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XV

Ein kurzes Aide-Memoire des Herrn Kunstmalers Franz Salvermoser aus München

Wenn ich jetzt, ein paar Jahre nach all den Begebnissen in Vogelöd, friedlich in meinem Studio an der glasgrünen Isar sitz' und mir die Geschicht' aus dem Gedächtnis aufzeichne, dann sind mir die gemalten Köpfe rings um mich auf den Staffeleien lieber wie ihre Urbilder, die wirklichen Menschen! Meine lieben Leut' auf der Leinwand sausen nicht wie die Gockeln aufeinander los und hadern bis aufs Blut, die sind fein artig und still, und ich geb' jedem und jeder noch extra einen freundlichen Zug im Gesicht mit meinem Pinsel hinaus ins Leben. Aber jetzt hab' ich mit den lebendigen Leuten von damals zu tun. Also gut: der Rittmeister von Vogelschrey ist mit Jagdgästen und Jägerei davon – gleich pfeilgerad' die Bergwand über dem Schloß hinauf, und ich habe ihnen schon ein wenig neidisch und bekümmert nachgeguckt. Dann habe ich mich aber meiner Pflicht erinnert, am hellen Tag den Nachtwächter auf Vogelöd zu spielen, und hab' geschaut, daß ich den Haushofmeister treff', wie er gerade mit wichtiger Miene dasteht und darauf achtet, daß seine Leute den Parkettboden im großen Saal recht schön spiegelglatt mit ihren Bürsten an den Füßen scheuern, damit man nur ja ausrutscht und hinpurzelt und sich gerad' unter dem Kronleuchter auf sein bestes Teil setzt, wie mir das voriges Jahr passiert ist, weil ich die damische Eisbahn von zu Haus her nicht gewöhnt bin wie die Aristokraten.

»Sie, Herr Rubesoier!« frag' ich. »Wissen's vielleicht zufällig gerade, was der Graf Oetsch jetzt macht?«

Schau: der Rubesoier war ein grundehrlicher, pflichttreuer alter Herr, der sich von der Pike auf durch vierzig Jahre im Schloß zu seiner jetzigen stolzen Würde emporgedient hat. Solche alte Hausmöbel leben mit ihrer Herrschaft. Die haben eine Witterung, was bei der vorgeht, ohne daß man es ihnen sagt, und halten wie treue Hofhunde von selber Wacht, und so ergab sich's, daß der Herr Kastellan Rubesoier auch schon von sich aus ein stillbesorgtes Auge auf den Grafen Oetsch geworfen hatte. »Ich hab' es mir angelegen sein lassen, persönlich hinter dem Lakaien, dem Baptist, hier nach dem rechten zu sehen!« sprach er gewichtig. »Dero gräfliche Gnaden haben sich in ihr Zimmer retiriert, auch das Frühstück dort angeschafft und, als der Baptist selbiges abgeräumt, gemessene Order erteilt, sie nicht vor Mittag zu wecken, da sie nach den gestrigen und heutigen stattgehabten Fatiguen eines guten Schlafes bedürften und abends um sechs wieder in die Berge wollten.«

»Und jetzt schnarcht er also?«

»Ob es zu den Gepflogenheiten des Herrn Grafen gehört, zu schnarchen, ist mir nicht bekannt,« versetzte Herr Rubesoier tadelnd, »und ein desfallsiges Horchen an den Türen möchte ich mir bei den mir unterstellten Burschen und Mägden verbeten haben. Sicher aber ist, daß Seine Hochgeboren zurzeit geruhsam schlafen!«

Wer schläft, sündigt nicht! dachte ich und rieb mir befriedigt die Hände. Franzl – jetzt bist du fein heraus und tust dir am heutigen Vormittag leicht!

Der Rittmeister von Vogelschrey hat recht behalten mit seiner Wetterprophezeiung. Schon vor zehn Uhr hat sich der Himmel bleigrau umzogen gehabt. Die Sonne hat sich empfohlen, aber es war schwül wie im Treibhaus. Vereinzelte schwere Windstöße sind vom Berg heruntergeheult und haben lange weiße Staubfahnen im Tal über die Straßen vor sich hergejagt und sind immer häufiger und wilder geworden, daß die alten Bäume im Park sich ächzend gebogen haben und das Wasser auf den Teichen weiß geschäumt hat und ihre Oberfläche und die ganze, trüb verfinsterte Luft voll war von abgerissenen und dahinstiebenden gelben, roten und braunen und violetten Spätherbstblättern.

Ich bin durchs Haus gegangen und habe mich rechtschaffen gelangweilt. Still ist es gewesen – still in dem Schloß wie im Dornröschenschlaf. In allen den weiten Gängen und Hallen und Treppen hat sich nichts gerührt. Besonders der Flügelanbau, da, wo drei Stockwerke übereinander die Gästezimmer lagen, da war Ruhe wie auf dem Kirchhof. Die Herren waren alle auf der Jagd. Es war da nur der Graf Oetsch und der Pater Faramund. Der eine hat geschlafen, und der andere hat wahrscheinlich gebetet. Also gut!

Gegen zehn Uhr, wie es Zeit war, daß man einer Dame seine Aufwartung machen konnte, bin ich zu der Frau von Vogelschrey hinauf, und sie war lieb und gütig wie immer, wenn auch blaß und angegriffen, und ich habe mich zu ihr setzen und mit ihr schwatzen dürfen, während sie sich noch mit ihren Kindern beschäftigt und deren Anzug nachgeschaut und das Fräulein ermahnt hat, die lodenen Kapuzenmäntelchen herauszuholen. Denn es würde bei dem Spaziergang im Park naß und kalt sein. Aber heraus mußten sie, wenigstens die Burgel und das ältere Buberl. Darauf hielt die Frau Mama. Bloß mein Freund, der Peperl, hat daheim bleiben dürfen und, ehe er weggetragen wurde, mich am Bart gezaust und »da ... da ... da ...« gesagt. Mehr wußt' der kleine Mann noch nicht. Aber wir verstanden uns schon, ich und der Spitzbub!

Die Frau von Vogelschrey hat am Fenster gestanden und tief geseufzt und gesprochen:

»Lieber Salvermoser! Ihnen gilt's ja nicht! Sie sind mir hier immer recht. Sie find ein Mensch wie ein Kind. Sie bringen einem kein Unglück ins Haus ...«

»Das möcht' ich hoffen, Gnädigste!« hab' ich respektvoll erwidert. Die hochgeborenen Herren – die machen mir nix mehr vor, und wenn's Grafen und Reichsräte sind. Dafür bin ich der Salvermoser! Der Kunstmaler. Der malt sich sein Wappen und Stammbaum aus eigener Kraft, daß die Leut' eine Achtung vor ihm haben. Aber bei den vornehmen Damen fühl' ich mich halt immer noch geniert. Da muß ich als noch daran denken, daß ich der jüngste Bub vom Moosbauer in Gölling im Winkel bin.

Die Frau von Vogelschrey hat fortgefahren:

»Nein. Ihnen gilt's wahrhaftig nicht, Salvermoser! Aber sonst wünschte ich, es wäre zwei Monats später zur Adventszeit und das ganze Schloß von Gästen leer, und draußen fielen die ersten Flocken, und ich wäre, wie wir's immer tun, über Weihnachten mit meinem Mann und den Kindern auf Urlaub aus München hier draußen und wir säßen friedlich beisammen und müßten nicht wie jetzt bei jedem Geräusch und jedem Anklopfen an die Türe, und wenn nur irgendein Stubenmadel hereintritt, zusammenfahren und uns einbilden: Jetzt ist ein Unglück passiert!«

Durchs Fenster hat die Frau von Vogelschrey ihren Kindern zugewinkt. Die sind mit der Bonne durch die breite Hauptallee im Park hinuntergegangen, an jeder Hand eines, und haben ihre Köpferln zurückgewendet und gelacht. Dann ist, von der Seite her, aus einem Gebüschweg ihnen eine hohe, schwarze, langsam wandelnde Gestalt in einem bei uns ungewöhnlichen breiten Hut und langem Priestergewand entgegengekommen, die ich hier noch nie gesehen hatte.

Ich tauschte einen fragenden Blick mit der Frau von Vogelschrey, und sie sagte:

»Das ist jedenfalls der Pater Faramund. Er hat vorhin, gerade ehe Sie kamen, bei mir anfragen lassen, ob er mir seinen Besuch machen dürfe. Aber ich habe ihn bitten lassen, es auf später zu verschieben. Ich fühlte mich noch zu angegriffen, habe ich ihm bestellen lassen, um mit der nötigen geistlichen Sammlung die Ehre seiner Visite zu empfangen! Ich wollte mich erst, wie sich's gehört, darauf vorbereiten und mein Gewissen erforschen, um seiner Unterredung würdig zu sein!«

Ich hab' mir im stillen gedacht: Wenn wir nicht Weltkinder wären, dann wäret ihr frommen Gugelmänner halt keine Heiligen! Ihr seid's durch den Unterschied zwischen uns und euch! Eines bedingt das andere! Eigentlich sind wir eure Wohltäter, und ihr solltet uns danken, daß wir allzumal Sünder sind, statt uns das liebe lange Jahr hindurch deswegen anzuraunzen! Aber diese sträflichen Gedanken habe ich fein bei mir behalten. Man darf unter der schwarzen Noblesse nicht alles herausfahren lassen, was einem auf der Zunge liegt, als stände man daheim am Platzl in München um den Banzen im Hofbräu. So viel Bauernschlauheit hat der Salvermoser-Franzl schon, und wenn er noch so treuherzig dareinguckt ...

Der Pater Faramund unten hat im Auf- und Abwandeln im Freien mit andächtig gesenktem Haupt das Brevier gelesen, wie das die Hochwürdigen so an sich haben. Die beiden Kinder sind auf einen Wink des Fräuleins auf ihn zugesprungen und haben ihm die Hand geküßt, und er ist stehen geblieben und hat sich freundlich zu ihnen gebeugt und sie durch seine Brille angesehen und offenbar gefragt: »Ja, wer seid's ihr denn?« und ihnen dann die Köpfe gestreichelt. Die Bonne hat im Vorbeigehen einen zurückhaltenden, gezierten, kleinen Knicks gemacht. Dann hat sie ihren Regenschirm aufgespannt und den Kindern zugerufen. Denn jetzt fing es schon an, stark zu tröpfeln.

Das hat auch der Herr Golgathianer-Mönch gemerkt, hat zum Himmel hinaufgeschaut, der immer griesgrämiger wurde, sein Brevier eingesteckt und ist, nicht mehr so feierlich langsam wie bisher, sondern rascher, unter seinem schwarzen, fegenden Weiberrock ausgreifend, in das Schloß zurück. »Er lebt in Italien«, sagte die Frau von Vogelschrey. »Solch kalter Herbstmorgen im Gebirge hier bei uns ist ihm ungewohnt. Das weiß er gottlob, daß er sich da auf den Tod erkälten könnte!«

Dann ist sie nach der Türe gegangen und hat mir die Hand gegeben: »Ich muß Sie jetzt beurlauben, lieber Meister! Ich will jetzt hinüber zu meiner Freundin, der Mette Safferstätt, und schauen, wie's der geht!«

Den Weg entlang habe ich sie noch begleiten dürfen. Es ist ja immer eine Reise in dem winkligen Schloß, von einem Flügel zum andern, treppauf, treppab. Die Vorfahren haben da umeinander gebaut, wie es gerade jedem nach seinem Gusto war, und unterwegs hat noch der Herr Rubesoier, der Haushofmeister, die Gnädige aufgehalten und gemeldet, er wolle lieber die Mittagstafel erst auf halb drei Uhr und dann für alle Gäste richten. Denn bis dahin kämen die Herrschaften heute sicher von der Jagd zurück. Die Frau von Vogelschrey war's zufrieden.

Eben betritt sie mit mir den langen Gang im zweiten Trakt, an dem die Wohnungen für die Ehrengäste liegen, da taucht aus dessen Mitte, von der Treppe, die da unmittelbar aus dem Freien vom Hof her hinaufführt, die lange, schwarze Gestalt im breiten Hut aus dem Park wieder auf, geht vor uns den dämmrigen Korridor hinunter, pocht an dessen unterem Ende mit leicht geneigtem Haupt leise an eine Türe, verhandelt durch den Spalt einen Augenblick mit dem öffnenden dienstbaren Geist und schlüpft dann wie ein Schatten in die Antichambre. Und wie wir hinkommen, steht die Poletta, die Jungfer der Baronin Safferstätt, noch davor und breitet förmlich die Arme ängstlich aus, um den Eingang zu beschützen, und meldet:

»Frau Baronin sind leider durch geistliche Exerzitien verhindert, jetzt jemanden zu empfangen! Frau Baronin haben drinnen bei sich den Besuch des hochwürdigen Herrn Pater Faramund!«

»Schon wieder?« sagt die Frau von Vogelschrey. »Mein Mann hat mir doch erzählt, sie hätte sich fast bis in den hellen Morgen heute nacht mit ihm ausgesprochen!«

»Zu dienen, gnä' Frau! ... Aber nachdem Herr Baron auf die Jagd gegangen waren, haben die Frau Baronin mich wieder zu dem hochwürdigen Herrn Pater hinübergeschickt und um dessen Besuch gebeten!«

»So ... so ...«, sagte die Frau von Vogelschrey und kehrte um. In der dunklen Ecke an der Treppe schimmerte etwas Weißes. Aber es war kein Gespenst, sondern der Koch lauerte ihr auf und hatte irgendein Anliegen. Ein Pläsier ist's schon nicht, in solch einem Schloß voller Gäst', mit Mann und kleinen Kindern und dem vielen Personal, und dann noch mit einer so nervösen Urschel wie ihrer Freundin, der schönen kleinen Baronin, auf dem Hals, die Hausfrau zu machen! Davon hat so ein Junggeselle, vier Treppen hoch mit seinem Atelier unterm Dach, wie ich, freilich keine rechte Ahnung. Es könnt' einen recht nachdenklich von wegen dem Heiraten stimmen!

Jedenfalls war ich jetzt da der Unnütz und bin solo weiter durch das Schloß gestrolcht, die Hände in den Taschen meiner zünftigen braunen Samtjoppe – die und die langen Haare – die gehören zu mir! Sonst glauben's mir in München nicht, daß ich ein gerechter Kunstmaler bin und ich verderb' mir selber die Preise – und ich hab' mir die Bilder mit Perücken und Reifröcken und Harnischen und Helmen an den Wänden angeguckt und hab' studiert, wie das die Herren Kollegen in früheren Jahrhunderten gemacht haben. Viel gekonnt haben's, frei gesagt, nicht! Aber wahrscheinlich sagen sie von uns nach ein paar Jahrhunderten das nämliche.

Draußen hat es nicht mehr sachte getröpfelt, sondern schon Bindfaden gezogen. Der richtige Gebirgs-Schnürlregen! Den kenn' ich! Der ist ärger als ein handfester Wolkenbruch. Der beißt sich in ein, zwei Stunden durch den dicksten Wettermantel durch. Da ist von Bleiben im Freien auf die Dauer keine Red'!

Mir war's lieb! Das totenstille Haus bewachen war fad. Passiert ist eh' nix! Was sollt' denn auch? Ich hab' mich in meiner Stube ans offene Fenster gesetzt und Baumschläge draußen skizziert. Da steckt bei mir noch ein Manko. Da heißt's fleißig sein, Franzl! Weil ich mich halt nur für die Menschenköpf' interessier' und für die Natur leider gar nicht, schaut's, wenn einer schon mal durchaus im Freien gemalt sein will, mit dem Hintergrund manchmal nicht gerad' sauber aus, und mein Kollege, der Akademie-Professor Grienast, der ekelhafte Kerl, hat neulich vor meiner Staffelei gefragt: »Salvermoser: sind das da hinten jetzt Bäum' oder geballte Wolken oder Rohrnudeln? I kenn' mi net aus!«

Während ich schraffiert hab' und ganz in meine Arbeit versunken war, ist der Regen immer ärger geworden. Gerade heruntergeschüttet hat's! Man hätt' keinen Hund vors Tor jagen mögen! Und jetzt höre ich draußen am Tor, das ich von meinem Fenster sehen konnte, Stimmen, und richtig: da kommen schon die ersten Jagdgäste zurück, triefend naß, und die Hunde, als hätte man sie in den Parkweiher geschmissen gehabt. Und ich krieg' einen Schrecken und fahr' auf und schau' auf die Uhr: Über zwei Uhr mittags! Mehr als drei Stunden hab' ich dagesessen gehabt und in Gottes Namen, um die Zeit auszunützen, ein Skizzenblatt nach dem andern vollgeschmiert und mich weiter um nichts gekümmert, was unterdessen im Schloß geschah ...

Mir schlug doch das Herz. Ich hatte ein recht miserabliges Gewissen! Wenn nun inzwischen der Teufel uns irgendwo hier in die Suppe gespuckt hatte? Nachher war der Salvermoser schuld, der wieder mal gerad' in den Tag hineingeträumt hatte, statt seine Pflicht zu tun! Ich also, so rasch mich meine Beine tragen, durchs Schloß, noch ehe die Gäste hereinkamen, und in den großen Speisesaal zu dem Herrn Rubesoier, dem Haushofmeister. Der war schon hier die irdische Vorsehung. Der schmeckt' es mit Nas' und Augen durch zwei Wände hindurch, wenn irgendwo was Ungeschicktes geschah.

»Grüß Gott, Herr Kastellan!«

»Habe die Ehre, Herr Kunstmaler!«

Ich atemlos:

»Sie: Is am End' irgend was passiert?«

Was sollte denn passiert sein? Der Herr Rubesoier wußte von nichts und gab einem Küchenbub einen Katzenkopf, weil der Bazi ihm einen dreckigen Teller herbeigetragen hatte.

»Was macht die Frau Baronin Safferstätt?«

»Frau Baronin haben sich den ganzen Vormittag auf ihren Appartements gehalten und vorhin den Besuch der gnädigen Frau empfangen!«

»Nachher ist also der Pater nicht mehr bei ihr?«

»Beileib nicht, Herr Salvermoser! Der hochwürdige Herr hat die Frau Baronin schon vor zwei Stunden, kurz vor zwölf Uhr mittags, verlassen und sich auf sein Zimmer zurückgezogen!«

»Und der Graf Oetsch?«

»Hochdero rühren sich jetzt allewege und machen sich zur Tafel fertig. Ich hörte es, wie ich vorhin an seiner Türe vorbeiging!«

Gut is. Ich war froh. Da traten auch schon die Jäger drüben in die Halle, und der Rittmeister von Vogelschrey ließ draußen noch das Wasser aus der Krempe von seinem nassen Filzhütel wie aus einer Dachtraufen ablaufen, und ich bin in meiner Freude mit bloßem Kopf zu ihm hinaus in den Regen getreten und habe gemeldet:

»Du – dein Haus steht noch auf dem alten Fleck! ... Es is hier nix kriminalisch geworden ... unterdem ...«

Und weder ich in meinem hellen Unverstand und Leichtsinn, noch der arme Rittmeister, noch sonst jemand umher hat geahnt, daß das Unglück schon geschehen war ...

Die Frau von Vogelschrey und die Baronin Safferstätt haben wie zwei Schwestern, eine brünette und eine blonde, nebeneinander Arm in Arm auf dem Treppenabsatz oben gestanden, um die Herren zu begrüßen. Um ihren Mann, der jetzt auch pudelnaß und verdrießlich von draußen hereinkam, hat sich die süße, kleine Frau Baronin wieder wie gewöhnlich gar nicht gekümmert.

Zugleich ist aus dem Gang zur ebenen Erde um die Ecke herum die lange, abenteuerliche Gestalt des Grafen Johann Preisgott Oetsch hervorgeschlenkert, und er hat laut gelacht, wie er die durchgeweichten St.-Hubertus-Herren gesehen hat, und gerufen:

»Ja – was wär' denn das? Warum kommt's ihr denn heim? Wegen dem bissel Regen? Schamt's euch! Wasser ist gesund! Bei dem Wetter geh' ich heut' um sechs Uhr auf die Nacht gerad' hinaus! Da darf's noch ganz anders herunterkommen!«

Und als ob er es berufen hätte, strömte draußen eine wahre Sintflut vom Himmel nieder, und die ganze Welt wurde dämmergrau.


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