William Shakespeare
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William Shakespeare

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Sechste Szene.

Der Kerkermeister, ein Bedienter.

Bedienter. Er giebt nur einer Partey Gehör; er wird gleich kommen: Ich will ihm sagen, daß ihr hier seyd.

Kerkermeister. Ich bitte euch, thut es; ich möchte wissen, was sein Wille ist; vielleicht ihn wieder frey zu lassen – – Ach! Er hat kaum mehr als in einem Traum gesündiget; alle Stände, alle Alter riechen nach diesem Laster – – und er soll dafür sterben.

Angelo zu den Vorigen.

Angelo. Nun, was giebt es, Kerkermeister?

Kerkermeister. Ist es Euer Gnaden Wille, daß Claudio morgen sterben solle?

Angelo. Sagt' ich dir nicht schon, ja? Hast du nicht Befehl? Wozu brauchst du noch einmal zu fragen?

Kerkermeister. Aus Furcht, ich möchte zu rasch seyn. Mit Euer Gnaden Erlaubniß, ich habe den Fall schon erlebt, da der Richter nach der Vollziehung sein Urtheil gerne wiederruffen hätte.

Angelo. Thu du deine Pflicht, und laß das meine Sorge seyn; thu deine Pflicht, oder gieb dein Amt auf; und es soll dir keine Mühe mehr gemacht werden.

Kerkermeister. Ich bitt' unterthänig um Verzeihung, Gnädiger Herr – – Und was soll ich mit der winselnden Juliette anfangen? Sie ist ihrer Entbindung sehr nahe.

Angelo. Bringe sie an einen bequemem Ort, und das unverzüglich.

Der Bediente. Gnädiger Herr, hier ist die Schwester des verurtheilten Manns, und bittet vor Euer Gnaden gelassen zu werden.

Angelo. Hat er eine Schwester?

Kerkermeister. Ja, Gnädiger Herr, eine sehr tugendhafte junge Person, die im Begriff ist eine Klosterfrau zu werden, wenn sie es nicht schon ist.

Angelo. Gut; laß sie herein kommen.

(Bedienter geht ab.)

Sorgt ihr davor, daß die Hure in einen andern Ort gebracht werde; laßt ihr bloß die nothdürftige, und keine überflüssige Unterhaltung geben; es soll Befehl deshalb ertheilt werden.


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