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Gleich nach genommenem Abschied von seinem Freunde eilte der Prinz von Gaure nach Brüssel zurück, um an dem Hof der Regentin die Belohnung für seine Standhaftigkeit in Empfang zu nehmen und dort im Hofgewühl und im Sonnenscheine seines Glücks die wenigen Wolken zu zerstreuen, die Oraniens ernste Warnung über sein Gemüth gezogen hatte. Die Flucht des letztern überließ ihm allein jetzt den Schauplatz. Jetzt hatte er in der Republik keinen Nebenbuhler mehr, der seinen Ruhm verdunkelte. Mit gedoppeltem Eifer fuhr er nunmehr fort, um eine hinfällige Fürstengunst zu buhlen, über die er doch so weit erhaben war. Ganz Brüssel mußte seine Freude mit ihm theilen. Er stellte prächtige Gastmähler und öffentliche Feste an, denen die Regentin selbst öfters beiwohnte, um jede Spur des Mißtrauens aus seiner Seele zu vertilgen. Nicht zufrieden, den verlangten Eid abgelegt zu haben, that er es den Andächtigsten an Andacht, an Eifer den Eifrigsten zuvor, den protestantischen Glauben zu vertilgen und die widerspänstigen Städte Flanderns durch die Waffen zu unterwerfen. Dem Grafen von Hoogstraaten, seinem alten Freund, wie auch dem ganzen Ueberrest der Geusen kündigte er auf ewig seine Freundschaft auf, wenn sie sich länger bedenken würden, in den Schooß der Kirche zurückzutreten und sich mit ihrem König zu versöhnen. Alle vertrauten Briefe, welche beide Theile von einander in Händen hatten, wurden ausgewechselt und der Bruch zwischen beiden durch diesen letzten Schritt unheilbar und öffentlich gemacht. Egmonts Abfall und die Flucht des Prinzen von Oranien zerstörte die letzte Hoffnung der Protestanten und löste den ganzen Geusenbund auf. Einer drängte sich dem Andern an Bereitwilligkeit, an Ungeduld vor, den Compromiß abzuschwören und den neuen Eid zu leisten, den man ihm vorlegte. Vergebens schrieen die protestantischen Kaufleute über diese Wortbrüchigkeit des Adels; ihre schwache Stimme wurde nicht mehr gehört, und verloren waren alle Summen, die sie an das Unternehmen des Bundes gewendet hatten.Strada 184. Burgund. 472.
Die wichtigsten Plätze waren unterworfen und hatten Besatzung; die Aufrührer flohen, oder starben durch des Henkers Hand; in den Provinzen war kein Retter mehr vorhanden, alles wich dem Glück der Regentin, und ihr siegreiches Heer war im Anzug gegen Antwerpen. Nach einem schweren hartnäckigen Kampfe hatte sich endlich diese Stadt von den schlimmsten Köpfen gereinigt; Hermann und sein Anhang waren entflohen; ihre innern Stürme hatten ausgetobt. Die Gemüther fingen allmählich an, sich zu sammeln und, von keinem wüthenden Schwärmer mehr verhetzt, bessern Rathschlägen Raum zu geben. Der wohlhabende Bürger sehnte sich ernstlich nach Frieden, um den Handel und die Gewerbe wieder aufleben zu sehen, die durch die lange Anarchie schwer gelitten hatten. Albas gefürchtete Annäherung wirkte Wunder; um den Drangsalen zuvorzukommen, die eine spanische Armee über das Land verhängen würde, eilte man, in die gelinde Hand der Herzogin zu fallen. Von freien Stücken sandte man Bevollmächtigte nach Brüssel, ihr den Vergleich anzutragen und ihre Bedingungen zu hören. So angenehm die Regentin von diesem freiwilligen Schritt überrascht wurde, so wenig ließ sie sich von ihrer Freude übereilen. Sie erklärte, daß sie von nichts hören könne, noch wolle, bevor die Stadt Besatzung eingenommen hätte. Auch dieses fand keinen Widerspruch mehr, und der Graf von Mansfeld zog den Tag darauf mit sechzehn Fahnen in Schlachtordnung ein. Jetzt wurde ein feierlicher Vertrag zwischen der Stadt und der Herzogin errichtet, durch welchen jene sich anheischig machte, den reformierten Gottesdienst ganz aufzuheben, alle Prediger dieser Kirche zu verbannen, die römisch-katholische Religion in ihre vorige Würde wieder einzusetzen, die verwüsteten Kirchen in ihrem ganzen Schmuck wieder herzustellen, die alten Edikte wie vorher zu handhaben, den neuen Eid, den die andern Städte geschworen, gleichfalls zu leisten und Alle, welche die Majestät des Königs beleidigt, die Waffen ergriffen und an Entweihung der Kirchen Antheil gehabt, in die Hände der Gerechtigkeit zu liefern. Dagegen machte sich die Regentin verbindlich, alles Vergangene zu vergessen und für die Verbrecher selbst bei dem Könige fürzubitten. Allen Denen, welche, ihrer Begnadigung ungewiß, die Verbannung vorziehen würden, sollte ein Monat bewilligt sein, ihr Vermögen in Geld zu verwandeln und ihre Personen in Sicherheit zu bringen; doch mit Ausschließung aller Derer, welche etwas Verdammliches gethan und durch das Vorige schon von selbst ausgenommen wären. Gleich nach Abschließung dieses Vertrags wurde allen reformierten und lutherischen Predigern in Antwerpen und dem ganzen umliegenden Gebiet durch den Herold verkündigt, innerhalb einundzwanzig Stunden das Land zu räumen. Alle Straßen, alle Thore waren jetzt von Flüchtlingen vollgedrängt, die ihrem Gott zu Ehren ihr Liebstes verließen und für ihren verfolgten Glauben einen glücklichern Himmelsstrich suchten. Dort nahmen Männer von ihren Weibern, Väter von ihren Kindern ein ewiges Lebewohl; hier führten sie sie mit sich von dannen. Ganz Antwerpen glich einem Trauerhause; wo man hin blickte, bot sich ein rührendes Schauspiel der schmerzlichsten Trennung dar. Alle protestantischen Kirchen waren versiegelt, die ganze Religion war nicht mehr. Der zehnte April (1567) war der Tag, wo ihre Prediger auszogen. Als sie sich noch einmal im Stadthause zeigten, um sich bei dem Magistrat zu beurlauben, widerstunden sie ihren Thränen nicht mehr und ergossen sich in die bittersten Klagen. Man habe sie aufgeopfert, schrieen sie, liederlich habe man sie verlassen. Aber eine Zeit werde kommen, wo Antwerpen schwer genug für diese Niederträchtigkeit büßen würde. Am bittersten beschwerten sich die lutherischen Geistlichen, die der Magistrat selbst in das Land gerufen, um gegen die Calvinisten zu predigen. Unter der falschen Vorspiegelung, daß der König ihrer Religion nicht ungewogen sei, hatte man sie in ein Bündniß wider die Calvinisten verflochten und letztere durch ihre Beihilfe unterdrückt; jetzt, da man ihrer nicht mehr bedurfte, ließ man beide in einem gemeinschaftlichen Schicksal ihre Thorheit beweinen.Meurs. 33. 34. Thuan. 527. Reidan. 5. Strada 187. 188. Meteren 99. 100. Burgund. 477. 478.
Wenige Tage darauf hielt die Regentin einen prangenden Einzug in Antwerpen, von tausend wallonischen Reitern, von allen Rittern des goldenen Vließes, allen Statthaltern und Räthen, von ihrem ganzen Hof und einer großen Menge obrigkeitlicher Personen begleitet, mit dem ganzen Pomp einer Siegerin. Ihr erster Besuch war in der Kathedralkirche, die von der Bilderstürmerei noch überall klägliche Spuren trug und ihrer Andacht die bittersten Thränen kostete. Gleich darauf werden auf öffentlichem Markte vier Rebellen hingerichtet, die man auf der Flucht eingeholt hatte. Alle Kinder, welche die Taufe auf protestantische Weise empfangen, müssen sie von katholischen Priestern noch einmal erhalten; alle Schulen der Ketzer werden aufgehoben, alle ihre Kirchen dem Erdboden gleich gemacht. Beinahe alle niederländischen Städte folgten dem Beispiele von Antwerpen, und aus allen mußten die protestantischen Prediger entweichen. Mit Ende des Aprils waren alle katholischen Kirchen wieder herrlicher als jemals geschmückt, alle protestantischen Gotteshäuser niedergerissen und jeder fremde Gottesdienst bis auf die geringste Spur aus allen siebenzehn Provinzen vertrieben. Der gemeine Haufe, der in seiner Neigung gewöhnlich dem Glücke folgt, zeigte sich jetzt eben so geschäftig, den Fall der Unglücklichen zu beschleunigen, als er kurz vorher wüthend für sie gestritten hatte; ein schönes Gotteshaus, das die Calvinisten in Gent errichtet, verschwand in weniger als einer Stunde. Aus den Balken der abgebrochenen Kirchen wurden Galgen für Diejenigen erbaut, die sich an den katholischen Kirchen vergriffen hatten. Alle Hochgerichte waren von Leichnamen, alle Kerker von Todesopfern, alle Landstraßen von Flüchtlingen angefüllt. Keine Stadt war so klein, worin in diesem mörderischen Jahre nicht zwischen fünfzig und dreihundert wären zum Tode geführt worden, diejenigen nicht einmal gerechnet, welche auf offnem Lande den Drossaarten in Hände fielen und als Raubgesindel ohne Schonung und ohne weiteres Verhör sogleich aufgeknüpft wurden.Thuan. 529. Strada 178. Meteren 99. 100. Burgund. 482. 483.
Die Regentin war noch in Antwerpen, als aus Brandenburg, Sachsen, Hessen, Württemberg und Baden Gesandte sich meldeten, welche für ihre flüchtigen Glaubensbrüder eine Fürbitte bei ihr einzulegen kamen. Die verjagten Prediger der Augsburgischen Confession hatten den Religionsfrieden der Deutschen reklamiert, dessen auch Brabant als ein Reichsstand theilhaftig wäre, und sich in den Schutz dieser Fürsten begeben. Die Erscheinung der fremden Minister beunruhigte die Regentin, und vergeblich suchte sie ihren Eintritt in die Stadt zu verhüten; doch gelang es ihr, sie unter dem Schein von Ehrenbezeugungen so scharf bewachen zu lassen, daß für die Ruhe der Stadt nichts von ihnen zu befürchten war. Aus dem hohen Tone, den sie so sehr zur Unzeit gegen die Herzogin annahmen, möchte man beinahe schließen, daß es ihnen mit ihrer Forderung wenig Ernst gewesen sei. Billig, sagten sie, sollte das Augsburgische Bekenntniß, als das einzige, welches den Sinn des Evangeliums erreiche, in den Niederlanden das herrschende sein; aber äußerst unnatürlich und unerlaubt sei es, die Anhänger desselben durch so grausame Edikte zu verfolgen. Man ersuche also die Regentin im Namen der Religion, die ihr anvertrauten Völker nicht mit solcher Härte zu behandeln. Ein Eingang von dieser Art, antwortete diese durch den Mund ihres deutschen Ministers, des Grafen von Starhemberg, verdiene gar keine Antwort. Aus dem Antheil, welchen die deutschen Fürsten an den niederländischen Flüchtlingen genommen, sei es klar, daß sie den Briefen Sr. Majestät, worin der Aufschluß über sein Verfahren enthalten sei, weit weniger Glauben schenkten, als dem Anbringen einiger Nichtswürdigen, die ihrer Thaten Gedächtniß in so vielen zerstörten Kirchen gestiftet. Sie möchten es dem König in Spanien überlassen, das Beste seiner Völker zu besorgen, und der unrühmlichen Mühe entsagen, den Geist der Unruhen in fremden Ländern zu nähren. Die Gesandten verließen Antwerpen in wenigen Tagen wieder, ohne etwas ausgerichtet zu haben; nur der sächsische Minister that der Regentin ingeheim die Erklärung, daß sich sein Herr diesem Schritt aus Zwang unterzogen und dem österreichischen Hause aufrichtig zugethan sei.Strada 188. Burgund. 487–489. Die deutschen Gesandten hatten Antwerpen noch nicht verlassen, als eine Nachricht aus Holland den Triumph der Regentin vollkommen machte
Der Graf von Brederode hatte seine Stadt Viane und alle seine neuen Festungswerke, aus Furcht vor dem Grafen von Megen, im Stiche gelassen und sich mit Hilfe der Unkatholischen in die Stadt Amsterdam geworfen, wo seine Gegenwart den Magistrat, der kaum vorher einen innern Aufstand mit Mühe gestillt hatte, äußerst beunruhigte, den Muth der Protestanten aber aufs neue belebte. Täglich vergrößerte sich hier sein Anhang, und aus Utrecht, Friesland und Gröningen strömten ihm viele Edelleute zu, welche Megens und Arembergs siegreiche Waffen von dort verjagt hatten. Unter allerlei Verkleidung fanden sie Mittel, sich in die Stadt anzuschleichen, wo sie sich um die Person ihres Anführers versammelten und ihm zu einer starken Leibwache dienten. Die Oberstatthalterin, vor einem neuen Aufstande in Sorgen, sandte deßwegen einen ihrer geheimen Sekretäre, Jakob de la Torre, an den Rath von Amsterdam und ließ ihm befehlen, sich, auf welche Art es auch sei, des Grafen von Brederode zu entledigen. Weder der Magistrat, noch de la Torre selbst, der ihm in Person den Willen der Herzogin kund machte, vermochten etwas bei ihm auszurichten; letzterer wurde sogar von einigen Edelleuten aus Brederodes Gefolge in seinem Zimmer überfallen und alle seine Briefschaften ihm entrissen. Vielleicht wäre es sogar um sein Leben selbst geschehen gewesen, wenn er nicht Mittel gefunden hätte, eilig aus ihren Händen zu entwischen. Noch einen ganzen Monat nach diesem Vorfall hing Brederode, ein ohnmächtiges Idol der Protestanten und eine Last der Katholiken, in Amsterdam, ohne viel mehr zu thun, als seine Wirthsrechnung zu vergrößern; während dem daß sein in Viane zurückgelassenes braves Heer, durch viele Flüchtlinge ans den mittäglichen Provinzen verstärkt, dem Grafen von Megen genug zu thun gab, um ihn zu hindern, die Protestanten auf ihrer Flucht zu beunruhigen. Endlich entschließt sich auch Brederode, nach dem Beispiel Oraniens, der Notwendigkeit zu weichen und eine Sache aufzugeben, die nicht mehr zu retten war. Er entdeckte dem Stadtrath seinen Wunsch, Amsterdam zu verlassen, wenn man ihn durch den Vorschuß einer mäßigen Summe dazu in den Stand setzen wolle. Um seiner los zu werden, eilte man, ihm dieses Geld zu schaffen, und einige Bankiers streckten es auf Bürgschaft des Stadtraths vor. Er verließ dann noch in derselben Nacht Amsterdam und wurde von einem mit Geschütz versehenen Fahrzeuge bis in das Vlie geleitet, von wo aus er glücklich nach Emden entkam. Das Schicksal behandelte ihn gelinder, als den größten Theil Derer, die er in sein tollkühnes Unternehmen verwickelt hatte; er starb das Jahr nachher, 1568, auf einem seiner Schlösser in Deutschland an den Folgen einer Völlerei, worauf er zuletzt soll gefallen sein, um seinen Gram zu zerstreuen. Ein schöneres Loos fiel seiner Wittwe, einer geborgen Gräfin von Mörs, welche Friedrich der Dritte, Kurfürst von der Pfalz, zu seiner Gemahlin machte. Die Sache der Protestanten verlor durch Brederodes Hintritt nur wenig; das Werk, das er angefangen, starb nicht mit ihm, so wie es auch nicht durch ihn gelebt hatte.Meteren 100. Vigl. Vit. N. CV. A. G. d. v. N. 104.
Das kleine Heer, das er durch seine schimpfliche Flucht sich selbst überließ, war muthig und tapfer und hatte einige entschlossene Anführer. Es war entlassen, sobald Derjenige floh, der es zu bezahlen hatte; aber sein guter Muth und der Hunger hielt es noch eine Zeitlang beisammen. Einige rückten, unter Anführung Dietrichs von Battenburg, vor Amsterdam, in Hoffnung, diese Stadt zu berennen; aber der Graf von Megen, der mit dreizehn Fahnen vortrefflicher Truppen zum Entsatz herbeieilte, nöthigte sie, diesem Anschlag zu entsagen. Sie begnügten sich damit, die umliegenden Klöster zu plündern, wobei besonders die Abtei zu Egmont sehr hart mitgenommen wurde, und brachen alsdann nach Waaterland auf, wo sie sich, der vielen Sümpfe wegen, vor weitern Verfolgungen sicher glaubten. Aber auch dahin folgte ihnen Graf von Megen und nöthigte sie, ihre Rettung eilig auf der Südersee zu suchen. Die Gebrüder von Battenburg, nebst einigen friesischen Edelleuten, Beima und Galama, warfen sich mit hundert und zwanzig Soldaten und der in den Klöstern gemachten Beute bei der Stadt Hoorn auf ein Schiff, um nach Friesland überzusetzen, fielen aber durch die Treulosigkeit des Steuermanns, der das Schiff bei Harlingen auf eine Sandbank führte, einem Arembergischen Hauptmann in die Hände, der alle lebendig gefangen bekam. Dem gemeinen Volke unter der Mannschaft wurde durch den Grafen von Aremberg sogleich das Urtheil gesprochen; die dabei befindlichen Edelleute schickte er der Regentin zu, welche sieben von ihnen enthaupten ließ. Sieben andere von dem edelsten Geblüt, unter denen die Gebrüder Battenburg und einige Friesen sich befanden, alle noch in der Blüthe der Jugend, wurden dem Herzog von Alba aufgespart, um den Antritt seiner Verwaltung sogleich durch eine That verherrlichen zu können, die seiner würdig wäre. Glücklicher waren die vier übrigen Schiffe, die von Medemblick unter Segel gegangen und durch den Grafen von Megen in kleinen Fahrzeugen verfolgt wurden. Ein widriger Wind hatte sie von ihrer Fahrt verschlagen und an die Küste von Geldern getrieben, wo sie wohlbehalten ans Land stiegen; sie gingen bei Heusen über den Rhein und entkamen glücklich ins Clevische, wo sie ihre Fahnen zerrissen und auseinander gingen. Einige Geschwader, die sich über der Plünderung der Klöster verspätet hatten, ereilte der Graf von Megen in Nord-Holland und bekam sie gänzlich in seine Gewalt, vereinigte sich darauf mit Noircarmes und gab Amsterdam Besatzung. Drei Fahnen Kriegsvolk, den letzten Ueberrest der geusischen Armee, überfiel Herzog Erich von Braunschweig bei Viane, wo sie sich einer Schanze bemächtigen wollten, schlug sie aufs Haupt und bekam ihren Anführer Rennesse gefangen, der bald nachher auf dem Schlosse Freudenburg in Utrecht enthauptet ward. Als darauf Herzog Erich in Viane einrückte, fand er nichts mehr, als todte Straßen und eine menschenleere Stadt; Einwohner und Besatzung hatten sie im ersten Schrecken verlassen. Er ließ sogleich die Festungswerke schleifen, Mauern und Thore abbrechen und machte diesen Waffenplatz der Geusen zum Dorfe.Meteren 100. 101. Thuan. 530. Burgund. 490–492. Strada 189. Meurs 31. Vigl. ad Hopper. Epistol. 34. A. G. d. v. N. 105. Die ersten Stifter des Bundes hatten sich auseinander verloren; Brederode und Ludwig von Nassau waren nach Deutschland geflohen und die Grafen von Hoogstraaten, Bergen und Kuilemburg ihrem Beispiel gefolgt; Mansfeld war abgefallen; die Gebrüder Battenburg erwarteten im Gefängnisse ein schimpfliches Schicksal, und Thoulouse hatte einen ehrenvollen Tod auf dem Schlachtfelde gefunden. Welche von den Verbundenen dem Schwert des Feindes und des Henkers entronnen waren, hatten auch nichts als ihr Leben gerettet, und so sahen sie endlich mit einer schrecklichen Wahrheit den Namen an sich erfüllt, den sie zur Schau getragen hatten.
(1567.) So ein unrühmliches Ende nahm dieser lobenswürdige Bund, der in der ersten Zeit seines Werdens so schöne Hoffnungen von sich erweckt und das Ansehen gehabt hatte, ein mächtiger Damm gegen die Unterdrückung zu werden. Einigkeit war seine Stärke; Mißtrauen und innere Zwietracht sein Untergang. Viele seltene und schöne Tugenden hat er ans Licht gebracht und entwickelt; aber ihm mangelten die zwei unentbehrlichsten von allen, Mäßigung und Klugheit, ohne welche alle Unternehmungen umschlagen, alle Früchte des mühsamsten Fleißes verderben. Wären seine Zwecke so rein gewesen, als er sie angab, oder auch nur so rein geblieben, als sie bei seiner Gründung wirklich waren, so hätte er den Zufällen getrotzt, die ihn frühzeitig untergruben, und auch unglücklich würde er ein ruhmvolles Andenken in der Geschichte verdienen. Aber es leuchtet allzu klar in die Augen, daß der verbundene Adel an dem Unsinn der Bilderstürmer einen nähern Antheil hatte oder nahm, als sich mit der Würde und Unschuld seines Zwecks vertrug, und Viele unter ihm haben augenscheinlich ihre eigene gute Sache mit dem rasenden Beginnen dieser nichtswürdigen Rotte verwechselt. Die Einschränkung der Inquisition und eine etwas menschlichere Form der Edikte war eine von den wohlthätigen Wirkungen des Bundes; aber der Tod so vieler Tausende, die in dieser Unternehmung verdarben, die Entblößung des Landes von so vielen trefflichen Bürgern, die ihren Fleiß in eine andere Weltgegend trugen, die Herbeirufung des Herzogs von Alba und die Wiederkehr der spanischen Waffen in die Provinzen waren wohl ein zu theurer Preis für diese vorübergehende Erleichterung. Manchen Guten und Friedliebenden im Volke, der ohne diese gefährliche Gelegenheit die Versuchung nie gekannt haben würde, erhitzte der Name dieses Bundes zu strafbaren Unternehmungen, deren glückliche Beendigung er ihn hoffen ließ, und stürzte ihn ins Verderben, weil er diese Hoffnungen nicht erfüllte. Aber es kann nicht geleugnet werden, daß er Vieles von dem, was er schlimm gemacht, durch einen gründlichen Nutzen wieder vergütete. Durch diesen Bund wurden die Individuen einander näher gebracht und aus einer zaghaften Selbstsucht herausgerissen; durch ihn wurde ein wohlthätiger Gemeingeist unter dem niederländischen Volke wieder gangbar, der unter dem bisherigen Drucke der Monarchie beinahe gänzlich erloschen war, und zwischen den getrennten Gliedern der Nation eine Vereinigung eingeleitet, deren Schwierigkeit allein Despoten so keck macht. Zwar verunglückte der Versuch, und die zu flüchtig geknüpften Bande lösten sich wieder; aber an mißlingenden Versuchen lernte die Nation das dauerhafte Band endlich finden, das der Vergänglichkeit trotzen sollte.
Die Vernichtung des geusischen Heeres brachte nun auch die holländischen Städte zu ihrem vorigen Gehorsam zurück, und in den Provinzen war kein einziger Platz mehr, der sich den Waffen der Regentin nicht unterworfen hätte; aber die zunehmende Auswanderung Eingeborener und Fremder drohte dem Lande mit einer verderblichen Erschöpfung. In Amsterdam war die Menge der Fliehenden so groß, daß es an Fahrzeugen gebrach, sie über die Nord- und Südersee zu bringen, und diese blühende Handelsstadt sah dem gänzlichen Verfall ihres Wohlstandes entgegen.A. G. d. v. N. 105. Erschreckt von dieser allgemeinen Flucht, eilte die Regentin, ermunternde Briefe an alle Städte zu schreiben und den sinkenden Muth der Bürger durch schöne Verheißungen aufzurichten. Allen, die dem König und der Kirche gutwillig schwören würden, sagte sie in seinem Namen eine gänzliche Begnadigung zu und lud durch öffentliche Blätter die Fliehenden ein, im Vertrauen auf diese königliche Huld wieder umzukehren. Sie versprach der Nation, sie von dem spanischen Kriegsheere zu befreien, wenn es auch schon an der Grenze stände; ja sie ging so weit, sich entfallen zu lassen, daß man noch wohl Mittel finden könnte, diesem Heer den Eingang in die Provinzen mit Gewalt zu versagen, weil sie gar nicht gesonnen sei, einem Andern den Ruhm eines Friedens abzutreten, den sie so mühsam errungen habe. Wenige kehrten aus Treu und Glauben zurück, und diese Wenigen haben es in der Folge bereut; viele Tausende waren schon voraus, und mehrere Tausende folgten. Deutschland und England waren von niederländischen Flüchtlingen angefüllt, die, wo sie sich auch niederließen, ihre Gewohnheiten und Sitten, bis selbst auf die Kleidertracht, beibehielten, weil es ihnen doch zu schwer war, ihrem Vaterlande ganz abzusterben und selbst von der Hoffnung einer Wiederkehr zu scheiden. Wenige brachten noch einige Trümmer ihres vorigen Glücksstandes mit sich; bei weitem der größte Theil bettelte sich dahin und schenkte seinem neuen Vaterlande nichts, als seinen Kunstfleiß, nützliche Hände und rechtschaffene Bürger.Meteren 101. Meurs. 35. Burgund. 486. Vigl. ad. Hopper. Epist. 5. Ep. 34. Grot. 26.
Und nun eilte die Regentin, dem König eine Botschaft zu hinterbringen, mit der sie ihn während ihrer ganzen Verwaltung noch nicht hatte erfreuen können. Sie verkündigte ihm, daß es ihr gelungen sei, allen niederländischen Provinzen die Ruhe wieder zu schenken, und daß sie sich stark genug glaube, sie darin zu erhalten. Die Sekten seien ausgerottet, und der römisch-katholische Gottesdienst prange in seinem vorigen Glanze; die Rebellen haben ihre verdienten Strafen empfangen oder erwarten sie noch im Gefängniß; die Städte seien ihr durch hinlängliche Besatzung versichert. Jetzt also bedürfe es keiner spanischen Truppen mehr in den Niederlanden, und nichts sei mehr übrig, was ihren Eintritt rechtfertigen könnte. Ihre Ankunft würde die Ordnung und Ruhe wieder zerstören, welche zu gründen ihr so viel Kunst gekostet habe, dem Handel und den Gewerben die Erholung erschweren, deren beide so bedürftig seien, und, indem sie den Bürger in neue Unkosten stürze, ihn zugleich des einzigen Mittels zur Herbeischaffung derselben berauben. Schon das bloße Gerücht von Ankunft des spanischen Heers habe das Land von vielen tausend nützlichen Bürgern entblößt; seine wirkliche Erscheinung würde es gänzlich zur Einöde machen. Da kein Feind mehr zu bezwingen und keine Rebellion mehr zu dämpfen sei, so könnte man zu diesem Heer keinen andern Grund ausfinden, als daß es zur Züchtigung heranziehe; unter dieser Voraussetzung aber würde es keinen sehr ehrenvollen Einzug halten. Nicht mehr durch die Notwendigkeit entschuldigt, würde dieses gewaltsame Mittel nur den verhaßten Schein der Unterdrückung haben, die Gemüther aufs neue erbittern, die Protestanten aufs äußerste treiben und ihre auswärtigen Glaubensbrüder zu ihrem Schutze bewaffnen. Sie habe der Nation in seinem Namen Zusage gethan, daß sie von dem fremden Kriegsheere befreit sein sollte, und dieser Bedingung vorzüglich danke sie jetzt den Frieden; sie stehe ihm also nicht für seine Dauer, wenn er sie Lügen strafe. Ihn selbst, ihren Herrn und König, würden die Niederlande mit allen Zeichen der Zuneigung und Ehrerbietung empfangen; aber er möchte als Vater und nicht als strafender König kommen. Er möchte kommen, sich der Ruhe zu freuen, die sie dem Lande geschenkt, aber nicht, sie aufs neue zu stören.Strada 197.