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Die Drei vor der Himmelstür

Ein sterbender Landsknecht in welschen Landen
Schrie zu denen, die um ihn standen,
Schrie, wie von tollen Rüden gehetzt,
Und seine Augen stierten entsetzt:

Es ist doch was dran an Schuld und Vergeben!
Es ist doch was dran am ewigen Leben!
Ich seh' es jetzt, da mein Leben ertrinkt,
Da dies elende Leben in nichts versinkt,
Da die Schritte ins Bodenlose geraten:
Es kommt doch was an auf unsere Taten!
Es ist alles verschwunden, was ich verbrochen.
Ich habe geraubt, gehaun und gestochen,
Es ist alles, als könnt' ich nichts dafür!

Aber Drei stehn vor der Himmelstür,
Drei stehn und lassen mich nicht hinein,
Und ich hör' schon von ferne die Hölle schrein. –
Drei stehen, verbunden zu strafendem Bund.
Nie komm' ich vorbei!

Der eine: mein Hund,
Mein Schäferhund, den ich lange vergessen.
Als ich Junge war, ist der einst bei mir gesessen,
Mein Helfer und Hüter, der Wölfe Schrecken.
Groß sah er mir zu. Ich aß einen Wecken.
Sein Begehr war wild, doch er hat nicht gezuckt,
Hat mich nur heißhungrig angeguckt,
Wildhungrig, von Begierde zerrissen.
Und ich aß langsam Bissen um Bissen.
Bei jedem dacht' er, nun käme er dran,
Und schluckte gleich mir und gierte mich an,
Und gierte und gehrte, als ging es ums Leben.
Und ich hab' ihm keinen Bissen gegeben.
Nur jedesmal, wenn er hart geschluckt,
Hab' ich ihn höhnisch angeguckt,
Und er hat immer flehender hergeblickt.
Zuletzt fiel er hin. Er war erstickt,
Wie an einem Knäul, an dem leeren Schlucken.

O hörte der Hund auf, mich anzugucken,
Oder wär' ich in Ewigkeit blind!

Neben dem Hund steht das kleine Kind.
Seine Stimme plappert. O, daß es schwiege!
Ein zweijährig Kind. Es lag in der Wiege.
Wir durchstürmten das einsame Haus,
Scharrten Truhen und Schränke aus,
Das Kind sah uns zu, schien an Spaß zu denken,
Wollte mir seinen Apfel schenken,
War auch so ein Rotback, wie Äpfel sind,
Sagte: »Da, da!« – – Ich durchstach das Kind.
Sein Sterben war ein kurzes Erschrecken,
Es blieb mir als Leichlein am Säbel stecken,
Der stumpf von Blut war, – ich macht' es los.
»Da, da!« – O da steht's! – Winzig! – Weltengroß!
läßt mich nie, nie in den Himmel ein!

Gott, Herrgott, – daneben das Mütterlein!
Hab' selbst meine Mutter nie gekannt;
Hat mich die wilde Wut verbrannt,
Als das wolfsharte Weiblein in unsrer Mitten
Stand, um so zäh für den Sohn zu bitten.
Wir hatten den Jungen längst erhängt.
Er hatte dem Trupp, dem wir nachgesprengt,
Eine Brücke über die Schlucht geschlagen.
Als das Weib nicht nachließ mit Bitten und Klagen
Und sprach, ihr sei kein Lösgeld zu teuer,
Sie legte für ihn die Hände ins Feuer,
Da hab' ich: »Es sei!« gesagt zu der Alten,
Und die Frau hat die Hände ins Feuer gehalten,
Und ich habe gesehen, wie sie verbrannt. –

Weh! Wehe! Die Drei! Ich bin ewig verbannt!
Herrgott! Mein Leben! Fing's nochmal an!
Himmel, Gott! Es ist doch was dran!

*

 


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