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Neunzehntes Kapitel

Am folgenden Tage reisten Ursula Dülberg und ihre munteren Gefährten mit all dem Geräusch ab, das solch vergnügtes Jungvolk zu machen pflegt. Zur Verabschiedung der namhaften Gesellschaft stand nicht nur Donat pflichtgemäß am Omnibus-Schlitten, in den die Gäste stiegen, sondern auch Allmendinger selbst war erschienen und sprach eifrig mit ein paar männlichen Mitgliedern der Schar, denen die mächtige Erscheinung des Bauernwirtes besser in die Gegend zu passen schien als sein weltgewandterer und von Erscheinung zierlicherer Direktor. Um so freundlicher nickten diesem die jungen Damen zu. Von ihnen war Ursula die letzte, die in den Omnibus stieg. Zwei Hausknechte warteten, neben diesem stehend, noch auf ihr Trinkgeld.

»Leben Sie wohl«, grüßte Ursula.

»Glückliche Reise«, wünschte Donat.

Aber sie waren beide noch ein wenig duselig, wie sie es gestern bei ihrem eigentlichen Abschiednehmen gewesen. Und heimlich redeten sie anders miteinander.

Hinter Ursula stiegen auch die jungen Männer ein. Sie nickten Donat zu. Einer lobte: »Sapperment, Direktor, Ihr Sportplatz hat nicht seinesgleichen.«

Da schob Allmendinger, eifersüchtig auf Donat, seine Elefantengestalt vor die Omnibustür. »Wir tun, was wir können«, beantwortete er das Donat gespendete Lob.

Dann fuhr der Schlitten ab.

Über dem Geschnatter der Mitreisenden konnte Ursula ihre Gedanken ebensowenig sammeln wie Donat, den Allmendinger und beim Eintritt ins Hotel ein paar andere Gäste in Beschlag nahmen, die seinen.

Ursula Dülberg fuhr in die Welt hinaus. Das Herz tat ihr eine Weile weh. Dann kam das Neue, Bunte, Betäubende des Lebens. Erinnerungen wurden still, um vielleicht viel später, im Alter noch einmal, ihre wehmütige Weise zu singen.

Donat Zurbriggen hatte einen unruhigen Tag. Ein Telegramm meldete die Ankunft einer neuen zahlreichen Reisegesellschaft, deren Unterbringung Schwierigkeiten bereitete. Im Laufe des Vormittags verbrannte sich eine Küchenmagd schwer. Ein Arzt mußte beschafft und allerlei vorgekehrt werden. Dann lief ihm Rosmarie in den Weg und hielt ihn im Gespräch fest. Sie zeigte sich zärtlich und eigentümlich ängstlich, als ob sie etwas von den Dingen hätte ahnen können, die sich zwischen ihm und Ursula begeben hatten.

Er geriet in ein leises Zittern des Atems und der Finger, wie einer, auf den zuviel einstürmt. Aber Rosmarie tat ihm leid, und er war freundlich zu ihr.

Am Abend trieb ihn ein plötzliches Verlangen nach irgendeinem Wechsel, dem Getriebe des Hauses wieder einmal zu entrinnen. Dann machte er sich auf den Weg nach dem Hause seines Bergführervaters.

Es war eine Winternacht, wie sie jetzt in langer Reihe einander folgten, eiskalt, aber von einer Klarheit ohnegleichen. Der Schnee schrie unterm Fuß. Die Sterne blinkten so hell und scharf, daß ihr Glanz fast den Eindruck eines leisen Klirrens weckte.

Donat schlug den Fußweg ein, der hinter den Häusern vorbeiführte. Er war wenig eingestampft und holperig, aber dafür einsam. Nur selten fiel ein roter Fensterschein auf ihn. Die Wachaugen der Häuser blickten alle jenseits auf die Hauptstraße hinaus, und von ihrem Widerschein war dort ein geheimnisvolles Glühen. Donat spürte die unendliche Stille seines Seitenweges. Alles Leben lag gleichsam jenseits, wo der rote Lichtschein spann. Am schneeverbrämten Zaun einer Wiese blieb er stehen. Und wie diese Wiese weißüberglänzt vor ihm lag, so sah er sein Inneres vor sich ausgebreitet, klar bis in jede Falte der Seele. Die Gestalt Ursulas trat so scharf in seine Erinnerung, daß ihm war, sie käme leibhaftig über die weite Schneefläche einhergeschritten. Von zierlichem Wuchs, blond, barhaupt, das anmutige Gesicht von dem ernst-freundlichen Ausdruck, den er an ihr noch von ihrer Kinderzeit her kannte, verschönt, sah er sie vor sich. Er fühlte eigentlich mehr von ihr, als er sah. Er fühlte sie, wie sie einst, als er ein schüchterner Lehrling gewesen, ihm Beachtung und eine Art Mitleid geschenkt, und ebenso, wie sie ihm nun noch einmal begegnet war und ihn abermals ein wenig verzaubert hatte. Er dachte nicht daran, daß irgend etwas aus diesem nochmaligen Kreuzen ihrer Wege sich ergeben, nicht, daß ihm noch einmal irgendein Zeichen von ihr kommen könnte. Nur die Erinnerung an die letzte Begegnung in dem Tannenwäldchen zitterte in ihm nach. Aber auch sie war schon ins Traumhafte abgedämpft. Dennoch stand sie ihm zeitlich noch so nahe, daß er meinte, gerade eben erst Ursula verlassen zu haben. Und er fühlte ihr Davongehen wie ein Entgleiten, ein allmähliches Der-Sicht-Entschwinden. Nicht sein Auge sah, aber sein Innerstes empfand: Jetzt schwebte Ursula über den Schnee, jetzt bog sie um jenen Felsen, stieg jetzt talwärts, wanderte schon weit unten, ferner, immer ferner, bis die Gestalt in einem Nebel gleichsam zerging. Je mehr aber dieses Entschwinden sich vollzog, um so mehr schmerzte und brannte ihn etwas in seinem Innern und fragte, wozu er eigentlich lebe und sich mühe. Alles bisher Erlernte und Erreichte verlor an Bedeutung. Was hatten seine Lehre, seine Auslandsfahrt, sein Erfolg und Anstieg am Ende für einen Zweck gehabt? In seinem Leben klaffte eine Lücke. Eine plötzliche Gleichgültigkeit gegen alles, was er gestern noch hoch gewertet, erfüllte ihn. Weder die Allmendingers mitsamt der ihm so gewogenen kleinen hüpfenden Rosmarie noch seine Amtswürde und sein öffentliches Ansehen bedeuteten ihm etwas. Aber scharf wie ein Feuerblitz, der irgendwo aus der Erde zuckt, stach jetzt in sein Gehirn wieder die Erinnerung an die Schuld, die er sich aufgeladen hatte. An die Stelle der Erscheinung Ursulas trat die alte, ein wenig schlottrige Gestalt des Charles Beaudrier. Noch immer war dessen Auftrag unerfüllt! Und doch fühlte er, Donat, mehr wie je die Gewißheit, daß die Erben, die er hätte suchen sollen, noch lebten. Sie lebten! Es war ihm, als tauchten sie auf, als kämen sie näher und näher, als würden sie schon morgen ihn zur Rede stellen. Dann lief es ihm siedeheiß über den Rücken. Er erwog, daß er das Geld, das sie von ihm fordern würden, nicht mehr hatte, daß es im Betriebe des Allmendinger steckte und – auf absehbare Zeit hinaus schwer wieder herauszunehmen war.

Donat stand und stand und grübelte. Erst, als seine Füße eiskalt waren und ein Schauer ihm durch den ganzen Körper lief, merkte er, wie lange er stillgestanden. Da setzte er sich mechanisch wieder in Bewegung.

Noch immer bestürmt von seinen Gedanken und Sorgen und ohne eigentlich zu wissen, warum er kam, trat er nach einer Weile durch des Vaters Haustür. Er fand Zurbriggen und Anschi noch wach. Nur das Kind schlief oben in der Kammer. Der Vater sog an seiner Pfeife; eine Rauchwolke umlagerte seinen dunkeln Platz in der Ecke. Anschi aber saß nähend unter der Lampe am Tisch. Ihr Schein lag auf ihrem Scheitel. Der hatte den Glanz von goldenem Stroh. Sie stand aber sogleich auf. Donat konnte an ihr wie an dem mit der Hand den Rauch beiseite wehenden Vater die helle Freude nicht verkennen, die sie wie immer über sein Kommen empfanden.

»Da bist du endlich wieder einmal, du seltener Gast, du!« sagte Anschi bewegt, als sie ihm den Mantel abnahm.

Er rückte den Vater im Stuhl an den Tisch und setzte sich selbst hinzu.

»Was kann man dir bringen, verwöhnter Herr?« fragte Anschi lächelnd.

Er antwortete mit einem dankbaren Blick: »Ich bin nicht um Essen und Trinken gekommen.«

»Das glaube ich«, stimmte Zurbriggen zu.

Aber Donat sah sich im Zimmer um. Das Heimatliche rührte ihn wieder an. Es war, als sei alles Wirre und Widrige draußen in der Nacht geblieben. »Was macht ihr? Wie geht es dem Annelein?« fragte er.

Anschis Gesicht wurde hell wie ein Sommermorgen, und sie antwortete stolz: »Wenn du wüßtest, wie sie wächst und gedeiht.«

Dann kam die Reihe des Fragens an die andern. Sie wollten vom Geschäftsgang wissen, von den Allmendingers, auch von den Ratsangelegenheiten. Einmal, ein wenig spitz, wie er zu seiner längst verstorbenen Frau manchmal gesprochen hatte, sagte Zurbriggen: »Die Mutter hat hinauf gelüstet, der Sohn ist hinauf gekommen.«

»Man muß tun, was man kann«, antwortete Donat, und das Lob des Vaters hatte genügt, ihn wieder zu Donat dem Streber zu machen.

»Lohnt es sich denn, so über andere hinaus zu wollen?« fragte Anschi.

Donat biß die Zähne zusammen. Schon wieder war in ihm der Ehrgeiz aufgestachelt. »Es muß noch ganz anders kommen hier in Aufdenmatten«, prahlte er dann aus einem Gefühl überschüssiger Kraft heraus. Vielleicht war aber am Grunde seines Mutes die unbewußte und beruhigende Empfindung, daß er hier auf einem eigenen Boden stand, wo nichts und niemand ihn austreiben konnte, und kam ihm die Kraft aus diesem seltsamen Heimatbewußtsein. –

Um dieselbe Zeit war in einer französischen Stadt der Kellner Henry Krebs mit vielen Kollegen beschäftigt, die Kundschaft eines großen Cafés zu bedienen. Das Café bestand aus zwei aneinanderstoßenden großen Räumen mit den üblichen Tischen aus weißem Marmor, mit Zeitungen an den Wänden, blinkenden Bierausschankapparaten, dampfenden Kaffeemaschinen mit viel Rauch, viel Geschwätz und Gemurmel, aufprallenden Billardkugeln und Jazzmusik.

Henry trug einen weißen Kittel und um die Hüfte eine lange weiße Schürze gebunden, unter der die schwarze Hose sichtbar war. Mit seinem dunkeln Ringelhaar und seinem glatten Gesicht war er noch immer ein hübscher Bursche. Heute waren ihm zur Bedienung die Tische einer stilleren und seitab liegenden Saalecke zugewiesen. Zwischen ihnen und dem Ausschank schob er sich geschickt hin und her, auf der zurückgelegten Hand über die Köpfe der Dasitzenden hinweg die Plättchen und Gläser jonglierend. Sein Geist schlief, er bediente aus Gewohnheit, halb dämmernd. Gesichter bedeuteten ihm nichts, da ihrer zu viele an einem Tage an ihm vorübergingen. Manchmal beschäftigte ihn ein Gast einen Augenblick, weil er wegen irgend etwas unzufrieden war und sich beschwerte, ein anderer, weil er ein knauseriges, ein dritter, weil er ein reichliches Trinkgeld gab.

Jetzt bemerkte er, wie an der Wand drüben, wo die Tische am engsten und stillsten standen, zwei Frauen, eine ältere und eine junge, sich niederließen. Er näherte sich ihnen gelegentlich, um sie nach ihren Wünschen zu fragen, tat dies ohne Eile und als hätten nicht er über sie, sondern sie über ihn froh zu sein. Als aber die Jüngere von nach Herrenart geschnittenem dunklen Scheitel den schiefen Hut nahm und ein feines Gesicht mit einer frechen kleinen Nase zum Vorschein kam, verwandelte sich der gleichgültige Ausdruck seiner eigenen Züge in einen neugierigeren. Er liebte die Frauen und konnte sich bei ihnen ansehnlicher Erfolge rühmen. Der Kenner in ihm beurteilte die Junge im Bubenkopf als von der Art, die Eroberungen sucht und gestattet. Mit einem vertraulichen Lächeln erkundigte er sich nach ihren Befehlen.

Die Junge, offenbar das Regieren gewohnt, bestellte Kaffee.

Er holte das Verlangte und setzte es auf den Tisch. Nicht ganz zufällig berührte sein Fuß den der Kleinen.

Sie blickte auf und lächelte wissend.

Er fand sie noch hübscher, wie sie so ein wenig spöttisch den gemalten Mund verzog. Um so gleichgültiger ließ ihn ihre Begleiterin, offenbar ihre Mutter, ärmlich gekleidet, mit einem müden, vergrämten, von angegrautem Haar umgebenen Gesicht.

Die Junge schlug ein schlankes Bein über das andere und zog ihre Zigarettendose.

Beflissen reichte er ihr Feuer.

Sie dankte und sagte: »Sie wissen wohl hier in der Stadt Bescheid. Was ist denn hier los?«

Er erkundigte sich, was sie meine, und sie erklärte, sie interessiere sich, ob ein junger Mensch, der sich gern amüsiere, hier auf seine Rechnung kommen könne. Sie sei Stenotypistin und im Falle, hier vielleicht eine Anstellung zu suchen, wenn sie gewiß sein könne, daß sie in ihrer Freizeit nicht vor Langeweile sterben müsse.

Er antwortete gedehnt und orakelhaft: »Es ist hier wie überall. Man liegt, wie man sich bettet.«

»Ich suche auch Verdienst«, mischte sich hier die Mutter ein. Als sie sah, daß ihn das Was wunderte, fügte sie hinzu: »Irgend etwas. Ich bin gelernte Schneiderin.«

Er wurde abgerufen. Neue Gäste nahmen ihn in Anspruch. Aber die Kleine reizte ihn. Er kehrte dann und wann an ihren Tisch zurück. Die Frauen waren mitteilungssüchtig, wie manche Menschen es sind, wenn sie sich fremd und anleitungsbedürftig fühlen. Sie erzählten, daß sie lange in England gewesen.

Da wurden seine hübschen, braunen Augen groß. Ein merkwürdiger Gedanke kam ihm; aber er glaubte nicht an einen solchen Zufall.

»Wir sind nicht reich,« plauderte die mürbe Mutter aus. »Wir haben nicht viel Glück gehabt im Leben.«

»Bah«, warf hier die Kleine dazwischen und streifte mit einer zierlichen Bewegung der Finger die Asche von ihrer Zigarette. »Es kommt darauf an, was man unter Glück versteht.«

Die Mutter unterbrach abermals: »Urteilen Sie selbst. Man hat uns in England durch die Zeitung gesucht. Man wollte uns eine wichtige Mitteilung machen. Wir erfuhren zu spät davon. Unsere Anmeldung kam als unbestellbar zurück.«

Henry überhörte das Klopfen eines Gastes, der zahlen wollte. Der Kopf wurde ihm heiß. Er stellte Umstand um Umstand zusammen: Im Station-Hotel in London hatte das Kontorpersonal gewechselt. Es mochte wohl sein daß man einen für Donat Zurbriggen bestimmten Brief zurückgeschickt hatte. Und hier – hier saß Adrienne Schelbert mit ihrer Tochter! »Darf ich Ihren Namen wissen?« fragte er die Mutter, während die Kleine mit einem Herrn am Nachbartisch Blicke wechselte.

»Adrienne Schelbert«, antwortete die Mutter.

Er war nicht mehr erstaunt. Mit einem Male stand die Vergangenheit vor ihm. Und plötzlich war sein Ärger über Donat wieder da. Donat hatte ihn genasführt! Donat war, wie er wußte, in Aufdenmatten ein großer Mann geworden! Donat hatte in dem Hotelgeschäft da oben eine bedeutende Einlage gemacht! Oh, er, Henry, wußte Bescheid. Er hatte ihm nicht umsonst nachgespürt, dem Fuchs, dem Donat!

Henry war jetzt so mit sich selbst beschäftigt, daß er die zwei Frauen sitzenließ. Während er mechanisch anderen Obliegenheiten nachging, jonglierte er mehr mit Gedanken als mit seinen Servierbrettern.

Nach einer Weile sah er, daß die beiden Damen sich zum Wiederaufbruch rüsteten. Da drängte er sich eilig durch die Tischreihen wieder nach ihnen hin. »Ich kenne den, der Sie gesucht hat«, eröffnete er ihnen hastig.

Sie standen schon unter der Tür. Erstaunt wollten sie umkehren. Aber er schlug ihnen vor, daß sie sich nach Feierabend in dem kleinen Hotel treffen wollten, wo sie abgestiegen waren und dessen Namen sie ihm genannt hatten.

Sie erklärten sich einverstanden.

Am gleichen Abend fand die Zusammenkunft statt.

»Man muß ihm lassen, daß er Sie lange und ehrlich gesucht hat«, erzählte Henry von Donat, nachdem gegenseitig klargeworden, daß es sich um eine Erbschaft handle. »Aber –« fügte er hinzu. Und in diesem einen Wort lag eine Welt von Zweifel und Anschuldigung.

Frau Schelbert bat ängstlich um Auskunft.

Henry wollte mit der Sprache nicht herausrücken, weil er selbst auch weniger wußte, als er sich den Anschein gab. Er saß neben Luc, der hübschen Tochter, die seine äußern Vorzüge ebenfalls zu würdigen begann. Es funkte schon etwas von einem zum andern. Henry besonders fing Feuer.

Die stille Frau Schelbert sprach von ihrer Absicht, an Donat Zurbriggen zu schreiben.

Henry war nicht gleicher Meinung. Er behauptete, das Beste sei eine mündliche Rücksprache, und noch während er sprach, reifte ihm ein Plan. Er entzündete sich an seinem eigenen Einfall: Aufdenmatten war ein aufblühender Kurort. Sie alle drei, die Schneiderin, das Tippfräulein und er selbst, der Kellner, würden da Arbeit finden! Schon weil Donat ihnen behilflich sein mußte! Dabei ließ sich auch die andere Sache erledigen! Gar keine Schwierigkeit ergab sich!

Bei Henry war jetzt nicht einmal mehr Feindschaft gegen Donat im Spiel, nur ein kleiner Triumph, weil es ihm gelungen war, mehr herauszubekommen, als der andere ihm anvertraut hatte.

Zuletzt wurde die Reise beschlossen.

Henry hatte keinen langen Arbeitsvertrag. Nach acht Tagen schon konnte er sich frei machen. In diesen acht Tagen kam er in ein sehr vertrautes Verhältnis zu Luc Schelbert. Sie brannten beide lichterloh. Und wenn Henry an Donat und die immerhin vorhandene Möglichkeit dachte, daß jener sich der Erbschaft Schelbert zu eigenen Zwecken bedient haben könnte, schürte die Liebe zu Luc seine Entrüstung. In Gedanken begann er, die Sache der beiden Frauen immer mehr zu seiner eigenen zu machen. Er war eifriger als Adrienne Schelbert, die Mutter selbst. Sie war eine friedfertige, vom Leben geschlagene Frau, die keine Luftschlösser mehr baute. Sie hatte Beaudrier geliebt, liebte ihn in der Erinnerung vielleicht noch mehr als früher, und wenn sie jetzt neugierig auf das war, was er ihr hinterlassen hatte, so spielte die Möglichkeit, von ihm selbst noch etwas zu erfahren, eine größere Rolle als irgendein Vorteil, der ihr erwachsen konnte. Ihr Herz war nicht froh. Sie liebte auch Beaudriers Kind, ihre Tochter Luc. Aber sie war nicht so geraten, daß der Vater an ihr besondere Freude gehabt haben könnte. So schaute sie der Reise nach Aufdenmatten mit gemischten Empfindungen entgegen.

An Luc dagegen hüpfte alles vor Erwartung der im Winterkurort zu erhoffenden Abwechslung.


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