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Altona.

Altona

Man weiss nicht zwei bedeutende Städte auf verschiedenem Landesgebiete zu nennen, welche so nahe belegen bei einander sind, wie Hamburg und Altona. Letzteren Namen all zu nah hat auch der Volkswitz gegeben, obgleich die Gegend schon früher nach einem Bache Altenau genannt ward. Zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts war Altona noch eine Weidetrift, die zur Vogtei »Ottensheim« oder »Ottensen« gehörte. Als die evangelische Lehre in Hamburg Eingang fand, verliessen mehrere katholische Glaubensbrüder die Stadt, und siedelten sich in Ottensen an, von wo aus sie ihren bisherigen Geschäftsverkehr noch fortwährend betrieben. Zu ihnen gesellten sich mehrere andere Ansiedler, die aber noch alle nach Hamburg zur Kirche sich hielten. Die Hamburger klagten viel über diese allzunahe Niederlassung von Geschäftsleuten aller Art; als daher die Ortschaft 1547 abbrannte, wendeten sie sich an den Drost Barner in Pinneberg, und trugen darauf an, dass Altona nicht wieder aufgebaut werden möge. Allein weder der Drost, noch der Graf von Schauenburg, beachteten diesen Antrag. Der Ort ward mit vieler Sorgsamkeit neu aufgebaut, und blühte zum Verdruss der Hamburger zu bedeutendem Wohlstande empor. Diese verordneten deshalb 1548, dass kein Einwohner ihrer Stadt auf zwei Meilen in der Runde irgend ein Zeug oder Geräthe verfertigen lassen solle. Dadurch entstanden oft Thätlichkeiten zwischen der Stadt und dem Pflanzorte, und ein Drost in Pinneberg äusserte einst, die Altonaer würden besser an der türkischen, als an der Hamburgischen Grenze wohnen. Sehr wichtig für Altona, welches 1604 ein Flecken und 1664 eine Stadt wurde, war die Aufnahme, welche flüchtigen Religionsverwandten aus den Niederlanden, Katholiken, Reformirten, Mennoniten und Juden, seit 1601 gestattet wurde. Der Unfug, den diese Juden mit Hausiren trieben, ward der Stadt Hamburg bald sehr lästig. Als nach Aussterben der Grafen von Schauenburg zu Pinneberg (1640) Altona an den König von Dänemark fiel, ward es noch mehr Augenmerk, das Aufblühen der Stadt zu begünstigen. Ein entsetzliches Unglück verhängten im Januar 1713 die Schweden unter Steenbock über die Stadt, durch Verbrennung derselben. Ausser drei Kirchen blieben nur 30 Häuser verschont. – Seitdem suchte man durch vermehrte Privilegien dem Orte wieder aufzuhelfen, eine glückliche Rivalität mit Hamburg war jedoch nicht zu erreichen. Man zählt gegen 24,000 Einwohner und gegen 5000 Wohnungen. Die Stadt hat einen Oberpräsidenten; der Magistrat besteht aus zwei Bürgermeistern, zwei Stadtsecretairen und vier Senatoren. Zur städtischen Gerichtsbarkeit gehören die Dörfer Ottensen und Neumühlen. Die Stadt hat gutes Strassenpflaster, Gassenerleuchtung, gute Polizei, musterhafte Brandanstalten, ein Zuchthaus mit einer Kapelle, zwei evangelisch lutherische Kirchen, eine der deutsch und holländisch Reformirten, eine Mennoniten-, eine Brüder-, eine katholische Kirche, eine Synagoge der deutsch-polnischen, und eine der portugiesischen Juden. Dem hiesigen Oberrabiner sind alle Juden Schleswigs und Holsteins, die zu Glückstadt ausgenommen, unterworfen. Die Stadt besitzt ferner ein Waisenhaus, welches gegen 70 Zöglinge hat, verbunden mit einer Armenindustrieschule. Die gräflich Reventlauische Armenstiftung hat gegen 80 Präbendisten. Ausser 2 Krankenhäusern und einer Unterrichtsanstalt für Hebammen, findet man hier ein anatomisches Collegium und ein Vaccinationsinstitut; ein Lombard, ein 1799 von Privatpersonen errichtetes Institut zur Belohnung treuer Dienstboten, welches jährlich an des Königs Geburtstag Prämien austheilt und mit einer Sparkasse verbunden ist. Es ist hier eine Centraladministration der Schleswig-Holsteinischen patriotischen Gesellschaft, ein Museum, eine Vereinigung angesehener Einwohner zu wechselseitiger Mittheilung und zum gemeinschaftlichen Vergnügen, eine nicht unbedeutende Bibliothek, eine Turnanstalt und ein Schauspielhaus. Das 1736 gestiftete Gymnasium, Christianeum genannt, hat 1771 eine neue Einrichtung erhalten und jetzt 9 Lehrer.

Der jetzige Oberpräsident von Blücher, ein Neffe des unsterblichen Feldherrn, wurde wegen seiner Verdienste um Altona, namentlich wegen Erhaltung der Stadt, während der französischen Occupation und Belagerung Hamburgs, von dem Könige von Dänemark in den Grafenstand als » von Blücher-Altona« erhoben. Zu jener Zeit wandte der damalige Director des Gymnasii, Struve, die bekannten Virgilschen Verse:

Superet modo Mantua nobis,
O Mantua! nimium vicina miserae Cremonae.

sehr passend parodirend, auf das bedrängte Altona an, indem er auf die Etymologie von » Allzunah« anspielte:

Superet modo Altona nobis,
O Altona! nimium vicina misero Hamburgo.
Möge uns Altona erhalten bleiben! O Altona! all zu nahe dem unglücklichen Hamburg.

Uebrigens hat Altona, trotz dem, dass es ausser der Dänischen Zolllinie liegt, nie mit Hamburg sich messen gekonnt, weshalb es Heine nicht unwitzig zu den Sehenswürdigkeiten Hamburgs rechnet. Wöchentlich wird im Dänischen die Zahlenlotterie gezogen, und zwar nur alle drei Wochen in Kopenhagen, an den übrigen Dienstagen in Altona, woselbst auch seit einigen Jahren die Nummern aus dem Glücksrade genommen werden, welche sonst eine Ziehung in Wandsbeck lieferte. Der Zudrang zu solchen Ziehungen ist ungeheuer gross, namentlich von Hamburg aus, von wo aus sich die Menge durch alle Thore drängt, um sich noch vor der Ziehung mit Lotterieloosen, die beim Eingang fast an allen Fenstern ausgeboten werden, zu versorgen. Der Anblick dieser Collecten erinnert in der That an Gänge, wo allenthalben die Spinnen ihre Netze ausgesponnen haben. – Vergebens hat Hamburg seinen Bewohnern das Spielen im Dänischen Zahlenlotto bei Zuchthausstrafe verboten, es scheint jetzt dahin gekommen zu sein, die Winkelcollecten in Hamburg zu toleriren, damit das Geld nicht aus seinem Weichbild gehe, obgleich, wenn sich einmal besondere Glücksfälle ereignen, diese Winkelentrepreneurs sich nur zu oft als unzahlungsfähig zeigen. Ein Engländer, der vor mehren Jahren eine bedeutende Summe gewann, wollte sich nicht mit 75 Procent, dem ganzen Vermögen der erschrockenen Bankhalter, begnügen, klagte und ging natürlich ganz leer aus. – Unter der väterlichen Regierung des jetzigen Königs steht zwar eine Aufhebung des Lottos zu hoffen, welches indessen ein bedeutendes Deficit in den Finanzen, und die Brodlosigkeit einer Unzahl bei diesem Institute angestellten Menschen herbeiführen würde.

Eine sehr schöne Strasse in Altona ist die Palmaille, berühmt durch die herrliche Allee, welche diese breite Gasse bis zum Ende nach Ottensen durchläuft, und dabei den reizendsten Anblick auf die Elbe leiht. Der Rainvillsche Garten gewährt diesen noch unbeschränkter; eine vortreffliche, aber sehr theure Restauration, welche hier angelegt ist, macht diesen Platz nicht selten zur Reunion der reichen Altonaer und vorzüglich der Hamburger, welche dort häufig Diners, Soupers und Bälle geben. Dicht davor befindet sich der Ottenser Kirchhof, auf welchem Klopstock mit seiner Meta unter einer schönen Linde ruht. –

Längs der Elbe hin, bis Blankenese, wechseln die anmuthigsten Gegenden, mit den schönsten Gartenhäusern reicher Hamburger und Altonaer geziert, ab. Hier ist besonders der Bauersche Garten und die ehemalige Besitzung des vor einigen Jahren verstorbenen, als Oeconom, Schriftsteller und vor allen Dingen als Menschen ausgezeichneten Baron Vogths in Flottbeck zu bemerken, so wie eine im Geschmack der englischen Landhäuser gebaute Wohnung des Herrn Richard Godeffroy, und der Kunstgarten des Herrn James Booth.

Von früheren Zeiten her haben hier viele berüchtigte und berühmte Menschen ihren Aufenthalt gehabt, z. B. Joh. Christ. Edelmann, Johann Conrad Dippel, Johann Otto Glüsing, Stanislaus de Lubianitz, Ann. Mar. v. Schurmann, Joh. Bernh. Basedow, Joh. Aug. und Joh. Christ. Unger, Phil. Gabr. Hensler und Heinrich von Gerstenberg, der bekannte Verfasser des Ugolino.

Unter den jetzt in Altona Lebenden dürfte besonders der als Astronom bekannte Etatsrath Schumacher zu erwähnen sein, so wie der edle und geistvolle Wienbarg, der sich, ausser mit der Redaction der kritischen Blätter der Hamburger Börsenhalle, so wie mit seinen andern literarischen Arbeiten, auch zum Theil mit der Herausgabe des Altonaer Merkurs beschäftigt, einer der ältesten deutschen Zeitungen, welche übrigens in den letzten Jahren ungemein an innerm Werthe zugenommen hat.

Altona hat nur einen einzigen guten Gasthof, den des Herrn Danker, zum Holsteinischen Hause am Rathhausmarkt. Die früheren Hotels in der Palmaille sind eingegangen, woran die Nähe Hamburgs wohl die grösste Schuld tragen mag.


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