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Obgleich die Erde, die den umwölbenden Uranos aus sich gebar und sich mit ihm vermählte, unter die uralten, über Bildung und Form erhabenen Erscheinungen, worauf die Phantasie noch nicht haften kann, zurücktritt, so hat dennoch die bildende Kunst versucht, auch diese Göttergestalt durch allegorische Darstellung zu bezeichnen.
So ist auf der hier beigefügten Kupfertafel, nach einem antiken geschnittenen Steine, die alles ernährende Erde gebildet, in ruhiger Stellung am Boden sitzend und mit ihrer Rechten den Stamm eines Baumes umfassend, dessen Zweige sich über ihrem Haupte ausbreiten. Neben ihr liegt ein Horn des Überflusses, mit der Linken berührt sie die neben ihr ruhende Himmelskugel, vor ihr steht die Siegesgöttin, und unter dem Bilde zweier kleinen weiblichen Figuren, welche Gefäße in den Händen tragen, bringen die wechselnden Jahreszeiten der segnenden Mutter ihre Gaben dar.
Von der Göttin Cybele, unter welchem Namen Rhea, eine Tochter der Erde und des Saturnus Vermählte, als die große Mutter oder die Mutter aller Götter verehrt ward, befindet sich auf ebendieser Tafel eine Abbildung nach einem antiken geschnittenen Steine aus der Stoschischen Sammlung, wo die mächtige Göttin dargestellt ist, auf einem Löwen reitend, das leuchtende Gestirn zu ihrer Rechten, zu ihrer Linken den gehörnten Mond, die Handpauke nah am Haupte haltend und gleichsam auf das Getöse lauschend.
In dieser fremden Göttergestalt, die phrygischen Ursprungs war, verjüngte sich die Dichtung von der Rhea, welche, da sie den Jupiter geboren, statt seiner einen eingewickelten Stein dem Saturnus zu verschlingen gab und heimlich auf der Insel Kreta das Götterkind erziehen ließ, um welches die Korybanten mit ihren Waffen ein wildes Getöse machten, damit Saturnus nicht die Stimme des weinenden Kindes hörte.
An diese alte Sage knüpften sich die Begriffe von Entstehung und Erzeugung des Gebildeten an. Es war die Mutter aller Dinge, welche die zerstörende Obermacht zu täuschen, das zarte Gebildete vom Untergange zu retten und es heimlich und sorgsam zu pflegen wußte, so wie die allbefruchtende Natur es mit dem zarten Keime macht, den sie im Schoß der Erde vor Wind und Stürmen schützt.
So war das Urbild der Cybele die große Erzeugungskraft, die alle Naturen bändigt, den Löwen zähmt, den Schoß der Erde befruchtet. Man dachte sie sich als die Beherrscherin der Elemente, den Anfang aller Zeiten, die höchste Himmelsgöttin, die Königin der Unterwelt und selber als das Urbild jeder Gottheit, die wegen der immer herrschenden, erzeugenden und gebärenden Kraft in ihr sich weiblich darstellt.
Ob aber gleich diese Göttin auf einem mit Löwen bespannten Wagen und mit einer Mauer- oder Turmkrone auf dem Haupte abgebildet wurde, wodurch ihre alles bändigende Macht und zugleich ihre Herrschaft über den mit Städten besäeten Erdkreis dargestellt werden sollte, so war doch diese Abbildung gleichsam nur eine äußere Überkleidung ihres unbegreiflichen gestaltlosen Wesens, welches man sich gerade unter dem Unförmlichen am ehrwürdigsten dachte.
Im Tempel der großen Mutter in Pessinunt war es ein kleiner schwarzgrauer, unebener, spitziger Stein, an welchem die Idee von Gestalt und Form am wenigsten haften konnte, der die verehrte Mutter der Dinge bezeichnete.
Es war derselbe Begriff von diesem hohen Wesen, das sich auch in die Gestalt der ägyptischen Isis hüllte, auf deren Tempel geschrieben stand: ›Ich bin alles, was da ist, was da war, was da sein wird, und meinen Schleier hat kein Sterblicher aufgedeckt.‹
So verehrt nun diese große Göttin selber war, so verächtlich waren größtenteils ihre Priester, an welchen sie dafür, daß sie sich ihr gleichsam zu sehr nähern wollten, eine furchtbare Rache nahm. – Die Priester der Cybele entmannten in ihrer fanatischen Wut sich selber und geißelten und zerfleischten sich. Sie liefen in wilder Begeisterung mit fliegendem Haar umher, das Haupt in den Nacken und von einer Seite zur andern werfend. Die hohe Göttin sahe den Trupp entmannter Weichlinge gleichsam triumphierend in ihrem Gefolge.
Es war die üppigste, ausschweifendste, sich selbst überströmende und in zerfleischende Wut ausartende Lebensfülle, welche den Zug der großen Erzeugerin, der mächtigen Löwenbändigerin allenthalben begleitete.
Die große Mutter aber selber blieb stets verehrt. Der Gottheit schadete die Raserei ihrer Priester nicht, und der Begriff von ihr behielt unter allem Mißbrauch ihrer Hoheit seine ursprüngliche Erhabenheit, indem man in ihr unter jeder Benennung nichts anders als die allerzeugende, allbefruchtende und allbelebende Mutter Natur selbst verehrte.
Obgleich von sterblichen Müttern geboren, sind Bacchus und Herkules dennoch dem Chore der himmlischen Götter zugesellt. Bacchus aber ist demohngeachtet die höhere Göttergestalt; in ihm offenbart sich gleich die ganze Fülle seines Wesens, und er hat unmittelbar unter den himmlischen Göttern seinen Sitz, wozu sich Herkules durch unüberwindlichen Heldenmut den Weg erst bahnen muß.
Dieser tritt daher auch in den Dichtungen der Alten erst unter den götterähnlichen Helden auf, indes sich Bacchus gleich dem Chor der Götter anschließt.
Des Bacchus hohes Urbild war die innre schwellende Lebensfülle der Natur, womit sie dem Geweihten begeisternden Genuß und süßen Taumel aus ihrem schäumenden Becher schenkt. Der Dienst des Bacchus war daher, so wie der Dienst der Ceres, geheimnisvoll; denn beide Gottheiten sind ein Sinnbild der ganzen wohltätigen Natur, die keines Sterblichen Blick umfaßt und deren Heiligtum keiner ungestraft entweiht.
Die Dichtung von der Geburt des Bacchus selber enthält einen hohen Sinn. Die eifersüchtige Juno verleitet Semelen zu dem törichten Wunsche, in Jupiters Umarmung auch seine Gottheit zu umfassen; sie fordert vom Jupiter erst den unverletzlichen Schwur, ihre Bitte zu erfüllen, und nun verlangt sie, daß er in seiner wahren Göttergestalt bei ihr erscheinen solle. Jupiter nähert sich ihr mit seinem Donner, sie aber wird, vom Blitz erschlagen, ein Opfer ihres vermessenen Wunsches.
Den jungen Bacchus reißt der Donnergott aus der Mutter Schoße und verbirgt ihn bis zur Zeit der Geburt in seine eigene Hüfte. – Das Sterbliche wird zerstört, ehe das Unsterbliche hervorgeht. – Die Menschheit kann den Glanz der Gottheit nicht ertragen und wird von ihrer furchtbaren Majestät vernichtet. –
Merkur trug nun den jungen Bacchus zu den Nymphen, die ihn erziehen sollten, und die Inseln und Länder streiten sich um den Vorzug, die wohltätige Gottheit, welche die Menschen den Weinbau lehrte, in ihrem Schoße gepflegt zu haben.
Als Knaben stellen die Dichtungen den Bacchus dar, wie er, gleichsam halb in süßem Schlummer taumelnd, noch nicht die ganze Fülle seines Wesens faßt und vor den Beleidigungen der Menschen furchtsam scheint, bis sich auf einmal durch wunderbare Ereignisse seine furchtbare Macht entdeckt.
Lykurgus, ein König in Thracien, verfolgte die Pflegerinnen des Bacchus auf dem Berge Nysa und verwundete sie mit seinem Beile. Bacchus selber warf sich vor Schrecken ins Meer, wo ihn die Thetis in ihre Arme aufnahm, die ehemals auch den Vulkan bei sich verbarg, als Jupiter ihn vom Himmel geschleudert hatte. Lykurgus aber wurde für seinen Frevel von den Göttern mit Blindheit bestraft und lebte nicht lange mehr, denn er war den unsterblichen Göttern verhaßt.
Als Seeräuber einst den Bacchus, den sie für den Sohn eines Königs hielten, in Hoffnung eines kostbaren Lösegelds, entführen und binden wollten, so fielen dem lächelnden Knaben die Banden von selber ab; und da sie dennoch seine Gottheit nicht erkannten, so ergoß sich erst ein duftender Strom von Weine durch das Schiff; dann breitete sich plötzlich bis zum höchsten Segel ein Weinstock aus, an welchem schwere Trauben hingen; um den Mastbaum wand sich dunkler Efeu, und mit Weinlaub waren alle Ruder bekränzt.
Auf dem Verdeck des Schiffes aber zeigte sich ein Löwe und warf die grimmigen drohenden Blicke umher. Da ergriff die Frevler Angst und grauenvolles Entsetzen; zur Flucht stand ihnen kein Weg mehr offen; sie sprangen vom Schiffe ins Meer, wo sie, sich plötzlich als Delphinen krümmend, Zeugen von der Macht der alles besiegenden Gottheit wurden.
Pentheus, ein König in Theben, der gleich dem Bacchus ein Enkel des Kadmus war und der Verehrung der neuen Gottheit, welcher alles Volk Altäre weihte, sich spottend widersetzte, mußte gleich den Frevlern auf dem Schiffe des Weingottes furchtbare Macht empfinden.
Unter der Gestalt eines Jünglings aus dem Gefolge des Bacchus erschien der Gott ihm selber und warnte ihn durch die Erzählung von dem Schicksal, das die frevelnden Männer traf, die den mächtigen Pflanzer der Reben auf ihrem Schiffe gebunden entführen wollten.
Pentheus, noch mehr vom Zorn entbrannt, ließ den vermeinten Jüngling ins Gefängnis werfen und zu seiner Marter und Hinrichtung die grausamen Werkzeuge bringen.
Plötzlich stürzte das Gefängnis ein, der Gott schüttelte seine Banden ab, und Pentheus, der voll rasender Wut auf dem Berge Cythäron die Priesterinnen des Bacchus verfolgte, ward von seiner eigenen Mutter und ihren Schwestern, die in der wilden Begeisterung ihn für einen Löwen ansahen, in Stücken gerissen und sein Haupt im Triumph emporgetragen.
Der Zug des Bacchus in Indien ist eine schöne und erhabne Dichtung. Mit einem Kriegsheer von Männern und Weibern, das mit freudigem Getümmel einherzog, breitete er seine wohltätigen Eroberungen bis an den Ganges aus. Er lehrte die besiegten Völker höhern Lebensgenuß, den Weinbau und Gesetze.
In seiner Götterbildung verehrten die Sterblichen das Hohe, Freudenreiche des Genusses, was in die menschliche Natur verwebt ist, als ein für sich bestehendes hohes Wesen, das in der Gestalt des ewig blühenden Knaben Löwen und Tiger bändigt, die seinen Wagen ziehen, und im göttlich süßen Taumel, unter dem Schall der Flöten und Trommeln, vom Aufgange bis zum Niedergange durch die Länder aller Nationen triumphierend seinen Einzug hält.
In drei Jahren vollendete Bacchus seinen siegreichen, die Völker der Erde beglückenden Zug, zu dessen Andenken stets nachher, sooft drei Jahre verflossen waren, die Feste gefeiert wurden, an denen das freudige Getümmel, womit der Zug des Bacchus begleitet war, aufs neue von den Bergen widerhallte.
Die Priesterinnen des Bacchus, mit zerstreutem Haar auf den Bergen umherschweifend, erfüllten die Luft mit dem Getöse ihrer Trommeln und mit ihrem wilden Geschrei: »Evoe Bacchus!«
Der drohende Thyrsusstab in ihrer Hand, an dem die farbichten Bänder wehten, während daß unter dem Fichtenapfel sich oben die verwundende Spitze barg, bezeichnet den schönen Feldzug, wo das Furchtbare und Kriegerische unter Gesang und Flötenspiel verborgen lauschte.
Diese begeisterten Priesterinnen des Bacchus, welche auch Bacchantinnen hießen, sind ein erhabner Gegenstand der Poesie. Eine Bacchantin ist gleichsam über die Menschheit erhaben. Von der Macht der Gottheit erfüllt, sind die Grenzen der Menschheit ihr zu enge.
So schildert ein Dichter aus dem Altertume die Begeisterte, wie sie auf dem Gipfel des Gebirges, den sie bewußtlos erstiegen hat, auf einmal vom Schlummer erwacht und nun den Hebrus und das ganze mit Schnee bedeckte Thracien vor sich liegen sieht. »Die Gefahr ist süß«, ruft der Dichter aus, »dem Gott zu folgen, der mit grünendem Laube die Schläfe umkränzt hat.«
Ebendiese Anstrengung aller Kräfte, dies Emporstreben in der wilden, furchtbaren Begeisterung ist es, wodurch dies Bild so schön wird.
Auch das Alter wird in dem Gefolge des Bacchus berauscht vom Lebensgenuß und taumelnd mit aufgeführt. Auf seinem Esel reitet der alte Silen mit schwerem Haupte, von Satyrn und Faunen gestützt, und macht in dem jugendlichen Gemälde den reizendsten Kontrast.
Ohngeachtet dieses Lächerlichen wurde Silen in den Dichtungen der Alten als ein hohes Wesen dargestellt. Ihm wird eine hohe Kenntnis göttlicher Dinge zugeschrieben, und seine Trunkenheit selber wurde sinnbildlich auf den hohen Taumel, worin sein Nachdenken über die erhabensten Dinge ihn versetzte, gedeutet. Auch war er nebst dem weisheitbegabten Chiron der Erzieher des jungen Bacchus.
Zwei Hirtenknaben binden einst den trunkenen, schlummernden Silen, – weil sich ein Gott, den Sterbliche im Schlummer binden können, durch die Gewährung einer Bitte lösen muß; – schalkhaft malt die Nymphe mit dem Saft der Beeren des Trunkenen Schläfe rot, und da nun Silen erwacht, so fordern die Hirten nichts weiter als ein Lied von ihm zum Lösegelde.
Und nun ertönet hohe Weisheit von den Lippen, die der Nektartrank der süßen Trauben netzte. Er singt der Dinge Entstehung und ihren wunderbaren Wechsel. Die Hirten lauschen entzückt auf den Gesang und halten dieses Lied ihrer höchsten Wünsche wert.
Auch diese schöne Dichtung zeigt, wie die Alten das Komische selber wieder mit Würde zu überkleiden wußten und einen Vereinigungspunkt für lachenden Scherz und himmlische Hoheit fanden, der uns entschwunden scheint. – In Elis in Griechenland hatte Silen einen eigenen Tempel, wo man ihm göttliche Ehre erzeigte. –
Der schalkhaft lächelnde Faun, der boshaft spottende Satyr gehörten mit in das Gefolge des Bacchus, worin sich alles vereinigte, was bei jugendlicher Schalkhaftigkeit und frohem Leichtsinn durch eine höhere Natur über die Sorgen und Pflichten der Sterblichen erhaben und durch menschliche Bedürfnisse auf keinen Grad der Mäßigung beschränkt war.
Denn in dem hohen Sinnbilde, welches den fröhlichen Genuß des Lebens selbst bezeichnet, der, über den ganzen Erdkreis sich mitteilend und verbreitend, keine Grenzen kennt, mußte auch die Darstellung des höchsten Genusses unbeschränkt sein und alles das sich in der Dichtung zusammenfinden, was, wenn es wirklich wäre, die Menschheit zerstören würde.
Denn freilich ist es die Allgewalt des Genusses, die furchtbar über den Menschen waltet und ebenso wohltätig, wie sie ist, auch wieder Verderben drohet.
Eben der Dichter aus dem Altertum, welcher mit hoher Begeisterung das Lob des Bacchus singt, ermahnt daher die Trinker, des blutigen Zanks sich zu enthalten und führt zum warnenden Beispiel das Gefecht der Centauren und Lapithen an, welche, vom Wein erhitzt, des gastfreundschaftlichen Mahls vergaßen und, von wilder Mordlust hingerissen, in rasendem Getümmel gegeneinander stürmten, bis die Leichname der Erschlagnen den Boden deckten.
Ohngeachtet dieser drohenden Gefahr war aber dennoch hoher Lebensgenuß und selbst die wilde Freude bei den Alten in der Reihe der Dinge mit gezählt und von den Festen der Götter nicht ausgeschlossen. Das Leben war ein saftvoller Baum, der ungehindert Äste und Zweige emporschoß und den auch seine üppigen Auswüchse nicht entstellten.
Bis zu der hellsten Flamme wurden die Leidenschaften angefacht und hielten dennoch, alle gleich mächtig, sich die mehrste Zeit einander im schönen Gleichgewicht. Heldenruhm, Triumphe, frohlockende Gesänge und hohe Lebensfreuden waren in immerwährendem Gefolge: durch diesen süßen Wechsel wurde das Gemüt stets offen und frei erhalten; geheime Wünsche und Gedanken durften noch unter keiner Larve von falscher Bescheidenheit und Demut sich verstecken.
Sobald man ein Bacchanal sich ohne Üppigkeit denken wollte, würde es aufhören, ein Gegenstand der Kunst zu sein; denn gerade die Wildheit, das Taumeln, das Schwingen des Thyrsusstabes, die Ausgelassenheit, der Mutwille macht das Schöne bei diesen frohen Wesen aus, die nur in der Einbildungskraft ihr Dasein hatten und, bei den Festen der Alten in einer Art von Schauspiel dargestellt, den düstern Ernst verscheuchten.
Auf den Marmorsärgen der Alten findet man häufig Bacchanale abgebildet. Um selbst noch hier den Ernst mit frohem Lächeln, die Trauer mit der Fröhlichkeit zu vermählen, ist gerade der Punkt gewählt, wo Tod und Leben auf dem Gipfel der Lust am nächsten aneinandergrenzen. Denn der höchste Genuß grenzt an das Tragische, er droht Verderben und Untergang; dasselbe, was die Menschengattung mit jugendlichem Feuer beseelet, untergräbt und zerstört sie auch.
Da nun durch das frohe Getümmel des Bacchus die höchste Fülle der Lust bezeichnet werden soll, so ist ein gemäßigtes Bacchanal kein Bacchanal, ebenso wie eine sanfte Juno keine Juno, ein ehrlicher Merkur kein Merkur, ein enthaltsamer kalter Jupiter kein Jupiter und eine dem Vulkan getreue Venus keine Venus ist.
In der Göttergestalt des ewig jungen Bacchus verjüngten sich nun auch wie bei den übrigen Göttern die ähnlichen Erscheinungen, welche die Vorwelt in dunkle Sagen hüllte.
Demohngeachtet gab es noch einen Indischen oder Ägyptischen Bacchus, welcher bärtig dargestellt wurde und dessen Abbildung man nicht selten unter den alten Denkmälern findet. – Die goldnen Hörner auf dem Haupte des Bacchus, welche die bildende Kunst der Griechen versteckte oder sie nur ein wenig hervorscheinen ließ, geben dieser Dichtung ebenfalls ein Gepräge des hohen Altertums, wo das Horn auf die erhabensten Begriffe von inwohnender wohltätiger Götterkraft und unbesiegter Stärke deutet.
Unter den Tieren ist der gefleckte Panther dem Bacchus geweiht; es ist die Wut, die Grausamkeit selber, welche durch ihn gezähmt wird und sich zu seinen Füßen schmiegt.
Der immergrünende Efeu, die Schlange, die sich verjüngt, indem sie ihr Fell abstreift, sind schöne Sinnbilder der nie verwelkenden Jugend, worin die Göttergestalt des Bacchus dem Apollo gleicht, nur daß die bildende Kunst der Alten den Bacchus weicher und weiblicher, mit stärkern Hüften darstellt.
Auf der hier beigefügten Kupfertafel befindet sich eine Abbildung des Bacchus nach einem schönen antiken geschnittenen Steine aus der Lippertschen Daktyliothek; Bacchus sitzt auf einem Wagen, der von zwei Panthern gezogen wird; auf den Panthern sitzen Liebesgötter, von denen der eine die Flöte spielt. Das Grausame und Wilde schmiegt sich unter die Herrschaft des Sanften und Fröhlichen.
Auf ebendieser Tafel ist auch Silen nach einem antiken geschnittenen Steine abgebildet, in seiner Rechten eine Hippe und mit der Linken sich auf eine Leier stützend. Ein schönes Sinnbild des hohen Taumels, der in harmonische Gesänge überströmt.