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Zwischen den Stromschnellen des Nils

. Sechs neuerbaute Boote aus schwerem Mimosenholz liegen an der südlichen Grenze der dritten Stromschnellengruppe angepflöckt am Ufer des Stromes; die Mannschaft ruht auf sandigen Stellen zwischen schwarzen Felsblöcken, wo sie die Nacht verbracht hat.

Es ist noch früh am Morgen und still im Lager; der Strom allein redet seine rauschende Sprache in der Öde. Der aufdämmernde Tag weckt die Schläfer, einer nach dem andern steigt zum Strome hernieder und verrichtet die gesetzlichen Waschungen zum Gebete des Frührots. Nachdem das »Vorgeschriebene« und das »Hinzugefügte« des Gebets gesprochen worden, erquickt man sich an einem kargen Imbiß; sodann eilt alt und jung zu einem Scheich- und Heiligengrabe, dessen weiße Kuppel zwischen lichtgrünen Mimosen aus einem dunklen Tale hervorschimmert, um unter Vorantritt des ältesten Reis oder Schiffsführers ein Gebet um glückliche Fahrt zu verrichten. Zu den Booten zurückgekehrt, wirft man nach uralter heidnischer Sitte einige Datteln, gleichsam als Opfergabe, in den Strom.

Nunmehr befehligt jeder Schiffsführer seine Mannschaft auf ihre Posten. »Löst das Haftseil! Rudert, ihr Männer, rudert im Namen Gottes, des Allbarmherzigen!« Singend stimmt er den ewig wiederkehrenden Endreim eines Gedichtes an; ein Ruderer nimmt die Weise auf und singt die Strophen des Liedes ab. Die übrigen begleiten ihn mit den taktmäßig vorgetragenen Worten: »Hilf uns, hilf uns, o Mohammed, hilf uns, Gottgesandter und Prophet.«

Langsam bewegt sich die Barke der Mitte des Stromes zu, rascher und rascher geht es stromabwärts; nach wenigen Minuten eilt sie zwischen den Felseninseln oberhalb der Stromschnelle hindurch.

»O Said, gib uns Freude,« fleht der Reis, während die Matrosen noch immer singen wie vorher. Schneller und schneller tauchen die Ruder in die trübe Flut, über die braunen, gestern erst frisch gesalbten Leiber der nackten Schiffer rieselt der Schweiß. Jeder Muskel ist angespannt.

Lob und Tadel, Schmeichelworte und Verwünschungen, Bitten und Drohungen, Segenswünsche und Flüche wechseln im Munde des Reis, je nachdem das Boot mehr oder minder seinen Wünschen entsprechend dahinrauscht. Die mit aller Kraft geführten Ruderschläge beschleunigen, obwohl sie nur zum Lenken bestimmt sind, den ohnehin schnellen Lauf des Fahrzeugs und vermehren manchmal noch die Gefahr, anstatt ihr zu steuern. Der Reis erscheint daher entschuldigt, wenn er alle ihm zu Gebote stehenden Mittel anwendet, um seine Leute anzufeuern.

»Legt euch auf die Ruder, arbeitet, meine Söhne! Zeigt eure Kraft, ihr Enkel und Nachkommen von Helden! Beweist euren Mut, ihr Tapferen, preist den Propheten, ihr Gläubigen! O der Merisa, o der simbilduftenden Mädchen von Dongola, o der Märchen in Kairo – alles wird euer sein! Backbord sage ich, ihr Hunde, Hundesöhne, Hundeenkel, ihr Christen, ihr Heiden, ihr Juden, ihr Kaffern! Ah, ihr Spitzbuben, ihr Schelme, ihr Strolche, wollt ihr wohl rudern! Erstes Ruder Steuerbord, hängen denn Weiber an dir? Drittes Ruder Backbord, schleudere die Schwächlinge ins Wasser, die dich führen wollen! Recht so, vortrefflich, ihr kräftigen Jünglinge. Gott segne euch, ihr Braven, und gebe euren Vätern Freude, euren Kindern Heil und Segen! Besser, noch besser, ihr Memmen – verdamme euch Allah in seinem gerechten Zorne! Hilf uns, hilf uns, o Mohammed!« So quillt es ununterbrochen aus dem Munde des Befehlshabers.

Das Boot lenkt in den oberen Anfang der Stromschnelle ein. Die Felsen zu beiden Seiten scheinen sich im Wirbel zu drehen, der donnernde Schwall des Wassers überflutet Bord und Deck und übertönt jeglichen Befehl. Unaufhaltsam wird das gebrechliche Fahrzeug einer Felsenecke zugeschleudert – Furcht und Entsetzen prägen sich in allen Gesichtern aus – da liegt die gefährliche Stelle bereits hinter dem Stern des Bootes. Die von den Felsen zurückschäumenden Fluten haben auch das gefährdete Schifflein zurückgeworfen, nur zwei Ruder sind am Gestein zersplittert wie schwaches Glas. Ihr Verlust hindert die rechte Leitung der Barke, und ohne noch länger dem Steuer zu gehorchen, treibt sie einem wirklichen Wassersturze zu.

Ein allgemeiner Schrei, Entsetzen und Verzweiflung ausdrückend; ein Wink des mit zitternden Knien am Steuer stehenden Reis, und alle werfen sich platt auf das Deck und versuchen sich krampfhaft festzuhalten. Ein betäubender Krach und allseitige Überflutung durch zischende, gurgelnde Wogen. Ein Augenblick nichts als Wasser, sodann ein förmliches Aufspringen des Bootes – auch der Sturz und mit ihm die Todesgefahren sind überwunden.

»El hamdi lillahi« – »Gott sei Dank,« ringt es sich aus jeder Brust. Dann eilen einige in den Raum hinab, um etwa entstandene Lecke zu dichten, und andere legen neue Ruder auf – es geht weiter.

Hinter dem ersten jagt ein zweites Boot durch die gefährliche Schnelle. Mit ungestümer, fort und fort beschleunigter Hast arbeiten die Ruderer. Da stürzen plötzlich alle zu Boden und einer fliegt in hohem Bogen vom Ruder weg in den Strom hinein. Er scheint verloren zu sein, in der Tiefe begraben; aber nein. Während die Genossen ratlos die Hände ringen, taucht der unvergleichliche Schwimmer inmitten des kreisenden und schäumenden Wirbels wieder auf, und als ein drittes Boot an dem zweiten, auf einem Felsblock sitzenden vorüberjagt und in den Wirbel gelangt ist, erhascht er eines der Ruder und schwingt sich gewandt an Bord. Er ist gerettet

Auch das vierte Boot eilt herbei. Flehende Gebärden der gescheiterten Bemannung des zweiten rufen um Hilfe. Ein Aufzeigen zum Himmel ist die beredte Antwort. In der Tat, menschliche Hilfe kann jenen nicht werden, denn kein Fahrzeug ist hier in der Gewalt des Menschen. Der Strom selbst muß helfen, wenn er nicht zerstören will, und er hilft.

Heftiger werden die Schwankungen des vorn und hinten in die Wogen tauchenden und wieder gehobenen Bootes, und plötzlich wirbelt und jagt es wiederum durch Strudel und Strömung. Einige Schiffer rudern, zwei im Boote reisende Weiber schöpfen Wasser, andere hämmern, nageln und kalfatern im Raume. Zur Hälfte mit Wasser gefüllt, kaum noch auf der Oberfläche sich haltend, erreicht es das Ufer und wird ausgeladen. Aber die Hälfte der Ladung, die aus arabischem Gummi besteht, ist verloren, und klagend, jammernd, weinend, auf die mit den Männern reisenden Weiber fluchend, zerrauft sich der Eigentümer, ein unbemittelter Kaufmann, den Bart. Die beiden Weiber haben alles verschuldet; wie konnten auch sie, die den ersten Menschen im Paradiese bereits ins Verderben gestürzt haben, gläubigen Muslemin Segen bringen. Wehe, wehe über die Weiber!

Die Barke wird am nächsten Tage ausgebessert, neu kalfatert und beladen; dann schwimmt sie mit den übrigen den nächsten Stromschnellen zu, durcheilt sie ohne weitere Schädigung und erreicht wie sie das fruchtbare, felsenfreie Stromtal Mittelnubiens, das alle Schiffer gastlich empfängt. Vergessen ist jegliche Sorge, die vorher gequält hatte; wie Kinder lachen und scherzen die braunen Männer, und mit Behagen schlürfen sie Palmwein und Merisa. Biel zu rasch für ihre Wünsche führt der Strom die Boote durch das glückliche Land.

Wiederum schüttet die Wüste goldgelbe Sandmassen über die Felsen des Stromufers, wieder beengen, zerteilen, stauen felsige Eilande das Bett des Nils. Die Schiffe sind in die zweite Stromschnellengruppe eingetreten. Einer der gefährlichen Wasserläufe, einer der gefürchteten Strudel, eine der sorgenbringenden Engen nach der anderen bleibt zurück, nachdem sie glücklich durchfahren wurden; nur die letzten und wildesten Stromschnellen trennen die Schiffer noch von dem Palmendorfe Wadihalfa und dem von hier ab nur noch einmal von Felsen durchsetzten, im übrigen aber gefahrlosen unteren Stromtal. Alle Boote suchen oberhalb der furchtbaren Stromschnellen eine ruhige Bucht auf; die Schiffe lagern hier bis zum nächsten Morgen, um sich für die Anstrengung, Angst und Sorge des kommenden Tages zu stärken. Auf federnden Lagerstellen geben sich auch die Abendländer erquicklicher Ruhe hin.

Die Nacht zieht ihren Schleier über das wilde Land. Im Felsentale donnern die abstürzenden Wogen; in der stillen Bucht spiegeln sich die Sterne, am Strande duften blühende Mimosen. Da tritt ein uralter, zwischen den Stromschnellen geborener und ergrauter Reis zu den Abendländern. Sein blendendweißer Bart umrahmt das würdige Antlitz; sein weites Obergewand mahnt an den Talar eines Priesters.

»Söhne der Fremde,« so beginnt er zu reden, »Schweres habt ihr mit uns überstanden, Schwereres steht euch bevor. Ich bin im Lande geboren; siebzig Jahre hat die Sonne mein Haupt beschienen, und endlich hat sie mein Haar gebleicht. Ich bin ein alter Mann, ihr könntet meine Kinder sein. So achtet der Stimme des Warners und laßt ab von eurem Vorsatz, uns morgen zu begleiten. Unwissend geht ihr der Gefahr entgegen, ich kenne sie. Hättet ihr wie ich jene Felsen gesehen, die den Wogen die Tore schließen, hättet ihr vernommen wie ich, wie diese Wogen dröhnend Durchlaß begehren und Felsen brüllend zur Tiefe stürzen; bedächtet ihr, daß einzig und allein die Gnade Gottes unser armseliges Schifflein führen kann – ihr würdet mir nachgeben. Würde nicht Kummer das Herz eurer Mutter brechen, wenn die Barmherzigkeit des Allerbarmers uns verließe? – Ihr wollt nicht abstehen? So möge des Allgnädigen Gnade über uns allen walten!«

Vor Sonnenaufgang wird es lebendig am Strande. Inbrünstiger als je zuvor sprechen die Schiffer das Gebet des Frührots. Ernste, des Stromes kundige Steuerleute, junge, gliederkräftige und waghalsige Ruderer bieten dem Alten ihre Dienste an. Bedachtsam wählt er die erfahrensten Steuerleute, die kräftigsten Ruderer aus ihrer Mitte; dreifach bemannt er das Steuer, dann mahnt er zum Aufbruch.

»Männer und Söhne des Landes, Kinder des Stromes, betet die Fatiha,« befiehlt er. Und alle sprechen die Worte der ersten Sure des Korans: »Lob und Preis dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tage des Gerichts. Dir wollen wir dienen, zu dir wollen wir flehen, daß du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die deiner Gnade sich freuen, nicht aber den Weg derer, über die du zürnst, und nicht den Weg der Irrenden!«

»Amen, meine Söhne; im Namen des Allerbarmers! Löst das Haftseil, und Hand an die Ruder!« Mit gleichmäßigem Schlage fallen diese ins Wasser.

Langsam treibt der aufgestaute Strom das Boot der ersten Schnelle zu, und wiederum jagt es, nachdem es sie erreicht hat, weder dem Steuer noch den Rudern gehorchend, in allen Fugen knarrend und ächzend, durch sich überstürzende Wogen und kochenden Gischt, durch Strudel und Wirbel, Engen und jählings sich wendende Straßen, von den Wellen umspült und überschüttet, auf Armeslänge an Felsenkanten vorüber und dicht über umwirbelte Felszacken hinweg einer zweiten Schnelle zu. Von der Höhe des Absturzes aus blickt das Auge mit Entsetzen zu einer in Anbetracht der furchtbaren Wassergewalt grausigen Tiefe hernieder, und gerade vor dem unteren Ausgange der Schnelle erhebt sich ein runder Felsblock, den schäumende Wellen umgeben, als ob ein von weißen Locken umwalltes Riesenhaupt aus dem Wasser aufgetaucht wäre. Einem abgeschnellten Pfeile vergleichbar, schießt das gebrechliche, hier unlenkbare Gebäude diesem Riesenhaupte entgegen.

»Im Namen des Allbarmherzigen rudert; rudert, ihr Männer, ihr gewaltigen, kühnen, tapferen Männer, ihr Kinder des Stroms,« stöhnt der Reis. »Backbord, Backbord das Steuer, mit aller Kraft!« Aber Ruder und Steuer versagen. Zwar nicht der Felsblock gefährdet das Fahrzeug, aber eine enge, in ein Felsenwirrsal führende, steuerbords vom Felsen abzweigende Straße nimmt es auf, und vergeblich suchen aller Augen nach einem Auswege aus jenem Wirrsal.

Schon verlassen die Schiffer die Ruder, um sich ihrer letzten Bekleidungsstücke zu entledigen und nach dem voraussichtlichen Scheitern des Bootes im Schwimmen nicht behindert zu werden, da lenkt ein furchtbarer Krach aller Blicke wieder nach rückwärts. Jenes Felsenhaupt hat das nachfolgende, längere, minder lenksame Boot als Opfer empfangen und trägt es freischwebend über den darunter zischenden Fluten.

Das vermehrt das Entsetzen. Alle Schiffer sehen die Bemannung jenes Bootes als verloren an, und alle bereiten sich vor zum Sprung in die Tiefe.

Da zittert hell und klar die Greisenstimme des Stromesalten über das wirbelnd kreisende Fahrzeug. »Seid ihr denn toll? Seid ihr von Gott verlassen, ihr Kinder der Heiden? Arbeitet, arbeitet, ihr Knaben, ihr Männer, ihr Helden, ihr Recken, ihr Gläubigen! In der Hand des Allmächtigen ruht alle Kraft und Stärke. Ihm sei die Ehre. An die Ruder also, ihr Heldensöhne!« Und er selbst tritt an das Steuer und führt das verirrte Boot binnen wenigen Minuten vom Wege der Irrenden zurück auf den rechten Weg.

Eines der Boote nach dem andern erscheint im freien Wasser, aber nicht alle entrannen dem Verderben. Noch immer, und wohl bis zur nächstjährigen Nilschwelle trägt das Riesenhaupt seine Last, und jenes Unglücksboot, das die Weiber führte, zerschellte in tausend Trümmer schon an der obersten Schnelle. Mit der glücklich geretteten Mannschaft beten die Schiffer wie vor der Abfahrt: »Lob und Preis dem Weltenherrn!«

Vor dem palmenbeschatteten Dorfe Wadihalfa liegen die geretteten Boote nebeneinander: am Strande selbst lagern um lodernde Feuer in malerischen Gruppen die Schiffer. Wölbige Urnen, gefüllt mit Merisa, laden zum Zechen ein; in anderen brodelt das Fleisch geschlachteter Schafe unter Aufsicht rasch herbeigekommener, mit Rizinusöl gesalbter, für Europäer unnahbarer Frauen und Mädchen. Zitherklänge und Trommelschläge bezeichnen den Beginn des Festes, des Gelages. Unsägliches Wohlsein beglückt alle Schiffer, genußfreudiges Behagen drückt sich in Miene und Bewegung aus.

Endlich aber fordert die nach dem schweren und sorgenbringenden Werke unausbleibliche Ermüdung ihr Recht. Dem schlaffwerdenden Arme entsinkt die Tarabuka, der ermattenden Hand die Tambura, und alle die bis vor wenig Augenblicken so lauten Stimmen schweigen.

Dafür beginnt nunmehr die Nacht zu reden. Von oben hallt der Donner der Stromschnellen hernieder; in den Palmenkronen, mit deren Wedeln der Nachtwind spielt, hebt ein Geflüster an; am flachen Strande brechen sich klangvoll plätschernd die Wellen. Und Wogendonner und Wellenspiel, Windesrauschen und Palmengeflüster weben den köstlichen Schlummergesang, der alle hinüberwiegt in das lichtvolle Reich goldenen Traumes.

Mehrmals bin ich auf meinen Nilreisen genötigt gewesen, das nächtliche Lager auf einem der schwarzen Felsen aufzuschlagen, weil die heftige Bewegung des in der Stromschnelle auf und nieder schaukelnden Bootes den Schlaf verhinderte. Schwerlich kann man sich eine absonderlichere Schlafstätte denken. Der Grund, auf dem man ruht, scheint zu erzittern vor den anstürmenden Fluten; das brausen und tauschen, Zischen und Loben, Dröhnen und Donnern der Wogen übertäubt jeden anderen Hall. Wortlos sitzt oder liegt man auf seinem Teppich inmitten der Genossen. Wie vorüberziehender Nebel sprüht bei jedem Windstoße seiner Dunstregen über das Felseneiland. Das belebende Lagerfeuer wirft wundersame Lichter auf das Gestein und die dunklen, an allen vorspringenden Ecken schäumenden Gewässer, läßt aber die im Schatten liegenden Wirbel noch grausiger erscheinen, als sie sind. Zuweilen möchte man meinen, daß sie hundert Rachen öffneten, um das arme Menschenkind zu verschlingen. Doch dessen Vertrauen ist fest wie der Grund, auf dem es sich bettete. Mag der gewaltige Strom donnern, die Brandung tosen und schäumen, man ruht sicher auf Felsen, die beiden Jahrtausende Trotz boten.

Aber wenn das Tau risse und das rettende Boot an den nächsten Felsen geschleudert und zerschellt würde? Dann wird ein anderes erscheinen, um die Schiffbrüchigen ans Ufer zu bringen. Man ist imstande, ruhig zu schlafen, trotz solcher Gedanken und trotz des ununterbrochenen Dröhnens; denn Gefahr gibt Mut, und Mut Vertrauen, und für das betäubte Ohr wird der Donner der Wogen zuletzt zum Schlafgesange.

Am nächsten Morgen aber, welch ein Erwachen! Im Osten erglüht der Himmel im duftigsten Rot; die alten Felsenriesen schlagen einen Purpurmantel um ihre Schultern und erglänzen sodann in blitzendem Lichte, als beständen sie aus geglättetem Stahl. Licht und Schatten weben auf den schwarzen Felsenmassen und in den mit goldgelbem Sande erfüllten Schluchten das wunderbare Farbengewand der Wüste. Tausende und aber Tausende von Wasserperlen glänzen und flimmern dazwischen, und der Strom rauscht seine gewaltige, ewig gleiche und ewig verschiedene Weise dazu.

Solch Schauspiel, solche Melodie erfüllt jedes Mannesherz mit Befriedigung, mit Entzücken. Wahrhaft andächtig verbringt man den Morgen auf seiner großartigen Schaustätte, denn erst mit den Vormittagsstunden erhebt sich der regelmäßig nach Süden strömende Segelwind. Mit ihm beginnen wieder Mühe und Kampf, Wagnis und Sorge.

So schwindet ein Tag nach dem andern, bleibt Stromschnelle nach Stromschnelle hinter dem Schiffer.


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