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Unlängst lebte in einem Städtlein unseres Königreiches im Herzogtum Auvergne ein Edelmann. Zu seinem Unglück hatte er eine sehr schöne junge Frau, von deren Güte soll meine Geschichte erzählen.
Diese gute Dame machte sich an einen Pfarrer heran, der eine halbe Meile abseits in der Nachbarschaft wohnte, und die freundnachbarlichen Beziehungen wurden so innig, daß der wackere Pfarrer allemal den Edelmann vertrat, wenn der außer Hause war. Die Kammerjungfer, die unsere Dame hatte, war in ihr Verschulden eingeweiht, trug dem Pfarrer oft Botschaften zu und übermittelte ihm Ort und Stunde, wo er sich ungestört bei ihrer Herrin einfinden könnte.
Immerhin wurde die Sache nicht so geheim geführt, als es die Pflicht des Pärchens gewesen wäre. Denn ein naher Verwandter des Edelmanns, der von dieser Entehrung betroffen wurde, erfuhr von der Geschichte und setzte den Ärmsten, den die Sache unmittelbar betraf, so genau davon in Kenntnis, wie man das nur irgend vermag und kann. Ihr könnt euch denken, wie wenig zufrieden unser Edelmann war, als er erfuhr, daß während seiner Abwesenheit sein Weib sich mit diesem Pfarrer behalf, wäre nicht sein Vetter zur Hand gewesen, so würde er im gleichen Augenblicke, da er die Mitteilung erhielt, mit eigener Hand schreckliche Rache genommen haben. So aber ließ er sich bestimmen, seinen Rachedurst zu verschieben bis er die beiden auf der Tat ertappt haben würde. Demgemäß beschloß er gemeinsam mit seinem Vetter nach einem Orte, der vier oder sechs Meilen von seinem Herrensitze entfernt lag, eine Wallfahrt zu unternehmen und seine Frau und jenen Pfarrer mitkommen zu lassen, um besser beobachten zu können, wie die beiden miteinander standen.
Als sie sich dann von dieser Wallfahrt aus den Heimweg machten (der Herr Pfarrer hatte unterwegs alle Liebeskünste, zuckersüße Augen und sonstige aufmunternde Zärtlichkeiten spielen lassen), ließ sich der Ehemann durch eine geheuchelte Botschaft zu einem hohen Herrn seines Landes abberufen. Er tat, als ginge ihm das gar sehr gegen den Strich und als schiede er nur mit Bedauern von der Reisegesellschaft; aber was half es: er wagte ja nicht ungehorsam zu sein, da der edle Herr nun einmal den Wunsch geäußert hatte. So brach er denn auf, begab sich hinweg, und sein Vetter, der andere Edelmann, erklärte, ihm Gesellschaft leisten zu wollen, weil er auf dem Heimwege zu seinem Sitze ziemlich denselben Weg hatte.
Niemals waren der Pfarrer und die Dame fröhlicher als in dem Augenblicke, da sie diese freudige Überraschung vernahmen. Sie berieten eifrig und beschlossen, der Pfarrer sollte im Hause von ihr Abschied nehmen und fortgehen, damit keiner der Hausbewohner gegen ihn Verdacht schöpfen könnte; um Mitternacht aber solle er wiederkommen und auf dem Wege, den er zu benutzen gewohnt war, zu seiner Dame schleichen. Es dauerte denn auch nicht lange, nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatten, da entfernte sich unser Pfarrer und verabschiedete sich.
Nun müßt ihr wissen, daß der Ehemann und der Edelmann, sein Verwandter, an einer Wegenge, wo der Pfarrer unbedingt hindurch mußte, sich in den Hinterhalt gelegt hatten; denn um diese Stelle zu meiden, hätte er einen gar zu weiten Umweg machen müssen. So sahen sie unseren Pfarrer vorbeikommen, und ihr Herz sagte ihnen, daß er zur Nacht dorthin zurückkehren würde, von wannen er gekommen war, – wie er das ja auch wirklich vorhatte. Ohne ihn zu hindern oder ein Wort zu sagen, ließen sie ihn vorbei. Dann aber faßten sie den Gedanken, eine prächtige Falle mir Hilfe einiger Bauern herzurichten, die zu solchen Diensten gern bereit waren. Eilig wurde die Falle trefflich und zweckmäßig gegraben und hergerichtet, und es dauerte auch gar nicht lange, da fing sich bereits ein Wolf darin, der dort umherstreifte.
Einige Zeit danach kam Meister Pfarrer des Weges daher, in schmuckem Stutzerrock und mit einer schönen Schweinsfeder am Kragen. Als er zu der Falle kam, plumpste er hinein und saß nun, baß erstaunt, mit dem Wolf zusammen. Und dem Wolfe, der den Anfang gemacht war nicht minder bange vor dem Pfarrer, wie dem Pfarrer vor ihm.
Als unsere beiden Edelleute unsern Pfarrer mit dem Wolfe wohlgeborgen sahen, waren sie über die Maßen froh darüber; und der, dem die Sache am nächsten ging, erklärte steif und fest, er würde sich sein lebelang nicht von der Stelle rühren und den Kerl in dem Loch umbringen. Der andere machte ihm wegen seiner argen Absichten Vorwürfe und wollte ihm nicht gestatten, den Pfarrer zu töten; ihm schien es reichlich genug, wenn man den Spitzbuben seiner Mannheit beraubte. Aber der Ehemann wollte ihn unbedingt und in jedem Falle umgebracht haben.
In dieser Unentschlossenheit blieben sie lange und warteten derweile, daß es Tag und hell würde. Während sie aber derart harrten, saß die Ehefrau daheim in Erwartung ihres Pfarrers und wußte gar nicht, was sie von seinem Ausbleiben denken sollte. Schließlich hielt sie es für das beste, ihre Kammerfrau zu ihm zu schicken, damit er sich ein wenig sputen sollte, die Zofe machte sich aus den Weg zum Pfarrershause, geriet in die Falle und wupps, purzelte sie zu dem Wolf und dem Pfarrer hinein. Denkt euch das Staunen des Mägdeleins, als es sich da in diesem Loche neben dem Wolf und dem Pfarrer hocken sah.
»Ach, weh,« jammerte der Pfarrer, »ich bin verloren, meine Tat ist entdeckt. Irgendeiner hat an diesem Durchgang auf uns Jagd gemacht!«
Und der Ehemann und der Edelmann, sein Vetter, die alles sahen und hörten, waren froh und guter Dinge, wie man es nicht mehr sein konnte. Als hätte es der Heilige Geist ihnen eingegeben, sagten sie sich, daß nun wohl auch die Herrin ihrer Kammerfrau folgen würde, nachdem sie von dem Mägdelein vernommen hatten, daß ihre Herrin sie zu dem Pfarrer geschickt hatte, um zu erfahren, warum er so lange ausbliebe und nicht zu der zwischen beiden vereinbarten Zeit käme.
Wirklich: als die Herrin inne ward, daß weder der Pfarrer kam, noch die Kammerfrau heimkehrte, wohl aber der Tag immer näher herandämmerte, da kam ihr die Besorgnis, am Ende konnte die Kammerfrau mit dem Pfarrer irgend etwas ihr zum Schaden ausfressen. Sie gedachte, die beiden vielleicht in dem kleinen Gehölz überraschen zu können, das sich in unmittelbarer Umgebung der Falle befand; und so entschloß sie sich, dorthin zu geben und einmal nachzuschauen, ob sie nichts Näheres in Erfahrung bringen konnte. Sie wandelte also über Land zu dem Hause des Pfarrers hin, gelangte zu der Stelle, wo die Falle lag, und plumpste zu den andern in die Grube. Wer von der ganzen Gesellschaft, die sich nunmehr andorten versammelt sah, sich am meisten verwunderte, braucht unseren Kopf nicht zu beschweren, und ebensowenig brauchen wir zu bezweifeln, daß jeder sein möglichstes tat, um aus dem Loch hinauszukommen. Aber das führte zu nichts, und allesamt betrachteten sie sich bereits als totgeweiht und entehrt. Die beiden aber, die das Werk vollbracht hatten, der Ehemann besagter Frau und sein Vetter, der Edelmann, traten eben an die Grube heran, begrüßten die Gesellschaft und kündigten ihr an, daß sie jetzt erst ein treffliches Mahl zu sich nehmen und ein Frühstück bereiten wollten.
Der Ehemann starb fast vor Begier, eine Gewalttat zu begehen, und so fand er schließlich einen Vorwand, seinen Vetter fortzuschicken, um einmal nach ihren Pferden zu sehen, die nicht weit davon in einem Hause untergestellt waren. Während er sich seiner entledigt sah, sammelte er, so gut es ging, reichlich Reisig, stopfte es in die Grube, legte Feuer an und verbrannte die ganze Gesellschaft, die Frau, den Pfarrer, die Kammerzofe und den Wolf.
Alsdann entwich er aus dem Lande und ließ den König durch Boten um die Erlaubnis zur Rückkehr bitten. Er erlangte auch ohne große Schwierigkeiten Verzeihung. Manche behaupten sogar, der König habe gesagt, daß es nur um den armen Wolf schade gewesen sei, der mitverbrannt wurde, obgleich er an der Missetat der anderen doch keinerlei Schuld gehabt habe.