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Das Völklein der Ssere hat sich weit und breit um Dem-Adlan herum besonders dicht angesiedelt. In ihrer äußern Erscheinung erinnern die Ssere auffallend an die Niamniam, nur tätowieren sie sich nicht. Ursprünglich ein den benachbarten Niamniamfürsten unterworfener Sklavenstamm, sind sie erst in neuester Zeit nach Norden ausgewandert, wahrscheinlich verlockt durch die Entvölkerung des Landes infolge des Sklavenraubes. Zahlreiche Ssere sind indes unter den Niamniam zurückgeblieben. Viele Ihrer Einrichtungen sind völlig den Niamniamsitten angepaßt; sie haben sich aber ihre eigne Sprache erhalten. Es ist eine kräftige, wohlgestaltete Rasse. Ihre sorgfältig gebauten Hütten verraten, daß sie auf den Besitz Wert zu legen wissen. Am eigentümlichsten nahmen sich die kleinen Kornspeicher der Ssere aus. Der becherförmige aus Ton geformte Sammelraum, der oft kunstvoll mit Gesimsen und stufenweise übereinanderfolgenden Ringleisten und Hohlkehlen verziert ist, ruht stets auf einem einzigen hohen Pfahl, so daß man am Stamm hinaufklettern muß, um das deckelartig überhängende Strohdach abheben zu können.
Die schon erwähnte Vorliebe für Grashalme, die durch die vielfältig durchbohrten Nasenflügel gesteckt werden, kennzeichnet auch die Ssereweiber; selbst Männer folgen Ihrem Beispiel. Manche Weiber hatten durch die Unterlippe einen langen Bleistab gesteckt, der mehrere Zentimeter lang herunterbaumelte.
Die Jagd in den benachbarten Wildnissen muß sehr ergiebig sein. Nirgends fand ich derartige Massen von Jagdtrophäen angehäuft wie in den Weilern der Ssere. Sie errichten aus gegenseitig sich stützenden Baumästen hohe Gestelle, um daran Hunderte von Büffelhörnern und Schädeln zu befestigen. Man trifft diese fast vor jeder Hütte. Sehr häufig waren auch die Hornkronen verschiedener Antilopenarten, dann Schädel von Warzenschweinen und Pavianen, selbst Löwenschädel fehlten nicht.
Von Dem-Adlan ging es nach Osten zum Bongoland zurück, drei Tage lang durch eine böse wasserarme Wildnis. Der Pongofluß bildet fast genau die Grenze zwischen quellreichem und quellosem Gelände. Die letzten Hütten mit dem letzten Wasser waren bereits sieben Kilometer hinter dem Pongo erreicht. Weiterhin konnten vereinzelte Wasserlachen immer nur nach langem Suchen ausfindig gemacht werden, um Trinkwasser zu gewinnen.
Die erste Strecke in der Wildnis führte ununterbrochen durch Wald, ohne einen einzigen Wasserzug. Nach vielem Suchen fand man eine Pfütze, aus der behutsam die Oberfläche abgeschöpft werden mußte, wollte man überhaupt ein wenig Wasser erhalten. Es war ein ekelhafter Suhlplatz von wilden Büffeln und Ebern, voll von den Losungen dieser Tiere, ein Gemisch von Sumpfmoder und ammoniakhaltigem Wasser. Man ließ die Schlammasse durch Tücher laufen; durch Kochen verlor sich ihr scharfer Geruch. Erst fünf Kilometer weiter stießen wir auf einen von dichtem Buschwerk umstandenen Wasserlauf mit ziemlich klarem Wasser. Eine obdachlose, andauernd regnerische Nacht machte nach den vorangegangenen heftigen Regengüssen das Maß meines Elends auf dieser an Entbehrungen aller Art überreichen Reise voll. Da alle Versuche, ein Lagerfeuer anzuzünden, mißlangen, mußte ich am folgenden Morgen, halb erstarrt und immer noch im Regen, den jetzt schlüpfrig gewordenen Weg fortsetzen.
Nirgends aber habe ich ein so lustiges Völklein kennen gelernt wie die Ssere, die mir als Träger beigegeben waren, und die mich aufheiterten. Kein Mißgeschick, keine Müdigkeit, weder Hunger noch Durst vermochten etwas über den unverwüstlichen Humor dieser Neger. Wurde unterwegs gerastet, so begann das Scherzen erst recht. Sie spielten miteinander wie ausgelassene Kinder. Bald stellte der eine oder der andere ein wildes Tier vor, das die übrigen jagten, bald neckten sie sich mit allerhand Schabernack. Besonders belustigend war die Darstellung der Schildkröte, deren unbeholfene Bewegungen sie auf allen Vieren nachahmten. Derart vergnügten sich die Ssere mit leerem Magen. »Wenn wir Hunger haben,« so sprachen sie, »dann singen wir, um ihn zu vergessen.«
Die folgende Woche verlief ohne Zwischenfälle, und am 19. Februar begrüßte ich nach neunundvierzigtägiger Abwesenheit und einer Wanderung von 876000 Schritten wieder meinen alten Freund Chalil, der mich und die Meinigen in schönen neuen Hütten unterbrachte.