Artur Landsberger
Das Blut
Artur Landsberger

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Fünfzehntes Kapitel.

Kornelia hatte sich, als sie auf den Boden schlug, keinen Schaden getan. Auch seelisch berührte sie der Vorfall nicht. Nachdem sie Johannes einmal in seiner wahren Gestalt erkannt hatte, fügte dieser Akt der Roheit sich völlig in das Bild ein. Und wenn sie zu wählen hatte, so war es ihr lieber, er gab sich so roh und niederträchtig wie er war – auch wenn sie körperlich dadurch gefährdet war – als daß er in einer seiner Masken auftrat und sie durch seine vollendeten Verstellungskünste verblüffte und verwirrte.

Als Kornelia sich erhoben hatte, war sie zum nächsten Stuhl gewankt und in Hut und Pelz immer in der Erwartung, daß sich etwas ereignen würde, sitzen geblieben.

Gegen Morgen war Peter Last erschienen, der ewig lächelte und stets eine gewisse Distanz wahrte. Er brachte einen photographischen Apparat mit und erklärte Kornelia, sie auf eine Anweisung des Johannes hin aufnehmen zu wollen.

»Zu welchem Zweck?« fragte Kornelia.

»Ich weiß es auch nicht!« erwiderte Peter Last. »Und da ich die Befehle des Herrn van Gudry auszuführen habe ohne zu fragen, so kann ich nur vermuten.«

»Was vermuten Sie?«

Er tat geheimnisvoll und sagte: »Man denkt sich so allerlei. – Zum Beispiel, wenn Sie eines Tages hier verschwänden – es könnte ja sein, daß es Ihnen auf die Dauer hier nicht behagt – so hätte man etwas von Ihnen in Händen – Sie verstehen?«

»Kein Wort!«

»Na, heutzutage hat ja wohl jeder anständige Mensch etwas auf dem Kerbholz. Und ein Steckbrief ist immer wirksamer, wenn er eine Photographie trägt.«

»Sie meinen, daß er mich . . .?«

»I Gott bewahre, ich verbrenn' mir höchstens das Maul. Ebensogut ist es möglich, daß er Sie über sein Bett hängen will. Ich kenne mich bei ihm nicht aus! So viel Geduld wie mit Ihnen hat er noch mit keiner Frau gehabt. Am Ende liebt er Sie!«

»Das wäre schrecklich!« rief Kornelia; und der Gedanke, der ihr nie gekommen wäre, quälte sie. Einen Abscheu vor sich selbst bekam sie bei der Vorstellung, daß sich in diesem Menschen irgendein Gefühl für sie regte.

Diese Nachdenklichkeit Kornelias nutzte Peter Last für seine Aufnahmen. Als sie sich nach einer ganzen Weile wieder an ihn wandte und mit großer Bestimmtheit erklärte: »Auf keinen Fall dulde ich, daß Sie mich aufnehmen!« da lachte er noch mehr als sonst, legte seinen Apparat zusammen und sagte:

»Das ist auch gar nicht nötig, denn es ist bereits geschehen.«

Trotz des Einwandes, den Kornelia erhob, entfernte sich Peter Last; höchst belustigt über das Gelingen seines Plans, von dem er sofort Johannes van Gudry in Kenntnis setzte.

* * *


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