Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Nach Tische hörten wir einige Waldhörner, die lustig erklangen. Godwi sagte: wir wollen uns gegen den Spiegel wenden, da werden wir unser Orchester besser sehen können, und besonders Flametta, die ein sehr schönes Mädchen ist, und sich bey solchen Gesängen öfters sehr reizend dekorirt.
Wir warteten auch nicht lange, als wir an dem Wasserfalle einen zahmen Hirsch trinken sahen. Er hatte ein blankes Halsband mit Schellen an, und sah sehr zierlich aus. Er drehte sich um und sah zu uns herein. Godwi gab ihm etwas Brod, und er guckte uns mit seinen hellen freundlichen Augen groß an, dann rief ihn Flametta und er lief wieder weg.
Godwi sagte, das gehört sicher zu dem Liede, und wir können uns nun von Flametta etwas dramatisches erwarten.
Nun begannen die Hörner wieder ein lustiges Jagdlied zu blasen, verloren sich dann in der Ferne, und ahmten das Echo nach, als ob eine Gesellschaft Jäger auszöge, dann verstummten sie ganz, und an dem Wasserfalle erschien eine liebliche Maske.
Flametta war es, sie hatte sich in einen jungen Jäger verkleidet. Ein grünes Mäntelchen hing schön geschürzt über ihren Schultern. Die kräftigen Hüften hatte sie mit weißen Puffen bedeckt. Sie setzte sich, und streckte die schlanken behenden Beine nachlässig an den Boden. Ihr hoher Hals drang stolz aus dem strengen Dianenbusen, den sie leider aus Costum, so viel als möglich verbarg. Sie wußte wohl nicht, wie gern solche Fehler übersehen werden. Sie stützte das trotzige freie Köpfchen, auf dem sie einen schönen Kranz von frischen Blättern und Flittergold trug, in die Linke, und warf mit der Rechten Bogen und Pfeil von sich.
Indem sie sich über das Wasser beugte, und ihre Worte mit gelinden Bewegungen begleitete, sang sie mit heller klingender Stimme, und die Hörner tönten leise nach.
Cyparissus. | |
Nicht lachen mehr, nicht singen mehr, Nicht mehr in Wäldern jagen, Still sitzen hier und klagen Weil ich nun mein Hirschlein geschlagen todt. Wollt eilen hin, wollt eilen her, O böse Jagd! o böser Pfeil! Nicht lachen mehr, nicht singen mehr, O Sonnenschein! o heißer Schein! Was rauschet wohl, was blinket fein? Welch hoher Schritt, welch güldner Schein! |
Hier trat der Jägerbursche mit einer goldenen Leier auf. Flametta hatte ihn als Phöbus maskirt. Flametta, welche den Cyparissus vorstellte, glaubte nach der Wendung ihres Liedes, als sie die Leier blinken sieht, es sey das Geweih ihres Hirschleins.
Phöbus. |
O Cypariß! du holder Knab! Dein Hirschlein ist im Walde, Mein hoher Tritt so schallte, Mein güldin Leier gab solchen Glanz. Seit ich dich nicht gesehen hab', |
Flametta nahm hier den grünen Kranz und warf ihn in das Wasser, wobey ihr die schönen lange Haare herabflossen.
Cyparissus. | |
Den grünen Kranz will ich nicht mehr, Und bist du nicht mein Hirschelein, Und gehe und laß mich nur allein, So habe ich es doch geschlagen todt. |
|
Phöbus. | |
Dein's Hirschlein's Tod verdrießt mich sehr, Will dir ein andres suchen, In Eich' und grünen Buchen, Vom Morgen bis zum Abendroth. In heißer Sonn', in kühler Nacht, |
|
Cyparissus. | |
In heißer Sonn' in kühler Nacht, Kannst kein's du je erjagen Wie mein's, das ich erschlagen, Dem ich durchstochen sein treues Herz. Verlassen hat's sein'n freien Stand, Am Halse trug's ein güldin Band, Ihm war vergüldt sein hoch Geweih, Es schien, als ob's ein Blitzstral sey, |
|
Phöbus. | |
O Cypariß! Du holder Freund! Ich geb dir Pfeil und Bogen, Mit Gold ganz überzogen, O höre doch auf betrübt zu seyn. Dein' schöne Augen sind ganz verweint, Komm, geh mit durch den dunklen Wald, |
|
Cyparissus. | |
Dein Pfeil und Bogen nur behalt Und in den Wald alleine geh, Denn ich vergeß es nimmermeh', Und sterbe hier voll großer Pein. Will setzen zu dem Hirschlein mich, |
Hier verließ Phöbus und Cypariß die Scene. Die Waldhörner spielten eine traurige Weise, und mehrere Stimmen sangen, ohne gesehen zu werden, folgendes Chor:
Da saß der Jüngling und weinte, Der Gott konnt ihn nicht trösten, Und mogt nicht, daß er leide. Da macht er ihn aus Liebe Zu einer Trauerweide. Des Baumes Zweig' sich senken |
Hier war das Fest zu Ende, und alles schwieg still. Die Sonne hatte recht gut dekorirt. Im Anfange schien sie ganz heiß auf den Wasserfall und zog dann mit dem Gesange davon. Sie ging von der Seite des Phöbus, so daß Cypariß nach und nach ganz in den Schatten kam und auch der Saal viel düstrer ward.