun und das Treiben, das ich vorher als unsinnig kennzeichnete, würde sich nur noch weiter ausdehnen.

Nein, Mr. Workmann, meine Gedanken waren ganz andere. Nuggets wollte ich finden. Nuggets im Urgestein, die sich leicht herausschlagen lassen und den Finder reich machen. Daß es so was geben mußte, folgerte ich nicht nur aus der Existenz der Nuggets überhaupt. Auch die Berichte der alten spanischen Konquistadoren bestätigten es mir. Jene Berichte, die von Höhlen erzählen, aus denen die Indianer das gediegene Gold pfundweise herbeiholten.

Jahre . . . jahrzehntelang, wo immer ich zu tun hatte, dachte ich daran und hielt die Augen offen. Vor fünf Jahren, in den chilenischen Bergen, war das Glück mir hold. Ich war dort im Auftrage einer New Yorker Finanzgruppe, für die ich nach Wolframerzen suchen sollte. In einem abgelegenen Seitental, in einer Höhe, wo das Atmen schon beschwerlich, die Kälte oft tödlich ist, fand ich, was mir so lange vorgeschwebt hatte. Nicht so groß und gewaltig freilich, wie es nach den Berichten der Spanier sein konnte, aber doch immerhin reich genug, um einen Mann für sein Leben aller Sorgen zu entheben. Eine kleine Probe, ein gediegenes Stück im Gewicht eines Pfundes etwa, schlug ich aus dem Gestein und verschloß den Eingang zu der Höhle wieder auf das sorgfältigste.

Meine Begleiter, Eingeborene, hatte ich in alter Vorsicht einige hundert Meter unterhalb der Fundstelle zurückgelassen. Aus alter Vorsicht, denn man darf sich beim Prospekten niemals auf die Finger gucken lassen. Man kann nie wissen, ob die Eingeborenen nicht zum ersten besten Konkurrenten laufen, und dem Dinge erzählen, die er nicht zu wissen braucht. Gut also, ich verschloß meine Höhle, aber ich merkte mir ihre Lage auf das genaueste und suchte weiter nach Wolfram. An anderer Stelle fand ich gute Lager davon und kehrte nach New York zurück. Es war meine Absicht, meinen Gewinnanteil an dem Wolframfunde zu erheben und dann zu meinem Goldfunde zurückzukehren, zu bergen, was sich bergen ließ. Ich erzählte Ihnen schon, wie es mir dabei erging und wie ich betrogen wurde.

Mir blieb so wenig, daß ich schließlich meinen Nugget verkaufen mußte. Ich sage Ihnen, Mr. Workmann, dieser Verkauf war eine aufregende Sache, aufregender als alles, was ich bis dahin beim Prospekten erlebt habe. Ich habe dabei einen Fehler gemacht. Ich hätte das Ding vorher einschmelzen und in Barrenform gießen sollen. Einen regelrechten Goldbarren wäre ich bei jeder Bank zum Tageskurs losgeworden. Aber ich brachte den Nugget so, wie ich ihn dort oben in den Anden herausgeschlagen hatte, zur Bank. Ein zackiges, unregelmäßig geformtes Stück. Stellenweis noch ein wenig von dem Urgestein daran. Das Gold selbst in jener eigenartigen kristallinischen Form, die man bei solchen natürlichen Vorkommen häufig findet, und die dem Geologen, der nach der Entstehungsweise dieses Goldes forscht, soviel Kopfzerbrechen verursacht.«

John Workmann unterbrach den Sprecher. »Das war in der Tat verkehrt, Mr. Webster. Sie mußten es sich doch denken können, daß Sie die Leute unnötig auf Ihren Fund aufmerksam machten, wenn Sie ihnen das Gold in dieser Form zum Kaufe anboten. Es war gewiß viel richtiger, es vorher umzuschmelzen. Warum haben Sie das nicht getan?«

»Sie haben gut reden, Mr. Workmann. Wissen Sie, was dazu gehört?«

»Nun, ich denke ein Ofen, ein Schmelzlöffel und eine Form.«

»Sehr richtig, Mr. Workmann. Aber der Ofen muß eine Hitze von mehr als 900 Grad Wärme geben. Das ist bereits beginnende Weißglut. Der Schmelzlöffel muß dieser Temperatur widerstehen. Er darf sich vor allen Dingen nicht mit dem Gold zu irgendeiner Legierung verbinden, was die meisten Metalle und auch Eisen tun. Denn sonst verschwindet der Löffel so allmählich, und das flüssige Gold läuft Ihnen in den glühenden Koks weg. Man braucht also zum Schmelzen außer einem ganz besonderen Ofen einen feuerfesten Tiegel aus Graphit. Man braucht Holzkohlenpulver, um das schmelzende Gold damit zu bedecken und Verluste durch Oxydation zu vermeiden. Man braucht schließlich eine Gußform, die auch aus Graphit bestehen muß.

Das alles sind Dinge, Mr. Workmann, die viel Geld kosten, wenn man sie kaufen will. Mein Geld aber war zu jener Zeit einmal wieder zu Ende. So ging ich mit meinem Nugget kurz entschlossen zur Bank.«

»Und was geschah da, Mr. Webster?«

»Nun, sie hießen mich Platz nehmen, als sie mein Begehr vernahmen. In einem schönen großen und bequemen Klubsessel sollte ich warten, bis sie das Gold geprüft hätten. Na! Dafür war James Webster nicht zu haben. Wo der Nugget blieb, wollte auch ich bleiben. Ich kam also mit, und sie machten erst die übliche Probe mit der Nadel.«

»Was ist das für eine Probe. Ich hörte schon davon.«

»Sehr einfach, Mr. Workmann. Mit einem schwarzen, sehr harten Stein von besonderer Art, der so etwa wie ein Abziehstein für Sensen aussah, fuhren sie erst über eine Kante meines Nuggets. Das gab einen goldigen Strich auf dem Stein. Mit einer Probiernadel, die aus reinem Golde bestand, zogen sie daneben einen zweiten Strich, und dann träufelten sie starke Salpetersäure auf die Striche. Jedes andere Metall außer Gold löst sich in der Salpetersäure auf. Na, mein Nugget war reines Gold, und die Probiernadel der Bank auch. Beide Striche blieben unter der Säure in unverändertem Glanze stehen, und da wurden die Bankleute lebendig. Sie wogen den Nugget, sie beschnupperten und berochen den Klumpen von allen Seiten. Sie boten mir den genauen Tageskurs für das ganze Gewicht, ohne sich an den paar Stückchen Urgestein zu stoßen, die noch daran hingen. Und dann wurden sie immer neugieriger. Sie wollten wissen, wer ich sei, und woher ich den Nugget habe.«

John Workmann lachte.

»Das war beinahe zu erwarten, Mr. Webster. Die Leute werden sich ganz richtig gedacht haben, wo ein solcher Klumpen liegt, da könnten auch noch mehrere zu finden sein.«

»Zweifellos dachten sie das, Mr. Workmann. Aber ich sagte ihnen, wer ich sei, das wäre wohl Nebensache, nahm mein Geld und ging aus der Bank heraus. Weiß der Teufel, wie sie es so schnell fertigbrachten, aber schon beim Verlassen des Bankgebäudes wurde ich beschattet. Sie hatten mir so einen Schnüffler, einen Detektiv an die Hacken gehängt, der natürlich sehr schnell herausbekam, wer ich war und wo ich zuletzt prospektet hatte.

Drei Tage später kam der Manager von der Kapitalistengruppe zu mir, für die ich Wolfram gesucht hatte. Sagte mir auf den Kopf zu, daß ich Gold gefunden hätte, und wollte mich überreden, das Geschäft mit seiner Gruppe zu machen.«

»Und Sie, Mr. Webster, was taten Sie nun?«

»Ich tat das einzige, was ich vernünftigerweise tun konnte. Die Leute hatten mich mit dem Wolframgeschäft eben erst so schwer hineingelegt, daß ich selbstverständlich gar nicht daran dachte, mich noch mal mit ihnen einzulassen. Den Besitz des Nuggets konnte ich nicht leugnen, denn es war ja ganz klar, daß die Wolframleute und jene Bank unter einer Decke steckten. So erzählte ich dem Manager eine lange romantische Geschichte, daß dieser Nugget mein letztes Besitztum, ein wertvolles Andenken sei, das ich vor vielen Jahren beim Prospekten in China von einem sterbenden Goldgräber bekommen hätte. Bis jetzt hätte ich es halten können. Aber nun durch die schäbige Haltung der Wolframgesellschaft . . . und so weiter. Kurz und gut, ich redete mich in einen künstlichen Zorn, der bald sehr natürlich und echt wurde, und warf den Manager hinaus.«

»Well. Und dann, Mr. Webster?«

»Dann ging ich nach den Staaten an die Seen, suchte und fand allerhand und vermied es jahrelang, nach New York zu kommen. Was ich so nebenbei und hinten herum hörte, war genug, um mich diesen Entschluß durchführen zu lassen. Denn sie gaben nicht Ruhe. Namentlich die Wolframgruppe schickte eine Expedition nach der anderen nach Chile. Sie suchten dieselben Eingeborenen zu heuern, mit denen ich damals losgezogen war, und machten alle meine Touren noch einmal. Aber . . . und das ist die Hauptsache, Mr. Workmann . . . gefunden haben sie nichts. Der Schatz ist noch unentdeckt an seiner alten Stelle.«

John Workmann ging schweigend in dem Zimmer auf und ab. Was er da hörte, eröffnete ihm eine neue Welt. Da lag irgendwo in einer verborgenen Schlucht in fernen Gebirgen eine gewaltige Menge Goldes, das niemand gehörte. Wer es fand, der konnte es an sich nehmen. Was sollte er tun? Sollte er dem schimmernden Phantom nachjagen? War es nicht sein alter Kindheitstraum, einmal Millionär zu werden? Bot sich ihm hier nicht eine Gelegenheit, diesem Ziele ein gutes Stück näherzukommen?

Sicherlich, wenn Mr. Webster die Wahrheit sprach. Er beschloß, weiterzuhören, und Webster sprach weiter.

»Jetzt sind Jahre vergangen, und die Leute haben sich beruhigt. Jetzt könnte man es wagen, wieder nach Chile zu gehen, den Ort aufzusuchen und an Gold mitzunehmen, was man tragen kann.«

»Wie denken Sie sich die Expedition, Mr. Webster? Welche Mittel werden dafür erforderlich sein?«

»Ich sagte bereits bei unserer ersten Unterredung, Mr. Workmann, daß man etwa 25 000 Dollar benötigen dürfte.«

»Das ist viel Geld, Mr. Webster. Viel Geld, das in eine unsichere Sache gesteckt werden soll.«

»25 000 Dollar sind nach dem heutigen Tageskurse genau 36 Kilogramm Gold, Mr. Workmann. Etwa eine halbe Maultierlast. Bringen Sie auch nur eine ganze Maultierlast von der Expedition zurück, so haben Sie das eingelegte Kapital verdoppelt . . .«

». . . Und bringe ich nichts zurück, dann habe ich das Kapital verloren.«

»Richtig, Mr. Workmann. Wenn Sie aber zehn Maultierlasten zurückbringen, dann ist Ihr Kapital verzwanzigfacht. Das ist die andere Seite des Geschäftes.

Als ich die Summe von 25 000 Dollar nannte, da meinte ich natürlich, daß wir nicht als ein paar ärmliche Reisende von Valparaiso her in die Anden laufen sollten, sondern dort oder in Santa Rosa oder San Antonio eine Expedition mit wenigstens zwanzig Maultieren, den nötigen Eingeborenen und hinreichendem Proviant ausrüsten würden, um monatelang in den Anden zu bleiben und alles zu holen, was unser Herz begehrt. Nur unter der Annahme einer solchen Expedition kommen die Kosten heraus, die ich nannte, aber eine solche Expedition würde sie auch reichlich wieder einbringen.«

Immer aufgeregter schritt John Workmann hin und her. Er fühlte es, daß sich hier eine große Gelegenheit, vielleicht die größte Gelegenheit seines ganzen bisherigen Lebens bot. Er konnte verlieren. Aber er konnte auch ganz groß gewinnen, und der Gewinn war auch moralisch nicht zu beanstanden. Er war jedenfalls viel sauberer als die Gewinne, die die Börsenhaie in New York und Chikago einscheffelten. Sein Entschluß war in diesem Augenblick gefaßt. Er würde mit Mr. Webster nach Chile Gold suchen gehen.


 << zurück weiter >>