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Hans Böhm

Tote Liebe

1.

So schläfst du nun die erste Nacht,
Von schwerer Erde überdacht.
Und nur des Wintersturms Gebraus
Ist über deinem letzten Haus.

Mit fremden Toten Wand an Wand
Rasch ließest du, die dich gekannt!
Du Kalte! – nun versteh' ich's erst.
Daß du mir nie mehr wiederkehrst.

2.

Denkst du mein?
Ich war dein,
Eh' der Tod mich traf.
Nun von Nacht
Ueberdacht,
Schlaf ich steinernen Schlaf.

Nun umschlingt,
Nun trinkt
Mich der Erdenmund.
Was ich war,
Geb ich dar,
Tiefer Wonne kund.

Fühl mich schon
Halb entfloh'n
Unter Grund und Strauch,
Weiß kaum hier
Noch von dir, –
So vergiß du auch!

Unter der Kirschblüte

Sanken große weiße Sterne
Schimmervoll auf alle Zweige,
Und dazwischen blaut die Ferne,
Wie wenn drängend sie sich neige.

Haucht herab aus jungen Räumen
Urweltfrische, Würzeschwere,
Und in allen Weiten schäumen
Dämmerhell die Sternenheere.

Meiner Mutter

Für jede Güte hab ich Blicke,
Für jede Liebe trag ich Dank:
Bei Einer nur kann mir's nicht glücken,
Von der ich Blut und Leben trank.

Noch immer fühle ich es rinnen
Geheimnisvoll in mich hinein
Und ich empfinde Sein und Sinnen,
Wie einst, noch immer nicht als mein!

Für dieses Schenken ohne Schränken,
Für dieses Strömen ohne Ruh'
Ach, wo und wem nur sollt' ich danken –
Denn du bist ich, und ich bin du.

Mensch und Tod

Gehst mir ungesehn zur Seite,
Wehst mir stille Worte zu
Und des Herzens Flut und Ebben
Schwichtigst du:
»Ehrfurcht fühle du vor jenem,
Der dich hier zum Leben lud.
Nicht verrauchen und verlodern
Laß die Glut.

Und veracht' mir nicht dein Leben,
Nur weil einst ichs enden muß.
Sorg', daß bittrer dir nichts werde
Als mein Kuß.

Wann der Haß und die Gemeinheit
Zischt und aufschäumt über dir, –
Sie vergehen schon im Sterben:
Laß sie mir!« –

Alles hör' ich tief im Herzen,
Und mein Schauer wird Gebet:
Laß mich werden, laß mich wirken,
was besteht.

Das Musikbübchen

In den Ballsaal kommt mit zögerndem Tritt
Ein junges Mädchen gegangen.
Eine üble Laune, die flog ihr mit,
Die wuchtet nun schwerer bei jeglichem Schritt;
Fast möcht vor Verdrusse sie weinen.

Nicht sieht sie die Menschen, den Festsaal, das Licht,
Sie drängt sich zum fernsten Winkel.
Doch sie auch gewahrt kein einziger nicht;
Das ärgergraue Trotzgesicht
Es sitzt wie in garstigem Nebel.

Nun stimmt das Orchester, und nun im Takt
Ein freuderotes Getöne.
Und sieh, ein Bübchen himmlisch nackt,
Die Flügelchen silbern ausgezackt,
Kommt listig herzugeflattert.

Ein Eimerchen trägt's in der linken Hand,
Einen Goldlöffel hält die rechte.
So fliegt's in das Tonmeer unverwandt
Und schöpft vom Basse und schöpft vom Diskant
Ins ziervolle Himmelsgefäßchen.

Nun flugs vor die Kleine und flugs übern Schopf
Den ganzen Kübel gegossen.
Hei, rosige Anmut in hellem Getropf!
Sie glüht, sie lächelt, stolz hebt sie den Kopf –
Begeistert nah'n sich die Tänzer.

 


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