Antoine de la Salle
König Ludwigs galante Chronika
Antoine de la Salle

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Der Ehemann als Beichtiger.

Im Lande Brabant, dem schönen, erquicklichen Gebiet, das mit hübschen, gewöhnlich recht artigen und tugendhaften Mägdelein recht nett ausgestattet und geziert ist, übrigens auch zumeist mit Männern, von denen man sagen könnte, – wie es sich ja auch in Wirklichkeit herausgestellt hat: je mehr da sind, um so dummer sind sie – in diesem Lande Brabant also geschah es einstmals, daß ein Edelmann von guter Abkunft und entsprechender Zukunft es sich in den Kopf setzte, übers Meer nach verschiedenen Orten Reisen zu unternehmen, wie nach Zypern, nach Rhodos und andern Gebieten jener Gegend. Zu guter Letzt war er in Jerusalem und wurde dort zum Ordensritter geschlagen.

Während der Dauer seiner Reise war sein wackeres Weib nicht ganz untätig, sondern ließ sich mit dreien ihrer Nachbarn ein, die, wie das mit der Zeit so kommt, gar höfisch in Worten und Taten bei ihr Dienst taten und so bei ihr ein offen Ohr fanden, vor allem war da ein frisch-fromm-fröhlicher Junker, mannhaft in jeder Beziehung, der derart ins Zeug ging, daß sie ihn bis auf die Haut plünderte und wie eine Zitrone auspreßte. Er bekam die Geschichte schließlich satt, zog sich zurück und ließ sie kurz und gut sitzen.

Der andere, der danach kam, war ein Rittersmann und ein Held von großem Rufe, der gar froh war, diesen Platz erstürmt zu haben und, just wie der andere, nach besten Kräften das Seine tat, und gleichfalls so viel Geld springen ließ, als das verbuhlte Weiblein ihm nur abzuluchsen verstand, denn in der Beziehung konnte es ihr keiner gleichtun. Kurz und gut: war der wackere Junker, der zuvor diesen Platz innegehabt hatte, ausgeplündert und gerupft worden, so ward es dieser nicht minder. Er machte also kehrt, nahm Abschied und überließ die Schöne anderen.

Um noch einen hübschen Mund voll zu bekommen, hing sich das Frauchen nunmehr an einen Priester, und war der auch schlau, gerissen und mit Geld überreich ausgestattet, so wurde er doch mit Kleidern, Zierat, Ringen und dergleichen gehörig geschröpft.

Da geschah es Gott sei Dank, daß der wackere Ehemann dieses verbuhlten Weibleins Kunde von seiner Ankunft gab und berichten ließ, wie er in Jerusalem Ordensritter geworden sei. Alsbald ließ sein gutes Weib das Haus herrichten, schmücken, behängen, putzen und zieren, so sehr es nur irgend möglich war. Alles war, kurz gesagt, fein säuberlich und recht vergnüglich, mit Ausnahme von ihr allein, die im Hause saß, denn mit der vielen Beute, die sie durch ihres Leibes Kunst davongetragen hatte, war von ihr ein gewaltiger Haufen von Geschirr, Geweben, Leinen und anderem Hausrat zusammengeschleppt worden.

Weiß Gott, was es dann für eine Freude und frohe Feier gab, als der holde Gemahl seinen Einzug hielt. Besonders stellte sich diejenige an, die gar nicht so wild darauf versessen war, – seine wackere Frau. Ich gehe über all ihre Freudenäußerungen hinweg und will zu dem Augenblick kommen, wo ihr Herr Gemahl, wenn er auch ein arger Tropf war und noch ist, die Augen ob dieses Jahrmarktes von Möbeln aufsperrte, derweile er sein Haus durchlief, denn all die schönen Dinge waren ja vor seiner Reise noch nicht darin zu finden gewesen. So kam er zu den Kästen und Anrichteschränken und zu andern Stätten und fand eine solche Überzahl, daß ihm ein Schwindel zu Kopfe stieg und er gleich auf den ersten Anhieb begriff, was da los war. So kam er also alsbald recht erhitzt und übler Laune zu seiner guten Frau und erkundigte sich, wo denn all diese Menge Habe herkäme, die weiter vorn aufgezählt worden ist.

»Beim heiligen Johann,« versetzte unsere Frau, »edler Herr, das ist gar nicht so übel gefragt. Ihr habt wirklich allen Grund, deshalb solch Wesens zu machen, und wenn man Euch so sieht, scheint es gar, als ob Ihr erzürnt wäret!«

»Ganz recht, ich bin durchaus nicht bester Laune,« erwiderte er, »denn ich habe Euch bei meiner Abreise nicht so viel Geld dagelassen, und Ihr könnt Euch auch nicht so viel erspart haben, um all das Geschirr, die vielen Zeuge und diese Unmenge von Geschmeiden anzuschaffen, die ich hier im Hause finde. Ich glaube und ich argwöhne wohl nicht ohne Grund, daß sich irgend jemand an Euch herangemacht und unsern Haushalt derart unterstützt hat!«

»Bei Gott, edler Herr,« erwiderte die schlechte Frau, »Ihr habt unrecht, eine solche Gemeinheit auf mich laden zu wollen. Ich wollte gern, daß Ihr die Überzeugung bekommt, wie wenig ich solch einer Frau gleiche. Vielmehr bin ich noch weitaus besser in jeder Beziehung, als Ihr es überhaupt verdient. Ist das etwa recht: – ich habe mir so viel Mühe gegeben, zu sparen und aufzuhäufen, um Euer und mein Haus wachsen zu machen und zu verschönen, und nun bekomme ich Vorwürfe, werde gescholten und geschmäht! Das nennt man doch nicht, meine Mühe anerkennen, wie es einem guten Ehemann gegenüber seiner wackeren, tugendsamen Frau geziemt. Ja, so sieht Eure Frau aus, Ihr böser, schlechter Kerl, und es ist eigentlich schade darum.«

Der Streit dauerte eigentlich noch viel langer, aber schließlich hörte er auf, und es blieb eine Weile still. Um aber über das Verhalten seiner Frau genau Bescheid zu erhalten, faßte der Ehemann den Plan, sich mit seinem Pfarrer, der zugleich sein bester Freund war, dahin zu verständigen, daß er selbst ihre Beichte hören sollte. Das brachte er denn auch mit Hilfe des Pfarrers, der ihm dabei sehr gern entgegenkam, zuwege.

Eines Morgens nämlich in der Osterwoche, als sie sich ihrem Pfarrer nahte, um zu beichten, schickte er sie in eine geheime Kapelle, kam dann zu dem Ehemann, hüllte ihn in sein Gewand und schickte ihn flugs zu seiner Frau, damit er seine Stelle vertreten sollte. Man braucht nicht erst zu fragen, ob unser Ehemann darüber froh war. Als er sich so dicht am Ziele sah, lief er eilends in die Kapelle und trat, ohne ein Wort zu sagen, in den Beichtstuhl. Schon kam sein Weib, ließ sich vor ihm auf die Knie nieder, glaubte wahrhaftig, daß es ihr Pfarrer sei, und begann ohne Zögern mit der Beichte. Sie sprach das Benidicite, und unser Freund, ihr Ehemann, erwidert das Dominus; und so gut er es wußte, ganz wie der Pfarrer es ihn gelehrt hatte, sagte er alles, was zur Sache gehörte.

Nachdem dann die gute Frau Generalbeichte gehalten hatte, ging sie auf die Einzelheiten ein und begann zu erzählen, wie sie in der ganzen Zeit, während ihr Mann außer Hause gewesen war, zunächst einen Junker zum Stellvertreter gehabt und dessen Gold, Silber und Geschmeide in großen Mengen zu eigen bekommen habe. Gott weiß, wie wohl dem Manne zumute war, als er diese Beichte hörte. Hätte er es gewagt, so würde er sie auf der Stelle umgebracht haben. Um aber noch weiter mitanzuhören, faßte er sich in Geduld

Als sie sich lang und breit über den ersten ausgelassen, hatte, bezichtigte sie sich alsbald des Umganges mit dem Rittersmann, der sie gleich dem ersten mit Schmuck überhäuft hatte. Der gute Ehemann barst und zersprang schier vor Kummer, aber er wußte nicht, wie sich aus der Sache ziehen: sollte er sich zu erkennen geben und ihr die Sühne ohne längeres Zögern zuteil werden lassen?

Er tat es doch nicht, nahm Geduld und wollte sie erst noch weiter anhören. Nach der Geschichte von dem Rittersmann kam alsbald der Priester an die Reihe, dessen sie sich ebenfalls voll Demut bezichtigte. Aber, o heilige Jungfrau, bei diesem Schlag verlor der gute Ehemann alle Geduld und vermochte sie nicht länger mitanzuhören. Er warf Kutte und Kapuze weg, zeigte sich ihr und rief:

»Falsches, treuloses Geschöpf, jetzt sehe und erkenne ich all Euren Verrat! Weder der Junker noch der Rittersmann genügte Euch! Konntet Ihr also nicht ohne einen Priester auskommen?! Der geht mir bei Gott noch mehr zu Herzen und bringt mich noch ärger in Zorn als alles was Ihr sonst getan habt!«

Nun müßt ihr wissen, daß die wackere Frau auf den ersten Anhieb gewaltig verblüfft und überrascht war. Aber ihre Fähigkeit, schlagfertig zu antworten, gab ihr die Sicherheit wieder, und ihre Selbstbeherrschung kam ihr so wohl zu Hilfe, daß ihre Antwort, wenn man sie so hörte, sicherer schien als das größte Recht der Welt. Zuerst sprach sie ein Stoßgebet, dann aber erwiderte sie Schlag auf Schlag, wie es der heilige Geist ihr eingab, und sagte kühl:

»Armer Wicht, der Ihr such so quält, – wißt Ihr wenigstens, wofür? Also hört mich gefälligst an. Glaubtet Ihr vielleicht, ich habe nicht ganz genau gewußt, daß Ihr es seid, dem ich da beichte? So habe ich Euch aufgedient, wie die Lage es erforderte, und ich erzählte Euch meine ganze Geschichte, ohne auch nur ein Wörtlein hinzuzulügen. Sehet nur recht zu: der Junker, dessen ich mich bezichtigte, seid Ihr, mein holder Freund, denn als Ihr mich in die Ehe führtet, waret Ihr Junker, und Ihr tatet mit mir, was Euch gefiel, und waret mir zu Diensten, – Ihr wißt es selbst, – Gott weiß, wie bereitwillig. Auch der Rittersmann, der mein Herz gewann und dessen ich mich beschuldigt habe, waret auf mein Wort Ihr selbst. Denn bei Eurer Rückkehr habt Ihr mich zur Edelfrau gemacht. Und endlich seid Ihr auch der Priester, denn keiner, der nicht Priester ist, kann die Beichte anhören.«

»Auf mein Wort, Liebste,« versetzte darauf der Rittersmann, »Ihr habt mich wahrlich überwunden und mir klar und deutlich gezeigt, daß Ihr tugendsam und gut seid, und daß ich Euch ohne Grund, zu Unrecht und gar übel beraten, beschuldigt und genugsam Schlimmes von such gesagt habe. Aber das tut mir leid, ich bereue es, bitte Euch um Verzeihung und verspreche such, die Sache gemäß Euren Worten wieder gutzumachen.«

»So sei such denn ebenfalls leichten Herzens vergeben,« versetzte die wackere Frau, »da Ihr die Sache nunmehr! eingesehen habt.«

Derart also wurde der gute Rittersmann durch den listigen, scharfsinnigen Geist seiner ungetreuen Frau hintergangen.


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