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Begegnung.

Schon drei Tage später übersiedelten die Lorentischen nach Pardubitz zurück. Der Umstand, daß Lorent von der Bahnverwaltung als Packer angefordert worden war, sicherte der Familie freie Fahrt und kostenlose Beförderung der Einrichtung. Über den Abschied von Maruscha, Schandor und Julie trösteten sich die Kinder durch die Vorfreude auf das Wiedersehen mit der Perner Annerl und der Großmutter. Nur eines tat Koja leid, sooft er daran dachte: Er hatte die schönen violetten und gelben und wasserhellen Kristalle vom Tannwalder Tunnel wohl in einen Korb gepackt, aber vergessen auf den Wagen zu tragen. Die wollte er einmal holen.

Nach der Ankunft in Pardubitz wanderten die Kinder mit der Mutter in lauer Mondnacht zur Großmutter ins Dorf, vorbei an den Storchennestern der Ziegelei und den Elbetümpeln, auf denen die schneeweißen Blüten der großen Wasserrose schimmerten. Der Vater übernachtete in der Mannschaftskaserne auf dem Bahnhof, da er früh am Morgen eine Wohnung besorgen und sich zum Dienste melden mußte.

Der nächste Tag war für Koja und Agi ein sonnenheller Freudentag. Die Großmutter wollte mit der Mutter allein sein und schickte die Kinder in den Wald. Sie sollten Schwämme sammeln. Ausgerüstet mit Körben und Wegzehrung zu längerer Wanderung schritten sie auf schmalem Wiesenpfad hintereinander zwischen tauglänzenden Gräsern und lauschten den jubilierenden Lerchen. Noch schwiegen die Grillen und von Schmetterlingen waren nur die kleinen schwarzroten zu sehen, die, an den Blüten hangend, in den Tag hineinschliefen. Wo mochten die andern sein? Als sich die Kinder der Straßenkreuzung näherten, wo Koja im Vorjahre einem schillernden Falter begegnet war, sagte er Agi voraus, jetzt und jetzt müßte der schillernde Falter geflogen kommen, wenn er nicht gestorben sei. Aber so gut er auch schaute und so lange sie auch warteten, der schillernde Falter kam nicht zur Stelle. Vielleicht schlief er noch irgendwo. Da vertröstete Koja die Schwester auf den Rückweg und führte sie in den Wald. Schwämmesammelnd rückten sie vor. So kamen sie ins Jungholz und entdeckten ein großes Spinnennetz, das größte, das Agi je geschaut hatte. Es war in Kopfhöhe zwischen den Wipfeln zweier Jungfichten gespannt. Die standen wohl drei Schritte voneinander. Zwischen langen, langen Fäden, die ein Dreieck bildeten, hing das kreisförmige Netz tauschwer nieder. Unzählige Wassertröpflein an all seinen Fäden glitzerten und funkelten in der Sonne, die den Kindern entgegenschien. Da nahm Agi den Bruder bei der Hand und führte ihn um das eine Bäumchen herum, so daß sie die Sonne in den Rücken bekamen. Das tat sie wohl in der Erinnerung daran, was die Großmutter ihnen an den Tautropfen gezeigt hatte. Ein Ah! des Entzückens entfuhr Kojas Lippen. Die Tauperlen an den Strahlfäden und Kreisen des Spinnennetzes erschimmerten in allen Regenbogenfarben wie Schnüre mit aufgefädelten Edelsteinchen. Koja stellte sich auf die Fußspitzen, ging dann in die Kniebeuge, und bei jedem Wippen änderte sich der Schimmer, als zögen farbige Lichtbänder quer durch das Netz. Unwillkürlich faltete er die Hände und staunte und staunte. Da machte ihn Agi auf die Spinne aufmerksam, die zusammengekauert im Kreuzungspunkte der Strahlfäden saß. Sie hatte die Beine fest an den lichtbraunen Leib gezogen, der mit einem weißen Kreuz gezeichnet war. Sie schlief noch. Es flogen ja noch keine Mücken und Fliegen durch die Luft, auch hätten sie sich gewiß nicht gefangen im taufunkelnden Netze. Da versäumte sie nichts. Schwer trennten sich die Kinder von dem Wunderwerk und nahmen ihre Sammeltätigkeit wieder auf. Es gab ja genug Sandpilze im Jungholz, deren gelbe Hüte schlitzrig glänzten. Die Großmutter pflegte solche nicht zu dörren, sondern ihnen die gelbe haut abzuziehen und sie in der Suppe zu kochen oder mit Eiern zuzubereiten, daß sie köstlich schmeckten wie Hirn mit Ei. Als die Geschwister ihren vorjährigen Rastplatz erreichten, fanden sie ihn besetzt. Da saß ein älterer, glattrasierter Herr. Der hatte eine goldene Brille auf der Nase. Neben ihm lag sein Strohhut im verblühten Heidekraut. Freundlich aber flüchtig erwiderte er den Gruß der Kinder und schaute aufmerksam vor sich hin auf den Boden. Die Geschwister erkannten in ihm den alten Lehrer Rozák, den sie in Pardubitz mit der Oberklasse der Mädchenschule gesehen hatten. Sie stellten die Körbe nieder und setzten sich auf die Baumstrünke neben ihn.

Während sie ihre Brote aßen und abwechselnd einen Schluck Kaffee aus der Flasche nahmen, schielten sie zu ihm hinüber, der schweigend und unbeweglich dasaß und unverwandt immer auf denselben Fleck des Bodens starrte, was er nur dort hatte? Sie folgten der Richtung seiner Blicke und fanden nichts Besonderes. Im feinen Sand zwischen den Heidekrautbüschen neben einem Ameisennest waren wohl eine Anzahl trichterförmige Grübchen. Die hatten sie auch im Vorjahre gesehen. Dazwischen liefen Ameisen hin und her. Plötzlich zuckte der alte Herr zusammen, neigte sich vor und rückte die Brille auf der Nase zurecht. Eine Ameise war am Rande eines Grübchens ausgeglitten und in den Trichter gerollt. Aber schon wieder war sie auf und strebte die Böschung empor. Trotzdem der feine Sand unter ihr nachgab, erreichte sie beinahe den Rand. Da flog aus der Tiefe des Trichters ein Hagel von Sandkörnern über sie hinaus. Angeschossen kollerte sie zurück und krümmte sich wie im Schmerze zusammen. Der alte Herr sprang auf, ließ sich vor dem Grübchen auf die Knie nieder und entnahm der Westentasche ein rundes Glas, das in Horn gefaßt war. Das hielt er über das Grübchen und schaute durch. Flugs waren die Kinder bei ihm. Die Hände auf den Boden gestützt, starrten sie ins Grübchen. Da reichte er Agi sein Glas: »Guck mal durch!« Sie fuhr entsetzt zurück und gab es Koja. Was er da vergrößert sah, war schrecklich. Zwei bezahnte Zangen hatten sich mit ihren Spitzen in den Hinterleib der Ameise gebohrt. Diese wand sich hin und her, krümmte sich und biß mit ihren Kiefern ins Leere. Da holte der alte Herr ein blankes, flaches Zänglein aus der Tasche, fuhr damit in die Grube und zog das kleine Raubtier hervor. Es sah aus wie eine flache, borstige Fliege ohne Flügel und am Kopfe hatte es eine lange Zange; die hielt noch immer die Ameise fest. Er legte das Raubtier samt seiner Beute auf ein Erdbeerblatt, entnahm seiner Brusttasche eine weithalsige Flasche mit einer gelblichen Flüssigkeit, entkorkte sie und streifte das Tier mit der Ameise hinein. Es krümmte den Leib auf, bewegte die Zangen, die Ameise entfiel ihm und dann regte es sich nicht mehr. »Und jetzt wollt ihr wissen, was das ist?« wendete er sich an die Kinder. Sie nickten. »Ein Ameisenlöwe ist es, ein ganz junger. Die alten sehen aus wie kleine Wasserjungfern; – ja so, die kennt ihr noch nicht –also wie recht magere Bienen mit dünnen Leibern und großen Flügeln. Und was ihr jetzt gesehen habt, das sieht von tausend Menschen, die im Laufe des Sommers da vorbeikommen, vielleicht nur einer. Die Leute sehen die Grübchen im Sand und denken sich nichts dabei. Aber unsereiner hat davon in den Büchern gelesen; da lauert er so lange, bis er zurechtkommt, wenn so etwas geschieht. »Das ist doch kein Löwe,« wagte Koja einzuwenden, da er aus dem Bilderbuch den Löwen kannte. »Nein, kein wirklicher Löwe, der eine Kuh im Maule davontragen kann. Nur ein Ameisenlöwe. Das Wunderbare an dem Tierchen ist, daß es, kaum aus dem Ei gekrochen, sich schon sein Essen auf so schlaue Weise verschaffen kann. Es gräbt sich in den Sand ein und wirft die Sandkörnlein hinaus, bis ein Grübchen entsteht gleich einem Trichter. Dann lauert es, tief unten verborgen, auf Ameisen und Käfer, die im Vorbeigehen vom Band der Grube hineinstolpern. Ihr habt gesehen, daß die Ameise zuerst Glück gehabt hat. Sie ist beim Hineinfallen dem Räuber nicht vor die Freßzangen gekollert und hat sich beeilt, wieder hinauszukommen. Da hat er ihr Steinchen nachgeworfen, kleine Sandkörner, hat sie richtig getroffen, sie ist wieder hinuntergerollt. Und dann hat er sie gefaßt und wollte sie aussaugen. Die Menschen, müßt ihr wissen, glauben, sie allein wären so gescheit, daß sie sich eine Waffe oder ein Werkzeug machen; die Tiere, meinen sie, könnten das nicht. Und da ist nun so ein kleines Tierchen, vielleicht nur ein paar Tage alt. Die Ameise will ihm davonlaufen. Es wirft ihr Steinchen nach; es schießt nach ihr. Einem menschlichen Kinde fiele das nicht ein und wenn es zwei Jahre alt wäre.«

»Und was geschieht jetzt mit dem Ameisenlöwen?« fragte Kaja und zeigte auf die Flasche. – »Den nehm' ich morgen aus dem Spiritus, wenn er sicher ganz tot ist – jetzt hat er nur einen Rausch –, dann kleb' ich ihn auf ein weißes, steifes Papierblättchen und geb' ihm die Ameise wieder auf die Zangen. Dann steck ich eine Stecknadel durchs Papierblättchen und reih' den Ameisenlöwen in die Sammlung ein.« – »Sammlung? wie ist das?« – »Die Schmetterlinge, die ich in einem Kasten in Reih und Glied geordnet beisammen hab', sind die Schmetterlingssammlung, die Käfer in einem andern Kasten bilden die Käfersammlung. Blumen und Gräser und Zweige von Bäumen, schön zwischen Papier gepreßt und getrocknet, bilden die Pflanzensammlung und die verschiedenen Steine in den Laden, die ich aus dem Riesengebirge und von der Moldau und auch weiterher eingetragen hab', sind meine Steinesammlung.« – »Wozu?« fragte Agi dazwischen. »Zum Anschauen, zum Bewundern, zum Lernen. Ein jedes Tierchen, ein jedes Pflänzchen und ein jeder Stein hat seine Geschichte und ist zu etwas da. Und die Geschichten von den Dingen der Natur kann ich den Kindern erzählen, wenn ich in der Schule vom Leben der Ameisenlöwen erzähle, dann kann ich ihnen einen solchen zeigen.« Agi schaute den Bruder groß an. Der alte Herr fragte die Kinder um ihre Namen. »Das ist mein Bruder Koja und ich bin die Agi Lorent, und unsere Großmutter ist die alte Sonnleitnerin.« Jetzt faßte sich Koja ein Herz und rückte mit der Streitfrage heraus: »Ich hab' einmal einen Schmetterling gesehen, der ist kaffeefarbig, kann aber auch machen, daß er blau ist. Und die Agi glaubt mir nicht und die Großmutter auch nicht.« – »Gibt's das?« fragte Agi. – »Koja hat recht gesehen, der Schmetterling heißt Schillerfalter, weil er verschiedene Farben zeigt, je nachdem, von welcher Seite man ihn anschaut. Aber nicht er selbst macht das, daß er jetzt braun und gleich darauf blau ist. Es kommt uns nur so vor.« – »Ist das so wie bei den Tautropfen?« fragte Agi. »Hat man die Sonne vor sich, haben sie gar keine Farbe, und hat man sie hinter sich, haben sie alle Farben wie der Regenbogen.« »Bist ein kluges Mädel,« nickte der alte Herr, »es ist so ähnlich; nur daß die Schmetterlingsflügel nicht mit Kügelchen, sondern mit feinen Schindelchen bedeckt sind, in denen die Lichtstrahlen spielen.«

Koja bemerkte auf einer Brombeerranke eine Raupe, die er schon oft gesehen hatte, ohne sie besonders beachtet zu haben. Sie war mit schwarzen Haaren bedeckt, welche beim Kriechen glänzende Wellen bildeten. Gleich daneben auf einer wilden Möhre war eine grüne Raupe mit schwarzen Querbändern und roten Punkten eifrig beim Fraße. Koja stieß mit dem Ellenbogen Agi an und zeigte hinüber. Das merkte der alte Herr. »Schaut sie nur gut an, die zwei Raupen, die geben zu denken. Die haarige ist von einem schönen Nachtschmetterling, der ziegelrote Hinterflügel hat, er heißt der braune Bär, weil seine Kinder – ich meine die Raupen – einen dunklen Pelz haben. Die andere ist von einem großen, wunderschön gelben Tagschmetterling, dem Schwalbenschwanz. Er heißt so, weil seine Hinterflügel lange Schwänze haben.« – »Ist das nicht dumm, daß die Raupe einen Pelz hat, jetzt im Sommer?« – »Red' nicht so voreilig,« erwiderte der Lehrer. »Die meisten Vögel machen auf Raupen Jagd, besonders wenn sie Junge im Nest haben. Aber die wenigsten, wie z. B. der Kuckuck, fressen haarige Raupen. So haben die Bärenspinnerraupen wenig Feinde.« »Warum hat dann die andere nicht auch einen Pelz; sie könnt' ihn ja auch brauchen?« fragte Koja und kam sich dabei sehr klug vor. Der Lehrer lächelte. »Bub, wie alt bist du denn, daß du dem Herrgott Rat geben möchtest, wie er's hätt' machen sollen?« – »Sechs Jahre, aber ich geh' schon lange in die Schule.« – »So, so! Na zum Augenaufmachen bist alt genug. Steh auf und geh ein paar Schritt zurück.« Koja folgte. »Siehst du noch beide Raupen?« – Nein, nur die schwarze.« – »Die grüne nicht?« – »Nein!« – »So geht es auch vielen Vögeln; im Vorbeifliegen sehen sie die grüne nicht auf den grünen Blättern; wäre sie einfach grün, so würde sie als einfarbiger Fleck auf den schattigen Rippen der Blätter leicht auffallen; weil sie aber gestreift ist und jeder Streifen nur schmal, wird sie unsichtbar.« – »Aha!« versetzte Koja, dem nun ein Licht aufgegangen war. Dann aber sagte er unvermittelt: »Ich will mir auch eine Sammlung machen.« – »Zum Spaß?« fragte der Lehrer entgegen. »Das laß lieber sein, wenn einer im Spiele Tiere tötet, ist es eine Sünd'. Jedes Tier will leben, wenn ich Tiere töte, damit ich daran lerne und damit ich den Kindern daran was erklären kann, so hat das einen Sinn; mindestens soviel Sinn wie, daß ein Vogel eine Raupe frißt, um sich zu ernähren. Wenn ein Bub Schmetterlinge jagt, tut er unrecht.« – »Ich werde aber Lehrer, wenn ich groß bin.« – »So?« fragte Agi, »das hör ich heut' zum erstenmal.« »Ja,« beharrte der Bub, »ich hab es nicht früher gewußt.« Der Lehrer schmunzelte. Und nun wollte er näheres von den Eltern der Kinder wissen. In wenig Sätzen hatte Agi alles gesagt. Da gab ihr der alte Herr einen Gruß auf an die Großmutter. Die Geschwister verabschiedeten sich und gingen wieder waldeinwärts. Und so lange ihnen die Bäume nicht den alten Herrn verdeckten, winkten sie ihm immer wieder zurück wie einem guten alten Onkel; auch er ließ die Augen nicht von ihnen, bis sie verschwanden. Den Kindern war die Begegnung ein bedeutungsvolles Ereignis.

Im Weitergehen ließen sie die Augen scharf herumgehen, sie suchten den Boden, die Stämme, die Baumkronen und die Luft nach neuen Wundern der Natur ab und es war ihnen, als beherberge der Wald heute viel mehr Blumen, Käfer, Schmetterlinge und anderes Getier als bisher. Da war so vieles, das sie nicht einmal dem Namen nach kannten, was hätte der alte Lehrer von jedem einzelnen zu erzählen gewußt! Einen Segelfalter, der an ihnen vorbeigaukelte, sprachen sie irrtümlich als Schwalbenschwanz an und waren glücklich, den Schmetterling zu kennen, der zur grünen, schwarzgestreiften Raupe gehörte.

Als sie zum Spinnennetz kamen, wäre Koja beinahe mit dem Kopf hineingeraten, wenn ihn Agi nicht zurückgehalten hätte. Es war ja fast unsichtbar. Die Sonne hatte die leuchtenden Wassertröpfchen verflüchtigt. Nur darum war das Netz von Agi bemerkt worden, weil in ihm ein Weißling hing, der es zum großen Teil zerrissen hatte. Jetzt war die Spinne bei ihm. Er baumelte an einem Faden; sie drehte ihn herum und umwickelte seine Flügel, daß er sich nicht rühren konnte.

Die Kinder eilten weiter. Und als sie sich der Königgrätzer Straße näherten, kam ihnen schon Kojas Schillerfalter entgegengeflattert – oder war es ein Nachkomme von ihm? – der setzte sich auf eine gelbe Blume und steckte den langen Rüssel hinein. Jetzt konnte es Agi sehen, daß Koja recht hatte. Der Schmetterling schillerte wirklich braun und blau.

Unweit der Schmiede kam den Kindern die Großmutter entgegen und begann schon von weitem zu schelten: »Wo bleibt ihr so lange? Ich wart' auf die Schwämme. Die sollten doch noch weich werden!«

Statt aller anderen Rechtfertigung rief Agi: »Großmutter, der alte Herr Lehrer Kozák läßt Euch grüßen.« Da wurde die Greisin stille. Nach einem Weilchen sagte sie wie für sich: »Ein guter Mensch, ein lieber Mensch und gescheit.«

Am selben Abend konnte Koja lange nicht einschlafen. Es ging ihm im Kopfe herum, wie schön das sein müßte, alles zu wissen, wie der Herr Lehrer Kozák, und den Kindern alles zu sagen und alles zu zeigen.

Agis regelmäßige Atemzüge verrieten wohl, daß sie schon eingeschlafen war. Aber Koja hing noch immer an dem Gedanken, der ihn nicht schlafen ließ; den mußte er ihr sagen. Er mußte und das gleich. »Agi!« rief er hinüber, »Agi, schläfst du schon?« Keine Antwort. »Agi, gelt du schläfst noch nicht?« – »Was willst du denn?« kam es verschlafen zurück. »Du, Agi, ich muß dir was sagen!« – »So sag's!« Das klang schon ganz wach. – »Wenn ich einmal groß bin – hörst du mich, Agi?« – »Ja, so red nur!« – »Wenn ich einmal groß bin, werd' ich Lehrer, so wie der Herr Lehrer Kozák.« – »Das hast du doch schon im Wald gesagt! Aber jetzt schlaf! Gute Nacht!« – »Und ich mach mir auch eine Sammlung.« – »Ja, das wird schön, aber wenn du groß werden willst, mußt du jetzt brav schlafen, gute Nacht, Koja!« – »Gute Nacht, Agi!«

In des Knaben Seele war ein Zielgedanke wach geworden, der in die Zukunft führte.


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