Robert Eduard Prutz
Gedichte - Neue Sammlung
Robert Eduard Prutz

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Frühling.

        Ja, das ist des Lenzes Hauch,
    Der die Brust mir fächelt!
Ja das ist das Maienkind,
    Das aus Blumen lächelt!
Schmetterlinge wiegen sich
    In dem Blüthenmeere,
Und ich könnte glücklich sein,
    Wenn nur Eins nicht wäre!

Süßer Frühling, holder Mai!
    Über Thal und Hügel
Breitest Du, wie Gotteshand,
    Segnend deine Flügel:
Sollen wir denn nimmer Dich
    In den Herzen schauen?
Hast Du keinen Sonnenstrahl,
    Seelen aufzuthauen?

Alle Keime sind erwacht,
    Alle Knospen springen,
Und der Epheu muß sich frisch
    Um Ruinen schlingen:
Soll nur der Geschichte Baum
    Niemals Knospen treiben?
Soll es ewig Winter nur
    Für die Freiheit bleiben?

Alle Quellen wurden frei,
    Alle Bächlein rauschen:
Sollen nur die Geister nie
    Freie Rede tauschen?
Alle Vöglein singen laut,
    Alle Zweige schallen:
Steckt man in den Käfig nur
    Völkernachtigallen?

Süßer Frühling, holder Mai,
    Frühling unsrer Herzen,
Komm, o komm, und wär' es auch,
    Wär' es auch mit Schmerzen!
Müßtest Du aus Wunden auch
    Deine Rosen färben,
Müßten auch wir selber als
    Frühlingsopfer sterben! –

 


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