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Des Falken Bändigung.

Während sich in Bachhof Dudings und Otto's Geschicke entschieden, nahete auch in Behrslappen die Entscheidung. Lebrecht lag nun schon seit Wochen schwer darnieder. Das Krankenzimmer war mit all' dem Luxus ausgestattet, den Adelheid in dem sonst so einfachen, unschönen Behrslappen heimisch gemacht hatte; aber so wenig er zu dem alten, häßlichen Hause paßte, so wenig trug er auch zu dem Behagen seiner Bewohner bei.

Lebrecht war sehr krank. Er lag auf dem Rücken, das Gesicht hatte eine bläuliche Farbe, und wenn ihn der kurze, trockene Husten überfiel, hatte er die heftigsten Schmerzen in der Brust. Er wurde von großer Unruhe geplagt und von schrecklichem Durst, aber er litt ohne ein Wort der Klage.

Der Vater und die Stiefmutter hatten auch in der vorhergehenden Nacht, wie schon in so mancher früheren, an seinem Krankenbette gewacht. Adelheid hatte sich als eine unermüdliche Pflegerin erwiesen, und in dieser Pflege waren die besten und edelsten Seiten ihres Charakters schön hervorgetreten. Sie, die sonst so Ungeduldige, war jetzt so geduldig, die sonst so Heftige war jetzt so sanft gewesen.

Eben war sie in der Sophaecke ein wenig eingeschlummert. Ihr Gatte schaute von Zeit zu Zeit zu ihr hinüber, und so oft das geschah, fuhr ihm ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf, so daß er sich mit der Hand über die Stirn fuhr, als könne er ihn dadurch verscheuchen. Adelheid war in der letzten Zeit ungemein mager geworden, ihr Gesicht glich mehr denn je dem Kopfe eines Raubvogels, an dessen dauernde Zähmung nicht zu denken ist. Heute war ihr das schwarze Haar in die weiße Stirn gefallen und die schwarzen Augenbrauen und Wimpern hoben sich von dem bleichen Gesicht eigenthümlich pikant ab. Sie mochte träumen, wenigstens lag ihre Stirn in dichten Falten und ihre schmalen Lippen waren fest aufeinander gepreßt. Der Gedanke, den Lehmhof durch seine Handbewegung zu verscheuchen suchte, lag nahe genug. Wird der wilde Falke da sich auf die Dauer in Behrslappen festhalten lassen, oder wird er eines Tages das leichte Holzgitter seines Käfigs zerbrechen und in die weite Welt fliegen? So lautete dieser Gedanke.

Lehmhof saß am Krankenbette seines einzigen Kindes, seines Erben. Dieser Erbe sollte todtkrank sein, so sagten die Aerzte, so sagte Adelheid, so sagte der Kranke selbst, aber Lehmhof glaubte es nicht. Er konnte es nicht glauben. Wie, dieses Kind, für das er so unermüdlich gearbeitet und gespart hatte, sollte sterben, ohne die Früchte seiner Arbeit, seines Sparens gekostet zu haben? Nein, Lebrecht wird leben, Lebrecht wird sehr angenehm leben. Sein Leiden ist nur vorübergehend, es hängt mit seinem zu schnellen Wachsthume zusammen und darum werden einige Jahre der Reife ihn herstellen. Gerade diejenigen Leute, welche in ihrer Jugend mit Kränklichkeit zu kämpfen hatten, pflegen, wenn sie erst diese Periode überwunden haben, am längsten zu leben. Lebrecht wird leben, er wird lange und angenehm leben. Kein Mensch wird ihn über die Achsel ansehen, Niemand wird es wagen, den reichen Grundherrn zu verspotten, ihn zu verhöhnen. Man wird dem reichen jungen Baron – ein solcher wird Lebrecht sein – überall mit Zuvorkommenheit begegnen; man wird, wenn er seine nationalökonomischen Grundsätze entwickelt, ihm mit Achtung zuhören; man wird sich darum reißen, ihn als Schwiegersohn begrüßen zu können. Dieser steinreiche junge Edelmann, dem die Güter am Flusse gehören von der einen Stadt bis zu der andern und der Aarburg in ganz billiger Arrende hat, wird nicht nöthig haben, zu arbeiten; er wird nicht nöthig haben, ohne viel Auswahl zu jedem Erwerbsmittel zu greifen, das sich darbietet; er wird nicht nöthig haben, sich das Leben durch Sorge zu verkürzen. Er wird ganz Edelmann sein, ganz Anstand, ganz Repräsentation. Edelleute, die völlig in Repräsentation aufgehen, pflegen sehr alt zu werden; Lebrecht wird so alt werden wie ein englischer Peer.

Es ist unmöglich, daß man von dem Vater eines solchen Mannes anders als mit Hochachtung reden wird. Man wird sagen: »Der alte Lehmhof nahm es mit dem Erwerben nicht gar zu genau,« es ist wahr, aber im Grunde konnte man ihm das nicht übel nehmen. Er hatte das Unglück, als ein ganz armer Edelmann geboren zu werden und in Folge dessen wurde er von Jugend auf von den reichen Standesgenossen verspottet und verhöhnt. Da nahm er sich vor, einmal, es koste was es wolle, so reich zu werden wie sie, und er führte seinen Entschluß aus. Er war nicht sehr wählerisch in den Mitteln, die zum Zwecke führten, aber er war doch immer ein Edelmann. Er hat allerdings nur wenig für die Armen und Elenden gethan, aber sein Sohn macht ja jetzt über und über gut, woran es der Vater in dieser Beziehung hat fehlen lassen, sein Sohn versteht zu repräsentiren, ist ein großer Grundbesitzer, ein echter Edelmann – wir wollen ihm zu Liebe über die Gebrechen des Vaters den Mantel christlicher Liebe decken. Hat er uns doch unseren Landesbevollmächtigten gegeben.

So werden einmal die Leute sprechen. Wie sollen dann aber die Leute so sprechen können, wenn Lebrecht gestorben ist? Nein, Lebrecht kann nicht sterben.

Lebrecht kann nicht sterben und darum braucht man sich auch keine Sorge um ihn zu machen, aber der Falke da in der Sophaecke, der – der –. Wie, wenn es dem einmal einfiele, sich zu schütteln, sich zu erheben und davon zu fliegen in die weite, weite Welt? Das würde sich doch häßlich anhören, wenn die Leute einmal sagten: »Der Vater unseres Landesbevollmächtigten nahm sich ein bürgerliches Weib und das lief ihm noch dazu eines Tages davon.« Aber auch abgesehen von den Leuten, er selbst würde es nicht überleben können, wenn der Falke ihn eines Tages verließe. Er hat sich so an ihn gewöhnt, daß er selbst dagegen nichts hat, wenn der Falke ihm sein Streicheln und Küssen mit scharfen, schmerzenden Schnabelhieben vergilt. Wenn er nur da ist; wenn er ihm nur von Zeit zu Zeit, und wäre es auch noch so selten, diese Zärtlichkeit erlaubt; wenn man ihn nur dazwischen durch die Zimmer rauschen hört.

So sinnt Lehmhof, während er an des Kranken Bett sitzt und dem Strömen des Regens lauscht. In der Regel ist es nur ein eintöniges Plätschern, aber dazwischen rauscht es in der Luft, und Wasserströme stürzen hernieder. Das währt nur wenige Minuten, dann plätschert es wieder so eintönig wie zuvor.

»Papa!«

Lehmhof fährt zusammen. »Was giebt es, mein Kind? Kann ich Dir etwas reichen?«

Lebrecht schüttelte den Kopf.

»Papa, hast Du die Wechsel des Bachhöfschen verkauft?«

»Jawohl, mein Sohn. Ich habe sie an Graumantel verkauft.«

»Kauf' sie zurück, Papa.«

»Ich verstehe nicht, was Du meinst, mein Sohn.«

»Ich sage, Du sollst sie zurückkaufen. Die Wechsel sollst Du zurückkaufen.«

»Nein, mein Sohn. Im Gegentheil, ich wünschte, ich hätte Graumantel noch mehr Wechsel verkaufen können. Jetzt ist der Augenblick gekommen, jetzt kann er weder selbst bezahlen, noch auch sich das Geld von anderen Leuten borgen, denn wer hat in diesem Jahre baares Geld? Wir werden Bachhof ganz billig kaufen, Lebrecht, ganz billig. Dann fehlen nur noch Parkhof und Wilhelmsthal. Haben wir auch die noch, so wirst Du der Herr sein den ganzen Fluß entlang, und Aarburg wirst Du in ganz billiger Arrende haben.«

»Papa!«

»Ja, mein Kind.«

»Ich werde nirgend der Herr sein, ich werde in einigen Tagen sterben.«

Lehmhof sprang auf. »Du mußt nicht so sprechen, sag' ich, Du mußt durchaus nicht so sprechen, sag' ich, ich verbiete Dir das, sag' ich. Du bist ein Narr, ein liebes kleines, aber completes Närrchen. Ach Du mein süßes Närrchen, Du mein kleiner Augapfel, wie kannst Du so närrisches Zeug reden?«

»Papa, – laß mich – ach – Du drückst mich – setze Dich wieder, Papa.«

Lehmhof setzte sich wieder.

»Kauf' die Wechsel zurück, Papa. Hörst Du, ich will nicht, daß die Schweinsbergs ihr Erbe verlieren. Hörst Du, Papa?«

»Nein, Lebrecht, ich höre gar nicht. Ich will nichts hören, sag' ich, ich bin harthörig, sag' ich, ich bin taub.«

»Papa, ich will aber die Wechsel zurück haben. Sie gehören mir, Papa, Du hast sie mir geschenkt.«

»Natürlich habe ich sie Dir geschenkt, aber Du wirst kein Narr sein, Lebrecht, und die Wechsel zurücknehmen, Lebrecht. Wenn wir dieses Hungerjahr nicht benutzen, sag' ich, so wirst Du nie in Bachhof wohnen können, sag' ich, weil es Dir nie gehören wird, sag' ich.«

»Ach, Papa, ich werde dort so wie so nie wohnen. Ihr werdet mich schon nach wenigen Tagen in's dunkle Grab legen.«

Lehmhof wollte aufspringen und den Sohn unterbrechen, aber der Falke in der Sophaecke ist mittlerweile erwacht, hat, ohne sich übrigens sonst zu bewegen, die Augen geöffnet und blickt nun so eigenthümlich scharf und zornig zu Lehmhof hinüber, daß dieser schweigt.

»Papa, ich werde von all' dem vielen, schönen Gelde nichts haben; ich werde nichts mitnehmen können, nicht einen Pfandbrief, nicht einen Papierrubel; ich werde so arm vor Gott treten, als wäre ich ein Bettler.«

Lehmhof fuhr sich mit beiden Händen nach der Binde und zerrte sie herunter, als sei er dem Ersticken nahe.

»Laß mich aussprechen, Papa, ich bitte Dich, unterbrich mich nicht. Es wird mir ohnehin schwer genug, zu sprechen. Wenn Du wüßtest, wie das hier in der Brust weh thut! Ach!«

Adelheid fuhr rasch empor und war in einem Augenblick am Bett des Kranken.

»Du darfst nicht so viel sprechen, Lebrecht,« rief sie rauh. »Papa wird sogleich an Graumantel schreiben und die Wechsel zurückfordern. Wir wollen sie dann zusammen verbrennen.«

Lehmhof fuhr auf. »Das werdet Ihr nicht,« rief er, »das werdet Ihr gewiß nicht. Ihr seid toll! Warum wollt Ihr Geld verbrennen?«

Lebrecht winkte dem Vater, sich wieder zu setzen, und dieser gehorchte.

»Papa, ich liebe das Geld.«

»Natürlich, mein Sohn, natürlich. Wer wird denn das Geld nicht lieben.«

»Papa, ich hasse das Geld.«

»Ach, geh' doch, Lebrecht, was redest Du da!«

»Papa, glaube mir, ich werde sterben. Laß mich nicht sterben, ohne wenigstens etwas Gutes gethan zu haben. Laß mich die Bachhöfschen Wechsel verbrennen. Bitte, bitte, Papa!«

»Warum verbrennen, mein Sohn, warum verbrennen? Wechsel sind Geld, sag' ich, wann hat man je Wechsel verbrannt! Du wirst nicht sterben, Lebrecht, aber Du bist sehr krank und deshalb will ich Dir, wenn Du es durchaus willst, versprechen, daß ich von den Wechseln in diesem Jahre keinen Gebrauch machen will, oder meinetwegen überhaupt nicht eher, als bis Du es selbst gestatten wirst; aber verbrennen – nein. Wer wird Geld verbrennen!«

»Papa, ich muß sie aber haben!«

»Schaff' ihm die Wechsel, Lehmhof. Hörst Du, schaff' sie ihm. Schreibe sogleich an Graumantel und wir wollen dann einen Boten zur Stadt schicken.«

»Ja, das will ich gern thun, Adelheid, aber Ihr dürft die Wechsel nicht verbrennen. Wozu sie verbrennen!«

»Papa, ich muß die Wechsel haben. Es sind meine Wechsel.«

»Gut, Kind, gut, Du sollst sie haben.«

Lehmhof erhob sich und verließ das Zimmer.

»Wenn ich sterben sollte, ehe die Wechsel kommen, so verbrenne Du sie,« sagte Lebrecht zu Adelheid.

»Jawohl, Lebrecht. Wenn Du sterben solltest, so wird Alles genau so geschehen, wie Du es anordnest. Ich werde Dein Testament auf's Pünktlichste vollstrecken, verlaß Dich darauf.«

Um den Mund des Kranken spielte ein freudiges Lächeln.

»Du wirst Alles thun, um was ich Dich bitte?«

»Ja.«

»Gelobe mir das.«

»Was bedarf es der Versicherung. Du kennst mich.«

Der Jüngling nickte der jungen Stiefmutter freundlich zu.

»Ich kenne Dich,« sagte er. »Ich werde Gott erzählen, wieviel Liebes Du mir armen, verachteten und verhöhnten Knaben immer erwiesen hast; doch er weiß es ja schon, er wird es Dir einmal vergelten.«

Adelheid war neben dem Bett des Kranken in die Kniee gesunken und verhüllte ihr Gesicht in der Decke.

Der Kranke tastete, ohne sich auf die Seite zu wenden, mit der Rechten über die Decke, bis er Adelheids Haar erreichte.

»Nicht wahr, Adelheid,« fuhr er fort, »Du wirst den armen Vater nicht verlassen? Du wirst ihn auch dann nicht verlassen, wenn ich todt bin?«

Adelheid bebte unter der leichten, abgezehrten Hand des Kranken, aber sie antwortete nicht.

»Ach nein, das wirst Du nicht thun. Du wirst ja Alles thun, um was ich Dich bitte, Du wirst mir auch die größte Bitte erfüllen.«

Der Kranke hielt inne, als erwartete er eine Antwort; aber Adelheid schwieg.

»Ich kenne Dich,« fuhr er fort, »und ich kann ruhig sterben. Jetzt, da ich sterben muß, ist mir, als wäre ich bisher blind gewesen und als würde ich nun sehend. Der Vater ist nicht so schlecht, wie er erscheint. Man hat ihn viel verhöhnt, Adelheid, vielleicht noch mehr als mich, da ist er so hart und geldgierig geworden. Er hat immer nur an mich gedacht und hat mich davor schützen wollen, daß man mich auch verhöhnt; aber man that es doch!«

Der Kranke stöhnte schwer. Adelheid bewegte sich unruhig unter seiner Hand.

»Mein Tod wird ihn furchtbar treffen,« sprach Lebrecht weiter, »und ich glaube, er wird ihn nicht lange überleben. Nicht wahr, Adelheid, Du wirst ihm helfen, die wenigen Jahre, die er noch leben wird, nicht allzu einsam zu verbringen?«

Adelheid athmete mühsam.

»Die Leute sagen, Du sollst ihn betrügen und Otto soll Dein Buhle sein. Ich glaube das nicht, das ist eine Verleumdung. Wer gegen ein so wehrloses und von aller Welt verlassenes Geschöpf, wie ich es bin, so liebevoll sein kann, wie Du, der ist nicht schlecht.«

Es scheint Adelheid, als ob der Teppich, auf welchem sie kniet, sich senkt; er sinkt mit rasender Geschwindigkeit herab, der Luftdruck des jähen Falles benimmt ihr den Athem; aber mit schrecklicher Deutlichkeit hört sie jedes Wort, das der Kranke da, hoch, hoch über ihr, redet.

»Du wirst ihn nicht verlassen,« sagt er. »Siehe, ich habe nie Jemand geliebt und darum denke ich mit Schrecken daran, vor Gott zu treten, wo der Ankläger sagen wird: ›Er gehört mir, denn er hat nie geliebt.‹ Das ist schrecklich, Adelheid. Wenn Du einmal vor Gott treten wirst, wirst Du sagen können: ›Ich habe wohl geliebt. Ich habe meinen Stiefsohn geliebt. Es war ein häßlicher, mürrischer Jüngling, den kein Mensch leiden mochte, mit dem Niemand sprach, als um ihn zu verspotten und zu quälen. Ich habe ihn gepflegt, als wäre er schön und liebenswürdig gewesen. Ich habe nicht geduldet, daß sie ihn neckten, ich bin lieb und freundlich gegen ihn gewesen, obgleich er mir nie gezeigt hat, daß er meine Liebe zu würdigen wußte.‹

»Dann wird der Ankläger fragen: ›Wen hast Du noch geliebt?‹ Dann wirst Du erwidern: ›Da war auf Erden ein alter Mann.‹ Richte mich ein wenig empor, Adelheid.«

Adelheid hört, wie die Stimme dort hoch oben das sagt, aber wie soll sie nach oben gelangen?

Sie schweigt und die Stimme fährt fort:

»Du wirst sagen: ›Als der Jüngling den bittern Tod kostete, da habe ich alle diese Liebe auf seinen Vater übertragen. Der war nicht weniger einsam und verachtet als der Sohn und sie verhöhnten ihn wie diesen. Ich bin aber seine getreue Gefährtin geblieben.‹ So wirst Du sagen können, Du Treue, Gute. Ach, richte mich etwas empor!«

Und wieder hört Adelheid die Bitte hoch von oben her, sie will sich aufrichten und dem Kranken helfen, aber sie kann nicht, die Glieder sind ihr wie gelähmt.

»Ach, Adelheid, es ist doch schwer zu sterben! Was hatte ich vom Leben? Und doch wird mir das Sterben so schwer, so schwer!«

Adelheid macht eine gewaltige Anstrengung, um sich von der Lähmung, die sie gefangen hält, zu befreien. Als sie sich etwas bewegen kann, fühlt sie die leichte Hand des Kranken auf ihrem Scheitel und weiß wieder, wo sie ist. Sie erhebt sich und richtet den Kranken auf.

»Wie Du stark bist,« sagte er freundlich lächelnd.

Adelheid nickt nur. Dann wendet sie sich ab und sagt rauh:

»Was Du willst, soll geschehen.«

»Alles, Adelheid?«

»Alles. Sage mir nur, was Du noch wünschest.«

»Werdet Ihr in's Ausland gehen?«

Adelheid nickt ihm schweigend zu.

»Thut das. Gott vergelte Dir, Adelheid. Ich habe jetzt nur noch einen Wunsch, aber den kannst Du mir nicht erfüllen. Ich wünschte, daß das Sterben mir nicht allzuschwer würde.«

Adelheid sinkt wieder vor dem Bette nieder und bedeckt seine gelbe, welke Hand mit Küssen. Er läßt es ruhig geschehen und ein freudiges Lächeln spielt um seinen Mund.

»Alle verhöhnen mich,« sagt er, »aber Du küssest mir die Hand.«

Lehmhof kehrte in's Krankenzimmer zurück.

»Du wirst die Wechsel erhalten,« sagte er.

Der Kranke nickte ihm dankbar zu.

»Laßt mich nun ruhen. Wie sanft werde ich jetzt schlafen.«


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