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Freude, Gottes schöne Gabe,
Schmücket rund umher die Flur;
Von der Wiege bis zum Grabe
Lächelt Freude der Natur.
Zu des Schöpfers Heiligthume
Macht die Freude Wald und Au';
Freude blüht in jeder Blume,
Perlt in jedem Tropfen Thau.
Freundlich sinkt die Sonne nieder,
Freude strahlt ihr letzter Blick;
Majestätisch kommt sie wieder,
Bringt die Freude neu zurück.
Freude hauchen warme Düfte
Mit dem Frühling durch das Blut;
Freude wehen kühle Lüfte
In des Sommers hoher Gluth.
Freude ruft nach dem Gewitter
Alles durch das weite Feld;
Freude scherzet um den Schnitter,
Der die schwere Garbe hält.
Freude wirbelt durch die Lauben
Aller Vögel Luftgesang;
Freude blicken Purpurtrauben
An des Hügels Rebengang.
Freude nickt mit vollen Aesten
Uns der Obstbaum freundlich nach;
Freude säuselt in den Westen,
Murmelt in dem Kieselbach.
Freude blitzet nach dem Sturme
Selbst des Winters Angesicht,
Wenn die Dohle von dem Thurme
Traulich mit der Elster spricht.
Freude jagt den Schwarm der Knaben
Auf dem Teich im raschen Lauf,
Und als Freunde ziehn die Raben
Ernst zum Fest mit ab und auf.
Freude treibt das muntre Mädchen,
Wenn der Sand im Glase sinkt,
Von der Nadel und dem Rädchen
Zu der Freundin, die ihr winkt.
Freude hallet von der Tenne,
Wenn der Schnee im Hofe flockt
Und die Wirthin Hahn und Henne
Vor der Thür zum Futter lockt.
Freudig hüpft der Wiegenknabe
In dem Arm der Wärterin;
Freudig sieht der Greis am Stabe
Auf die kleinen Enkel hin.
Freude macht den guten Alten,
Wenn die Schwätzer seine Knie
Ungestüm umschlungen halten,
Selber wieder jung wie sie.
Freude, Gottes schöne Gabe,
Schmücket rund umher die Flur,
Von der Wiege bis zum Grabe
Lächelt Freude der Natur.
Alles durch die ganze Natur zeigt uns, daß der Mensch zur Glückseligkeit, zur Freude geschaffen ist. Die Sinne fühlen es, die Vernunft ruft es in uns, und die Religion bestätiget es mit ihrem heiligen Ausspruch. Alles, was ist, soll glücklich sein, soll Freude haben, so viel es genießen kann. Gott ist unser Vater, der Vater will seinen Kindern nur Wohlthaten geben. Gott ist die Liebe; die Liebe theilt nur Freuden aus. Die reinsten, unschuldigsten, wohlthätigsten und dauerhaftesten Freuden sind die Freuden der Natur. Diese können wir auf dem Lande vorzüglich reichlich genießen. Jede Jahrszeit wechselt mit eigenen Geschenken, jede bietet ihren eigenen Genuß dar. Im Frühling ist die Erde ein Blumenteppich und die Luft ein Balsamhauch; Alles wacht und lebt und wirkt von Neuem. Wer sich da nicht freuen kann, muß sehr unglücklich sein. Der Sommer giebt mit dem Heu und Getreide allerlei herrliche erfrischende Früchte, und seine Arbeiten sind mit tausend Annehmlichkeiten durchwebt für Alle, die sie genießen können. Der Herbst ist ein Segensbringer an Obst und Wein, reichlicher oder sparsamer und oft in solchem Ueberfluß, daß wir aus Leichtsinn den Reichthum nicht mehr achten. Jeder Ort und jede Gegend giebt ihre eigenen Schätze, wenn der Fleiß der Menschen sie nur bauen und sammeln will. Die Hügel geben Trauben, die Thäler Obst und Erdfrüchte aller Art. Der Winter ist die Ruhe des Jahres, aber dennoch reich an Freuden für Jeden, der die übrigen Jahrszeiten that, was er thun sollte, und des Winters nicht vergaß. Der Winter belebt die ganze Natur von Neuem; er giebt Stärke und Kraft und Munterkeit und Thätigkeit zum kommenden Jahre. Wäre das Jahr ein beständiges Einerlei, so würden uns bald Ueberdruß und vielleicht Ekel im Genusse stören. Aber der gütige Vater der Natur hat in seinen Geschenken die wohlthätigste Abwechselung. Alles kommt und geht und kommt wieder in seiner Reihe, mit immer neuer Verschönerung durch die wohlthätige Wirkung des Himmels und unsern eigenen Fleiß. Zur Freude ruft uns also Alles, was wir hören, winkt uns Alles, was wir sehen. Der wäre höchst undankbar gegen den Himmel, der sein Herz der Freude verschließen wollte. So wie ein froher, glücklicher Vater nichts lieber sieht, als wenn seine ganze Familie um ihn her versammelt sich freuet, so blickt Gott gewiß mit dem größten Wohlgefallen auf alle seine Geschöpfe herab, wenn alle mit froher, dankbarer Seele das Glück genießen, zu welchem er sie geschaffen hat. Aber unsere Freude muß menschlich, muß vernünftig und mäßig sein. Wer nur die Sättigung und den Rausch der Sinne kennet und darin seinen ganzen Genuß setzet, ist noch nicht der hohen Vorzüge werth, die ihm der Himmel gegeben hat. Die Sinne dürfen die Freude mit genießen; denn der Himmel hat sie uns auch gegeben, indem er uns zu Menschen schuf; aber die vernünftige Seele muß beständig am Ruder sitzen, um Alles zu ordnen und zu sichern, damit die Sinnlichkeit nicht den Meister spiele und allen Genuß für Gegenwart und Zukunft verderbe, anstatt ihn zu erhöhen. Die Freude wird wol zuweilen laut, bricht wol in ihrem Strome des Frohsinns in Gesang aus. Niemand darf und wird das tadeln, wenn er auch nicht selbst immer mit einstimmen kann. Aber wenn die Lust zu ausgelassener Wildheit, der fröhliche Gesang zum widerlichen, übertosenden Lärm wird, so verschwindet das schöne Geschenk des Himmels, die Freude, und es tritt oft Verdruß an ihre Stelle. Wer in seinem Genusse Sittsamkeit, Mäßigkeit und vernünftige Besinnung vergißt, ist jeder ordentlichen Gesellschaft eine Schande, und man schämt sich seiner mit Recht und sucht ihn zu vermeiden, wenn man ihn nicht bessern kann. Ein muthwilliger Freudestörer ist nie ein guter Mensch, und Derjenige muß gewiß sehr unglücklich oder sehr böse sein, dem eine unschuldig frohe Gesellschaft nicht Theilnahme an ihrem Vergnügen einflößt. Wer frohen Sinn hat, suche diesen frohen Sinn zu erhalten. Mit Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, Fleiß und Erfüllung aller seiner Pflichten ist man beständig zufrieden, und die Heiterkeit verläßt nie ganz. Jede Lebenszeit sowie jede Jahrszeit hat ihre eigenen Freuden. Das Kind, der Knabe, der Jüngling, der Mann, der Greis haben sie; und wohl dem Alten, der noch mit grauem Haupte Antheil an den Freuden der Jugend nehmen und sie durch ernste Zurechtweisung ordnen und befördern kann! Der wahren, reinen Natur darf sich Niemand schämen. Wer den Geschmack daran verloren hat, der ist schon fast für die Welt, für seine Freunde und für sich selbst verloren. Wenn man einen recht unglücklichen Mann nennen will, so sagt man wol: »Er hat alle Freude verloren.« Möchte unter unsern guten Bekannten kein einziger solcher sein, und wenn je einer ist, so wollen wir mit brüderlicher Theilnahme durch jedes Mittel ihn zu erheitern suchen. »Er lernt sich wieder freuen«, sprechen wir, wenn wir die sichere schöne Hoffnung der Genesung von einem Kranken geben wollen, er leide an der Seele oder am Körper. Der Himmel mag Denen verzeihen, welchen es ein Vergnügen ist, die Freuden der Menschen zu zerstören; wir wollen sie bedauern.