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Gottfried Keller

Has von Überlingen

Es war der Has von Überlingen,
Der scheut' den Märzen wie den Tod;
Denn in die Glieder fühlt er dringen
Mit ihm des Alters leise Not.

Wann nun die Morgenlüfte wehten
Nach letztem Hornungs Mitternacht,
Sah man ihn vor die Türe treten
Wie einen Krieger auf die Wacht.

Den Krebs geschnallt um Brust und Rücken,
Auf grauem Kopf den Eisenhut,
Umschient die Glieder ohne Lücken:
Das schien ihm für den Märzen gut!

Den langen Degen an der Seite,
Die Halmbart in beschuhter Hand,
Erwartet er den Feind zum Streite,
Bis sich erhellten See und Land.

»Hei, falscher Mars! willst du es wagen?
Dir sag ich ab und biete dir,
Auf Hieb und Stoß gerecht zu schlagen
Ums teure Leben, jetzt und hier!

Willst du an Herz und Mark mir greifen,
Du Tückebold, so komm heran!
Ich lehre dich ein Liedlein pfeifen,
Du findest einen Martismann!«

Fuhr dann dem Alten rauh entgegen
Ein Staubgewölk im Sonnenschein,
Ein Schauer auch von Schnee und Regen,
So hieb und stach er mächtig drein.

Denn in dem Dufte sah er drohen
Den Gegner mit gezücktem Speer;
Drum schlug er, bis der Spuk entflohen,
Und blickte siegreich um sich her.

Ein Trunk von goldnem Rebenblute
Erquickt' ihn nach bestandnem Streit,
Und er genoß mit frohem Mute
Des Frühlings neue Herrlichkeit.

So ging es denn nach seinem Willen;
Er schlug den Märzen Jahr um Jahr,
Bis einst am ersten Tag Aprillen
Sein tapfres Herz gebrochen war.


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