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Föhr

Föhr

Grosse Erinnerungen an ungeheure Naturereignisse der Vorzeit knüpfen sich an den Anblick der zerrissenen Inselgruppe der Westsee. So wird der Theil des nordischen Oceans genannt, welcher die westliche Küste der cimbrischen Halbinsel bespült und aus dessen Grunde vor vielen kleinen Inseln besonders die beiden grössern, »Föhr« und »Sylt«, sich erheben. Diese Inseln hatten in der Vorzeit nicht allein unter sich, sondern auch mit dem festen Lande Verbindung. Einst soll ein langer Landstrich von Jütland bis nach Schottland hinaus gereicht haben, die Wellen haben ihn verschlungen, ein Ueberbleibsel davon ist das grosse Jütsche Riff, jene Dünenreihe, welche längs der Westküste sich hin zieht, den Seefahrern Gefahr bringt, aber dazu gedient hat, dass hinter derselben, in den Tiefen der Binnengewässer, das eingedrungene Seewasser in Ruhestand getreten ist. Dadurch hat das Marschland sich gebildet; nur wo der Wellenschlag zu stark ist, hat keine Marschbildung Statt finden können; deshalb zeigt sich diese so wenig an der Jütschen Küste, wie an der Westseite der Friesischen Eilande.

Bis zur zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts hatte Nordfriesland, wozu auch Föhr gehörte, eine ganz andere Gestalt. Die durch ihre Landesbeschreibung so bekannt gewordenen Schriftsteller des siebzehnten Jahrhunderts, Caspar Dankwerth und Johann Meier, haben eine Karte dieser Gegend von Klein- oder Nordfriesland geliefert, welche die Gestaltung derselben um das Jahr 1240 angiebt. Meier benutzte ein altes Verzeichniss der Friesischen Kirchen; nach Anleitung dieses Verzeichnisses befuhr er die Küsten fleissig mit alten erfahrenen Leuten; die Erinnerung an die Verheerungen der Fluthen war tief eingeprägt bei den Insulanern und gewiss vom Vater auf den Sohn vererbt. Es ist demnach kein Grund vorhanden, Meier's Karte den Glauben zu versagen, geognostische Beobachtungen und geschichtliche Nachweisungen haben auch dazu gedient, jene vielfach angefeindeten Angaben zu retten und zu bewahrheiten. So sind gegenwärtig nur noch drei Kirchen auf Föhr, eine vierte, die »Hanum« hiess, ist vergangen, die Spur des Kirchdorfs ist jedoch in einem Orte zu finden, der gegenwärtig »Oevenum« heisst und von den Alten »Hevhanum« genannt wurde. Die Werften eines zu dieser Kirche gehörigen Dorfes »Steinsolt« führen noch diesen Namen, an ein untergegangenes Dorf »Ribbel« erinnert noch der »Ribbelstieg«, ein Weg, der auf der Bodexumer Geest nach der Nicolaikirche führt. Die Trennung von Föhr und Sylt durch Fluthen war schon 1216 geschehen, also, dass beide Inseln, wie der alte ostfriesische Geschichtsschreiber »Heimreich« sagt, nicht wieder an einander gehängt werden mögen. Lange aber trennte nur noch ein schmales fliessendes Wasser die beiden Inseln und nach einer alten Sage hat man zur Ebbezeit von Föhr nach Sylt zu Fusse gehen können. Die Fluth in der Neujahrsnacht 1362 schied die Inseln für immer.

Föhr und die jetzige Insel Amrum werden in der Urkunde von 1240 noch als »Osterharde« aufgeführt. Nach Amrum wandern zur Ebbezeit noch oft Fussgänger, desgleichen von Föhr nach der Widingharde des Amtes Tondern. Im Südwesten Föhr's liegt die Inselgruppe der Halligen. Als die grosse Fluth des Jahres 1634 die Insel Nordstrand zerriss, entstanden aus dem grössern Eilande die beiden grössern Inseln »Pellworm« und »Nordstrand.« Diese wurden mit grossen Kosten eingedeicht; eilf kleinere Inseln blieben als Halligland offen liegen. Die Erdfläche dieser Halligen besteht aus einem aufgeschlemmten, fetten Kleiboden, sie erhebt sich nicht mehr als drei bis vier Fuss über den Stand der gewöhnlichen Fluth, und die Häuser sind auf Werften, Erdhügeln von 12 bis 14 Fuss Höhe, die weder Bollwerk noch Bestickung mit Stroh haben, erbaut. Das Erdreich trägt hier kein Korn, es wächst kein Baum, es blüht keine Blume, keine Quelle bietet klares Wasser, kein Vogel singt; nur schrillende Wassermöven in zahlloser Menge umkreischen diese Erdflecke, die unbelebt und finster im todten Weltmeere liegen. Ein ebener grüner Rasen bedeckt diese Eilande; eine hohe Fluth überströmt sie stets, deshalb kann kein Korn hier gebaut werden.

Auf diesen Erdhügeln wohnte ein friedliches Schiffervolk, alte Einfalt der Sitten, frommen Glauben und hohen Muth der Friesischen Väter bewahrend. Die Fluthen des Februars 1825 vernichteten dies stille Dasein auf eine Weise, dass man anfangs Bedenken trug, für die Herstellung der kümmerlichen Wohnsitze Sorge zu tragen. – Auch auf Föhr, welche Insel zur Hälfte aus Marsch, zur Hälfte aus Geest besteht, bewohnte man in frühern Zeiten Werften in der Marsch. Seit der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts sind diese Wohnungen verlassen worden: damals war die Bedeichung der Insel bereits geschehen. Sie deckt Föhr an drei Seiten; im Süden schützt das hohe Geestufer, den besten Schirm aber geben, da wo die Westsee ihre stärkste Gewalt ausüben könnte, die Inseln Amrum und Sylt. Es ist also nur die Geest in der südlichen Hälfte der Insel gegenwärtig bewohnt; sie ist hoch. Ueberschwemmungen nicht ausgesetzt, aber mager und heidicht.

Der Name Föhr wird gewöhnlich von dem Worte, welches auf eine Ueberfahrt hindeutet, abgeleitet; von Einigen auch von dem friesischen Worte »För«, so viel als Schutz bedeutend, womit Förlun, Vorland, in Verbindung steht. Richtiger ist wohl die neuerdings aufgestellte Vermuthung, das zu Grunde liegende Wort, »Far, Vare«, beziehe sich auf Seeraub Vargur und Wickunger bedeutet das Nämliche: Räuber, viele Orte an den Küsten haben solche Bezeichnung vom Seeraube, so die Faroer, Lindesfare an der Küste Northumberlands, das uralte Warthunga oder Wardingborg, selbst Helgoland, von Einigen Ferria genannt.

Föhr liegt kaum eine Meile vom festen Lande entfernt; die Ausdehnung von Süden nach Norden beträgt eine Meile, von Osten nach Westen etwas mehr. Die Zahl der Einwohner mag sich gegenwärtig wohl auf 6000 belaufen.

Ausser dem Flecken Wyck sind sechszehn Dörfer auf der Insel: Boldixum, Wrixum, Oevenum, Midlum, Alkersum, Nieblum, Goting, Burghum, Witzum, Heddesum, Uittersum, Dunzum, Oldsum, Klintum, Tüftum und Süderende. Diese Dörfer gehören zu den drei Kirchen: St. Nicolai, St. Johannis und St. Laurentii. Die Johanniskirche steht in Nieblum, die Nicolaikirche, zu welcher Wyck gehört, an der Grenzscheide der Dörfer Wrixum und Boldixum.

Föhr wird in zwei ungefähr gleich grosse Hälften, in Osterland und Westerland getheilt. Osterland mit Wyck gehört zum Herzogthum Schleswig, Westerland seit 1400 zum Königreich Dänemark.

Der bedeutendste Ort auf Föhr ist der in der Zeichnung vor uns liegende Flecken Wyck. Auf einem hohen Sandufer sieht der vom festen Lande Kommende, den die Fähre von Dagebüll nach der Insel führt, in einer Länge von sechszehnhundert Fuss eine freundliche Reihe von Häusern, die eine Allee vom steilen Ufer trennt. Diese Reihe bildet mit der im Norden anstossenden Hauptstrasse einen rechten Winkel. Ein Ort Wyck wird schon auf Dankwerth's Karte von 1240 angeführt; hier hatten an einer Bucht Fischer ihre Hütten sich gebaut. Der jetzige Flecken ist erst 1602 entstanden. Als 1634 die Fluthen viele Halligen zerstörten, begaben die Einwohner sich nach Föhr und bevölkerten Wyck. Im Jahre 1658 hatte Wyck 36 Wohnungen und 172 Einwohner; im Jahre 1757 schon 181 Wohnungen. Die höchste Volkszahl mag 772 Seelen betragen haben. Die Fleckensgerechtigkeit ist dem Orte am 13. April 1703 verliehen worden. Bis zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts diente ein Vorland, welches »Salzgras« genannt wurde, den Einwohnern zum Hafen. Als eine Verschlickung diese Stelle unbrauchbar machte, suchte der Einwohner Johann Feddersen um eine Octroi zur Anlegung eines Hafens nach; das damals zu Stande gebrachte Werk wurde aber durch die Fluth von 1717 zerstört. Ein zweiter 1763 unternommener Hafenbau hatte gleichfalls nur einige Jahre, nur so lange der damalige Gerichtsvogt Boye Lohsen lebte, und eifrige Sorge dafür trug, Bestand. Mit vielen Kosten ward endlich 1806 ein dauerhafter Hafen erbaut, der bis dahin sich bewährt hat und die Schiffe gegen alle Stürme zu sichern vermag.

Entfernteren ist Wyck durch die dort 1829 gegründete Badeanstalt bekannter geworden. Der Gründung ging eine Fehde über den Werth der Ostsee- und Nordseebäder, geführt vor dem Publicum von zwei ausgezeichneten Männern Holsteins, dem Professor Hegewisch und dem Kammerherrn von Warnstedt, voran. Die Wortredner für Föhr suchen dem Seebad daselbst einen grössern Werth beizulegen, als irgend einem andern Bade der Nordsee. Wenn man in Norderney nur 250 Gran salziger Bestandteile findet, so ergiebt ein gleiches Gewicht Wasser bei Föhr 270 bis 300 Gran. Das Bad hat sich bewährt bei rachitischen Uebeln, bei Lähmungen, Gicht und Rheumatismus, bei Scropheln, bei Fehlern der Sinnesorgane und bei Nervenübeln. Die Stelle, wo kalt gebadet wird, ist ungefähr eine Viertelstunde vom Flecken entfernt. Man fährt für wenige Schillinge dorthin, um nicht vorher zu sehr erhitzt zu werden und geht am Strande oder über Wiesenland zurück. Die Badekutschen sind nach dem Muster der Englischen bequem und gut eingerichtet. Der Meeresgrund ist reiner, feiner Sand; ohne Steine, sicher und nur allmählig sich abdachend. Zu warmen Bädern ist im Flecken selbst in der Nähe des Wirtschaftsgebäudes eine Anstalt eingerichtet. Die Fremden logiren bei den Einwohnern des Fleckens in reinlichen freundlichen Wohnungen. Ein Zimmer pflegt wöchentlich nur 4 Mark 8 Schill. zu kosten. Der Badearzt daselbst, bekannt durch eine kurze, aber geistvolle Brochure über die Insel, ist der Doctor und Physicus G. Eckhoff, ein Bruder des in Holstein so berühmten Itzehoer Arztes. Uebrigens sind die Finanzen der Badekasse sehr drückend, und ohne Unterstützung, die jetzt sehnlichst vom König erwartet wird, sieht die Sache wegen der rückständigen Schulden misslich aus.

In früheren Zeiten war Schifffahrt der vorzüglichste Erwerbzweig der Einwohner. Schon im vierzehnten Jahrhundert waren die nordfriesischen Seeleute weit berühmt in Europa. Seit dem siebzehnten Jahrhundert widmeten die Schifffahrer sich grösstenteils dem Wallfischfang und waren auf Holländischen und Englischen Schiffen gern gesehen, auch oft zu Commandeuren und Harpunirern genommen. In den Jahren von 1720 bis 1769 war das Verhältniss der Seefahrenden zu der Volksmenge wie 1 zu 5. Die Weiber betrieben die Landwirtschaft; sie führten und leiteten den Pflug, sie eggten und säeten und besorgten die Heu- und Kornerndte. Wenn das Frühjahr herannahte, verliess der grösste Theil der Einwohner männlichen Geschlechts, selbst Knaben von zehn und Greise von achtzig Jahren, – die Insel, und kehrte im Herbst mit dem erworbenen Verdienst zurück. Schon mehrere Wochen vor der Abreise sah man die Hausgenossen der Abreisenden beschäftigt mit Instandsetzung alles dessen, was zur Reise erfordert wurde. Die Seefahrer wurden von den Ihrigen, begleitet von Predigern und Beamten, auf die Schiffe geführt; man winkte ihnen vom Ufer und von den Höhen Grüsse und Lebewohl zu, bis man sie aus den Augen verlor. Die sehnlich erwarteten Tage ihrer Rückkehr waren Jubelfeste für die Insel. Seit dem nordamerikanischen Kriege wurden Kauffahrteyschiffe mehr als Grönlandsfahrt üblich; seit dem Kriege, der 1807 mit England ausbrach, ging dieser Nahrungszweig grösstentheils ein, dagegen wurden die Föhringer viel zur Bemannung der königlichen Kanonenböte verwendet. Eine vorherrschende Neigung für das Seeleben ist noch immer in den Erinnerungen der Alten, in den Lebensplanen der Jugend geblieben, im Allgemeinen ist aber gegenwärtig der Ackerbau vorherrschende Beschäftigung geworden, besonders seitdem die Theilungen der Gemeinheiten und die Verkopplungen, mit denen 1770 der Anfang gemacht wurde, von der Regierung eifrig betrieben und, nach Besiegung der anfangs dagegen herrschenden Vorurtheile, durchgeführt sind. Im Herbst 1840 sind allein an verschiedenen Kornarten für über 60,000 Thlr. ausgeführt.

Die Lebensweise der verschiedenen Völker übt einen so entschiedenen Einfluss auf die Sinnesart, dass man oft die grösste Verschiedenheit bei den Nachbarn des nämlichen Stammes findet. Vorherrschende Eigenschaft des Seemanns sind Biederkeit, Geradheit, freilich oft in der Uebertreibung misfällige Erscheinungen, im Allgemeinen Tüchtigkeit, ohne welche der Seefahrer seinen Platz nicht zu füllen vermag. Noch ist der alte Menschenschlag auf Föhr kennbar, noch ist der Geist nicht erloschen, der den Insulaner weit in den Ocean trieb und den er zurückbrachte, und noch in den nächsten Geschlechtern wird man mehr den einstigen Seemann, als den nunmehrigen Ackerbauer finden. Treue und Redlichkeit galt hier vor einigen Jahren noch so hoch, dass man die Schlösser der Thüre fast für unnöthig hielt.

In Betreff der Sittlichkeit findet man auf Föhr den auffallenden Gebrauch zu rügen, welcher hier »Corteln« wie Kiltgang in der Schweiz und »Fenstern« auf der Insel Fehmern genannt wird. Gegen solche nächtliche Zusammenkünfte junger Leute beiderlei Geschlechter wurden schon vor ungefähr hundert Jahren vergebens Verordnungen erlassen.

Die Insulaner sprechen vier verschiedene Sprachen, das alte Friesische, das Föhringsche (eine Mischung, die besonders nach 1634 entstand, als viele Fremde von andern Inseln der Westsee einwanderten), das Dänische und das Deutsche. Die Trachten hatten bis auf die neueste Zeit viel Eigenthümliches, jetzt siegt auch hier Mode über Volkssinn und Volkstracht. Die Wohnungen sind zwar alle auf der Geest, jedoch nahe bei den Marschländereien erbaut. In jedem Dorfe findet man stattliche Häuser mit freundlichen Gärten. In diesen trifft man Fruchtbäume, sonst ist die Insel baumleer. Seit 1748 haben die Einwohner einen Entenfang angelegt; die hier gefangenen wilden Enten werden Schmennen genannt. Zum Robbenfang ziehen mehrere Bewohner auf die nahe belegenen Sandbänke. Austern kann man zur Ebbezeit am abgelaufenen Strande greifen.

Föhr ist ein Ueberbleibsel des alten Nordfriesland. Hier hatte sich bis auf die neueste Zeit das Altfriesische in Sprache, Sitte und Tracht am Längsten erhalten. Die Föhringer halten ihre Sprache, welche dort verschieden von der Neufriesischen gesprochen wird, für das ursprünglich Friesische, sich selbst für die Nachkommen der alten Cimbern, die zurückgeblieben, als der grosse Zug ihrer Landsleute nach Italien geschah. Von der ältesten Zeit sind uns keine Nachrichten überliefert. Aus dem fernsten Alterthum findet man hier, wie auf Sylt, eine Menge von Todtenhügeln. Es hat aber an sorgsamen Händen gefehlt, welche daraus Gewinn für die Alterthumskunde hätten ziehen können und seit der Verkoppelung sind die meisten Ueberbleibsel unter Spaten und Pflug verschwunden. Alte Sagen reden von einem Tempel des Jupiter auf der Insel, dessen Stätte Dankwerth auch nicht unterlassen hat, auf seiner Karte von 1240 nachzuweisen. Gewiss waren manche Föhringer mit auf dem Zuge der Angelsachsen nach Britannien; merkwürdig ist es, dass eine in England übliche Geldart noch in alten Hebungsregistern der Insel vorkommt.

Föhr theilte das Schicksal des alten Nordfrieslands, über welches früher die Könige von Dänemark Hoheit übten; seit dem vierzehnten Jahrhundert ergaben sich die Friesen dem Holsteinschen Grafenhause. Westerlandföhr gehörte dem mächtigen Geschlecht der Lembeck, die auch sonst noch grosse Güter im Herzogthum Schleswig besassen. Claus Lembeck war Oberhauptmann des 1340 ermordeten Grafen Gerhard des Grossen. Er diente auch dessen Sohne Heinrich und zeigte sich lange als entschlossener Feind des Königs Waldemar IV. Nachmals trat er auf die Seite des Königs und wurde Reichsmarschall in Dänemark. Es entstand aber zwischen dem König und ihm Misshelligkeit; Waldemar IV., welcher ein sehr jähzorniger Herr gewesen, wollte Claus Lembeck in siedendes Wasser werfen lassen; der Reichsmarschall ward zeitig gewarnt und entfloh. Er begab sich nach Föhr und legte hier bei dem davon benannten Dorf Burgsum eine Burg an, um sich gegen den König zu schützen. Die Burg war in der niedrigsten Gegend der Marsch erbaut, damit der Ritter sich von dort leicht auf seine Schiffe retten konnte. Noch erkennt man die Spuren der Burg mit einem breiten Graben; auf der Burgstelle ist ein Brunnen, der zu jeder Jahreszeit schönes kaltes Wasser enthält. König Waldemar erschien selbst auf Föhr, er belagerte Claus Lembeck und hoffte, ihn durch Hunger zur Uebergabe zu zwingen; dieser entfloh aber mit einem kleinen Boote und entkam nach Widdingharde. Seine Nachkommen verpfändeten im Jahre 1400 Westerlandföhr für 5000 Mark Silber oder 40,000 Reichsthaler an die Königin Margaretha. Das Pfand wurde nicht eingelöset und dieser Theil von Föhr, zum Stift Ripen gelegt, blieb auch seitdem immer bei Dänemark. Westerland machte eine Birkvogtei des Stiftsamts Ripen, Osterland dagegen eine Landdrostei des Amts Tondern aus und gehört zum Herzogthum Schleswig. Die beiden Landestheile sind in Ansehung der Communalverwaltung und Rechtspflege völlig getrennt. In den Gerichten findet man die alten Volksgerichte der freien deutschen Stämme vollständig erhalten. Es steht den Einwohnern frei, das Volksgericht oder das Erkenntniss des Landes- und Gerichtsvogtes zu wählen. An Ansetzung des Schatzes und der Steuer nehmen die Repräsentanten der Landschaften Antheil. Alles Land ist freies Eigenthum, adlige Besitzungen giebt es nicht auf der Insel.

Föhrs spätere Geschichte hat nichts von politischen Veränderungen oder Ereignissen aufzuweisen. Nur der fortwährende Kampf mit den Elementen, von welchen die Insel umwogt wird, giebt eine Unterbrechung der immer gleichen Einförmigkeit des insularischen Lebens. Am Furchtbarsten seit unvordenklicher Zeit sahen unsere Tage eine Erneuerung des alten Kampfes mit den Wellen. Zwei Tage hatte ein heftiger Wind geweht, als dieser in der Nacht des 3. Februars 1825, als gerade Springfluth eintrat, zum Orkan ward. Um Mitternacht erhob sich plötzlich die See 16 bis 17 Fuss über die Mittelfluthen. Deiche und Fluthen wurden an mehreren Stellen weit überstiegen und bald erfolgten mehrere Grundbrüche im Norden und Westen der Insel. Die See stürzte sich in das Land und überschwemmte die ganze Marsch, wie auch einen bedeutenden Theil der niedern Geest. Um fünf Uhr Morgens hatte die Westsee Besitz von etwa ¾ der Oberfläche Föhrs genommen. Häuser, welche nicht höher gebaut waren als die Fluthen von 1817 und 1818 gereicht hatten, wurden weggerissen, ganzen Familien blieb kein anderer Ausweg als Rettung durch Durchwaten nach höher belegenen Stellen. Den ganzen Tag über behielt die See ihren Stand; selbst im Flecken Wyck erfolgte ein Durchbruch des Spülkogs im Hafen. Am Morgen des 4. Februar sah man vor Föhr die Verwüstungen, welche der Sturm auf den Halligen angerichtet hatte. Auf mehreren Werften waren die Wohnungen ganz vertilgt, auf andern erblickte man bloss das übrig gebliebene Stenderwerk. Man schickte Böte mit Lebensmitteln umher und brachte einen Theil der Geretteten nach Föhr.


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