Louis Weinert-Wilton
Die weiße Spinne
Louis Weinert-Wilton

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21

Weder Corner noch Phelips fühlten sich an diesem Abend sonderlich wohl, und wenn sie auch nicht davon sprachen, so war doch in ihren bedrückten Mienen zu lesen, daß sie sehr unangenehmen Gedanken nachhingen.

Sie saßen rauchend in dem kleinen Direktionszimmer des Spielklubs, und während Corner an seiner Zigarre biß, bearbeitete der andere unausgesetzt seinen kahlen Schädel, der bereits so glänzte, als ob er eben mit einer frischen Lackschicht überzogen worden war.

»Ein halb elf Uhr«, sagte Phelips ungeduldig. »Wir haben noch eine volle halbe Stunde Zeit.«

Der Einäugige schien die Bemerkung überhört zu haben, aber plötzlich stieß er seine Zigarre heftig in den Aschenbecher und richtete sein Auge fest auf den Mann mit dem Pferdeschädel.

»Wenn wir klug wären, würden wir diese halbe Stunde ausnützen«, meinte er bedeutsam. »Schließlich wären wir doch zwei gegen einen. Aber das Malheur ist, daß Sie ein erbärmlicher Feigling sind, der nur darauf aus ist, sich mit Kastanien zu mästen, die andere für ihn aus dem Feuer holen. Damit wird es aber für Sie bald ein Ende haben, mein Lieber, denn ich tue nicht mehr lange mit. Und wenn Strongbridge heute kommt, werde ich kein Blatt vor den Mund nehmen, sondern ihm das ganz offen erklären. Es gehen Dinge vor, die mir nicht gefallen wollen, und ich habe keine Lust, eines Tages mit meinem einzigen Kopf in einer Schlinge hängenzubleiben.«

»Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen, mich einen Feigling zu schimpfen«, erwiderte Phelips gereizt, »wo Sie doch selbst wie ein furchtsames altes Weib reden. – Was für Dinge gehen vor, und warum ist Ihnen das Herz auf einmal in die Hosen gefallen?«

»Es gefällt mir nicht«, sagte der Einäugige halblaut, »daß wir auf einmal vom Yard nichts mehr hören. Seitdem dieser geheimnisvolle Spürhund aus Dover aufgetaucht ist, scheinen Strongbridges Verbindungen vollständig zu versagen. Und gerade jetzt würden wir sie notwendiger denn je brauchen, denn es werden dort vermutlich Dinge ausgekocht, die uns verdammt viel angehen dürften. Mrs. Irvine ist heute vernommen worden, aber ich vermochte nicht herauszubringen, was man eigentlich von ihr wollte. Ich weiß nur, daß sie plötzlich widerspenstig zu werden beginnt und daß wir mit ihr kaum mehr etwas ausrichten werden. Sie hat mich heute förmlich an die Luft gesetzt«, stieß er verbissen hervor.

Phelips sah ihn überrascht an, schien aber über die Mitteilung mehr Schadenfreude als Bestürzung zu empfinden.

»Was Sie nicht sagen! Da kann ich allerdings verstehen, daß Sie so übler Laune sind.«

»Schneiden Sie nicht solch eine hämische Fratze«, fuhr ihn Corner wütend an. »Sie und Strongbridge geht die Sache genauso an wie mich. Wenn sich die Frau von uns nicht mehr gängeln läßt, sind wir fertig und haben das Nachsehen. – Und wir haben wegen der fünfundzwanzigtausend Pfund doch so manches riskiert.«

»Lassen Sie doch Strongbridge sich darüber den Kopf zerbrechen«, antwortete Phelips. »Er hat ja die ganze Geschichte eingefädelt. Und wie ich ihn kenne, wird er schon wissen, was zu tun ist.«

»Wenn Sie ihn nur nicht überschätzen. Er hat zwar die Sache mit Dawson und Lewis gewiß ganz geschickt gemacht . . .«

»Das mit Lewis können Sie nicht beweisen«, fiel Phelips ein.

»Nein.« Der Einäugige ließ ein leises spöttisches Lachen hören. »Das mit Dawson auch nicht. – Sie sind ein Schwachkopf, mein Lieber, oder wollen mir Komödie vorspielen. Das können Sie sich ersparen. Es war die Hand Strongbridges, die Lewis so schön aufgeknüpft hat, dafür setze ich mein letztes Auge.«

»Sagen Sie mir nur den Grund. Lewis war doch sein Vertrauensmann.«

»Das ist für Strongbridge kein Hindernis«, gab der andere mit einem eisigen Lächeln zurück. »Das sollten Sie sich merken, Phelips. Aber auf das ›Warum‹ kann ich Ihnen auch keine Antwort geben. Darüber müssen Sie unseren verehrten Chef schon selbst befragen.«

»Als wenn ich verrückt wäre«, knurrte Phelips mürrisch. »Ich kümmere mich um solche Sachen nicht und möchte Ihnen den guten Rat geben, es ebenso zu machen. Je weniger man von diesen Dingen weiß, desto besser.«

Das leise Rattern einer gedämpften Klingel ließ ihn jäh abbrechen und überrascht nach der Uhr sehen.

»Es fehlen eigentlich noch zehn Minuten . . .«, sagte er etwas verwundert. »Gehen Sie voran.«

Corner erhob sich wortlos und verließ den Raum, und eine Weile später folgte ihm der Mann mit der Glatze.

Der grüne Salon lag am äußersten Ende des Klubgebäudes und hatte seinen Namen von der grünen Ledertapete, dem mächtigen grünen Kamin und der wirklich geschmackvollen Einrichtung, die durchwegs auf dieselbe Farbe abgestimmt war. Dazu standen in allen Ecken und Nischen Blattpflanzen, und auch der kleine Balkon der Tür gegenüber war mit Grün geschmückt. Der Salon war seinerzeit bei Eröffnung der Spielsäle eingerichtet worden und stand nur Strongbridge, der als der Besitzer galt, zur Verfügung.

Als der Mann mit dem Pferdekopf eintrat, herrschte in dem Raum tiefes Schweigen, denn Strongbridge hatte Corner nur mit einem kurzen Kopfnicken begrüßt und dann durch eine Geste aufgefordert, Platz zu nehmen. Er selbst saß in der äußersten Ecke inmitten einer malerischen Gruppierung von Zimmerpalmen, denn er hatte es nicht gerne, daß man ihm allzu nahe kam.

Obwohl in dem Einäugigen heute ein gereizter Widerspruchsgeist rumorte, hatte er doch dieser Marotte wie immer Rechnung getragen und sich am anderen Ende des Zimmers beim Kamin niedergelassen. Er musterte Strongbridge mit einem raschen, scharfen Blick und mußte wiederum zugeben, daß dieser Mann in der Kunst, Maske zu machen, ein Meister war. Er trug heute eine dunkle Perücke mit angegrauten Schläfen und einen melierten Schnurrbart, und alles war so täuschend und natürlich, daß Corner meinte, einem völlig Fremden gegenüberzusitzen. Dabei hatte er den Mann schon in den verschiedensten Verkleidungen gesehen, aber jede war so vollendet gewesen, daß es unmöglich war, auch nur einen charakteristischen Zug der wirklichen Persönlichkeit herauszufinden, die sich dahinter verbarg.

»Ich möchte doch endlich einmal wissen, wie Sie eigentlich aussehen«, sagte er herausfordernd.

Strongbridge rührte sich nicht und schlug nicht einmal die Augen auf, sondern wippte nur mit dem Fuß, der mit einem tadellosen Lackschuh bekleidet war.

»Sie haben sonderbare Wünsche«, meinte er gelassen. »Haben Sie vielleicht auch das Bedürfnis, einmal zu kosten, wie Blausäure schmeckt?«

»Soll das eine Drohung sein?« fragte der Einäugige gereizt.

»Wie Sie es nehmen wollen. Das wird davon abhängen, ob Sie Ihre kindische Neugierde veranlaßt, Dummheiten zu machen. Ich an Ihrer Stelle würde es lieber bleibenlassen.«

Es lag etwas in dieser kalten Stimme, das selbst Corner ein Gefühl des Unbehagens empfinden ließ, und er zog es daher vor, sich in Schweigen zu hüllen.

»Sie werden sich bereit halten müssen, Corner, in den nächsten Tagen das Warenhaus ›Zu den tausend Dingen‹ für einige Zeit zu übernehmen«, sagte Strongbridge bestimmt. »Ich weiß, daß Sie nichts davon verstehen, aber das ist auch nicht notwendig. Das Personal ist so eingearbeitet, daß das Geschäft allein weiterläuft. Sie sollen nur Mrs. Irvine vertreten, damit eben ein Chef da ist. Die näheren Weisungen werden Sie noch von mir erhalten.«

»Was soll mit der Frau geschehen?« fragte Corner überrascht und mißtrauisch.

»Das geht Sie nichts an. – Vielleicht unternimmt sie eine Vergnügungsreise.«

Die Mitteilung schien den Einäugigen ganz aus der Fassung zu bringen.

»Gut, dann mache ich auch nicht mit«, erklärte er erregt, »und . . .«

»Wie Sie wollen«, schnitt ihm Strongbridge gleichgültig das Wort ab. »Sie scheinen wohl eine andere Beschäftigung vorzuziehen. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß diese etwas langwierig und monoton werden wird, da sie nach meiner Schätzung fünf Jahre dauern dürfte. Ich gebe Ihnen drei Minuten Zeit, sich die Sache nochmals zu überlegen.«

Er zog gelassen seine Taschenuhr hervor und blickte auf das Zifferblatt, während Corner sich wie zum Sprung zusammenduckte.

»Diese fünf Jahre würden Sie den Hals kosten«, zischte er drohend.

»Sicher«, nickte Strongbrigde, »wenn ich mich nicht vorsehe. Aber das lassen Sie nur meine Sorge sein.«

Phelips hatte bleich und ängstlich die gereizte Auseinandersetzung verfolgt und hielt es nun für an der Zeit einzugreifen.

»Geben Sie Ruhe, Corner«, herrschte er diesen ärgerlich an. »Vor einer halben Stunde haben Sie mir vorgejammert, wie übel die Dinge für uns stehen, und nun, da wir darüber sprechen sollen, kommen Sie mit Ihren Stänkereien.«

Corner biß die Lippen zusammen und verschluckte die scharfe Erwiderung, die ihm auf der Zunge lag. Er wollte zunächst einmal mehr von dem neuen Plan hören, von dem ihn allerdings nur das eine interessierte, was Strongbridge mit Mrs. Irvine vorhatte. Er hatte die Frau von Anbeginn an als seinen Anteil an der Beute betrachtet und war nicht gesonnen, auf diesen Preis zu verzichten. Alle seine wilden, zügellosen Leidenschaften begehrten nach diesem schönen Weib, und er war bereit, bei allem mitzutun, wenn es darum ging, Muriel Irvine zugrunde zu richten, aber sie selbst mußte in seinen Händen bleiben. Die Andeutung Strongbridges hatte plötzlich seinen Argwohn erregt, aber das alles konnte ja noch eine unverfängliche Aufklärung finden, und so schwer es ihm wurde, so wollte er dies doch abwarten.

»Für Sie habe ich etwas anderes«, wandte sich Strongbridge an Phelips. »Sie können mir an einem der nächsten Abende eine Zusammenkunft mit Hubbard vermitteln. Hier im grünen Salon. Übrigens kann Corner auch dabeisein. Und wenn ich das Zeichen gebe, verschwinden Sie.«

»Ein gefährlicher Bursche«, bemerkte Phelips und rieb sich mißmutig die Glatze. »Er hat sich vor einigen Tagen unseren Roulettetisch kaum ein paar Minuten angesehen und sofort einen gehörigen Schlag getan.«

Strongbridge nickte gleichmütig.

»Ebendeshalb will ich mit ihm sprechen. Und noch wegen einiger anderer Dinge.«

»Soll er im Geschäft bleiben?« fragte Corner lebhaft.

»Das wird ganz von Ihnen abhängen«, erwiderte Strongbridge und lächelte eigenartig. »Sie werden ja der Chef sein und können tun, was Sie wollen. Aber –«, er hob etwas die Stimme, und den Einäugigen traf sekundenlang ein hämischer Blick, »machen Sie vorläufig keine weiteren Dummheiten. Sie wissen ja, was ich meine. Die Sache in Hubbards Wohnung hat nur unnützen Lärm gemacht. Wenn so etwas notwendig ist, überlassen Sie es mir. Ich glaube, ich verstehe mich etwas besser darauf.«

»Wir werden ja sehen«, gab Corner bissig zurück. »Vor allem rücken Sie aber nun endlich damit heraus, wie das mit den ›Tausend Dingen‹ eigentlich vor sich gehen soll. Sie können doch nicht von mir verlangen, daß ich in solch eine Sache hineinsteige, ohne zu wissen, was ich dabei riskiere.«

Der Herr von Skidemore-Castle schlug langsam die Augen auf und ließ sie einige Sekunden mit einem eigentümlichen Ausdruck auf dem ungeduldigen Corner haften.

»Das verlange ich auch nicht. Aber ich habe angenommen, daß Sie genügend Intelligenz besäßen, um zu erraten, worum es sich handelt. – Entschuldigen Sie. Jedenfalls werden Sie aber nach Ihren heutigen Erfahrungen begreifen«, fuhr er mit einem schadenfrohen Lächeln fort, »daß wir uns um Mrs. Irvine etwas kümmern müssen. Es ist nicht gut, sie gerade jetzt fremden Einflüssen zu überlassen. Ich werde sie daher an einen Ort bringen, wo das nicht zu befürchten ist.«

»Wohin?« forschte Corner gespannt.

»An einen sicheren Ort«, entgegnete Strongbridge ausweichend. »Es sollen nicht zu viele darum wissen, weil mir das zu gefährlich scheint. Wenn wir die Sache auch noch so geschickt einleiten, müssen wir doch darauf gefaßt sein, daß davon gesprochen wird und daß sich verschiedene Leute dafür interessieren. Gerade an Sie wird man sich vor allem heranmachen, und ich möchte verhüten, daß Sie eine Unvorsichtigkeit begehen. – Denken Sie sich also, daß die Frau wirklich eine Reise angetreten hat, und sagen Sie das allen, die Sie danach fragen werden. Es wird dann auch überzeugender klingen. Mit den nötigen Belegen werde ich Sie schon versorgen.«

»Ich möchte aber doch Näheres erfahren«, drängte Corner herausfordernd. »Ich habe ein besonderes Interesse daran.«

»Jawohl«, kicherte Phelips. »Der arme Junge ist nämlich in Mrs. Irvine bis über die Ohren verliebt, und wenn Sie sie ihm entführen, wird er sentimental werden wie ein Fisch ohne Wasser.«

Strongbridge richtete sich mit einem Ruck aus seiner lässigen Haltung auf. Die Bemerkung hatte ihm etwas verraten, woran er nie gedacht hatte und was absolut nicht in seine Pläne paßte.

»Steht es wirklich so?« fragte er leichthin, indem er Corner unter halbgeschlossenen Lidern hervor anblinzelte.

»Das geht niemanden etwas an«, gab der Einäugige scharf zurück.

»Diese Antwort genügt mir«, sagte Strongbridge mit einem eigentümlichen Lächeln und seufzte dann.

»Ja, ja, die Liebe . . . Aber dagegen kann man nichts machen. Trotzdem werden Sie vernünftig sein müssen, Corner, wenn die Sache nicht schiefgehen soll. So ein Verliebter kann alles mögliche Unheil anrichten, und ich bin daher froh, daß ich weiß, wie es um Sie steht. – Es bleibt nun unbedingt bei dem, was ich gesagt habe. Sie werden Ihre Mrs. Irvine schon wieder zurückbekommen, wenn« – er zögerte einen Augenblick und verzog das Gesicht zu einer zynischen Grimasse –, »nun, wenn es soweit sein wird.«

Corner bebte vor Wut über die verächtliche Art, mit der ihn Strongbridge behandelte. So rasend ihn der Gedanke auch machte, daß ihm Muriel Irvine verlorengehen könne, behielt er doch so viel Selbstbeherrschung, nicht blindlings ins Verderben zu rennen. Er wußte, daß der Mann, der ruhig und lauernd am andern Ende des Zimmers saß, für alle Fälle gerüstet war und vor nichts zurückschreckte. Bevor er selbst auch nur dazu kam, einen Schritt zu tun oder die Hand zu heben, würde der andere schon gehandelt haben. Und die Wände des grünen Salons waren verschwiegen.

»Sie werden wahrscheinlich schon in zwei bis drei Tagen von mir hören, Corner«, unterbrach Strongbridge nach einer Weile das unheimliche Schweigen, das eingetreten war. »Vorerst möchte ich mich allerdings mit Hubbard auseinandersetzen, und es ist Ihre Sache, wie Sie es anstellen wollen, ihn hierher zu lotsen. Von mir erwähnen Sie vorläufig nichts, denn das soll eine kleine Überraschung für ihn werden.«

»Sehr gut«, sagte Phelips befriedigt, indem er sich mit einem schadenfrohen Zwinkern die Hände rieb.

»Passen Sie nur auf, daß er nicht Lunte riecht«, warnte Strongbridge. »Es muß alles in Ruhe vor sich gehen, und« – er sah die beiden mit einem harten Blick an – »wir müssen auf alles gefaßt sein. Wenn Sie ihn so weit haben, daß er kommt, lassen Sie es mich einige Stunden vorher wissen. Jetzt können Sie gehen. Sie, Corner, zuerst.«

Es war ein kurzer, herrischer Befehl, aber der Einäugige kam ihm ohne Widerrede nach. Nur das tückische Aufleuchten in seinem Auge verriet, wie es in ihm gärte.

»Corner gefällt mir nicht mehr«, sagte Strongbridge nach einer Weile, und Phelips verspürte trotz des harmlosen Tones ein leichtes Frösteln.

»Lassen Sie ihn doch«, begütigte er. »Er ist eben in die Frau ganz verschossen, und seitdem sie ihn heute so schlecht behandelt hat, ist mit ihm nicht zu reden.«

»Dummkopf«, meinte Strongbridge verächtlich. Auch er war schließlich auf einen hartnäckigen Widerstand gefaßt, glaubte aber, über Mittel zu verfügen, um ihn brechen zu können. Wenn er die schöne Frau erst in Skidemore-Castle hatte und dort auf sie einwirken konnte, mußte er schließlich an das Ziel seiner Wünsche gelangen.

Der Gedanke beschäftigte den leidenschaftlichen Mann so sehr, daß er Phelips ganz vergaß, bis dieser sich selbst in Erinnerung brachte.

»Werden Sie läuten, wenn Hubbard da ist?« fragte er.

»Nein, das wäre zu auffallend. Passen Sie auf das gelbe Licht im Kronleuchter auf. Wenn es aufflammt, verlassen Sie den Mann unter irgendeinem Vorwand. Sorgen Sie auch dafür, daß dann bis zum nächsten Morgen niemand den grünen Salon betritt. Man kann nicht wissen . . . Und jetzt brauche ich Sie nicht mehr. Sie können die Tür von draußen verschließen und den Schlüssel an sich nehmen, ich werde mir schon selbst öffnen.«

*

Phelips war schon längst gegangen, als Strongbridge noch immer grübelnd in dem tiefen Klubsessel zwischen den Palmen saß. Es mußten ernste Dinge sein, die ihn beschäftigten, denn sein Gesicht hatte einen harten, verbissenen Ausdruck und verzog sich zu einer bösartigen Grimasse, die ihn geradezu unheimlich erscheinen ließ.

Plötzlich stand er auf, reckte sich und ging dann zu dem Lichtschalter an der Tür, den er abdrehte.

Der grüne Salon lag in völliger Dunkelheit und Stille, die nach einer Weile nur durch ein kaum hörbares Schleifen unterbrochen wurde. Nach Sekunden verstummte aber auch dieses Geräusch, und nur vom Flur her drang hie und da ein gedämpfter Laut . . .

*

An den »Klub der Siebenundsiebzig« stieß ein schlichtes Haus mit schmaler Front, das, nach den Firmentafeln am Portal zu urteilen, fast durchwegs Geschäftskontore beherbergte. Das Gebäude hatte einen kleinen Hof, der mit Kisten und Fässern aller Größen vollgestellt war und von dem ein einfaches hölzernes Tor in eine enge Seitengasse führte.

Hier tauchte Strongbridge nach etwa einer Viertelstunde auf und schritt die kleine Gasse hinab, bis er zu einer Art Speicher mit mehreren Toren gelangte, von denen er eines aufschloß. Alles in der Nachbarschaft war einsam und wie ausgestorben, nirgendwo war ein Licht zu sehen, kein vereinzelter Schritt hallte wider. Schattenlos lag die Gasse in hoffnungsloser Finsternis.

Wenige Augenblicke, nachdem er in dem dunklen Raum verschwunden war, fuhr ein geschlossener Chrysler-Zweisitzer lautlos heraus, der Fahrer stoppte, sprang heraus, schloß das Tor, und der Wagen schoß wie ein Schatten davon.


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