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So habt ihr denn euren Streik verloren. Ihr tut mir leid. Ihr steht wieder vor eurem Webstuhl. Ihr habt euch dem Unabänderlichen gefügt. Ihr seid zurück mit euren stummen, bitteren Gedanken. Ihr seid zurück mit euren wunden Herzen. Ihr, die ihr geschlagen seid, die ihr von den Herren in eure dunklen Stände zurückgepeitscht seid. Ihr, die Sklaven-Arbeiter der Welt. Ihr, die Herren-Arbeiter der Welt. Doch wer sagt, daß ihr besiegt seid? Eure Herren? Aber das Wort eurer Herren ist nicht Niederlage. Oder sagt ihr, daß ihr besiegt seid? Wenn ihr sagt, daß ihr besiegt seid, dann seid ihr besiegt; dann sehe ich eure entblößten Rücken und höre die Peitsche sausen und sehe das Blut fließen. Doch wenn ihr sagt, daß ihr nicht besiegt seid, dann sehe ich euch sicher vor jedem Schlage. Wer sagt, ihr seiet besiegt?
Mich werdet ihr nie sagen hören, ihr seiet besiegt, liebe Genossen. Vielleicht macht ihr Zugeständnisse; ich aber will keine machen. Glaubt ihr, wenn ich eure Kinder ansehe, könnte ich Zugeständnisse machen? Glaubt ihr, ich könnte der Sonne ins Gesicht schauen und Zugeständnisse machen? Wie könnte ich das Licht der Sonne zugeben und das Licht der Seele leugnen? Glaubt ihr, ich könnte es zugeben, daß eure Herren immerfort schwelgen und daß die Sklaven eurer Herren immerfort darben? Glaubt ihr, ich könnte es zugeben, daß Jahr für Jahr die Ernte kommt und daß die Gerechtigkeit nicht kommt? Ich gebe nichts zu, als die Menschen und die Arbeit des Menschen. Ich gebe nichts zu, als die Gerechtigkeit. Glaubt ihr, ich könnte den Hunger zugeben und die Uebersättigung nicht? Glaubt ihr, ich gebe den Fabrikeingang zu und den Fabrikausgang nicht? Glaubt ihr, ich könnte die Sklaverei zugeben und die Möglichkeit der Erlösung nicht? Ich mache keinerlei Zugeständnisse. Ich sehe der Niederlage offen ins Gesicht und mache kein Zugeständnis. Wenn ich die Niederlage zugestünde, so würde ich ewige Nacht zugestehen und ewigen Tod. Ich lasse den Tod nicht gelten, noch die Niederlage.
Ich weiß wohl, wie furchtbar eine Niederlage sein kann. Aber ich gebe keine Niederlage zu. Ich habe die ganze Scheußlichkeit von Niederlagen gesehen: Hunger und Durst, Frost und Kälte. Ich habe gesehen, wie euch Niederlagen die Bilder von den Wänden nahmen, die Musik aus den Häusern, die Hoffnung aus den Herzen. Und doch gebe ich keine Niederlage zu. Eine Niederlage macht euren Hausherrn ein wenig größer, euren Gläubiger ein wenig strenger. Sie tut noch mehr Gift in die Quellen des Lebens. Sie füllt die Welt mit Wächtern, Aufsehern, Zensoren, Steuereinnehmern und Wucherern. Und doch gebe ich keine Niederlage zu. Wie könnte ich auch? Wenn ich es täte, so könnte ich ebensogut auf der Bank meinen letzten Pfennig abheben und wegwerfen. Könnte ich ebensogut die Bank vernichten. Oder auf eure Felder hinausgehen und eure Ernten zerstören. Was hat denn noch einen Wert, wenn man Niederlagen Zugeständnisse macht? Wollt ihr heute abend heimkommen und euren hungrigen Kindern und überarbeiteten Frauen sagen, daß ihr unterlegen seid? Wollt ihr morgen zu eurem Webstuhl zurückkehren und der stummen Maschine sagen, daß ihr unterlegen seid? Wißt ihr denn überhaupt, was Niederlage heißt? Schneidet euch den Hals ab; doch gebt nicht zu, daß ihr besiegt seid. Geht ins Wasser, doch gebt nicht zu, daß ihr besiegt seid. Noch besser: Schneidet euch nicht den Hals ab. Geht nicht ins Wasser. Bleibt, wo ihr seid. Hungert, wo ihr seid. Doch gebt keine Niederlage zu. Siege sind nicht die Resultate von Siegen. Siege sind die Resultate von Niederlagen. Eine Niederlage zugeben, heißt sich begraben lassen. Eine Niederlage leugnen, heißt auferstehn.
Eure Herren haben euch unter Peitschenhieben zu Bett geschickt. Werdet ihr morgen früh aufstehen und ihnen trotzen? Eure jetzige Bilanz bedeutet eine Niederlage. Eure Schlußbilanz heißt Sieg. Ihr habt zehn Prozent verlangt. Ihr habt neun Stunden verlangt. Wenigstens etwas wolltet ihr haben. Nichts habt ihr bekommen. Das heißt, nichts als ein stärkeres Rückgrat. Und so glaubt ihr, ihr wäret geschlagen. Ich sage euch aber, diese Stärkung des Rückgrats ist für euch wertvoller als zehn Prozent oder neun Stunden. Niederlage? Diese Welt gehört euch. Doch ihr habt euer Anrecht weggeworfen. Und keine Niederlage, die ihr zugebt, wird es euch wieder verschaffen. Die Niederlagen aber, die ihr nicht zugesteht, werden euch in der Stunde besseren Mutes das weggeworfene Erbteil wieder zurückbringen. Ihr seid in eure Fabriken zurückgekehrt mit dem Zugeständnis, daß euer Anrecht für immer dahin sei oder daß es nie existiert habe. Die Herren gehen wieder in ihre Klubs und feiern eure Niederlage mit Champagner unter dem Jauchzen herrschaftlicher Trunkenheit. Ist euer Rückzug in die Fabrik entscheidend? Ist ihr Sieg im Klub entscheidend? Werden eure Webstühle immer und ewig die Geschichte eures Elends weben? Wird diese Armut, die den Arbeiter schändet, wird dieser Ueberfluß, der den Arbeitgeber schändet, ewig seine Münze über den Zahltischen der Ungerechtigkeit wechseln? Soll diese Welt als eine Welt des Geldhandels und Wuchers Bestätigung finden? Soll diese Welt ewig eine Welt des Aergernisses sein? Was könnt ihr tun, um die Ursachen des Verderbens zu entfernen? Das Privateigentum ist ein Symptom des Verderbens. Auf euren Webstühlen webt ihr die Träume von sozialer Ordnung. Das Chaos fesselt euch an den Webstuhl. Die Ordnung wird auf eure Befreiung sinnen. Erst wenn ihr an den Webstuhl tretet, weil ihr wollt, und nicht, weil ihr müßt, wird dieser Webstuhl und wird eure Seele für die Gesellschaft Vollwertiges leisten. Seid ihr zum Webstuhl zurückgekehrt und laßt das Chaos gelten? Der Webstuhl kann euer Verhängnis sein: Der Webstuhl, der Niederlagen webt. Der Webstuhl kann euch Sonnenschein geben. Der Webstuhl, eure Seele, die keine Niederlage zugibt.
Niederlage ist nichts. Niederlage ist kein Verlust. Es ist eine Ruhepause, ein Sichbesinnen, irgend etwas, aber kein Verlust. Eine Niederlage wird erst dann zum Verlust, wenn ihr sie eurem Gegner mit einer Entschuldigung überlaßt. Eine Niederlage zugeben, heißt gestehen, daß man sich des Kampfes schämt. Sie leugnen, heißt die Schlacht wieder aufnehmen. Ich gebe nichts zu. Keine Ziffer. Gestünde ich etwas zu, so wäre ich dem Glauben abtrünnig, in welchem ich lebe. Kein Mensch, keine Gewalt kann mich überwinden. Ich selbst kann mich besiegen. Nichts kann mich besiegen, als ich selbst. Der Arbeitgeber nicht. Der kann sich selbst besiegen. Und jedesmal, wenn er die Gesetze der Großmut und Gerechtigkeit verletzt, bringt er sich selbst eine Niederlage bei. Mag er sich mästen bis zum Platzen. Er ist doch geschlagen. Kein Mensch kann einen andern unterjochen. Aber jeder Mensch kann vor sich selbst unterliegen.
Gib keine Niederlage zu, Genosse. Verliere den Mut nicht. Ich sah dich gestern zu deinem Webstuhl zurückschleichen. Du gingst ungern. Denn du hattest gehofft, du bringest Gerechtigkeit mit, wenn du wieder zu deinem Webstuhl kämest. Doch du kamst ohne Gerechtigkeit wieder. Weine nicht, Bruder. Du kamst ohne Gerechtigkeit wieder, aber nicht ohne Glauben. Ich will nicht hoffen, daß du ohne Glauben zurückkamst. Es ist besser, du kehrst hungrig zurück und voll Glauben, als sattgegessen ohne Glauben. Und solange du dich nicht auf Gnade und Ungnade übergibst und deine Seele auslieferst, hast du deine Seele noch für künftige Kämpfe. Du baust langsam. Aber du baust gut. Du bist müde. Ich tue meine Arme um dich. Ich rufe dir zu mit starker Stimme. Ich rufe dir zu mit einem Herzen, das stärker ist als meine Stimme. Ich rufe dir zu mit einem Glauben, der jede Niederlage aufwiegt. Fühlst du nicht meine Nähe? Fühlst du nicht meine stärkende Berührung? Ich weiß, eine gewaltige Kraft löst sich in mir. Eine Kraft, die nicht von mir stammt, die dich aufrecht hält in Not und Niederlage. Eine Kraft, dein, mein, geheimnisvoll, überwältigend, herrlich. Fühlst du sie nicht jetzt um dich in meinen starken Armen, wie ich dich umfasse? Fühlst du sie nicht auf meinen Lippen, wie ich dich küsse?