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Erstes Kapitel

Ein weites Tal streckt sich von Osten nach Westen. Eine weiße Straße und ein unkrautüberwucherter Bahnkörper leiten hinein. Ein Wildbach, die Senne, schäumt heraus gleich der Hauptschlagader, durch die das wilde Blut eines Gebirglers kreist. Wo Straße, Fluß und Eisenbahn Ein- und Auslaß finden, ist das einzige Tor in dem gewaltigen Wall von Bergen, der das Tal von Aufdenmatten umstarrt. Nirgends in der Welt findet sich ein gleiches Wunder nebeneinander zum Himmel sich reckender schwarzer Felsen und Schnee im Nacken tragender Gletschertürme. Nirgendwo in der Welt ist an hellen Tagen solch ein Blitzen von Eis, nirgends eine solche Düsterkeit, wenn Unwetter Gewölk um abgründige Schroffen jagt. Nirgends leuchtet der Frühling so grün unterm ersten Morgenstrahl, und nirgends sind die sternklaren Nächte so kirchenstill.

Der Talboden trägt ein Dorf von der Größe eines Fleckens. Seine Gebäude sind der gewaltigen Natur, in der sie stehen, Menschen sammeln und zum Himmel rauchen, nicht mehr würdig; denn der niederen braunen, verwitterten Holzhütten, die zu hängenden Graslehnen und zum schwarzen Bannwald gepaßt hatten, werden immer weniger. Dafür sind Steinhäuser entstanden, Riesenkasten, mit Schweizerfahnen auf den Dächern und aufdringlichen Firmentafeln. Mit diesen treibt der gnadenlose Sturm manchmal sein Spiel, daß sie ächzen und Beulen bekommen. Aber die Namen der Grand-, Park-, Palast- und Exzelsior-Hotels prunken weiter, als wären alle diese Protzenbauten wichtig neben der Ursteinstadt, die Gott gemacht.

Manche von den Gasthöfen sahen seit einiger Zeit abgerissen aus wie ein Gentleman, dem die Fränklein ausgegangen und die Mittel fehlen, um sich den an Ärmeln und Kragen speckig gewordenen Smoking durch einen neuen zu ersetzen. Auch waren von den großen Magazinen, die an der Hauptstraße sonst Auslagen von städtischer Reichhaltigkeit zeigten, eine ganze Anzahl geschlossen oder neu zu vermieten. Die Einspänner, die auf zwei Dorfplätzen auf Fahrgäste warteten, machten einen sonderbar verhagelten oder verschlafenen Eindruck; Kutscher und Pferde ließen die Köpfe hängen. Am Bahnhof aber drängten sich zwei Dutzend Hoteldiener vor und riefen die Firmen ihrer Prinzipale mit verzweifelter Beflissenheit aus, wenn ein Zug ein paar Fremde nach Aufdenmatten brachte. Es war Notzeit da oben wie überall in der Welt.

Handel und Verkehr stockten. Unzählige Konferenzen der Mächte brachten keine Verständigung. Keiner traute dem andern. Jedes Land versuchte es mit Selbsthilfe und verbaute den Nachbarn die Zuwege. Ein Zustand von Trotz und Hartnäckigkeit hatte die Welt erfaßt. Es war zum Verzweifeln. Aber die Leute machten die Augen zu und lebten in den Tag hinein. Nur in den Nächten schraken sie manchmal auf, und jäh und heiß überlief sie die Erkenntnis, daß sie am Abgrund standen.

Vor seinem kleinen Hause am Dorfende, dort, wo die Straße zum Saumweg wird und bald zum Alppfad, saß Vater Arnold Zurbriggen, der ehemalige Bergführer, schmauchte seine Pfeife und hielt die grauen Augen mit den buschigen Brauen auf die nahen Berge gerichtet. Es war keiner darunter, den er nicht bestiegen, wenige, auf die er in seinem Leben nicht Dutzende von Malen geklettert war. An den gröbsten und stolzesten von ihnen, das turmschroffe, zerklüftete Ewigschneehorn, hatte er gar mehr denn fünfzigmal seine Kraft und Zähigkeit gewendet, und er trug jetzt noch die heimliche Wut in sich, daß er dem eigenwilligen Berg nicht noch einige Male den Meister zeigen konnte, dieser ihn vielmehr bei seiner letzten Besteigung vom schmalen Felsband auf den Gletscher hinuntergeworfen, so daß er nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen. Mit dem Leben, aber nicht mit der Gesundheit. Statt mit dem Eispickel mußte er seither an den Krücken gehen, die jetzt neben ihm am Stuhl lehnten. Er war, so überlegte er in diesem Augenblick, ein Bild seiner Zeit, ein Krüppel nur, einer, der an seinen Tagen nur noch die halbe Freude, manchmal auch keine mehr haben konnte. »Pfui Teufel«, knurrte er und spuckte in weitem Bogen aus, als könnte er so allen Grolls und aller Verachtung sich entledigen.

»Was habt Ihr, Vater?« fragte Anschi, seine junge Tochter, die in der offenen Tür der Stube hinter ihm strickend gesessen und jetzt neben ihn trat.

Der Alte, dem das Gesicht von einem wilden eisgrauen Bart umwuchert war, errötete verlegen. Er gab sich vor seinen Kindern nicht gern eine Blöße. Es schien ihm auch, während er nun Anschi schlank und biegsam wie eine der jungen Birken am Bach unten neben sich stehen sah, nicht recht, daß er dem Leben keine gute Seite mehr abgewinnen konnte. Kinder wie Anschi und Donat, den Sohn, hatte nicht jeder Vater! Das hatte die Elise, seine Frau, gut gemacht, wenn sie auch sonst eine unzufriedene und ewig klagende Seele gewesen war. Sie war Vorrätebeschließerin im Grand-Hotel Ewigschneehorn gewesen. Er hatte sie spät geheiratet. Warum, wußte er eigentlich nicht. Sie hatte gewollt, nicht er, hatte um Kuckucks willen einen Mann gebraucht und war zuletzt auf ihn verfallen. Eines Tages hatte der Besitzer des Grand-Hotel, der Wirt und Großrat Allmendinger, ihm zugeredet, eine tüchtigere Frau bekomme er seiner Lebtag nicht. Vielleicht war Allmendinger die Elise gern los gewesen! Nun, zu lange hatte er, Arnold Zurbriggen, sie nicht haben müssen! Nach zehnjähriger Ehe war sie gestorben. Manchmal gedachte er ihrer jetzt dankbarer als zu Lebzeiten. In ihrer Tochter suchte er umsonst die Kratzborstigkeit und die aus Unbildung geborene Eitelkeit, die sie verführt hatte, in Wesen und Kleidung dem fremden Gästevolk nachzuäffen. Wie die Anschi im einfachen geblumten Sommerkleid dastand, aus dem die nackten Arme und der schlanke Hals hervortraten, kam selbst in Zurbriggens weiberfernes Herz ein Kribbeln der Bewunderung. Sie war so etwas wie der Tag, etwas Wolkenloses, Helles. Ihr in einen Knoten gebundenes Haar besaß die Farbe goldglänzenden Strohs. Ihre großen blauen Augen hatten einen leuchtenden Blick, der einen reinen und frohen Sinn verriet.

»Was ich habe?« antwortete er ihr jetzt. »Wieder einmal gemerkt habe ich, daß ich nur noch ein Scherben bin, einer freilich, der in die Zeit paßt.«

»Warum laßt Ihr Euch niederdrücken?« mahnte Anschi. »Euer Kopf ist klarer als mancher junge. Habt Ihr nicht auch vorausgesagt, daß der Neid aus der Welt einen Fetzen machen werde?«

»Das war nicht schwer zu erraten«, entgegnete Zurbriggen. »Wenn die Menschen fortfahren werden, einander wie bisher das Leben sauer zu machen, wird bald nicht mehr viel ganz bleiben in der Welt. Aber die Welt kümmert mich auch nicht. Sie mögen da draußen tun und lassen, was sie wollen. Mich sticht und giftet mein eigenes Los, so unwichtig es ist neben dem der andern. – Aber das geht dich nichts an, du Kind!« verbesserte er sich. »Das verstehst du noch nicht.«

Anschi setzte sich auf einen großen Stein, der neben dem Stuhl des Vaters lag, und legte die Arme um die Knie. »Man soll seine Gedanken nicht in sich hineindrücken«, predigte sie.

»Zum Jammern seid ihr Weiber da«, widersprach der Vater.

»Aber auch zum Zuhören«, erwiderte Anschi und hielt seinen verdrossenen Blick mit ihrem eigenen fest, er ging ihm warm und lösend in die Seele.

»Ich habe an die Berge hinaufgeschaut«, erzählte er. »Es kommt mir manchmal vor, als lachten sie über mich, weil sie mich abgeschüttelt haben wie ein Baum den Maikäfer, daß er auf dem Rücken liegt und nie mehr auf die Beine kommt.«

»Könnte das nicht auch anders sein?« fragte Anschi. »Etwa, daß die da oben Euch immer noch anstaunen, Bergführer Zurbriggen. So hat ihnen seither keiner mehr den Meister gezeigt.«

Zurbriggen lachte. »Du hättest einen guten Advokaten abgegeben. Reden kannst du. Aber ich vergesse nicht, daß du meine Tochter bist, und eine gutmeinende dazu. Die andern Leute wissen schon lang nicht mehr, wer der Zurbriggen-Noldi war.«

»Habt Ihr nicht schon zu Lebzeiten ein Denkmal?« fragte Anschi.

Zurbriggen machte weite Augen. Er wußte nicht, wo sie hinauswollte.

»Heißt nicht der Gletscher dort oben nach Euch?« fragte sie, in die Westberge zeigend.

Er seufzte auf, als fiele ihm ein Stein vom Herzen, und es blitzte unter seinen buschigen Brauen. Das war ja wahr! Der Gletscher am Wildwaldhorn trug seinen Namen, weil er einmal allein und in höchster Not drei Menschen aus einer Spalte heraufgeholt. Damals hatte dieser Name und sein Bild in allen Zeitungen gestanden. Und die Gemeinde Aufdenmatten wie die Kantonsregierung hatten ihm in anerkennenden Schreiben, die jetzt noch in einem Fach seines Schrankes lagen, gedankt! »Es war einmal«, murmelte er wehmütig. »Heute wissen nicht mehr viele davon. Ich aber stehe hier, Tag für Tag, wie ein alter Eisenbahnwagen, den man auf ein totes Gleis geschoben. Ich weiß aber nur noch zu gut, wieviel Gleise in die Welt hinauslaufen.«

»Vater, Vater, was habt Ihr auch heute?« fragte die Anschi.

»Ich werde schon nicht flennen«, beruhigte Zurbriggen sie grimmig. Geflennt hatte er nicht einmal als Bub! Dann fuhr er fort: »Deswegen soll einer doch daran sinnen, was das Alter für eine leide Einrichtung ist und wie er sich mit ihm zurechtfinden und in Ehren damit fertig werden kann.«

Anschi beugte sich näher zu ihm. Sie hatte ihn noch nie so redselig und so grüblerisch gesehen.

»Siehst«, sprach er immer weiter, »das Ewigschneehorn da oben könnte etwas von dem erzählen, was ein alternder Mensch fühlt. Das steht ewig allein und sieht die hundert und hundert Berge in der Runde und die hundert und hundert Täler dazwischen und die Flüsse und Bäche und die vielen tausend schwarzen Tannen. Alles hat sein eigenes Leben mit Menschengewimsel und Rauch aus Kaminen, mit Rauschen von Wasser und Brausen von Wald. Nur zu ihm hoch hinauf hat das keinen Weg mehr. So geht es mir. So bin ich auch allein.«

»Rede nicht«, mahnte er mit erhobener Hand, als sie Miene machte, ihm zu entgegnen. »Ich weiß schon, was du sagen willst, du vierzehnjähriges Geißlein. Ich bin auch nicht undankbar. Du bist mir eine gute Tochter, aber du hast deine eigenen Wege und Gedanken und Hoffnungen. Für dich liegt alles das noch am Anfang, was bei mir schon ein Ende ist. Ein schönes Mädchen bist und ein wackeres dazu. Die Männer werden nicht blind sein, wenn es Zeit wird. – Erst dein Bruder Donat aber! Der hat den Teufel Ehrgeiz in sich! Der ist mit allen seinen Gedanken schon weit draußen in der Welt.«

»Da kommt Donat gerade«, sprach Anschi dazwischen und schaute nach der Dorfstraße hinüber, durch die ihr junger Bruder herabgeschritten kam.

Der Alte schwieg. So frei er sich der Tochter gegenüber dieses ausnahmshafte Mal hatte gehen lassen, so eng verschloß er sich jetzt wieder, als er den Sohn kommen sah. Sie verstanden einander nicht recht.

Donat lebte mit drängendem, ungezähmtem und unbestimmtem Hunger in einer unklaren Zukunft; der Vater wurzelte noch ganz im Althergebrachten. Donat war der Sohn seiner Mutter. Von ihr hatte er den Hang, mehr zu werden, als er war, vielleicht auch zeitweise mehr zu scheinen, von ihr den Neid auf alle, die es besser hatten. Er glich der hellen Schwester nicht. Von Statur eher kleiner als sie, hatte er, im Gegensatz zu ihrer Blondheit, glattes, glänzendes, schwarzbraunes Haar und ein scharfgeschnittenes, kühnes Gesicht mit einer hohen weißen Stirn, zwischen deren Brauen sich früh eine Falte grub. Er war mehrere Jahre in einer Schule im Tal gewesen und jetzt heimgekommen, um dem Vater von seinen weiteren Plänen zu sprechen. Eben kam er aus einer Versammlung der Dorfbewohner, in welcher die Maßregeln für die kommende Sommer- und Fremdenzeit besprochen worden waren und in die er sich als Zuhörer hineingestohlen.

»Tag beisammen«, grüßte er im Herankommen. Der Siebzehnjährige, der sich städtischer als Vater und Schwester trug, hatte das Aussehen eines Fitzerchens. Er zog Zigaretten aus der Tasche und steckte sich eine an.

»Was gibt es Neues?« fragte ihn Zurbriggen.

Donat lehnte sich an den Zaun des Gärtleins, das neben dem Hause anfing bescheidene Frühgemüse und ein paar arme erste Blumen zu tragen. »Neues?« spottete er. »Das Neue ist noch immer das Alte. Der Großrat Allmendinger sagt, er besinne sich, ob er seine Häuser überhaupt auftun wolle. Der Betrieb fresse mehr als den Gewinn weg.«

Zurbriggen nickte. »Natürlich! Natürlich! Es gibt keine Ruhe, bis alles zugrunde gerichtet ist. Wer soll denn noch reisen, wenn nirgends mehr Geld ist? Das wird ein schönes Jahr werden. Wenn die Gasthöfe nicht arbeiten, hungert das ganze Tal mit, wir Bergführer nicht zuletzt so gut wie die Fuhrleute und die Handwerker und –«

Donat warf seine Zigarette schon wieder fort. Sein gescheites Gesicht belebte sich in hellem Unwillen. »Man muß halt nicht die Hände in die Taschen stecken und warten, bis einem die gebratenen Tauben ins Maul fliegen«, zuckte er auf. »Wenn einer ein Sensenschmied geworden ist und die Leute anfangen, ihr Gras mit der Maschine zu schneiden, kann er auch nicht Sensen schleifen und verhungern, sondern muß sich eine andere Arbeit suchen. Hier in Aufdenmatten wäre noch vieles zu machen, wenn einer Willen und Schneid hätte.«

»Das wäre?« fragte Zurbriggen spöttisch, während Anschi das Kinn in die aufgestützten Hände legte und sinnend zum Bruder aufblickte.

Der spritzte ein Fädchen Tabak aus, das ihm auf der Zunge geblieben war. Dann erwiderte er: »Das weiß ich noch nicht; aber ich würde es wissen, wenn ich hier ein Amt hatte.«

»So seid ihr Jungen«, gab der Vater zornig zurück. »Alles wißt ihr besser ... mit dem Maul!«

Donat warf einen Blick auf die Schwester, als ob er sagen wollte: Da siehst, wie die Alten sind. Dann aber lächelte er und fuhr fort: »Mit Worten kommen wir nicht zusammen. Gut, daß man weiß, wie man sonst zueinander steht.«

Nun verzog auch Zurbriggen den Mund. Gewiß, die Kinder und er pflegten nicht zu streiten! Er war nur immer wieder wie die Henne, die Enten ausgebrütet hat. Er fühlte dann im Sohne die Mutter, die aus einer andern Welt gestammt hatte als er, der Gletscher- und Gipfelsteiger.

Donat hatte einen Augenblick überlegt. Jetzt fuhr er lebhafter weiter: »Jetzt müssen wir auch von mir reden.«

Der Bergführer knurrte. Er hatte heute schon viel zuviel geredet; es war ihm, als sei ihm das Wort eingerostet.

»Hier kann ich nicht bleiben«, brach Donat plötzlich los. »Da stehen schon Faulenzer genug herum. Auch zum Schulmeister tauge ich nicht, wie Ihr einmal gemeint habt, habe die Schule satt, und zur höheren, in die ich gern möchte, reicht Euer Geld nicht. Darum will ich morgen ins Tal fahren, irgendwohin in eine Stadt, Zürich, Luzern, oder ins Welsche, Genf.«

»Wohin solltest schon wissen, bevor du auf die Reise gehst«, spottete Zurbriggen.

»Warum?« zuckte Donat zurück. »Warum soll ich nicht ins Blaue fahren und sehen, wo es mich hinverschlägt! Arbeit wird sich finden. Vielleicht gerade die, die mir ein Wegweiser wird.«

Zurbriggen muckte in sich hinein. Er selbst stammte aus einer Familie, in der sich der Führerberuf seit Generationen vom Vater auf die Söhne vererbt hatte. Kaum je hatte einer etwas anderes gewollt. Höchstens daß sich dann und wann einmal einer als Knecht verdungen oder wie er selbst eine Weile ein Handwerk ausgeübt hatte. Nun wollte dieser Halbknabe in die Welt hinaus, ohne ein Ziel, ohne eine Aussicht. Wieder merkte er Blut und Wesen der verstorbenen Frau. Jäh und mißtrauisch wandte er sich zu Anschi. »Willst etwa auch gleich mit? Bald meint ja jeder, es sei überall besser als hier.«

»Ich bin ja noch nicht aus der Schule«, entgegnete Anschi mit ihrer gleichmäßigen Heiterkeit. »Und das glaubt Ihr ja selber nicht, daß ich Euch allein lassen würde.«

Der Vater schwieg. Er lobte nicht. Aber er wärmte sich an einer heimlichen Freude.

»Ich möchte morgen gehen, Vater«, wiederholte Donat.

»Aber wohin, zum Kuckuck?« fragte Zurbriggen unwirsch.

»Das werdet Ihr erst erfahren, wenn ich irgendwo untergekommen bin«, erwiderte Donat. »Solange es mir schlecht geht, schreibe ich Euch sicher nicht.«

Die Antwort der andern blieb aus; Zurbriggen nahm eine seiner Krücken und zeichnete Figuren auf die Erde zu seinen Füßen. Anschi saß wieder, das Kinn in die aufgestützten Hände gelegt und den Blick ins Weite gewendet.

Donat schob sich ins Haus. In seiner Stube begann er einen Handkoffer zu packen.

Eine Weile verging. Es abschiedete um die drei. Es war kein gewöhnlicher Abschied. Es war etwas Geheimnisvolles daran, fast etwas Beängstigendes. Das gab ihm die Liebe, die sie füreinander hegten. Aber die Ursache dafür fanden oder bedachten weder Anschi noch ihr Vater. Schließlich war schon mancher in die Fremde gegangen, sagten sie sich. Das bedeutete noch lange nicht den Tod.


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