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§ 4. Philal. Man läßt leichter eine unendliche Zeitdauer, als eine unendliche Ausdehnung des Raumes zu, weil wir eine unendliche Dauer in Gott denken, während wir die Ausdehnung nur der Materie, die endlich ist, zuschreiben, und die Räume außerhalb des Weltalls als bloß eingebildete betrachten. Aber (§ 2) Salomon scheint andere Gedanken zu haben, indem er von Gott redend sagt: Die Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht; und ich für meinen Teil glaube, daß sich derjenige eine zu hohe Vorstellung von der Fassungsgabe seines eigenen Verstandes macht, der sich einbildet, seine Gedanken weiter als bis zu dem Ort, wo Gott ist, erstrecken zu können.
Theoph. Wenn Gott ausgedehnt wäre, würde er Teile haben, während man, wenn man ihm Dauer zuschreibt, nur seinen Tätigkeiten Teile zuspricht. Indessen muß man ihm hinsichtlich des Raumes die Unermeßlichkeit zuschreiben, die gleichfalls den unmittelbaren Wirkungen Gottes Teile und Ordnung gibt. Er ist die Quelle der Möglichkeiten wie der Wirklichkeiten, der einen durch sein Wesen, der anderen durch seinen Willen Vgl. Monadologie § 43 ff; Band II, S. 445 f.. So hat der Raum wie die Zeit ihre Wirklichkeit nur von ihm, und er kann das Leere nach seinem Belieben ausfüllen. In dieser Hinsicht ist er also überall.
§ 11. Philal. Wir wissen nicht, in welchen Beziehungen die Geister zum Raume stehen, noch wie sie an ihm teilhaben; dagegen wissen wir, daß sie an der Dauer teilhaben.
Theoph. Alle endlichen Geister sind immer an einen bestimmten organischen Körper gebunden und stellen sich die übrigen Körper gemäß der Beziehung, in der sie zu diesem stehen, vor. So ist ihre Beziehung zum Raum ebenso offenbar, als die der Körper Über die Beziehung der einfachen Substanzen zum Raume s. die Einleitung zu den »Schriften zur Metaphysik«, Band II, S. 99 ff; vgl. auch Band I, 138; Band II, 329, 449.. Übrigens möchte ich, ehe wir diesen Gegenstand verlassen, bezüglich des Vergleichs von Raum und Zeit noch einen anderen Umstand, außer denen, die Sie bereits angeführt haben, hervorheben. Gäbe es nämlich im Raum ein Leeres (wie z. B. wenn eine Kugel innerlich hohl wäre), so wäre seine Größe bestimmbar. Gäbe es dagegen in der Zeit eine Leere, d. h. eine Dauer ohne Veränderungen, so wäre es unmöglich, ihre Länge zu bestimmen. Daher kann man die Behauptung, daß zwei Körper, zwischen denen es eine Leere gibt, sich berühren müssen, widerlegen, denn zwei einander entgegengesetzte Pole einer leeren Kugel können sich nicht berühren, das verbietet die Geometrie; wollte dagegen jemand behaupten, daß zwei Welten, von denen die eine auf die andere folgt, sich hinsichtlich ihrer Dauer berühren müssen (derart, daß notwendig die eine beginnt, wann die andere endet, ohne daß es zwischen ihnen ein Zeitintervall geben könne), so wäre dies nicht zu widerlegen: weil in der Tat ein solches Zeitintervall unbestimmbar ist. Wenn der Raum nur eine Linie und der Körper unbeweglich wäre, so würde es ebensowenig möglich sein, die Größe des leeren Raumes zwischen zwei Körpern zu bestimmen.