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Gesang der Deutschen

                    Der Geisteswildheit Nacht voll Grauen
Lag öd auf Deutschlands dumpfen Gauen,
Da wandte Gott sein Angesicht
Und rief herab: Es werde Licht!
Die Nacht verdämmert, Dämmrung schwindet;
Der Wild, ein kaum belebter Kloß,
Wird Mensch, blickt um sich und empfindet,
Was wahr und edel ist und groß.
    Chor. Wir alle! wir alle!
    Wir heben Herz und Hand!
Es rufe Mann und Weib, das Kind am Busen lalle:
Heil, Freiheit, dir! Heil, Vaterland!

Vernunft, durch Willkür erst befehdet,
Doch kühn und kühner singt und redet
Von Menschenrecht, von Bürgerbund,
Von aller Satzung Zweck und Grund.
In Zauberschrift umhergeschwungen,
Fliegt tausendfach der weise Schall,
Hat bald des Volkes Herz durchdrungen
Und schafft Gemeinsinn überall.
    Chor. Wir alle! ff.

Nicht herrscht durch fremder Formeln Düster
Hinfort Gerichtsherr oder Priester;
Das Volksgesetz wägt grad und gleich
Gerechtigkeit für arm und reich.
Nicht mehr verfolgt wird Lehr und Meinung,
Nicht gilt für Gottesdienst ein Brauch.
Nur Lieb ist aller Kirchen Einung,
Der Tempel und Moscheen auch.
    Chor. Wir alle! ff.

Nur Tugend, nicht Geburt, gibt Würde;
Verteilt nach Kraft ist Amt und Bürde:
Der bauet Kunst, Gewerb und Saat,
Der schmückt den Geist, der Heer und Staat,
Der, gegen Feind und Unterdrücker,
Trägt Obermacht zu treuer Hut
Und gibt, des freien Volks Beglücker,
Ihm Rechenschaft von Hab und Blut.
    Chor. Wir alle! ff.

Was zittert ihr, der Staaten Wächter?
Veredelt strebt das Volk, nicht schlechter!
Nur frei vom Mißbrauch wird der Thron,
Vom Wahne nur Religion!
Die Fessel strengt ihr an? Vergebens!
Zur Freiheit ruft uns unser Gott!
Dem Geist im Vollgefühl des Strebens
Ist aller Welten Macht ein Spott!
    Chor. Wir alle! wir alle!
    Wir heben Herz und Hand!
Es rufe Mann und Weib, das Kind am Busen lalle:
Heil, Freiheit, dir! Heil, Vaterland!


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