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Fünftes Kapitel.
Kapitän, Maat und Mannschaft.

Um 8 Uhr war ich wieder auf Deck. Der Wind blies noch immer stark, aber er war nach hinten herumgegangen; wenngleich die Marssegel noch gerefft waren, hatte Duckling es doch für richtig gehalten, das Groß-Bramsegel wieder zu setzen.

Trotzdem die Geschwindigkeit eine gute war, schlingerte das Schiff doch abscheulich, denn die Seitenseen waren geblieben und fanden durch den nach hinten gegangenen Wind keinen Ausgleich mehr. Ich berechnete, daß wir über 130 Knoten während der letzten 12 Stunden gemacht hatten und daß, wenn der Wind so blieb, wie er augenblicklich war, wir hoffen durften, die Scillyinseln am nächsten Morgen hinter uns zu haben.

In der Kajüte, wie im Vorderkastell war alles beim Frühstück. Ich wartete auf das Erscheinen des Kapitäns auf Deck, damit auch ich hinuntergehen und etwas genießen könnte. Statt seiner aber trat wieder der verfluchte farbige Koch, begleitet von ein paar Leuten, auf die Bildfläche.

»Sar,« sagte dieser Biedermann, welcher in einem rotgestreiften Hemd und gelben Überzieher sehr wunderlich aussah, »ich bitten Sie respektlich zu dem Kapitän zu sprechen, Zwieback sein verdammt schlecht.«

»Ja,« unterstützte ein anderer die Anklage des Kochs, »das Zeug kann kein Menschenmagen vertragen, selbst wenn man es runterkriegte.«

»Schwerenot,« fuhr ich sie zornig an, »warum kommt ihr mir denn immer damit? Ich habe dem Koch schon einmal gesagt, daß ich mit eurer Verpflegung gar nichts zu schaffen habe; sie ist Sache des Kapitäns, und der hat sich gestern schon darüber ausgesprochen. – Laßt mich also zufrieden.«

»Kann der Steward uns nicht anderes Brot zum Frühstück geben?« fragte ein dritter.

»Wendet euch an ihn selbst,« antwortete ich, »er ist in der Kajüte.«

Sie machten lange Hälse, um durch das Kajütenfenster zu sehen. In diesem Augenblick kam Duckling auf Deck.

»Sie können jetzt Frühstücken gehen,« sagte er zu mir, »ich werde die Wache übernehmen, bis Sie fertig sind.«

»Hier sind einige Leute, die über den Zwieback Klage führen,« bemerkte ich verdrießlich, »vielleicht sprechen Sie einmal mit ihnen.«

Er trat sofort sehr lebhaft vor und rief:

»Was gibt es?«

»Wir sind hierher gekommen, Sir, um uns über das Schiffsbrot zu beschweren,« erwiderte in unterwürfigem Tone einer der Leute.

»Ja, Sar, ich müssen bewahrheiten, Zwieback serr schlecht, ich Koch, das verstehen, mich können glauben, Sar,« fügte der Farbige mit einer Miene hinzu, welche erkennen ließ, daß er als Sachverständiger sich hier als der berufene Sprecher fühle.

»Packt euch fort!« schrie Duckling zornig. »Der Zwieback ist ganz gut; ihr wollt bloß Skandal machen.«

Die Macht der Gewohnheit kam bei den Leuten unwillkürlich zur Geltung; sie gehorchten dem Befehl, nur der Koch blieb stehen und sagte kopfschüttelnd mit sonderbar verzerrtem Gesicht:

»Ter Zwiepack is Gift, Sar; tas is nicks als Wurm; wir nich können schlucken herunter lebendig Wurm.«

»Packe dich, sage ich dir, du schwarzer Hund, oder ich will dir Beine machen!« rief der Maat, die Faust drohend gegen den Mann schüttelnd.

»Tis Kind is ein Koch,« begann der Bursche noch einmal, kam aber nicht weiter, denn schon war Duckling auf ihn zugesprungen und hatte ihm die geballte Faust unter die Kinnlade gestoßen. Der arme Mensch taumelte, drehte sich herum und flog in demselben Moment von einem furchtbaren Fußstoß getroffen das Deck entlang seiner Küche zu. An dieser gewann er einen Halt, richtete sich verdutzt auf, wie wenn er überlegte, wie er auf einmal dorthin gekommen sei, hob dann die Hand nach seiner Kinnlade, betrachtete seine Handfläche, rieb sich den Teil, der den Fußstoß empfangen hatte, kehrte sich zähneknirschend mit wildem Blicke um und trat dann in die Küche.

»Verfluchte Unverschämtheit!« brummte Duckling, indem er sich seine Handknöchel am Rockärmel rieb. »Nun Mr. Royle, gehen Sie zu Ihrem Frühstück, ich will mich schlafen legen, wenn Sie fertig sind.«

Ich betrat die Kajüte, nicht gerade sehr erbaut von der Art, wie Duckling seine Befehle unterstützte. Auf eine Verbeugung, die ich dem nah am Tisch sitzenden Kapitän machte, erhob derselbe nur die Augen, ohne vorläufig irgendwelche weitere Notiz von mir zu nehmen. Er hatte ein Bündel Rechnungen vor sich und war mit der Durchsicht beschäftigt.

Bei dem starken Stampfen des Schiffes rutschten die Teller auf dem Tisch hin und her, und es bedurfte einer gewissen Geschicklichkeit, die Kaffeekanne auf dem hängenden Brett zu fassen, welches sich wie ein Pendel bewegte. Still mein Frühstück verzehrend, horchte ich auf das Knarren des Holzwerks um mich her, und das Klirren des Geschirrs in dem Anrichteraum neben uns, als der Kapitän sein Schweigen brach und fragte:

»Was gab es eben auf Deck?«

Ich teilte ihm den Vorgang mit.

»Aha, also wieder die alte Leier,« sagte er.

»Mr. Duckling hat dem Koch einen gehörigen Schlag versetzt.«

»Ich habe es gesehen, Sir; er hat ihm auch einen ebenso gehörigen Fußtritt gegeben. Mr. Duckling kennt eben seine Pflicht, und ich hoffe, der Koch wird sich eine Lehre daraus gezogen haben. – Steward!«

»Hier, Sir,« antwortete der Gerufene aus dem Anrichteraum tretend.

»Vergiß nicht, mir heute ein Stück von dem Schweinefleisch, welches die Leute bekommen, auf den Tisch zu setzen.«

»Sehr wohl, Sir.«

Der Kapitän verfiel in Stillschweigen. Ich benutzte die Zeit, mit meinem Frühstück fertig zu werden, da begann er auf einmal wieder:

»Mr. Royle, wie würden Sie gehandelt haben, nachdem wir die Schmacke übersegelt hatten?«

»Ich würde das Schiff beigedreht haben,« erwiderte ich, seinem Blicke fest begegnend.

»Sie würden also beigedreht haben, wenn Sie allein auf Deck gewesen wären, Sir?«

»Gewiß, das würde ich getan haben, in der Überzeugung, damit Ihrem Sinn, das heißt Ihrer Menschenfreundlichkeit zu entsprechen.«

»Was heißt auf See ›Menschenfreundlichkeit‹? Wissen Sie, mit solchem Unsinn und derartigen Gefühlsduseleien bleiben Sie mir vom Leibe; ich habe nachgerade genug von dem Gewinsel, was Sie mir bis jetzt schon an Bord in die Mode gebracht haben,« brauste er auf. »Menschlichkeit, Menschenpflicht und wie die schönen Worte alle heißen, hole sie alle der Kuckuck, ich bin mir selbst der Nächste. Wenn Sie sich unterstanden hätten, eigenmächtig mein Schiff beizudrehen, bei Gott, ich hätte Sie auf der Stelle für die ganze weitere Reise in Eisen gelegt. Merken Sie sich das für die Zukunft, das rate ich Ihnen.«

»Ich verstehe nicht, was diese Drohung heißen soll, Sir,« entgegnete ich ruhig. »Sie haben mich gefragt, was ich getan haben würde, und darauf habe ich geantwortet. Ich kann Ihre Zurechtweisungen nur annehmen für Taten meinerseits, die nicht Ihren Beifall haben, nicht aber für das, was ich unter Umständen getan haben würde oder gewünscht hätte, tun zu können.«

»Zum Teufel mit Ihren Spitzfindigkeiten, Sir,« fuhr er von neuem heftig auf, sich wütend mit der Hand durch die Haare fahrend. »Sie sagten mir, Sie würden das Schiff beigedreht haben, wenn Sie allein auf Deck gewesen wären, und das bedeutet, daß Sie mir bei dem Wetter die Masten weggebrochen hätten. Haben Sie die Stirn, zu behaupten, daß Sie sich bewußt gewesen wären, was es heißt, ein Schiff mit solchem Berg von Segeln beidrehen zu wollen?«

»Ja, ich hätte vollkommen gewußt, was ich wagte, Sir!«

Meine Ruhe reizte ihn noch mehr als meine Worte, und ich weiß nicht, welche Infamien er mir noch an den Kopf geworfen haben würde, wenn seine Aufmerksamkeit nicht plötzlich durch einen andern Umstand erregt und von mir abgelenkt worden wäre. Er starrte nämlich auf einmal nach dem Fenster, und als ich seinem Blick folgte, sah ich die ganze Mannschaft des Schiffes auf dem Hauptdeck entlang kommen. An der Spitze schritt die Riesengestalt des Mannes, der mir inzwischen unter dem Namen Johnson bekannt geworden war; neben ihm ging der mißgestaltete Kerl mit dem Schildkrötenrücken und kleinen Gesicht, namens Fisch, Ebenezer Fisch.

Der Kapitän war aufgesprungen und eilig auf Deck gegangen; ich folgte ihm, nachdem ich mein Frühstück beendet hatte.

Als ich oben ankam, waren schon alle Leute um den Hauptmast versammelt. Einige hatten Zinnschüsseln in den Händen, in welchen Fleischstücke in einer schwarzen Brühe schwammen; ein Mann hielt eine ganze Menge Schiffszwieback an seine Brust gedrückt; einer trug ein Töpfchen, mit Syrup gefüllt, und noch ein anderer ein Gefäß, das Tee enthielt.

Das Schiff lief unter doppelt gerefften Marssegeln und holte gleichmäßig nach Back- und Steuerbord über. Oft stürzte das grüne Wasser über die Schanzkleidung und schoß schäumend über das Deck, bis es mit lautem, gurgelndem Geräusch durch die Speigaten abfloß.

Da ich nicht viel später auf Deck kam wie Coxon, hörte ich noch den Anfang von Johnsons Anrede. Er stand, um bei dem stark schwankenden Deck nicht das Gleichgewicht zu verlieren, breitbeinig da, hatte die Arme über die Brust verschränkt und sprach etwa folgendes:

»Die Schiffsmannschaft hat den Beschluß gefaßt, Ihnen mitzuteilen, daß die ihr verabreichten Lebensmittel ungenießbar sind, und hat zum Beweise ihrer Beschwerde die zuletzt gelieferten mit hierher gebracht.«

»Ich werde euch anhören, Leute,« erwiderte der Kapitän in ruhigem Ton, »sprecht aus, worüber ihr glaubt Klage führen zu müssen.«

»Nun also, Maats,« wandte sich Johnson an die hinter ihm Stehenden, »ihr habt gehört, was der Kapitän sagt, bringt daher jetzt unsere Beschwerden vor, wie wir es besprochen haben.«

Hierauf trat zuerst der Mann mit dem Zwieback aus dem Kreise, Stücke entfielen aber seinen Händen, weil er durch ein plötzliches stärkeres Überholen des Schiffes ins Stolpern kam. Nachdem sie aus dem über das Deck strömenden Wasser schnell aufgefischt waren, wurden sie ihm wieder übergeben, und er sprach nunmehr ganz gelassen:

»Dies ist das Brot, welches wir erhielten; keiner von uns hat es angerührt; wir wollen bitten, daß Sie es ansehen, denn es könnte ja sein, Sie wüßten nicht, was der Steward an uns austeilt.«

»Reiche einen trockenen herauf,« sagte der Kapitän. Da die zur Stelle befindlichen mehr oder weniger durchweicht waren, lief ein Mann schnell nach dem Kastell und brachte einen trockenen. Der Kapitän nahm ihn, brach ein Stück los, roch daran, kostete und reichte dann auch dem Maat ein Stück, welcher ebenfalls erst daran roch und es dann aß. »Weiter,« befahl der Kapitän. Es trat nunmehr ein Mann mit einer der Zinnschüsseln vor und sprach:

»Hier ist das, was wir als Schweinefleisch bekommen; ich will kein ehrlicher Mann sein, wenn es einem wegen seines verfaulten Zustandes nicht den Magen umdreht.«

»Gib die Schüssel her,« befahl Coxon kalt.

Nachdem er sie in Empfang genommen, stocherte er mit einem Messer darin herum, schnitt ein Stückchen von dem Fleisch ab und steckte es in den Mund. Ich erwartete, er würde vor Ekel ein Gesicht schneiden, aber er tat nichts dergleichen; ohne eine Miene zu verziehen, reichte er die Schüssel an Duckling, der nun auch seinerseits das Fleisch sehr genau besichtigte, dann aber die Schüssel, ohne von ihrem Inhalt zu kosten, ruhig beiseite stellte.

»Der nächste,« sagte der Kapitän kurz.

»Dies, Sir, soll Syrup sein; eher alles andere, nach den vielen Schalen zu urteilen, schätzen wir das Zeug auf gekochte Schwaben.«

»Zeig' her,« stieß Coxon, jetzt schon etwas unwillig hervor.

Er prüfte den Inhalt des Gefäßes scheinbar mit großer Aufmerksamkeit, denn er kippte es hin und her, kostete aber diesmal nicht und nur mit den Worten: »Hier nehmt,« und »was gibt es noch mehr?« gab er das Töpfchen zurück.

Seiner Frage folgte sofort die Antwort:

»Das hier soll Tee sein!« Der Mann, der dies rief, hielt dabei ein Geschirr mit einer dunklen Flüssigkeit hin und fuhr fort: »Es muß wohl aber eine ganz besondere Sorte sein, denn Tee, wie er auf dem Lande verkauft wird, ist es nicht, und Tee, wie man ihn sonst an Bord anderer Schiffe bekommt, ist es auch nicht. Es ist vielleicht Tee für den, der ihn dafür gibt, aber nicht für den, der ihn dafür trinken soll. Kann sein, daß er in England gewachsen ist, denn einen Duft nach China hat er nicht. Er ist zu schwach für Tabakblätter und nicht süß genug für Lakritzen. Fisch hier meint, es käme vom Schimmel, daß er wie Sennesblätter schmeckt.«

Nun trat eine Pause ein, während welcher die Leute den Kapitän erwartungsvoll anstarrten. Ich bemerkte einige zornige, ja sogar drohend aussehende Gesichter, und der Koch blickte mit einem wahrhaft teuflischen Ausdruck auf den Maat. In der Sprache und dem Benehmen der Leute lag aber bis jetzt noch nichts, was selbst den allerängstlichsten Kapitän hätte erschrecken können. Mir machte ihr ganzes Verhalten bei der Sache den Eindruck, daß wenn ihnen nur einiges Wohlwollen und freundliches Entgegenkommen, ja selbst nur der gute Wille zur Beseitigung ihrer Klagen gezeigt würde, aus ihnen eine ganz willige, arbeitsame Mannschaft werden könnte.

Nachdem der Kapitän eine Zeitlang geschwiegen und nur ab und zu mit Duckling Blicke ausgetauscht hatte, fragte er, ob noch mehr Klagen vorzubringen wären.

Die Leute murmelten einen Augenblick untereinander, und dann antwortete Johnson: »Nein.«

»Gut also,« sagte er, »wenn ich auch eure Beschwerden anerkennen wollte, seht euch doch um,« und dabei zeigte er rund auf der See umher, »kann ich denn Abhilfe schaffen? Es tut mir leid, euch sagen zu müssen, daß ihr bis Valparaiso warten müßt.«

Nach diesen Worten durchlief ein hörbares Murren den ganzen Haufen, und Johnson rief:

»Wir können aber doch nicht von der Luft leben, bis wir nach Valparaiso kommen.«

»Na, was verlangt ihr denn, daß ich tun soll?« schrie nun der Kapitän wütend.

»Vorschriften zu machen steht uns nicht zu,« erwiderte Johnson, »wir wollen eben nichts weiter als genießbares Essen.«

»Legen Sie doch in Brest an, das ist ja nicht weit ab, dort gibt es genug gutes Salzfleisch und Brot, da sind Sie gleich allen Kummer los,« ließ sich eine Stimme hören.

»Wer wagt es, so zu mir zu sprechen?« donnerte der Kapitän jetzt zornbebend; »beim Himmel, ich schlage dem Schurken alle Knochen im Leibe entzwei, wenn er sein höllisches meuterisches Maul noch einmal auftut! Ich kann die Lebensmittel nicht anders machen und werde den Kurs des Schiffes nicht ändern, nun wir den günstigen Wind haben, auch selbst nicht, wenn ihr alle miteinander aus Eigensinn verhungern solltet.« Nachdem er so getobt hatte, brach er plötzlich kurz ab, als wenn er fürchtete, daß sein Zorn ihn zu weit führen und ihn die Politik vergessen lassen könnte, die er sich in dieser Angelegenheit als Richtschnur vorgezeichnet hatte. Er mäßigte deshalb seine Stimme und fuhr in wohlmeinendem Tone fort: »Ich will euch was sagen, Jungens, damit ihr doch seht, daß es mir am guten Willen, womöglich Abhilfe zu schaffen, durchaus nicht fehlt; für jetzt müßt ihr euch begnügen mit dem, was ihr erhaltet, ich will aber seinerzeit, wenn wir passenden Wind bekommen, herumholen und einen spanischen Hafen, oder wenn nicht einen solchen, dann irgend einen andern anlaufen.«

»Na, mehr könnt ihr doch nicht verlangen, was?« schrie nunmehr Duckling.

»Ja, wenn nur unser Magen nicht wäre,« erwiderte Fisch, » wir sind es ja nicht, die gegen das Warten was haben.«

»Wollt ihr mir zu verstehen geben, daß ihr verhungern müßt, mit dem was ihr hier mir vorgezeigt habt?« fragte der Kapitän.

»Das könnte wohl stimmen,« entgegnete einer; »lieber wollen wir doch noch kaltes Wasser trinken, als diesen Tee.«

»Und das Wasser ist auch nicht gerade vom besten,« bemerkte ein anderer.

»Und von dem Schweinefleisch kriegen wir die Cholera,« fügte ein dritter hinzu.

»Wir würden ja gar nichts sagen, wenn wenigstens Brot und Syrup gut wären,« rief Fisch, »alles ist aber verdorbener Schund, sogar die Würmer sind nicht die gewöhnlichen, sie sind viel länger und fetter, als es sonst die Brotwürmer sind.«

»Nun haltet aber eure Mäuler!« brüllte jetzt Duckling, dessen Augen schon lange vor Wut brannten; »der Kapitän hat nachgiebiger zu euch gesprochen, als ich es je von einem hörte, mit dem ich gefahren bin. Ihr wißt jetzt, woran ihr seid, packt euch also wieder nach vorn und beendet euer Frühstück, denn es gibt bald Arbeit. Koch, du herumlungernder Nigger, glotze mich da um den Mast herum nicht so an, sondern scher dich in deine Küche, oder du könntest wieder schneller hinkommen, als dir lieb sein würde; hast du die letzte Lektion schon vergessen?« Mit diesen Worten ergriff der Maat ein Splißeisen und schüttelte es drohend. Der Kapitän, dem es nicht unangenehm zu sein schien, daß Duckling es übernommen hatte, die Unterhandlung in seiner Art weiterzuführen, begab sich nach dem Kompaß. Als dies die Leute sahen, zogen auch sie murrend und heftig gestikulierend ab und verschwanden bald in ihrer Behausung.

Jetzt trat Duckling an mich heran und sagte in unverschämter Weise: »Hören Sie mal, Mr. Royle, ich möchte Ihnen doch den Rat geben, bald aus Ihrem Schlafe aufzuwachen und nicht bloß vor sich hinzustarren, untätig zuzuhören, und es mir allein zu überlassen, die Leute in Schranken zu halten. Das muß anders mit Ihnen werden. Ihre Art, mit den Leuten umzugehen, taugt dem Teufel was. Dieses Pack verlangt einen kräftigen Fluch und eine ebenso kräftige Faust; anders läßt es sich nicht im Zaume halten. Ich hoffe, daß Sie in der Folge verfahren werden wie ich; verstehen Sie mich?«

»Nein, das verstehe ich durchaus nicht,« erwiderte ich gereizt; »im Gegenteil, ich halte gar nichts von dem ewigen Fluchen und Wettern. Meine Erfahrungen haben mich gelehrt, daß das nur böses Blut macht und seinen Zweck gänzlich verfehlt.«

»So so, also aus dem Loche pfeifen Sie, ha ha, nun sehe ich, Sie sind eine von den weichmütigen Seelen, die erst alle Mann zum Gebet rufen, ehe Sie im Sturm ein Segel reffen, was?« rief er mit spöttischem Lachen. »Na, wenn das Ihre Art ist, dann kann ich Ihnen sagen, daß Kapitän Coxon Ihre Dienste nicht sehr zu schätzen wissen wird.«

»Ich bedaure, daß Sie mich falsch verstehen,« antwortete ich mit vornehmer Ruhe. »Ich glaube mit meiner Art die Leute mehr in der Hand zu haben, sie mehr bei ihrer Arbeit anzuspornen, als mit rohen Schimpfworten und Faustschlägen.«

»Donner und Blitz, welcher einfältige Kapitän hat Sie denn an seiner Brust großgezogen. Ich erkenne immer mehr, daß an Ihnen Hopfen und Malz verloren ist. Meiner Treu, ich glaube, Sie könnten keinen Mann niederschlagen,« sagte er mit einem verächtlichen Lächeln.

Ich war 28 Jahre, er 50. Unstreitig hatte er eine sehr sehnige und kraftvolle Gestalt, ich aber war mindestens einen halben Kopf größer als er, hatte eine sehr kräftige Brust und ein Paar Fäuste, denen man es wohl ansehen konnte, daß kein Gras mehr wuchs, wo sie einmal mit Wucht hintrafen. Als er daher seine Frage stellte, sah ich ihn nur mitleidig an und sagte: »Können, warum nicht? Wenn es sein muß, schlag ich zwei, auch mehr nieder, nie aber werde ich das ohne dringende Veranlassung tun. Der Kapitän, der mich aufzog, war kein New-Orleans-Mann, sondern ein Engländer und noch etwas Besseres, nämlich ein Gentleman. Das aber bedeutet, daß kein Mann an Bord ihm jemals Veranlassung gab, seine Fäuste zu gebrauchen.«

Er murmelte etwas, wie, daß ich mich wohl für einen verdammt feinen Vogel hielte, aber das unaufhörliche Donnern des Windes in den Segeln ließ mich das Weitere nicht verstehen; mürrisch ging er weg zum Kapitän. Beide begaben sich bald darauf in die Kajüte.

Es war mir jetzt ziemlich klar, daß ich dem Geschmack der beiden Männer nicht paßte, denen mich das Schicksal zugesellt hatte. Des Kapitäns Anschauungen in betreff der Lebensmittelfrage konnte ich nicht teilen; ich würde stets den Leuten innerlich recht geben, und was Duckling anging, so mochte ich mich bemühen, so viel ich wollte, ich war nicht imstande, meinen Abscheu vor ihm zu verbergen. Die beiden waren dicke Freunde, und ihre Charaktere stimmten vortrefflich zueinander; sie waren zwei Grobiane, und Duckling obendrein ein Ohrenbläser. Ich stand ihnen gegenüber allein, daraus durfte ich mir kein Hehl machen und mußte suchen, mich darüber zu trösten.

Die noch übrige Zeit meiner Wache unterhielt ich mich also damit, über mein Verhältnis auf dem Schiffe ins Klare zu kommen. Ich sagte mir, daß ich nur durch eifrigste Pflichterfüllung meine Stellung zu einer erträglichen gestalten konnte, nahm mir vor, den Mund zu halten, keine Notiz von dem zu nehmen, was der Kapitän täte, Duckling so fern als möglich zu bleiben und wenn es sich irgend tun ließe, in Valparaiso das Schiff zu verlassen. Wie ich diese guten Vorsätze hielt, wird die Folge zeigen.


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