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Georg Kiesau

Sommerpsalm

Nun ruh' ich aus und schaue von dem Hügel,
Fern von der Stadt, ins sommerblaue Land,
Lichtweiße Wolken haben ihre Flügel
Wie wilde Schwäne glänzend ausgespannt.

Nun ruh' ich aus, fern von dem Ewig andern,
Das mich gelockt und das mich stets genarrt,
Und, müde von dem Immerweiterwandern,
Beschließt ein Traum nun meine Wegefahrt.

Ein Traum, wo Männer, wuchtiger Gebärde
Und ihres Ziels bewußt, der Körner Kraft
Mit starken Händen streuen in die Erde,
Die wie im Schlummer ruht und schlummernd schafft.

Wo Lenzgewitter sich mit schwerem Segen
Einstürzen auf die keimgeword'ne Saat,
Wo Sommertage gold'ne Schleier legen
Und glühes Glänzen über reife Mahd.

Nun ruh' ich aus und seh' den Abend schreiten
Auf Purpurteppichen aus süßem Klee,
Und wenn die Winde durch die Ferne gleiten,
Wogt sanft das Kornfeld, wie zur Nacht die See.

Der Abend hebt die milden stillen Hände
Zum Segen auf, und eine Glocke klingt
Ganz fern vom Kirchhof über das Gelände,
Dann ist es still ... und eine Lerche singt.

Der letzte Erntewagen naht, sanft greifen
Die Weidenzweige nach der gold'nen Last;
Am Himmel glüht ein roter Flammenstreifen,
Vor dem der hohe Vollmond noch erblaßt.

Hollunderduft stäubt um die Gartenhecken,
Ein Sprosser ruft, dann kommt die blaue Nacht
Und breitet sammetweiche Schattendecken,
Wo hell ein Licht und eine Sehnsucht wacht.

Da leg' ich meine alte braune Geige,
Die vielgeliebte, leise unter's Kinn
Und streiche mit dem feinen, weichen Bogen
In stiller Freude schmeichelnd drüber hin.

Ich spiel' den tiefen, den gesenkten Halmen
Ein Wiegenlied dem sommerblauen Land,
Und durch die Saiten rauscht es mir wie Psalmen
Von Wunderlauten, die ich nie gekannt ...

Fern von der Stadt und fern dem Ewig andern,
Das mich gelockt und das mich stets genarrt,
Ruh' ich nun, müde von dem Immerwandern,
Und träume rastend auf der Wegefahrt.

Ruine Kloster Heisterbach

Die Buchen flüstern sich ein leises Lied,
Der Mittag macht die weißen Falter trunken,
Die schwere, schwarze Amsel hüpft und sieht,
Wie ich im Klosterhof im tiefsten Gras versunken.

Wirr liegt der Mauern bröckelndes Gestein
Nun doppelt einsam in der jähen Helle ...
Der Frieden hält im gold'nen Sonnenschein
Am Hochaltar die Messe der Kapelle ...

Der einsame Weg

Daß du auf diesem Weg nicht bei mir bist,
Den braune Blätter rauschend überrollen,
Die ihn verwischen und verhüllen wollen,
Weil er so schmal und weltverloren ist! ...
Wenn über mir des Abendwindes Welle
Der kühlen Nacht entgegenweht,
Lausch' ich so still, wie vor des Himmels Helle
Ein Baum mit hundert dunklen Blättern steht.

 


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