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Das Dampfschiff Stralsund, das die Reise nach Dobberan gewöhnlich in 6–8 Stunden zurücklegt, war sehr besetzt. Wir zählten über achtzig Männer, fast durchweg Oekonomen, die sich nur von Vollblut, Hochedel, Merino, Rapp, Waizen u. dergl. unterhielten. Der Himmel sah aus, als ob er jeden Augenblick den Oekonomen seine älteste und höchst gründlichste Methode der Vliesswäsche expliciren wolle. Aber wir hatten, wie ich sehr bald bemerkte, einen Talisman an Bord, der es zu Regen und Sturm nicht kommen liess. Unter all den rauchenden, lebhaft disputirenden Männern sass in reizender Schüchternheit eine höchst liebenswürdige kleine Frau an der Seite ihres Gatten. So oft das Wetter loszubrechen drohte, hob sie ihre schönen blauen Augen halb ängstlich, halb bittend nach oben und siehe: die Wolken theilten sich, der Himmel verlor die Courage zum Donnern und zum Blitzen und wurde zuletzt so galant, dass er der schönen kleinen Frau einen Sonnenstrahl zu Füssen legte, und ihr erklärte, dass er einzig um ihrer Anmuth willen die den Oekonomen zugedachte Explication der besten Vliesswäsche unterlassen wolle. So, Ihr undankbaren Männer, wendet, oft Euch unbewusst, ein liebes Weib schweres Ungewitter von Euch ab. – Die Fahrt längs der pommerschen Küste, dem Dars, ist zum Sterben langweilig und wird hierin nur von der nächstfolgenden mecklenburgischen übertroffen. Hätte der Zufall, der mir stets günstiger als das Schicksal war, – wenn nicht beides eins und dasselbe ist – mich nicht an die Seite der schönen Frau geführt, ich wäre gestorben vor Langerweile, denn wer kann 8 Stunden lang von Oekonomie sprechen hören, wenn er sie nicht übt und nichts davon versteht? Endlich hiess es: der heilige Damm! der Badestrand von Dobberan, und vor uns schimmerten in heller Beleuchtung mit grünem Hintergründe die weissen beflaggten Gebäude, wie unser Bild sie darstellt. Etwa noch eine kleine Viertelmeile vom Strande mussten wir die Anker werfen und alsbald stiessen nun vom Lande Böte und kleine Schaluppen ab, um die Passagiere an's Land zu setzen. Alles stürzte nun landbegierig kopfüber, kopfunter in die Fahrzeuge. Schnell waren sie voll. Wir, die Letzten, mussten mit unserer schützenden schönen Frau in eine wahre Nussschale steigen. Und nun, als ob Neptun es auf einen recht dummen Streich abgesehen hätte, so erhob sich jetzt plötzlich, als wir vom Schiffe abgestossen, ein solcher Sturm, dass in der That unser Boot jeden Augenblick umzuschlagen drohte. Nie sah ich, der ich manche Seefahrten gemacht, das Vertrauen und die Fassung in einem schönen Frauengesichte so muthig und göttlich kämpfen und doch endlich in Thränen und in Jammer nach den Kleinen daheim ausbrechen; und zum erstenmale in meinem Leben fühlte ich meinen Arm in Todesangst umklammert in einem Augenblicke, wo die Gefahr allerdings nicht mehr wegzuraisonniren war. Indessen, wir landeten glücklich mit einem recht herzlichen »Gott sei Dank«, jedoch auch mit dem Vorsatze, uns nie wieder auf solche Art ausschiffen zu lassen. Dobberan hat denselben Fehler, wie Putbus. Es liegt viel zu weit vom Strande, von der sonst herrlichen Badestelle. Mit raschen Pferden hatten wir eine gute halbe Stunde zu fahren, ehe wir den in einem herrlichen Waldthale gelegenen eleganten, freundlichen Ort erreichten. Die breite schöne Chaussee führt an den üppigsten Feldern vorüber, es starrt hier alles von Fruchtbarkeit. Von den der Stadt zunächst gelegenen Höhen, dem Buchen- und Jungfernberge, wie auch von Dietrichshagen, geniesst man hübsche Aussichten über Meer und Land. Besonders lieblich ist auch die Ansicht Dobberans vom sogenannten Amerikagehölz. Der Ton des Badelebens ist hier, wie schon früher angedeutet, sehr vornehm, adelstolz, raffinirt, einförmig und nicht eben zur Erholung geeignet. Doch muss rühmend anerkannt werden, dass der Grossherzog selbst mit dem besten Beispiele an der Verbesserung dieses Tones arbeitet. Ueberall erscheint er schlicht und einfach, ohne alle Abzeichen, in bürgerlicher Kleidung. Der Morgen geht in Dobberan mit der weiten Fahrt zum Strande und mit dem Bade hin. Nach dem Diner im grossen Salon versammelt sich die Gesellschaft auf dem Kamp vor dem Salon. Hier hört man Musik und trinkt Caffee, tritt hin und wieder an die Bank im Logirhause, die hier alljährlich im Roulett und Faro gute Geschäfte macht, geht dann in's Theater, welches die hübsche Inschrift trägt: »Erkenne Dich selbst!« und somit ist es Abend geworden, um wieder zum Essen in den Salon gehen zu können. Das ist das Leben hier einen Tag und alle Tage. Ich für mein Theil möchte um keinen Preis die ganze Saison so zubringen. Die Dobberaner Kirche, recht versteckt und malerisch gelegen, ist, so wie die alte Klosterruine, im gothischen Styl erbaut und der näheren Betrachtung würdig, und ausser manchen Curiositäten findet man darin höchst abenteuerliche und ergötzliche Grabschriften. Die neueren Gebäude Dobberans sind zwar, wie das grossherzogliche Schloss, recht elegant, aber nicht imponirend zu nennen. Man sieht dem ganzen Ort an, dass er nicht planmässig angelegt, sondern erst nach und nach entstanden ist. Machen wir von hier aus einen kleinen Abstecher nach dem 2 Meilen entfernten