Fritz Müller-Partenkirchen
München
Fritz Müller-Partenkirchen

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A Kinschtler

Strecke München-Schliersee. Mir schief gegenüber sitzt ein Musiker. Wie die Berge näherkommen, packt ihn, man sieht es, ein Thema.

Ein Bauernweiblein steigt ein. Eine, die, man sieht es, für eine ausgiebige Aussprach stets zu haben ist.

Aber bei dem weltentrückten Musiker kommt sie, man sieht es abermals, ganz und gar nicht auf die Rechnung. Obgleich sie's wahrlich nicht an Versuchen fehlen läßt.

»Hoaß is's, hoaß, Heerr.«

Aber der Heerr wandelt traumverloren in den kühlen Säulenhallen einer Sonate.

»Wenn ma denkt, Heerr, was des bisserl Fahrn da kost't, und was ma Zeit verliert dabei, grad heut, wo mei Gscheckete kalbn kunnt, Heerr . . .«

Was aber kümmert das den Heerrn, der, wenn ich's recht verstehe, selbst gerad dabei ist – ich weiß nicht, darf man bei Musik vom Kalben reden? – also sagen wir halt gschwolln, der grad dabei ist, etwas an das Licht der Welt zu bringen.

»Jaa, Heerr, und die Gscheckete kalbt halt gar a so schwaar, net glaubn sollt ma's, wie schwaar daß die Gscheckete kalbn tuat, Heerr . . .«

Der Heerr, der, über allen Wipfeln, an die Fensterscheibe trommelt, glaubt in diesem Zustand alles unbesehn und ungehört.

165 Aber nicht laßt's aus, mei Wab'n: »Jaaa, Heerr, und beim letzten Kaibi, denka S' Eahna, wie mir ziagn, da reißt der Schtrieck –«

Ich sehe angstvoll nach dem schaffenden Künstler, wird er ihm auch reißen, der Strick?

Er reißt ihm nicht. Er hält. Er bringt am Bleistift, mit dem er ein paar Noten ins Notizbuch haut, er bringt an ihm das Kalb – den springenden Sonatenpunkt zur Welt.

Er klappt das Büchlein zu. Er steckt den Stift ein. Er lehnt sich zurück. Glückselig. Er gewahrt auch endlich seine Nachbarin. Er nickt ihr freundlich zu: »Heiß ist's heute, liebe Frau, heiß . . .«

Das Weiblein strahlt, und fröhlich plätschernd geht's dahin . . .

Als sie aussteigt, meint sie, mütterlich vertraulich ihm die Schulter klopfend: »Hab Eahna alleweil studiert, Heerr, glei wie i eingstiegn bin, hab mir denkt: Hat er kei Geld? – naa; is er krank? – naa; spinnt er? – naa; a Kinschtler werd er sei, a Kinschtler!« 166

 


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