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Theodor Fontane

Die große Karthause vor Papst Paul

Und es sprach Papst Paul: »Die große Karthaus
In der Freigrafschaft treibt es mir zu kraus,
Auch Frommsein trägt Gefahren im Schoß,
Kasteien zieht den Hochmut groß,
Kasteien ist ihnen Zweck und Ziel,
Ewiges Fasten, das ist zu viel.
Ich sehe kommen der Dinge Lauf:
Ohne Zehrung zehren sie selbst sich auf,
Und ihr Orden wird ein schwächlicher Schaft,
Morsch und mürb, ohne Saft und Kraft.«

Dess' kam ihnen Kund' in einem Brief.
Der Abt die Mönche zusammenrief;
Und es sprach der Abt: »Frei seis gesagt,
Es haben uns unsre Feinde verklagt,
Ein Neider oder ein Leckerling
Den Heiligen Vater hinterging,
Der sieht nun die Dinge von Grund aus schief,
Sonst schrieb' er uns nicht einen solchen Brief,
Ich aber schick Antwort: Bruder Gregor,
Und Eustach und Rollo, tretet vor,
Und Cyrill und Gaston, und du, Bruder Hugh –
Hugh, du bist neunzig, du führst den Zug.«
Da traten die sechs zum Zuge zusamm;
Und winters über den Gotthardkamm
Einzeln und nebeneinander her,
Ein jeder achtzig oder mehr,
So passierten sie Gletscher und Wald und Strom,
Bis daß sie hielten vorm ewigen Rom.

Und der Papst empfing sie: »Was euer Begehr?«
»Die große Karthause schickt uns her.
Die große Karthaus ist, was sie war,
Zusammen sind wir fünfhundert Jahr;
Was gab uns die Jahre? Was ließ uns gedeihn?
Fasten war es und Kastein;
Dem Leib gehorchen, zehrt auf das Mark,
Den Leib bezähmen, macht stählern und stark.
Im Schneesturm, über die Berge hin,
Zogen wir; wende deinen Sinn!
Daß morsch wir würden, noch hat es nicht Not.
Heil'ger Vater, nimm von uns dein Gebot.«
Da lächelt Papst Paul: »Ihr meidet den Wein,
An meinen Tisch sonst lud ich euch ein.
Doch kenn ich ein andres, das gilt euch mehr:
In eure Karthause die Wiederkehr.
Ihr habt mich besiegt: aller Größe Keim,
Er heißt Entsagung ... Zieht heim, zieht heim!«


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