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Lea weint um Rahel

Jakob wollte nicht weiterziehn. Seine Lust verdarb
An den Frauen und Kindern und Herden, als Rahel starb.
Ein Grauen vor Tagen und Nächten stand starr um ihn,
Als Rahel starb auf dem Zuge, genesend des Benjamin.
Seine Kinder und Mägde und Hirten standen voll Leid,
Am tiefsten gebeugt stand Lea, voll Trauerneid,
Voll Trauer um Jakobs Trauer, die über der Toten hing,
Wie über gemäheten Lilien ein nachtschwarzer Schmetterling.

Grau von Asche wie Haar der Greise war Leas Haar.
Weh, daß sie sah, was im Tode noch Rahel war!
Sieben Jahre, indes ihre Seele vor Durst fast starb,
Hatte sie sehn gemußt, wie Jakob um Rahel warb.
Sieben Jahre, – wie kurze Tage schienen ihm die,
Die Jahre des Dienens um Rahel, so liebte er sie!
Und nochmal sieben, im bittren Zurseitestehn,
Hatte Lea Jakob um Rahel dienen gesehn!

Seit der schamvollen Hochzeit, wo sie ihn trügen gemüßt,
Wußte Lea, wie Jakob die Rahel küßt!

Kinder brachte ihm Lea, treu wie in Liebesfron,
Geduldig, eines ums andere, Sohn um Sohn.
Gnädig, wie der Herr seine Herden, hat er sie angeschaut.
Rahel, der Kinderlosen, schenkte er Blicke wie einer Braut.
Aber sein Jubel stieg auf zu Jehovah, posaunenklar,
Als Rahel, die Schöne, erfand, daß sie Mutter war.
Mit gestreckten Armen, knieend, zu Jahves Thron,
hob er Joseph, das Kind, so liebte er Rahels Sohn.
Nichts gegen den Einen, den Letzten, war ihm der anderen Zahl. –
Und sein Herz frohlockte mit Rahel zum anderen Mal.
Sein Herz frohlockte und jauchzte, bis auf den Tag,
Da Rahel, die Schlanke, auf offener Bahre lag.
Seine Rechte umschloß ihren Schleiersaum unverwandt.
Zum erstenmal zitterte Jakobs mächtige Hand.
Die glühenden Tränen brannten Lea ins Herz hinein.

Was würde ihm nach ihrem Tode noch Rahel sein!

Akazienduft aus Oasen, in Wüsten verirrt,
Taubenflug, der in sengenden Lüften schwirrt,
Fließendes Wassergeriesel unter verschlossenem Born,
Bitterer Wermut in Öl und in Wein und Korn.
Seiner Träume Freundin, bräunlich und schlank und leicht,
Seiner Tage Sehnsucht, die bis in die Sonne reicht!

Die Haare voll Asche, die Seele zerrissen von Not
Neidete Lea die Rahel um ihren Tod!

*

 


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