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Sechzehntes Kapitel.

Seitab vom Wege, in der Stube eines kleinen ostfriesischen Hauses, lag Domine Torbeekens große Bilderbibel mit dem Augenglase darüber noch manches Jahr auf dem verschlossenen Deckel des spindelbeinigen Fortepianos. Die letzte Seite der vorgehefteten Familienchronik trug drei Aufzeichnungen, zum Gedenken für Kind und Kindeskind.

Zuerst ein Ausschnitt aus dem » Journal du Département des Bouches du Wésèr« vom Sonntag den 28. März 1813:

 

»Bremen, den 26. März.

Soeben erhalten wir die befriedigendsten Nachrichten von der unteren Weser.

Zwei mobile Kolonnen waren nach den Batterien von Blexen und Karlstadt abgeschickt, die von Küstenkanonieren, welche mit ihrer Bewachung beauftragt waren, den insurgierten Bauern niederträchtigerweise übergeben waren.

Die Engländer waren herbeigekommen und hatten Besitz von diesen Batterien genommen.

Die nach Bremerlehe abmarschierte Kolonne traf gestern gegen n Uhr auf den Feind, warf ihn, ungeachtet seiner Übermacht, und nahm ihm nach und nach diese kleine Stadt und das Fort Karlstadt weg.

Die Resultate dieser Affaire sind:

19 Engländer und ein Offizier getötet;

14 Engländer und ihr Kommandant gefangen;

2 Fahnen und 2 englische Kanonen erbeutet;

150 Bauern getötet;

80 erschossen, weil sie die Waffen getragen haben;

12 Küstenkanoniere oder Deserteurs von der siebenten Kohorte, die im Fort gefunden wurden, erschossen.

Die Kolonne hat darauf die Flüchtlinge verfolgt; alle diejenigen, welche mit den Waffen in der Hand ergriffen werden, werden sogleich eine gerechte Züchtigung für ihre strafbare Verwegenheit erhalten.

Man hat noch keinen Bericht von der links marschierten Kolonne erhalten, aber man weiß schon, daß nach einem lebhaften Gewehrfeuer die englische Flagge, die auf der Batterie von Blexen wehte, eingezogen ist.

Die Braven vom 152. Linienregiment haben die Kaltblütigkeit und Bravour der ältesten Truppen gezeigt. Sie haben den Tod vier ihrer Waffenbrüder zu bedauern. Sechs andre sind verwundet worden.«

† »Mit den Insurgenten fiel für die deutsche Sache mein Schwiegersohn: des Predigeramtes Verweser zu Sankt Jürgen im Jürgenslande, Leberecht Claudius.«


Darunter:

† »Am 17. Junius 1813 ist mein Sohn Volkmar Torbeeken beim Lützowschen Freikorps im Gefechte zu Kitzen geblieben.«

» Dulce et decorum est pro patria mori.«


Und zum Schluß:

»Am 26. September 1813 gab meine verwitwete Tochter, Christine Claudius, ihrem vaterlosen Sohne das Leben. Er ist auf die Namen: ›Leberecht Ferdinand‹ getauft worden.«

»Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse Sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig, der Herr hebe Sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

Dir, mein liebes Enkelkind, und uns allen im deutschen Vaterlands. Amen.«


»Weißt du: ich kann auch schon Kreuze malen, Großvater!« sagte triumphierend der stämmige, kleine Knabe, der, dem alten Manne gegenüber, auf dem Schoße seiner jungen Mutter saß und mit spitzen Fingerchen die Blätter der schweren Bilderbibel umwendete. – Denn es war Sonntagabend, und draußen über den Feldern stand der Himmel in Rosen.


Die Zeit der Not lag seit vier Jahren dahinten.



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