Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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Seinen Freunden
in
Königsberg in Preußen
gewidmet
vom
Verfasser.

»Trinkst Du jetzt Zorn daraus, so denk',
Es ist auch den Genossen,
Die Dir gesandt dies Weihgeschenk,
Kein süßer Most geflossen.«
       
        Ja Wein des Zornes, Wein der Kraft,
Ein süßberauschter Zecher,
Ich trank den Wein der Leidenschaft
Aus Eurem goldnen Becher.
Die Thränen meines Vaterlands,
Den Wermuth dieser Zeiten,
Mit vollem Zug ließ ich ihn ganz
In meine Seele gleiten!

Nun, was mein innerst Herz berauscht
Mit ungestümem Drange,
Nun, Freunde, nehmt es hin und lauscht
Dem tönenden Gesange,
Ich weiß, es ist kein alter Wein,
Es ist nur Most der Jugend,
Und daß er unverfälscht und rein,
Ist seine ganze Tugend.

Nun nehmt sie hin – und laßt die Brust
Mitfühlend Euch erschüttern,
Laßt gleichen Schmerz, laßt gleiche Lust
Gemeinsam uns durchzittern:
Daß gleiche Liebe, gleicher Haß
In jeder Brust sich spüre;
Daß brausend sich in seinem Faß
Der Wein der Freiheit rühre! –

O Du, mit Thränen eingeweiht,
O Du, von der wir träumen,
O Rebe Du der neuen Zeit,
Wann endlich wirst Du schäumen?
Man hat Dich lang genug gepreßt,
Bis auf die bittre Schale:
O nun zum Völkerfreiheitsfest,
Nun füllet die Pokale!

Das ist der wahre Nachtmahlwein,
Nach dem die Herzen dürsten,
Von diesem schenkt den Völkern ein,
O schenket ein, ihr Fürsten!
Auf daß er nicht aus eigner Macht
Die morschen Dauben sprenge,
Damit die Fackel nicht der Schlacht
Die schöne Welt versenge! –

Bei diesem Wein, aus Herzensgrund,
Mit unverfälschtem Triebe,
Beschwören wir den neuen Bund
Der Freiheit und der Liebe:
Daß alle Herzen wonnevoll
Den Eidschwur wiederhallen,
Und keine einz'ge Thräne soll
In unsern Becher fallen!

 


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