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Martin Boelitz

Heute noch...

Heute noch im frohen Jugendreih'n,
Morgen werd' auch ich gestorben sein,
Irgendwo in braunes Ackerland
Legt mich eines Freundes treue Hand.

Zärtlich decken Wurzeln bald mich zu,
Bienen summen durch die goldne Ruh,
Trinkt ein Halm von meiner morschen Kraft,
wandr' ich mit dem warmen Lebenssaft.

Werde wieder Blatt und Blüte sein,
Leuchte in die Tage still hinein,
Bis sich Korn um Korn in Reife drängt,
Und die Erde wieder mich empfängt.

Lied der Frau

Wer hätte gedacht,
Daß die Rosen so schnell verwehen!
In einer stillen Sommernacht
Ist es geschehen.

Klingen und singen
War unsre junge Seligkeit,
Ein Spiel mit goldnen Ringen
In süßer Heimlichkeit.

Mutter, liebe Mutter mein,
War Deine Seele auch so müd?
Schau ich in mein Herz hinein,
Ist alles verblüht.

Meiner Träume Silberkähne
Fuhren weit hinaus aufs Meer,
Nun schick' ich die weißen Schwäne
Der Sehnsucht hinterher.

Sie kommen mit schwarzen Booten
An den Strand,
Und bringen mir die toten
Wünsche aus dem Mädchenland.

Dort

Es liegt ein Reich in dämmernden Fernen,
Hoch über goldenen einsamen Sternen,
wo die Füße so leicht und leise gehn,
Rosen blühen, die nie verwehn.

Wo die Schönheit thront in sel'ger Enthüllung,
Von heimlichen Harfen die Luft ertönt,
Und alle Herzen sind still und versöhnt
Und alles ist Glanz, und alles Erfüllung.

Wanderung

Der Abend dämmert über'm Heideland,
Tauglitzernd neigen sich die Ginsterdolden,
Mit jedem Schritt versinkt der Fuß im Sand,
Ein letzter Streif verschimmert schmal und golden.

Entlang den Bahndamm dehnt sich's flach und frei
Von abertausend bunten Feuerzungen,
Mit grellen Augen rast ein Zug vorbei,
Und ein Signal hat irgendwo geklungen.

Dahinten – weit – versinkt das Häusermeer
Im hellen Glanz entflammter Gaslaternen,
Im Walzwerk dröhnt der Hammer, dumpf und schwer,
Die gelben Funken sprühen zu den Sternen.

Zwei matte Fenster noch im Kätnerhaus
Umsingt der Wind, eh' sie in Nacht verglühten,
Und immer weiter wander ich hinaus
Durch Gras und Staub und rote Heideblüten.

Der Reiter Tod

Ein rascher Reiter ist der Tod,
Wer will dem Tod enteilen!
Trotzt nicht auf eurer Wangen Rot,
Ihr Glühen wird er heilen,
Wie tief er auch die Zügel hält,
Er reitet heut noch um die Welt,
      Glaubt es, o Freunde!

Der Tod, der harte Reiter Tod
Will kein Erbarmen.
Den läßt er seiner bittern Not,
Dem, in der Liebe Armen,
winkt still er und gelassen zu,
Heut bin es ich, bald bist es du,
      Glaubt es, o Freunde!

Leben

Ein blankes Schwert in starker Hand,
Zu Trutz und Schutz allweg bereit,
Nach scharfem Ritt durch Heidesand
Ein kühler Trunk zur rechten Zeit.

In späten Stunden Ruh' und Rast,
Ein lustig Feuer auf dem Herd,
Am eignen Tisch ein lieber Gast –
Leben, so bist du lebenswert!

Mein Wesel

Morgens um acht Uhr müßt ihr's sehn,
Wenn die Mädel zur Schule gehn.
Wie das vorbeidrängt mit Lärmen und Hasten,
Arbeiter, Bauern, Gymnasiasten,
Und auf dem Markt, das nenn' ich Glück,
Hurra! Die Regimentsmusik.
Das blinkt und glitzert im Sonnenschein,
Die liebe Jugend hinterdrein,
Und bis zum Tor im strammen Tritt
Zieht stolz die kleine Garde mit.

Ich kenne wohl andre Heimatstädte,
Keine doch, die ich lieber hätte,
Keine, die in der Rosenzeit
So voll tiefheimlicher Seligkeit.
– Ihr lächelt und wollt mich nicht verstehn?
Kommt, wenn die Mädel zur Schule gehn!

Lied

Wissen, daß die Wälder blühen müssen,
Was die Stürme auch zu Boden rissen,
Ach, und stark und voller Freude sein!
Meine Saat vertrau' ich stolz der Erde,
Und ich glaube, daß sie wachsen werde,
Und sich hebe in den Sonnenschein.

Ob ich selbst die reifen Garben binde,
Ob ein andrer ihre Fülle finde,
Soll ich darum stumm und mutlos stehn?
Nehm' sein Werkzeug jeder in die Hände,
Schafft und lebt! und winkt der Tod: zu Ende!
Laßt uns lächelnd ihm entgegengehn.

 


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