Ovid
Elegien der Liebe
Ovid

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12.
Der Nebenbuhler.

              Was für ein Tag war das, an dem, schwarzfiedrige Raben,
    Düstere Zeichen ihr mir krächztet, dem Liebenden, zu?
Was für ein Unglücksstern trat meinen Geschicken entgegen?
    Wer von den Himmlischen, wer kündigt die Fehde mir an?
Kaum erst hab' ich sie recht als die Meine zu lieben begonnen,
    Muß ich schon fürchten, mein Glück werde auch Andern zu Theil.
Täusch' ich mich? Oder empfahl ich sie selbst durch die eigenen Verse?
    Ja, so ist es. Ich selbst gab in den Liedern sie preis.
Und so geschieht mir ja Recht. Was rühmt' ich so laut ihre Schönheit?
    Bot ich nicht selber sie aus förmlich auf Gassen und Markt?
Ich bin der Kuppler, ich selbst, ich führt' ihr das lüsterne Volk zu,
    Dem ich mit eigener Hand Thüre und Thor dann erschloß.
Ob auch Verse je nützen? Wer weiß! Mir brachten sie stets noch
    Schaden und haben mir nun Neid auf mein Liebstes erweckt.
Stoff bot Theben und Troja genug und die Thaten des Cäsar –
    Aber Corinna allein regte zu Liedern mich auf.
Hätten die Musen sich doch unfreundlich den Versen erwiesen,
    Hättest mir, Phöbus, doch du feindlich den Rücken gewandt!
Endlich: seit wann ist es Brauch, auf die Dichter als Zeugen zu hören?
    Hätte man nun doch auch mir lieber den Glauben versagt!
Wir nur sind es, durch die einst ScyllaScylla, die Tochter des König Nisus von Megara, schnitt diesem aus Liebe zu Minos das Haupthaar ab, an das der Besitz der Herrschaft geknüpft war. Ovid wirft diese Scylla hier nun mit dem bekannten Meerungeheuer zusammen. dem Vater das Haar stahl,
    Uns nur dankt sie den Schoß, wüthend von Hunden umbellt.
Wir nur verliehen die Schwingen dem Fuß und die Schlangen dem Haupthaar,
    Auf das geflügelte Roß setzten Bellerophon wir.
Wir nur streckten den TityosEin Riese, von Apollo und Diana getödtet, und von so mächtiger Körperlänge, daß er mit seinem Leibe einen Morgen Land bedeckte. hin auf so mächtigem Raume,
    Seine drei Köpfe erhielt Cerberus einzig von uns.
Hundertarmig erschufen EnkeladusEnkeladus. Einer der Giganten. wir und wir ließen
    Doppelgestaltete FraunDie Sirenen. Männern berücken das Ohr,
Wir nur schlossen die Winde des Gotts in den Schlauch des Odysseus,
    Tantalus büßt den Verrath dürstend im Strome durch uns.
Niobe haben zu Stein wir gemacht, zur Bärin Kallisto,
    Prokne als Schwalbe beklagt Itys, den eigenen Sohn.
Jupiter wandeln wir heut zum Vogel und morgen zu Gold um,
    Oder er trägt uns als Stier schwimmend Europa durchs Meer.
Red' ich von Proteus noch? Von der Saat der Thebaner, den Zähnen?
    Oder den StierenJason mußte, das goldene Vließ zu erlangen, zwei feuerschnaubende Stiere an den Pflug spannen., die wild Feuer und Flamme gespien?
Nenn' ich noch Phaeton, dich und die Bernstein weinenden SchwesternDie Thränen, welche die Schwestern des Phaeton um diesen bei seinem Sturze mit den Sonnenrossen weinten, wurden in Bernstein, die Schwestern selbst in Pappeln verwandelt.?
    Wie wir aus Schiffen sogar reizende Nymphen gemachtJupiter verwandelte auf Bitten der Cybele die von den Rutulern mit Brand bedrohten Schiffe des Aeneas in Nymphen, die den Nereiden glichen.?
Wie von des AtreusAtreus setzte seinem Bruder Thyestes aus Rache dessen geschlachtete Söhne zum Mahle vor. grausigem Mahle der Gott sich des Lichtes
    Wandte und hartes Gestein lauschte dem Lyragetön?
Ins Unendliche reicht die Schöpferfreiheit des Dichters,
    Nicht aus dem Wirklichen nur schöpft er phantastisch sein Lied.
Und so hättet auch ihr an das Lob der Geliebten nicht glauben
    Sollen – wie elend doch hat mich euer Glaube gemacht!

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