Robert Kraft
Die Vestalinnen, Band 3
Robert Kraft

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8.

Von Polypen belagert.

Die Engländer waren wirklich nicht schuld daran gewesen, daß die beiden Mädchen auf dem Boden zurückgeblieben waren, hätten sie und ganz besonders Harrlington, geahnt, daß dieselben nicht mitkamen, so wären sie ihnen zur Seite geblieben oder beim Bemerken ihres Fehlens sofort wieder umgekehrt, trotz der fürchterlichen Gefahr, die ihnen unten drohte.

Es war alles so geschehen, wie Harrlington in kurzen Worten dem Ingenieur erzählt hatte.

Nicht lange hatte sich Hoffmann mit seinen drei Matrosen entfernt gehabt, als die bei den Drähten Wartenden durch eine Handbewegung von Williams aufgefordert wurden, nach einer bestimmten Richtung zu blicken.

Zu ihrem Schrecken sahen sie da einige formlose Klumpen, wohl zwei Meter hoch und breit, angekrochen kommen, und, so undeutlich die Gestalten sich im Wasser ausnahmen, an den umhergreifenden Armen erkannte man sie doch sofort als Polypen, welche sich direkt auf sie zu bewegten.

John Davids war der erste, welcher sein Gewehr in Bereitschaft setzte, aber sofort teilte ihm Harrlington mit, daß nach Aussage des Ingenieurs die elektrischen Glaskugeln bei dem weichen Körper der Tiere keine Wirkung erzielten, und alle sahen ein, daß sie sich nur durch schleunige Flucht retten konnten.

Es mochten wohl gegen zehn Ungeheuer sein, welche sich ihnen näherten, also zu viele, um daran denken zu können, ihnen mit dem Messer erfolgreich gegenüberzutreten, aber sie hofften auch nicht, ihnen durch Flucht entgehen zu können, denn das Wasser täuscht in der Entfernung sehr. Alle glaubten, die Tiere kämen bedeutend schneller heran, als es wirklich war. In der Tat waren sie auch schon nahe, und es war die höchste Zeit zu fliehen, wollte man nicht in ihrer Umarmung erdrückt werden.

Unbekannt mit dem Umstande, daß die Polypen sich nicht schnell fortbewegen konnten, waren sofort alle mit Harrlingtons geschriebenem Vorschlage einverstanden, sich durch Benutzung der Luftblasen in die Höhe heben zu lassen. Es war anzunehmen, daß ihnen die Tiere nicht folgten, und war es der Fall, so konnte man sich während der Auffahrt noch immer mit der Waffe wehren.

Es war keine Zeit mehr, die Drahte oder den Mädchen die Taue anzulegen, die Ventile wurden geöffnet, zischend fuhr die Luft aus einem besonderen Teile des Kastens in die Blasen, diese füllten sich, und gleichzeitig wurden alle von der sich ausdehnenden Luft nach der Oberfläche emporgetragen.

Ellen befand sich in der Mitte zwischen Harrlington und Davids, dicht neben ihnen, plötzlich aber merkte sie, wie ihre Fahrt gehemmt wurde. Ihre Nachbarn stiegen höher, sie selbst folgte langsamer, dann war es ihr, als ob sie stillstände, und schließlich merkte sie, daß sie wieder langsam zu Boden sank, erkannte zu ihrem Entsetzen, daß die Blasen immer dünner wurden, weil aus einem ihr unbekannten Grunde die Luft daraus entwich.

Sie schrie laut auf; der Ruf in dem engen Glasballon schmetterte ihr in den Ohren, aber er drang nicht heraus, sie versuchte die Blase noch einmal zu füllen, aber umsonst, es ging nicht. Dieselbe war entweder beschädigt, oder der Mechanismus funktionierte nicht mehr. Sie sank immer tiefer.

Ellen sah, wie die Gestalten der fünf anderen über ihrem Kopfe immer kleiner wurden, sie hatten also ihr Zurückbleiben nicht bemerkt, und Verzweiflung bemächtigte sich ihres Herzens.

Plötzlich aber faßte sie wieder Mut, sie sah, wie wenigstens eine Gestalt sich wieder vergrößerte, also zu ihr herabkam, und zwar sehr schnell, denn die Blasen ihres eigenen Apparates waren noch immer mit etwas Luft angefüllt, aus denen des herabkommenden Tauchers dagegen mußte sie vollständig herausgelassen worden sein.

Bald war der Taucher neben ihr, und Ellen erkannte nicht nur anfangs an dem kleinen Apparat, sondern dann auch durch einen Blick in den Glasballon, daß es niemand anders war, als Johanna, die das Zurückbleiben ihrer Freundin bemerkt hatte und sofort wieder umgekehrt war, um bei ihr zu bleiben.

Kaum fühlten beide den Boden wieder unter den Füßen, so ergriff Johanna Ellen bei der Hand und zog sie so schnell als möglich fort.

Es war ein Glück gewesen, daß zwischen ihrem Aufstieg und der abermaligen Landung einige Zeit verstrichen war, sonst wären sie direkt in die Arme der raubgierigen Polypen geraten, so aber hatten diese, als sie sahen, daß die erwartete Beute sich entfernte, ihren Weg fortgesetzt; und Ellen und Johanna erreichten eine Strecke hinter ihnen den Meeresboden.

Kaum aber erblickten die Tiere die beiden Gestalten, so änderten sie ihre Richtung, als hätten sie überall Köpfe und Augen, und krochen wieder zurück.

Jetzt mußten die Mädchen fliehen; Hand in Hand eilten sie davon, so schnell sie konnten, und nach einigen Minuten schon hatten sie wenigstens den Trost, zu sehen, daß ihnen die Polypen nicht folgen konnten – sie blieben zurück.

Als sie die Tiere aus den Augen verloren hatten, hielten sie in ihrem hüpfenden Laufe ein, näherten sich einander und sahen sich in die erhitzten Gesichter.

Johanna war die erste, welche nach dem Schiefertäfelchen griff und an ihre Freundin die Frage stellte:

»Können Sie sich nicht erheben?«

»Nein,« ließ Ellen den Griffel mit zitternden Händen antworten, »mein Apparat funktioniert nicht mehr.«

Johanna versuchte, ob sie den Fehler an dem Apparate ihrer Freundin entdecken könne, aber umsonst, die Blasen füllten sich nicht zum zweiten Male.

»Steigen Sie wieder empor und sagen Sie es Hoffmann, ich warte hier auf dieser Stelle,« schrieb Ellen auf die Tafel.

Johanna überlegte. Es war wirklich das beste, (?) sich nach den Drähten zurückzubegeben und zu telegraphieren, war mit Gefahr verbunden, vielleicht hielten sich die Polypen noch dort oder in der Nähe auf.

Das Mädchen öffnete das Ventil, welches die Gummiblasen füllte, aber vergebens, auch bei ihr kam keine Luft mehr. Hoffmann hatte ihnen gesagt, daß man durch das Öffnen dieses Ventils die Blasen mit Luft füllen und sich emporheben könne, aber nicht, daß es nur einmal möglich sei, denn mehr Luft war in jenem separaten Teile des Kastens nicht vorhanden. Wohl konnte diese Luft von dem mitgenommenen Luftvorrate ersetzt werden, aber damit waren die Mädchen nicht bekannt.

»Auch mein Apparat funktioniert nicht mehr,« schrieb Johanna, »wir müssen nach den Drähten zurück und um Hilfe telegraphieren.« Ellen sah ein, daß es kein anderes Mittel gäbe.

Wie Johannas Herz, so beschlich auch das ihrige eine Bangigkeit, wenn sie die Uhr ansah, welche anzeigte, daß sie den Apparat bereits vier Stunden benutzt hatte, es war die Zeit, nach welcher sie, dem Rate Hoffmanns gemäß, schon nach der Oberfläche zurückkehren sollten. Noch hatten sie eine Stunde Zeit – was dann?

Ellen schauderte. Sie schlug die Richtung ein, welche nach den Drähten führte, wurde von Johanna aber an der Hand gefaßt und zurückgehalten.

Johanna schüttelte einige Male verneinend den Taucherhelm hin und her und zeigte dann gerade nach der entgegengesetzten Richtung.

Ellen wußte nicht, was ihre Freundin meinte.

»Wollen Sie zu den Drähten zurück?« fragte sie.

»Ja.«

Ellen deutete nach ihrer Richtung, aber wieder schüttelte Johanna energisch den Kopf und zeigte entgegengesetzt. Die beiden Mädchen waren verschiedener Meinung über den Weg, den sie gekommen waren.

»Kommen Sie mit mir, Sie sind im Irrtum,« schrieb Ellen.

»Ich täusche mich nicht,« war die Antwort, »wir kommen dort am Korallenbusch vorbei.«

»Dort steht auch einer!« erwiderte Ellen.

»Aber nicht jener, den wir passierten.«

Noch mehrmals zeigten sie sich die beschriebenen Täfelchen vor, sie konnten sich jedoch über die einzuschlagende Richtung nicht einigen, Ellen behauptete, links, Johanna, rechts abgehen zu müssen.

»So kommen Sie doch,« war das letzte, was Ellen schrieb, und selbst den Schriftzügen konnte man ansehen, wie unwillig sie war. »Einige Schritte werden Sie überzeugen, daß ich recht gehabt habe.«

Johanna antwortete nicht mehr, sie fügte sich dem Eigensinn der Kapitänin, obgleich sie ganz bestimmt wußte, daß diese im Irrtum war. Hoffentlich merkte Ellen bald selbst, daß sie den verkehrten Weg einschlugen.

Beide gingen dahin, wo nach Ellens Meinung die Drähte liegen sollten; die Entfernung, die sie zurücklegten, war nach Johannas Berechnung schon eine größere, als sie vorher durchlaufen hatten, noch aber hielt Ellen in ihrem Marsche nicht inne.

Plötzlich blieb sie stehen, sah sich um und griff dann nach Tafel und Schieferstift.

»Etwas mehr nach links,« war alles, was sie schrieb.

Johanna verschmähte es, eine neue Einwendung zu machen; mit zitterndem Herzen folgte sie der angegebenen Richtung, es wurde ihr immer klarer, daß Ellen sich irrte.

Die Gegend nahm ein anderes Aussehen an. Der Meeresgrund war nicht mehr mit Steinen und Felsbrocken übersät, auch die Erdrisse hörten auf, er wurde ebener als zuvor, und vor ihnen zur rechten Hand tauchte eine grüne Fläche auf, seltsam anzusehen, fast wie ein Wald, nur, daß sein unterster und mittelster Teil ebenso grün wie sein oberer war.

Wieder blieb Ellen stehen, und Johanna erkannte an dem Gesichtsausdruck ihrer Freundin, daß diese jetzt auch zugeben mußte, einen falschen Weg gegangen zu sein.

»Wir haben uns verirrt,« schrieb Ellen langsam, fast zögernd, »ich gestehe meine Schuld!«

»Folgen Sie mir, ich bin noch orientiert,« antwortete Johanna sofort.

Johanna war nicht im Irrtum gewesen, als sie in der von Ellen angegebenen Richtung eine falsche vermutete, doch war Ellens eigensinniges Bestehen auf ihrer Behauptung zu verzeihen, denn der Umkreis, in welchen man sehen konnte, war ein sehr geringer, und wirklich hatte es dort den Eindruck gemacht, als müsse man gehen, wie Ellen wollte.

Doch Johanna wurde nicht so leicht getäuscht, Sie gehörte zu jenen Personen, welche sich nie in einer Richtung irren, welche den einmal betretenen Weg immer wiederfinden, und welche selbst mit verbundenen Augen genau angeben können, wo Nord, Süd, Ost und West liegt. Es ist das ein Instinkt, der manchem angeboren ist, und der sich zum Beispiel bei allen Naturvölkern noch vorfindet.

Beschämt, sich ihres Unrechts bewußt, folgte jetzt Ellen ihrer Freundin. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben in den größten Wäldern und den ausgedehntesten Prärien nicht verirrt, daher war ihr Selbstbewußtsein gekommen, sie gestand sich aber jetzt, daß dies nur auf einer scharfen Beobachtungsgabe beruht habe, welche an Merkzeichen den Weg immer wiederfand. Hier, wo man nur einige Meter weit sehen konnte, war es anders.

Johanna ging nicht denselben Weg zurück, sie wußte ganz genau, wo sich die Drähte befanden, und, um direkt dahin zu gelangen, mußten sie eine Ecke des vor ihnen liegenden Waldes oder Gebüsches durchschneiden.

Erst als sie dicht vor dem grünen Pflanzenwuchs standen, sahen sie, aus was dieser eigentlich bestand. Er war sehr hoch und setzte sich aus einer Art von lang aufgeschossenem Seetang zusammen, welcher an einigen Stellen eine Höhe bis zu vier Metern erreichte und unten ziemlich breit war.

Der Boden dieses unterseeischen Waldes war mit einem weichen, moosartigen Gewächs bedeckt, auf welchem zahlreiche größere und kleinere Schnecken und den Mädchen unbekannte, insektenartige Tiere, wie auch Spinnen, umherkrochen. Der Gang durch den Wald bot keine Schwierigkeiten, die Pflanzen standen weit genug auseinander.

»Wollen wir durch den Wald gehen?« fragte Ellen, als Johanna dem Saume desselben zuschritt. Ein banges Gefühl bemächtigte sich des Mädchens, es scheute sich, diesen unterseeischen Wald zu betreten, in dem ihnen vielleicht neue Gefahren, scheußliche Ungetüme drohen konnten. »Ja,« war die geschriebene Antwort, »keine Zeit mehr, ist der kürzeste Weg.«

Ellen folgte willig dem vorausschreitenden Mädchen, das die schwankenden Pflanzen auseinanderbog und mit mutigem Schritt vorwärtsstrebte, Ihrem instinktiven Gefühle nach mußten sie in wenigen Minuten den gewünschten Platz erreicht haben.

Nur einmal wurde die Wanderung auf eine unliebsame Weise unterbrochen.

Eben war Johanna um einen Felsen von roten Korallen gebogen, als sie plötzlich zurücksprang und Ellen wegdrängte. Im nächsten Augenblicke kam ein riesiger Krebs hinter dem Korallenfelsen hervor, ebenso gestaltet, wie die anderen Seekrebse, aber wohl zwei Meter lang und einen halben Meter hoch. Die Scheren schienen befähigt zu sein, den stärksten Büffelknochen zu zerschneiden, und die hervorquellenden Augen, die auf die Mädchen gerichtet waren, hatten eine unheimliche Größe. Das Tier bewegte sich langsam auf die Mädchen zu, die Scheren auf- und zuklappend, den geschuppten, vielgliedrigen Schwanz hoch emporhaltend.

Weder Johanna, noch Ellen ergriffen die Flucht; diesem langsamen Tiere konnten sie sich noch immer entziehen, aber in beider Köpfe war sofort der Gedanke gewonnen, an diesem Tiere einmal die Wirkung der elektrischen Kugeln zu probieren; an dem harten Panzer mußten dieselben sofort explodieren.

Fast gleichzeitig entquollen beiden Gewehren blasige Strahle; gleichzeitig erreichten auch die Glaskugeln das Schalentier, und ihre Wirkung war eine überraschende. Sie konnten keinen Knall hören, sie sahen keine Stücke auffliegen – der Wasserdruck verhinderte das – aber im nächsten Augenblicke lag das riesige Tier geborsten auf dem Boden, der Panzer war in tausend Splitter zerbrochen.

Sie schritten über den ekligen Kadaver hinweg, und nun dauerte es nicht mehr lange, so hatten sie den Ausgang erreicht, sahen die Drähte und Taue noch immer im Wasser hängen, fuhren aber sofort wieder zurück, und verbargen sich hinter einem Korallenriffe, denn eben da, wo die Drähte waren, wimmelte es förmlich von Polypen. Der Ort, den Hoffmann als Versammlungspunkt bestimmt hatte, mußte der gewöhnliche Aufenthaltsort der Tiere sein, und nur damals, als sie von ihm aus ohne Drähte weitergegangen waren, hatten die Tiere ihn eben einmal verlassen gehabt.

Was war nun zu tun? Es war keine Möglichkeit vorhanden, an die Drähte zu kommen; wie riesige Drachen hielten die Polypen sie belagert. Sollten die Mädchen denn hier für immer von der Oberwelt abgeschnitten sein, auf dem Meeresgrunde zum ewigen Schlafe gebettet werden, ohne vorher noch einmal die freundliche Sonne, die Lebensspenderin der Erde, gesehen zu haben? Ihre Herzen krampften sich bei diesem Gedanken zusammen.

Es war nicht genug, daß sie nicht die Drähte erreichen konnten, einige Polypen mußten sie hinter dem Korallenfelsen hervortreten gesehen haben, denn die Ungeheuer verließen ihren Ruheplatz und krochen und wälzten sich dem Versteck der Mädchen zu.

Also verloren? Ellen warf noch einen Blick nach der im Ballon befindlichen Uhr, noch fünfundvierzig Minuten, dann war die Luft erschöpft, der Erstickungstod trat ein!

Doch jetzt galt es vor allen Dingen, der Umarmung jener weichen und doch so muskulösen Riesenarme zu entgehen, die Mädchen faßten sich wieder an den Händen, um sich ja nicht zu verlieren, und rannten, in den freien Händen die kleinen Gewehre, so schnell wie möglich durch den Wald, welcher sie weit überragte und sie bald den Augen ihrer Verfolger entziehen mußte, wenn diese nicht noch von einem anderen Sinne als dem des Gesichtes geleitet wurden.

Plötzlich schwebte ein dunkler Schatten von oben auf sie herab; sie konnten die Gestalt, welche die Sonne verdunkelte, nicht erkennen, sie schwamm langsam in großen Kreisen um die beiden Mädchen herum. Diese blieben stehen, eine neue Gefahr schien ihnen zu drohen.

Wahrscheinlich war jenes große Tier ein Fisch, vielleicht ein Hai, der die Beute gespürt hatte; aber dann dachten sie wieder daran, daß die Haifische selten allein, vielmehr gewöhnlich in Schwärmen herumstreifen.

Mochte es sein, was es wolle, Johanna entsicherte die Büchse, hob sie und zielte auf das schwimmende Tier. Es war ein Glück, daß sie den Schuß nicht verzögert hatte, denn eben, als die Glaskugel dem Laufe entfuhr, kam der Fisch auf sie zugeschossen.

Sie konnten noch sehen, daß es ein Exemplar jener gewaltigen, äußerst gefährlichen Schwertfische war, dessen spitzes, meterlanges Horn von den Tauchern mehr als der Rachen des Haies gefürchtet wird, dann erreichte ihn die Kugel, und er sank sofort leblos auf den Grund.

Die Mädchen hatten jetzt weder Zeit, noch Verlangen, das getötete Tier und die Wirkung des Schusses zu betrachten, jede Minute war kostbar. Mit flüchtigem Fuße eilten sie weiter, mehr nach rechts abbiegend, um auf einem Umwege abermals den Platz, wo die Drähte sich befanden, zu erreichen.

Die beiden Mädchen kamen an einem gesunkenen Fahrzeug vorüber, einer chinesischen Dschunke, welche, halb vom Sande umhüllt, auf der Seite lag, so daß die Masten den Boden berührten. Das Wrack konnte noch nicht lange die Oberfläche des Wassers mit dem Meeresgrund vertauscht haben, denn die Holzteile des Schiffes waren noch nicht mit Seepflanzen und Muscheln überzogen, sondern zeigten ein ganz frisches Aussehen. Einige Tage konnte es erst hier liegen.

Dieses wurde bestätigt durch die Leiche eines in chinesische Gewänder gehüllten Mannes, der nicht weit von dem Schiffe auf dem Boden lag. Die durch den Zersetzungsprozeß im Inneren der Leiche entstandenen Gase hätten diese schon längst emporgetragen, wenn sie nicht durch ein Gewicht daran verhindert worden wäre. Eine Unzahl von Schnecken und Muscheln saß nämlich auf der Leiche; viele seltsam gestaltete, unbekannte Tiere nagten mit Zähnen, rissen mit Zangen, saugten mit Warzen an dem schon halbverfaulten Fleische, darunter auch zwei jener Riesenkrebse, mit denen Ellen und Johanna schon vorher Bekanntschaft gemacht hatten. Ein anderes Schauspiel veranlaßte beide, trotzdem sie in höchster Lebensgefahr schwebten, doch den Schritt zu hemmen und mit stockendem Atem und starren Augen ihm zuzusehen.

Nicht weit von der Leiche des Chinesen waren zwei Seeungeheuer miteinander in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt. Das eine davon war ein Riesenkrebs, das andere ein Scheusal, welches sie jetzt zum ersten Male sahen, und bei dessen Anblick ihre Haare sich sträubten.

Es war völlig gestaltet wie eine Spinne, aber nur in tausendfach größerem Maßstabe. Der kugelrunde Körper mochte wohl einen Meter im Durchmesser betragen, die Beine, von denen der Körper getragen wurde, waren zwei Meter lang und so stark wie ein Menschenarm, von Muskeln strotzend. Die Augen traten weit aus dem Kopfe. Das Tier war von dem Krebse bei einem Bein gepackt wurden, und die Scheren schienen dasselbe abschneiden zu wollen, so dicht waren sie zusammengequetscht. Aber die Spinne wußte ihre Kraft geschickt anzuwenden, sie hatte den Krebs auf den Rücken gedreht, und, des Schmerzes in dem schon halbzerschnittenen Fuße nicht achtend, alle Beine in die weichen Bauchteile des Krebses gebohrt und versuchte, das Schalentier auseinander zu reißen.

Die Mädchen warteten das Ende dieses Kampfes nicht ab, in möglichst weiter Entfernung zogen sie vorüber, denn vielleicht konnten ja die Tiere voneinander ablassen und einen Angriff auf sie machen, und wer wußte, ob der geschwollene Leib der Riesenspinne der Glaskugel einen genügenden Widerstand bot, um sie zum Zerplatzen und Entladen der Elektrizität zu bringen.

Wieder hatten die Mädchen die Grenze des Waldes erreicht, aber mit einem lautlos verhallenden Schrei des Entsetzens sprang die zuerst heraustretende Ellen wieder zurück, denn ein ungeheurer Polypenarm hatte sich ihr begehrlich entgegengestreckt.

War denn der Wald ganz von diesen Ungeheuern umstellt? Gab es denn keinen Ausweg?

Schon näherte sich ihnen der Polyp, und zu seiner Seite und hinter ihm erblickten die Mädchen noch mehrere; der erste war so nahe, daß sie jeden Augenblick von seinem Arm gepackt werden konnten, in eiliger Flucht ging es rückwärts, da aber kamen noch von anderen Seiten Polypen heran, sie schienen verloren, überall, wohin sie sahen, erblickten sie die ungeheuerlichen Tiere, mit den Fangarmen herumgreifend und sich auf sie zu bewegend.

Vor ihnen lag die gesunkene Dschunke, gleichzeitig entstand in ihnen der Gedanke, daß sie nur dort sich vor den Ungetümen verbergen konnten.

Noch zwanzig Minuten.

War diese Zeit hin, so lieferte der Apparat keine Luft mehr, der Erstickungstod trat ein, aber lieber eine oder zwei Minuten Qual erleiden, als sich von jenen schrecklichen Armen umschlingen, sich ein Glied nach dem anderen abreißen und aussaugen zu lassen!

Sie kamen au der Stelle vorbei, wo vorhin die beiden Tiere gekämpft; sie sahen noch, daß die Spinne den Krebs auseinander gerissen hatte; die Schale, welche dem Gewichte eines Eisenbahnzuges gespottet hätte, war in der Mitte gespalten, und die Spinne, ebenso wie ihre Gattung auf der Erde frisches Fleisch dem toten vorziehend, weidete sich an dem leckeren Mahle,

Instinktiv eilten die Mädchen dem Schiffe zu, nur im Innern desselben Rettung vor den Polypen erhoffend, kletterten das schrägliegende Deck an Tauen hinaus, erreichten die geöffnete Luke und stiegen in das Zwischendeck, in die Kajüte hinein. Leider war kein Lukendeckel vorhanden, er war weggespült worden, sonst hätten sie sich vollständig abschließen können; aber durch das enge Loch konnte kein Polyp herein, und der sich hereinstreckenden Arme wollten sie sich schon erwehren.

Sie fühlten in dem dunklen Räume Boden unter den Füßen, setzten gleichzeitig die elektrische Lampe in Brand und – die Kniee wollten ihnen den Dienst versagen, sie wollten fast wieder nach der Luke steigen und sich willig den Polypen als Beute hingeben, ein so entsetzlicher Anblick bot sich ihnen dar.

Der ganze Raum war mit in Verwesung begriffenen Leichen angefüllt, aber das Aussehen derselben war ein zu schreckliches; die Nerven der Mädchen konnten den Anblick nicht ertragen. Sie lagen nicht am Boden, sondern schwebten alle an der Decke, von den im Innern entwickelten Gasen getragen. Alle Glieder der Körper waren bis zur Ungeheuerlichkeit aufgeschwollen.

Das Erschrecklichste aber war, daß unzählige Tiere sich mit den Leichen beschäftigten und um sie stritten, Schnecken, Muscheln, kleine Spinnen, Krebse, Würmer von Meterlänge, plattgedrückte Käfer, so groß wie ein Teller, alles nagte, fraß und saugte und riß an den menschlichen Kadavern, deren Gewänder in Lumpen hin- und herwogten. Große Tiere waren in dem Raume nicht vorhanden, die enge Luke gestattete ihnen keinen Zutritt, aber jener Krebs, der auf die beiden Mädchen zukroch, war noch immer im Besitz von Scheren, welche ihnen gefährlich werden konnten.

Ein Schuß aus Johannas Büchse machte seinem Leben ein Ende, und um den von den Schalen gelösten Körper sammelten sich bald wieder gefräßige Tiere.

Noch waren die Freundinnen erstarrt von diesem grauenhaften Schauspiel, als sich durch die Luke schon ein Arm mit Saugwarzen hereinstreckte und fast schon Johannas Skaphander berührte; aber ein Schnitt von Ellens Messer löste ihn vom Rumpfe, der Stumpf zog sich blitzschnell zurück, und der Arm wand sich in schrecklichen Zuckungen am Boden.

Entsetzt flüchteten die Mädchen in den hintersten Winkel des Raumes, wünschend, daß die zehn Minuten erst vorüber wären, daß sie nicht, noch völlig frisch und lebensfähig, den Eintritt des Todes mit solcher Genauigkeit berechnen könnten.

»Wollen wir uns gegenseitig die Helme abschrauben?« schrieb Ellen auf ihr Täfelchen.

Johanna schüttelte den Kopf, sie war mit dem Selbstmordversuch ihrer Freundin nicht einverstanden.

»Hoffen Sie,« schrieb sie zurück, »unsere Rettung kann in einer Minute geschehen, und vielleicht ist diese nicht mehr fern.«

»Noch neun Minuten!«

»In der neunten Minute ist es noch Zeit.«

»Auch wir werden von den Scheusalen so benagt werden! Lebe wohl, Johanna!«

Das Mädchen antwortete nichts, sie schritt nach der Luke, schoß eine große Spinne, welche ihr den Weg versperren wollte, trat, das Messer in der Hand, dicht an die Oeffnung, hakte die Lampe vom Gürtel, stellte sie auf die Kante und entfernte sich soweit, als die Drähte des kleinen Apparates gestatteten.

Ellen verstand, worauf ihre Freundin noch Hoffnung setzte. Vielleicht, daß der intensive Lichtschein der Glühlampe die suchenden Taucher auf ihre Spur brachte, denn daß man mit aller Anstrengung nach ihnen forschte, davon waren beide fest überzeugt. Die Drähte hatten ja noch vorhin im Wasser gehangen, also lag auch das Boot noch immer oben am alten Platze. Die Engländer und ihre Freundinnen würden schon alles aufbieten, keine Mühe, keine Gefahr scheuen, die Vermißten wiederzufinden, und daß Hoffmann nicht eher ruhen würde, als bis er seine Geliebte gefunden habe, davon war Johanna fest überzeugt.

Sie hatte solches Vertrauen zu ihrem Felix, wie er sich so gern von ihr nennen hörte, sie wußte, daß er nicht eher diesen Platz verlassen würde, als bis er seine Johanna entdeckt habe, lebendig oder tot, und jetzt, nur wenige Minuten vor ihrem Tode, schwebte sein Bild, diese hohe, kräftige Gestalt, mit den geistvollen, ernsten und doch so milden Zügen, mit den treublickenden Augen, in denen keine Spur von Falschheit oder Argwohn zu lesen war, ihr vor, und erheiterte noch ihr Herz, erfüllte es noch mit Entzücken.

Von einem solchen Manne beweint zu werden, das war des Sterbens wert.

»Fünf Minuten,« zählte Ellen, nach der Uhr sehend, »vier – drei – zwei – eine –«

Johanna befestigte die Lampe wieder an den Gürtel und ging zu ihrer Freundin zurück.

»Das Deck ist voll von großen Polypen, wir können nicht hinaus,« schrieb sie auf, zeigte das Täfelchen Ellen und streckte ihr die Hand hin zum Lebewohl für immer.

Ellen nahm die Hand nicht an. Mit einem schnellen Griff riß sie das Messer aus der Scheide und wollte es sich in die Brust stoßen, um so durch einen schnellen Tod den Qualen des Erstickens zu entgehen, aber sie kam nicht zur Ausführung der Tat. Johanna umfaßte mit festem Griff das Handgelenk Ellens, diese suchte sich frei zu machen; ein wildes Ringen entstand, als kämpften beide miteinander, und doch kam es der einen nur darauf an, das Messer frei zu bekommen, um es sich selbst ins Herz zu stoßen, der anderen, ihre Freundin daran zu hindern.

Plötzlich ließen beide sich los; das Messer entfiel Ellens Hand – ein seltsames Knarren und Rasseln drang in beider Ohren, welches aus den Schläuchen zu kommen schien, die von den Luftkästen in den Glasballon führten.

Was war das? Gerade fünf Stunden waren sie jetzt unter Wasser, die Luft war verbraucht, der Mechanismus lief ab. Das Geräusch hörte bald wieder auf, das Räderwerk wurde nicht mehr von der zusammengepreßten Luft getrieben, jetzt mußte der Kampf mit dem Erstickungstode beginnen.

Stöhnend sank Ellen zu Boden.

Aber, war es denn möglich, fühlten sie nicht, wie noch immer ein frischer Lufthauch dem Munde zugeführt wurde, zwar nicht mehr so stark, wie zuvor, aber immer noch kräftig genug, um das Atmen zu gestatten. Wirklich, es war so, sie konnten sich nicht darüber täuschen.

»Der Apparat funktioniert noch, Mut, Miß Petersen!« schrieb Johanna auf.

Langsam richtete sich Ellen wieder empor und steckte das Messer in den Gürtel. Neue Hoffnung zog in beider Herzen ein, zwar keine freudige, eine angstvolle, spannende, aber dennoch war ihnen noch die Möglichkeit geboten, durch Verzögerung des Todes Gelegenheit zu finden, sich zu retten.

Entweder war zufällig noch etwas Luft in den Apparaten vorhanden, oder sie waren überhaupt so eingerichtet, daß sie auch noch nach fünf Stunden funktionierten, aber weniger Luft lieferten.

»Der Apparat arbeitet noch,« schrieb Johanna, »liefert weniger Luft, aber sie genügt.«

Wie lange war ihnen das Leben noch vergönnt? Ach, wenn sie doch wenigstens dies gewußt hätten!

Jetzt aber galt es, die Zeit, welche ihnen noch vergönnt war, möglichst auszunutzen.

Beide gingen wieder an die Luke und setzten ihre Lampen auf deren Kante. Johanna kam dann auf den Einfall, sie nicht einfach brennen zu lassen, sondern sie abwechselnd immer schnell aufflammen und wieder verlöschen zu lassen, was der Ausschalthebel am Gürtel gestattete, wodurch eine Art Blinkfeuer entstand. Vielleicht lenkte dieses die Aufmerksamkeit der Suchenden auf das Versteck.

Jedenfalls erzielten sie noch einen anderen Vorteil. So lange die Lampen ruhig gebrannt, hatte sich ab und zu ein Polypenarm durch die Luke gestreckt, und nur durch den Gebrauch der Messer waren sie dem Schicksale entgangen, erfaßt und herausgerissen zu werden. Schon lag der Boden um sie herum voll von scheußlichen, wie Schlangen sich windenden und krümmenden Armen, deren Lebenskraft eine sehr große war. Seit aber die Lichter blitzartig zuckten, wagten die Polypen nicht mehr, sich der Luke zu nähern; sie schienen sich zu fürchten, das Deck der Dschunke verließen sie jedoch nicht. Sie hielten den Eingang förmlich belagert.

Wieder verging eine Stunde, eine zweite, und noch standen die Mädchen an der Luke und ließen ihre Lampen unaufhörlich aufzucken, ohne sich durch Schriftzeichen zu unterhalten, ohne daran zu denken, daß bereits der Hunger sich bemerkbar zu machen begann, ja, ohne fast noch eine Hoffnung zu haben, durch ihre Bemühungen die Retter herbeirufen zu können; mechanisch handhabten sie noch den Hebel.

Die dritte Stunde war angebrochen.

Da fühlte sich Ellen mit einem Male von hinten am Fuße gefaßt und umklammert; entsetzt wandte sie sich um und sah eine große Spinne, nicht so groß wie die erste, aber immer noch groß genug, um ihr gefährlich zu werden. Das Tier hatte den Fuß gepackt und versuchte hineinzubeißen.

Noch ehe Ellen, welche in diesem Augenblicke ihre Lampe gerade nicht brennen hatte, etwas tun konnte, sich von dem langbeinigen Ungetüm zu befreien, wurde es schon von einer Kugel aus Johannas Büchse getroffen. Die Spinne knickte zusammen und fiel mit geborstenem Körper tot zu Boden.

Johanna hatte bemerkt, welche Gefahr ihrer Freundin drohte und kam derselben zu Hilfe; sie merkte aber nicht, daß in demselben Augenblick, da sie das Gewehr losdrückte und den Rücken der Luke zuwendete, sich durch diese ein Arm hineinstreckte und sie von hinten packte.

Im Nu hatte sich derselbe festgesaugt; Johanna konnte nicht mehr nach ihrem Messer greifen, Ellen bemerkte die Situation ihrer Freundin noch gar nicht – mit einem Ruck wurde diese emporgehoben und durch die Luke gezwängt – sie befand sich in der Gewalt des Polypen. Ellen stieß einen furchtbaren Schrei aus, riß das Messer aus dem Gürtel und stürzte an die Luke, gewillt, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben, der Unglücklichen zu Hilfe zu eilen, damit sie wenigstens mit ihr sterben könne. ^

Sie sah, wie sich die Arme des riesenhaften Polypen um den Körper Johannas schlangen, wie diese ihre Glieder matt unter dem fürchterlichen Druck sinken ließ, wie die anderen Polypen begehrlich ihre Arme ausstreckten, um auch einen Anteil an der Beute zu bekommen, auf die sie so lange gewartet hatten – dann war sie draußen und stürzte mit erhobenem Messer auf das scheußliche Ungetüm zu.

Aber sie erreichte es nicht.

Plötzlich sprang die große Gestalt eines Tauchers im Skaphander zwischen sie und den Polypen, Ellen sah nur undeutlich, wie der Mann in jeder Hand einen kleinen, blanken und runden Gegenstand hielt, an dem Kupferdrähte hingen, wie er auf den Polypen, der Johanna umfaßt hielt, zusprang und ihn ohne weiteres mit den Händen packte.

Ellen wußte nicht, ob dies alles Wirklichkeit oder nur ein Traum sei; aber es war kein Zweifel, das Ungetüm schmolz plötzlich wie durch Zauberei zusammen, es schien sich aufzulösen, die Arme krochen zusammen, und schließlich war der mächtige Polyp nur noch eine zusammengeschrumpfte Masse, als wäre er verbrannt. Dies alles ging jedoch nicht langsam vor sich, sondern plötzlich, fast in einer Sekunde war es geschehen.

Johanna war frei, sie lag, jedenfalls besinnungslos, in den Armen des Tauchers, den Ellen an der großen Gestalt als Hoffmann erkannte.

Dieser Polyp war nicht der einzige, welcher auf diese für Ellen rätselhafte Weise vernichtet wurde; zwei andere Taucher griffen die umherkriechenden Polypen an, welche sich eiligst entfernen wollten, aber ihrem Schicksale nicht entgingen. Furchtlos stürzten sich die Taucher auf die Riesen, die drohenden Arme nicht achtend, umschlangen sie, packten sie, wo sie nur konnten, und fast im nämlichen Moment war der Polyp in eine formlose, schwarze Masse verwandelt.

Jetzt nahmen die Taucher, nachdem sie aus dem Zwischendeck das von der erschreckten Johanna weggeworfene Gewehr geholt hatten, Ellen in ihre Mitte, Hoffmann setzte Johanna wie ein Kind auf seinen Arm, und die drei Männer liefen so schnell, wie es ihre Kostüme erlaubten, den Meeresgrund entlang.

Bald hatten sie die Stelle erreicht, wo vorhin die Drähte und Taue gehangen hatten, die jetzt aber fort waren. Hoffmann machte sich an den Gummiblasen und Kästen der Mädchen zu schaffen, es strömte Luft hinein, sie wurden emporgehoben und strebten der Oberfläche zu, von Hoffmann während der Fahrt hinten am Gürtel gehalten, um ein neues Unglück zu verhüten.

Zehn Minuten später lagen die beiden Geretteten im Boot. Ellen war bei Bewußtsein, sie fühlte sich nur ungemein schwach hätte es doch nur wenige Minuten noch gedauert, so wäre der Luftvorrat völlig erschöpft gewesen, aber die frische Luft, der warme Sonnenschein, gaben ihr bald die Farbe der Gesundheit wieder.

Johanna lag in tiefer Ohnmacht da; der Druck der Arme des Polypen hatte ihr die Besinnung geraubt, aber er war nicht stark genug gewesen, ihr die Knochen zu zerbrechen und sie zu töten; eine Sekunde aber hätte genügt, um dies geschehen zu lassen. Der Retter war im rechten Augenblick eingetroffen.

Hoffmann ließ die beiden Mädchen an Bord der ›Vesta‹ bringen, er zweifelte nicht daran, daß auch Johanna sich bald wieder erholen würde.


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