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Börries von Münchhausen
Weite Felder am Höderup-Deich,
Mitten drin der Hungrige Teich.
Die Ähren schütteln sich vor Entsetzen,
Der Fisch ängstet haufenweis zu den Netzen,
Wenn aus dem Teich, wie aus tiefer Gruft,
Eine Stimme ruft,
Eine Stimme, die nie vergeblich ruft! –
Der Pfarrer von Höderup geht über Feld,
Johannistag glüht auf der Marschenwelt,
Friedliches Stiefelknarren auf staubigem Wege,
Sonst kein Laut in Flur und Gehege.
Ein Ährenzittern läuft her, wellengleich ...
Da! – Langsam und klar vom Hungrigen Teich
Heimatlose Worte wandeln durch das Licht:
»Die Stunde ist da, – und der Mensch noch nicht!«
Den Pfarrer packt es, er weiß nicht wie,
Er weiß nur das Eine: Flieh! Entflieh!
Und wie er läuft, – noch einmal, ganz nah:
»Die Stunde ist da...!«
Vor Höderup, wo die Birken stehn,
Da hat er den Knaben laufen sehn,
Da hat er gewußt: Tu jetzt, was du willst, –
Glaub doch nicht, daß du sein Hungern stillst
Dem Hungrigen Teich!
»Lütt Pieter, min Jung, seg, wo wistu hin?«
Er faßt ihn freundlich unters Kinn,
»Nich wid! Wie sün ja dor all gliek, –
Eck gah to speelen an Hongrigen Diek!«
»Lütt Pieter, du schallst nich tom Water gahn,
Lop mal nahn Oberdörpe enan
Un seg Herrn Lehr, ... un frag Herrn Lehr,
Ob hei hüt Ahmd in Kränzchen wär.
Un denn kom gliek to mi torügge,
Aber gah dorchs Dorp, – nich över de Brücke!« –
Die Diele im Pfarrhaus war weit und kühl,
In der Küche aber, da wallte es schwül,
Da standen die Weiber um Kessel und Trog,
Und Frau Pastor aus der Türe sich bog:
»Katrin, für die feine Wäsche hol gleich
Mal noch zwei Eimer vom Hungrigen Teich!«
Und der Pfarrer wußte: Laß sie nur gehn,
Der wird da draußen kein Leid geschehn!
Und er saß bang. Die Wanduhr tickte,
Unerbittlich der Zeiger rückte,
Und als er nach dem Zeiger sah,
Da wußte er wieder: Die Stunde ist da!
Er trocknete sich von der Stirne den Schweiß,
Der Mittag brütete gar zu heiß. –
Ein geller Frauenschrei! »Rudolf, Rudolf!! –
Schnell, schnell!!« – Lütt Pieter lag
Tot auf der Diele, gerührt vom Schlag!
Müde und durstig und heißgerannt
Schöpfte er mit der Kinderhand,
Trank er vom Eimer, der dort stand!
Die Küchenuhr schlug durch Brodem und Rauch,
Die Stunde war da, – der Mensch auch!