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Mathien Schwann

Goldner Herbst

Das wallt wie rollender Wogenschlag
Nach Sturmeswehn und Wetterbraus,
Und was in der Tiefe verborgen lag,
Das peitschte die Sehnsucht in's Licht heraus.

Die schaumgegeißelte Lebensflut
Wogt leise ab, und niedersinkt
Der Sonne leuchtende Himmelsglut
Auf mich herab – die Seele trinkt ...

Sie trinkt des Weltseins einiges Bild
In sich hinein, und niederwärts
Die Schwere taucht. Es überspielt
Des Herbstes Goldflut nun mein Herz.

Eine weiße Taube schwebte ...

Eine weiße Taube schwebte
Ueber einer Schar von grauen,
Und auf ihren Flügeln glänzten
Golden lichte Sonnenstrahlen.

Unten Aehren, oben Sonne,
Zwischen ihnen kreisten Vögel,
Graue! – Und hoch über ihnen
Eine weiße Taube schwebte.

Unten reifendes Erwarten,
Oben Glück in ewiger Ferne,
Mitten flattern graue Sorgen
Und der Liebe weiße Taube.

Fiel ein Schuß. – Es kreisten weiter
Graue Tauben. Doch zur Erde,
Rot die Brust und rot die Flügel,
Eine weiße Taube schwebte.

Wenn die stillen Tage kommen...

Wenn die stillen Tage kommen,
Die vom Sterben leise flüstern
Und von abendrotem Frieden:
Weht es um mich her wie Düfte,
Die des Sommers Reife mischen
In des Herbstes klaren Hauch.

Denken? – Nein, vom vielen Denken
ward der Kopf mir schwer und schwerer,
Und das Herz will nicht mehr wollen,
Hemmt auf Augenblicke plötzlich
Seiner Sehnsucht lauten Schlag.
Manchmal ist's, als wollt's versuchen,
Wie es tut, wenn seiner Unrast
Endlich naht das dunkle Ziel.

Und mir ist: von vieler Schönheit,
Die das Leben mir gegeben,
Von der Güte und der Höhe
Aller Hoffnung, aller Ferne
leuchten Strahlen, flirren Farben,
Rot und goldgelb, über blaue,
Ahnungsschwer tiefblaue Meere.
Und die Lichter und die Farben
Winden sich zu Harmonien,
Immer wechselnd, immer schöner,
Und aus diesen Harmonien
Schlingen unsagbare Lieder
In viel tausend tausend Stimmen.

Nicht ein Rausch, der mich umflattert,
Dem ich zuschau aus dem Winkel,
Sondern ganz dahingenommen,
Selbst vergangen, selbst verloren.
Zucken meines Lebens Farben
Durch das wunderbare Spiel;
Leuchten auf, verdämmern wieder,
Da und dort ein Sprühefunken
Grüßt mich, wie ein längst Bekanntes,
Wie Gedanken, die ich hegte,
Wie ein Traum, der mich umfangen,
Wie ein Hoffen und ein Lieben,
Huscht vorbei im Augenblick,
Nur ein Wellen nach sich ziehend,
Als entflöh's zu fernem Strande.

Dann wird's Ruhe – eine Stille,
Die den Atem fast verbietet,
Als ein unleidlich Gepolter –
Und aus dieser Ruhestille
Nur ein überselig Fühlen –
Ganz mit dir, ganz hingeflossen
In das eine große Leben,
In die eine Schöpferstille,
In das nimmermüde Werden
Einer ewigen Natur
Ist mein Selbst, ist ganz vergangen
Und doch immer da und wirkend –
wer beschreibt es, wenn verklinget
Alle Zeit im ewigen All? – –

Wenn die stillen Tage kommen,
Die vom Sterben leise flüstern
Und von abendrotem Frieden,
Schließt das Auge meiner Seele
Langsam sich, und langsam fühle
Ich die große Stille nahen,
Jene wunderheil'ge Ruhe,
Mutterarme mich umfangen.
Und ein rechter Kinderschlummer
Schlingt sich um die schweren Glieder,
Löset ihre Haft und Bande
Und verscheuchet selbst den Traum.
Eins nur bleibt – ein Ruhefühlen,
Eine Seligkeitsempfindung,
Bis auch diese noch entschwindet,
Und es ganz – ganz dunkel wird. – –

Wenn die stillen Tage kommen ...
Ach, es freut sich meine Seele,
Und mein Herz ist ganz bereit,
Hinzulegen meines Willens
Schweren Hammer und zu feiern –
Wenn die stillen Tage kommen – – –

 


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