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Hier ging plötzlich eine Thür auf, die in der großen Eiche versteckt war. Godwi hatte mit uns gescherzt. Es war diese Eiche der Eingang eines Parkes, der an die hintere Seite des Jägerhauses angrenzte und Habern noch nicht bekannt war.
Mich bekömmst du nimmer so, sagte das Mädchen Flametta, das hinter der Eiche stand und lief davon, als sie uns durch die Thüre eintretend bemerkte.
Ein Jägerbursche, der uns nicht so früh gesehen hatte, rief: freilich du bist schneller, als ein Reh, und wenn du läufst, kriege ich dich nimmer – nun bemerkte er uns und lief auch davon.
Godwi rief ihnen beiden nach, aber sie hörten nicht. Es ist eigen, sagte er, wie man nimmer den geringeren Ständen die Scheue nehmen kann; es liegt ihnen mehr Genuß in der Freiheit, davon laufen zu können, als in der sich nähern zu dürfen. In jedem Menschen liegt eine ewige Rache gegen die Bestimmung seiner Geburt, und aus dieser Rache läßt sich mehr Kraft und Vollkommenheit erweisen, als aus jeder Art der Toleranz.
Haber meinte, es sey Mangel an Bildung der Menschen.
Ich meinte, es sey Mangel an Bildung der Stände, die zu sehr durch bloße menschliche Bedürfnisse und zu wenig durch ihre innern Standesbedürfnisse verbunden seyen, so daß die Stände die Menschen trennten und die Bedürfnisse allein sie vereinigten.
Der Park, in dem wir waren, war nichts anders als der kräftigste Theil des Waldes, ein kleiner Eichenhain. Alle Stämme waren voll gesunden Lebens, wie eine Versammlung der Bürger einer großen Republik standen sie da, alle voll Selbstgefühls, und eignen Sinnes, doch nur eine Absicht.
Godwi sagte zu Haber, sehen Sie, diese sind Freunde, wie man es seyn soll.
Ich fragte ihn, wie diese brave, wackere Gesellschaft zusammengekommen sey.
Es sind lauter Antiken, erwiederte er, bis auf einige neue, die mein Vater gepflanzt hat, und dann noch eine junge Zucht von Flametten.
Wir waren wenige Schritte gegangen, als durch die grüne Nacht eine glänzende weiße Fasade hervorbrach.
Wundern Sie sich nicht, sagte Godwi zu Haber, dies ist der hintere Theil des Jägerhauses, von einem Italiäner für meinen Vater angelegt, der in der letzten Zeit viel bauete.
Wir traten durch den geräumigen, luftigen Eingang, an dem keine Thür war, und links in einen runden gewölbten Saal. Der Thüre des Saales gegenüber, sprudelte ein Wasserfall über einen Haufen moosigter Steine nieder. Das Fenster, wodurch man ihn sah, gab dem Saale allein Licht, außer einigen grünen Scheiben, welche von oben herab einen anmuthigen Schimmer ergossen. Die Wände ringsherum waren täuschend mit Gebüschen bemalt, die oben an der Kuppel zusammenliefen und das ganze einer Laube ähnlich machten. An dem Fenster standen zierliche Vasen, und als ich sie betrachten wollte, bemerkte ich, daß dieses kein Fenster war, sondern ein großer Spiegel, dem das Fenster, durch welches der Wasserfall erschien, gegenüber stand. Es war über der Thüre angebracht und fiel nicht in die Augen. In der Mitte des Saales stand ein kleiner marmorner Tisch, der schon gedeckt war.
Wir legten unsere Mordgewehre ab, und erfrischten uns mit dem Wasser, das an der einen Wand des Saales in einem Becken von grünem Glase unter einem Haufen von Früchten hervorquoll, die auch aus grünem Glase von verschiedenen Lichtstufen sehr künstlich gebildet waren. Die Früchte drangen unmittelbar aus der Wand hervor, und lagen in schöner Unordnung über einander. Die Mitte nahmen einige große Trauben ein, und um sie drängten sich andere Früchte, über den Trauben lag ein Lorbeerkranz, auf dem ein Schmetterling saß.
Als ich das kunstreiche Werk betrachtete, sagte Godwi, das alles wäre recht gut, wenn nur der Schmetterling nicht der Hahn wäre, der den Stral des Wassers schließt und öffnet, und der Lorbeerkranz nicht die Wasserröhre verbärge, aus der die Ströme hervorrinnen und über die Früchte laufen, besonders die Traube setzt er unter Wasser.
Ja, sagte ich, er liegt über der Traube, wie ein schlechtes Trinklied, das uns den Wein verdirbt. Es ist viel Unschuld oder Boßheit in der ganzen Idee.
Hier nahm Godwi ein kleines silbernes Jagdhorn von der Wand, und that einige helle Stöße hinein, die wie Flammen an der Kuppel durch die grünen Wände hinauf liefen.
Die Töne sind ein wunderbarer lebender Athem der Dunkelheit, sagte ich, wie alles rauscht und lebt und mit uns spricht in dem heimlichen Saale, den die Töne wie glühende Pulsschläge durchzuckten.
Godwi sagte, die Töne sind das Leben und die Gestalt der Nacht, das Zeichen alles Unsichtbaren, und die Kinder der Sehnsucht.
Es traten einige reinlich gekleidete Jäger herein, und trugen Speisen und goldenen Rheinwein auf. Godwi sagte ihnen, sie möchten die Speisen hinstellen, und uns dann an dem Wasserfalle etwas singen und blasen. Er gab ihnen das silberne Horn dazu, und sagte ihnen, sie mögten Flametta bitten, ihr Conzert zu unterstützen.
Wir machten uns nun herzlich über die Gerichte her, und besonders hielt Haber ein schreckliches Gericht über sie, er sagte:
Es ist nichts vortrefflicheres in der Welt, als der Geschmack so eines wilden Schweinkopfs. Man verzehrte ihn so siegreich, wie ein Indianer seinen skalpirten Feind.
Das Essen überhaupt ist das wahre erste Studium, sagte Godwi; in einer recht gründlichen Naturlehre müßte die erste Eintheilung seyn – dies kann man essen, und dies nicht.
Ich setzte hinzu, daß recht vernünftig essen zum vollkommnen Menschen gehöre, und daß, wer nicht mit ernstlicher Freude esse, weder ein guter Philosoph noch Dichter seyn könne.
Wie die Helden im Homer zugreifen, sagte Haber.
Rechten Hunger haben, heißt viel Anlage haben, und verhungern, heißt eine größere Anlage haben, als die gegenwärtige Bildung, sagte Godwi.
Und der ist der vernünftigste Esser, fügte ich hinzu, der die Bildung durch seinen Hunger so lange steigert, bis sie ihn sättigt.
Hier brachte Haber Göthens Gesundheit aus, wir tranken rund um aus voller Seele und vollen Bechern, und ich sagte: es ist seltsam, mit dieser Gesundheit ist mein Mahl geschlossen, ich bin ordentlich satt.