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Wenn man den Leser auf den Standpunkt stellen will, woraus er ein Werk zu betrachten hat, so bedienet man sich sehr schicklich einer Vorrede; wenn man aber über das Buch selbst etwas zu sagen hat, so scheint eine Nachrede zweckmäßiger zu seyn.
Einige Hauptzüge dieses Gedichtes sind aus dem Romane Bliomberis entlehnet, den Herr von Florian unter seine Novellen aufgenommen hat Die Novelle »Bliombéris« von Jean-Pierre Claris von Florian erschien 1784; ein Band »Novellen des Ritters von St. Florian«, der auch »Bliomberis« enthielt, wurde 1786 in der Übersetzung von A. G. Meißner veröffentlicht.. Wer liebt und bewundert nicht diesen vortrefflichen Schriftsteller, der den Deutschen auf eine so edle Art Gerechtigkeit widerfahren läßt? Alles verschönert sich unter seinen Händen. Auch über diese Erzählung hat er einen ungemeinen Reiz verbreitet. Der große Unterschied zwischen einem Romane und einem epischen Gedichte verhinderte mich, mehreres zu benutzen. Selbst das, was ich heraus genommen habe, mußte ich ändern, näher bestimmen und motiviren; z. B. die Liebe des Bliomberis zu Pharamunds Tochter, die Gefangennehmung Palameds, seine beyden Kämpfe mit Bliomberis und das Ende des letzteren, wo der ganze Knoten gelöset wird.
[430] Die Caractere sind fast alle mein, so wie die kleinen philosophischen Abhandlungen, welche in den Schriften der Neuern gewöhnlich Glück machen, obgleich die Alten sie ihren Gedichten nicht einstreuten. In einer derselben, in der Unterredung des Bliomberis mit Maragossen, womit der eilfte Gesang anfängt, habe ich einige Gründe der Humischen Philosophie bestritten, doch das geschah nur nebenher. Die Poësie verträgt sich nicht mit tiefen metaphysischen Betrachtungen. Wer befriedigende Dinge hierüber lesen will, den muß ich an unsere Philosophen und insbesondere an meinen verehrten Freund Herrn Professor Platner Ernst Platner (1744-1818), deutscher Mediziner, Physiologe und (Natur-)Philosoph; Mitbegründer der neuzeitlichen Anthropologie als medizinisch-philosophische Wissenschaft. verweisen. Mein Hauptendzweck bey dieser Episode war, zu zeigen, wie auch der redliche Mann auf solche Abwege gerathen könne, und wie der höchste Unglaube sehr oft eine mitleidswerthe Krankheit sey, die sich mehr durch Erregung und Erneuerung edler Gefühle, als durch mühsame Vernunftschlüsse heilen läßt. Wenn übrigens Maragoß dem Köhlerglauben das Wort redet; so habe ich ihm nicht meine eigene Meinung in den Mund gelegt, sondern nur die Natur des Menschen dargestellt, der so gern von einem äußersten Ende zum andern übergehet. Das indessen gestehe ich sehr gern, daß ich selbst den Köhlerglauben für weit nützlicher, besser und ehrwürdiger halte, als die unsinnigen Ausfälle, die man sich oft sogar in [431] Volksschriften und in Gedichten gegen die Vorsicht Gottes, gegen die Unsterblichkeit der Seele und die Hoffnung einer besseren Zukunft erlaubet; ich gestehe, daß ich lieber mit den frommen Köhlern in Hütten, als mit diesen so genannten Aufklärern in Pallästen wohnen will. Mein Maragoß gehört nicht zu ihnen; er behält seinen Irrthum für sich und dringt seine trostlose Philosophie niemanden auf.
Was die Abentheuer betrifft; die meinem Helden auf seiner Fahrt aufstoßen; so habe ich ein Paar aus Classikern genommen. Die Episode, welche den siebenten und die, so den neunten Gesang schließet, sind gleichfalls verpflanzte Früchte. Die erste gehöret dem Virgil, die zweyte dem Ariost. Mein Verdienst hierbey ist, daß ich jene an die Hauptgeschichte knüpfte, da sie beym Virgil außer aller Verbindung stehet, diese aber kürzer und wahrscheinlicher zu machen suchte.
Ich weiß, wie groß die Foderungen an den epischen Dichter und wie beschränkt meine Kräfte sind. Doch wird mein Wieland nach so vielen herrlichen Denkmahlen, die er sich selbst durch seine Schriften errichtet hat, auch dieses geringe nicht verschmähen, das ihm die Freundschaft mit reinen, unentweihten Händen gesetzt hat.
Man wird am Ende dieser Nachrede einige Anmerkungen, die fast alle die Sprache betreffen, und [432] zuletzt Bruchstücke über den Reim, den Abschnitt, die poëtischen Freyheiten und den Hiatus finden. Vgl. hierzu die Notizen in den »editorischen Hinweisen«. Ich wünsche dadurch jungen rüstigen Dichtern das Versemachen – zu erschweren und ihnen meine Achtung für Genauigkeit einzuflößen.
So sehr ich übrigens diesem Gedichte Nachsicht und eine gütige Aufnahme wünsche; so werde ich mich doch patriotisch freuen, wenn meine litterarischen Bemühungen durch wichtigere Arbeiten meiner Landsleute verdunkelt und in Vergessenheit gebracht werden. Vielleicht ist der günstige Zeitpunkt für die Wissenschaften nicht fern. Unser angebetheter König Zum Zeitpunkt der »Nachrede« ist dies Leopold, ab Oktober 1790 Kaiser Leopold II. Er verstarb unerwartet bereits am 1. März 1792. wird, so bald es ihm die dringendern Staatsgeschäfte erlauben, seine Aufmerksamkeit auf sie richten; er wird die Österreichischen Gelehrten durch seinen Beyfall, durch seine Achtung ermuntern, und ihnen einen gemeinschaftlichen Vereinigungspunct geben, das einzige, was zur Ehre der Nation und zur Aufnahme der Wissenschaften bisher gefehlt hat.
Wien den 8. Aprill 1790.
Auf den Seiten V f. bringt das Original »Bessere Lesarten«; die vorliegende Edition hat diese nicht in den Text eingearbeitet, wie es mit den unter »Druckfehler und Verbesserungen« (S. I f.) aufgeführten Angaben geschah, sondern reproduziert die Liste als solche (allerdings ohne die sprachliche Erörterung zu fleuget / lässet / giebet / wäre im Klammerinhalt S. V unten). Spätere Auflagen haben zu mancherlei Veränderungen des Wortlauts geführt: diese Ausgabe hält sich an den der Erstauflage und gibt die genannten »Lesarten«, die der Verfasser nach seinem eigenen Wortlaut ohnehin lediglich ›vorschlägt‹ (»will ich auch … ein Paar andere Lesarten vorschlagen«, S. I), so, wie der Leser unserer Vorlage sie vor Augen hatte.
Bessere Lesarten.
S. 29. V. 2.
Und durch ein Wunderwerk dem Erdkreis einen Helden
88. 7. 8.
Dich, der zum Held gereift ist vor der Zeit,
So ziehe mich das Heer der Ungerechtigkeit.
89. 6.
Den Schmerz in seine Brust, begehret Waffen, heißt
117. 1.
Die Nebenzimmer schließt ein einsam Cabinett
128. 11.
Mein Kind zu freyen wünscht; ein kühner Wunsch! er flieget
[...]
S. 137. V. 11.
In Sclaventagen sang; ruh sanft, so senfzen Schönen,
147. 18. 19.
– – – und weckt in Blankas Brust
Den Wunsch
185. 4.
Das Knie dem Brechen nah, das Auge starr; man höret
217. 6.
Wo ungewissen Tritts bey trübem Lampenlichte
Die Zweifel auf und nieder gehn,
Mit halb verschleyertem Gesichte.
219. 21.
Du bist mein Alles jetzt, drey ältre Söhne sanken
277. 16.
zappelnd lies röchelnd.
283. 22.
Nachdem er oft und dringend sichs verbethen,
318. 2.
Herunter auf die Brust; des Königs Rede hat
331. 20.
Drey lies Vier.
345. 4.
heilgen lies großen.
346. 5.
Er macht das heilige Gefäß
An seinem Sattel fest – –
362. 15.
Die Gicht erwachete, der Schmerz ward bald so groß,
405. 17. 18.
Sie steigcn in ein Schiff; schnell wie ein Pfeil vom Bogen
Fleugts hin nach Gallien; schon sind sie in dem Port.
416. 9.
Als er zum Zelte kam, entstürzet er dem Roß,
Läßts frey, wirft weg den Speer; ein eiserner Koloß
Steht er nun da und reißt in finsterm Grimme
420. 10.
thränenvoll lies weinend stehn.