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Escalus, Kerkermeister, Kupplerin, und Stadtbediente.
Escalus. Geht, führt sie ins Gefängniß.
Kupplerin. Ach, Gnädiger Herr, schonet meiner; Euer Gnaden wird von jedermann für einen so mitleidigen Herrn gehalten! Ach mein gütiger Herr!
Escalus. Doppelt, dreyfach gewarnt werden, und doch immer in dem gleichen Verbrechen fortzufahren – – das könnte die Gnade selbst zum Tyrannen machen.
Kerkermeister. Eine H** Wirthin, die das Handwerk eilf ganzer Jahre hinter einander treibt, mit Euer Gnaden Erlaubniß.
Kupplerin. Gnädiger Herr, das geschieht alles auf Anstiften eines gewissen Lucio; Jungfer Käthchen Legdich wurde schwanger von ihm, in des Herzogs Zeiten; er versprach ihr die Ehe; sein Kind ist auf nächsten Philippi und Jacobi fünf Virtheil Jahr alt; ich hab es selbst unterhalten, und das ist nun der Dank den er mir davor giebt.
Escalus. Dieser Lucio ist ein sehr ausgelassener Bursche; laßt ihn vor uns ruffen. Weg mit ihr ins Gefängniß; fort, fort, keine Worte mehr. (Sie gehen mit der Kupplerin ab.) Kerkermeister, mein Bruder Angelo läßt sich nicht überreden; Claudio muß morgen sterben, versorget ihn mit Geistlichen, und mit allem was er zu seiner Vorbereitung nöthig hat. Wenn mein Mitleiden ihm etwas helfen könnte, sollte es nicht so seyn.
Kerkermeister. Dieser Franciscaner ist bey ihm gewesen, und hat ihn zum Tod vorbereitet.
Escalus. Guten Abend, Vater.
Herzog. Heil und Segen sey mit euch!
Escalus. Woher seyd ihr?
Herzog. Nicht aus diesem Land, ob es mich gleich getroffen hat, eine Zeitlang mich darinn aufzuhalten; ich bin ein Bruder aus einem gesegneten Orden, und vor kurzem mit einem besondern Auftrag von seiner Heiligkeit über das Meer gekommen.
Escalus. Was giebt es Neues in der Welt?
Herzog. Nichts, als eine Neuigkeit die so alt ist als die Welt, und die doch die Neuigkeit jedes Tages ist, daß die Tugend siech und das Laster munter, und daß es leichter ist, das Böse zu strafen als selbst unverwerflich zu seyn. Ich bitte euch, mein Herr, von was für einer Denkungsart war der Herzog?
Escalus. Von einer, die sich nichts angelegner seyn läßt, als sich selbst zu kennen.
Herzog. Was für einem Vergnügen war er ergeben?
Escalus. Wenn er sich über etwas freute, so war es mehr über die Freude andrer Leute, als daß er an irgend etwas, das ihn belustigen wollte, eine sonderliche Lust gehabt hätte. Doch wir wollen ihn seinen Geschäften überlassen, und nur bitten, daß sie glüklich seyn mögen; erlaubet mir euch zu fragen, wie findet ihr den Claudio vorbereitet? Ich höre, daß ihr ihn besucht habt.
Herzog. Er bekennt, daß ihm sein Richter nicht zuviel gethan habe, und ergiebt sich mit gelaßner Demuth in den Willen der Gerechtigkeit; doch hat er Schwachheit genug gehabt, sich allerley betrügliche Hoffnungen zum Leben zu machen, die ich ihm aber so benommen habe, daß er izt entschlossen ist zu sterben.
Escalus. Ihr habt gegen den Himmel und den Gefangnen die Pflichten euers Berufs erfüllt. Ich habe mir für den armen Edelmann so viel Mühe gegeben, als es die Bescheidenheit zuließ; allein ich habe meinen Collegen Angelo so strenge gefunden, daß er mich genöthiget hat ihm zu sagen, er sey in der That die Gerechtigkeit selbst.
Herzog. Wenn sein eignes Leben mit der Strenge seines Richter-Amts übereinstimmt, wird es ihm wohl bekommen; wo nicht, so hat er sich selbst das Urtheil gesprochen.
Escalus. Ich gehe den Gefangnen zu besuchen; lebet wohl.
(Er geht ab.)