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Im Audienzsaal und außerhalb desselben.

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. Der Tag, an welchem die Gräfin ihre Entscheidung kund zu thun versprochen, war gekommen, das im Eßsaal servirte Frühstück hatte eine große Gesellschaft versammelt, und die Fürstin, durch leichtes Unwohlsein sich entschuldigen lassend, ersuchte ihre Edlen bis um Mittag zu bleiben, zu welcher Zeit sie hoffe gegenwärtig sein zu können.

Es fehlte nicht an Vermuthungen über die Art ihrer Unpäßlichkeit. Unter den Anwesenden waren: Graf Brederode, ernster heut' als gewöhnlich – Ritter Floris von Raaphorst, der sich ganz seiner schönen Tischnachbarin hingab, und Herr Johann van der Burg, der Geheimsecretair der Gräfin; die Unterhaltung war lebhaft, man fragte, muthmaßte und weder das zurückhaltende Wesen der Jungfrau Aleide noch der ernste Blick des Hofkaplans vermochten die Neugierde der Versammelten niederzuhalten. Man hatte am frühen Morgen einen geschlossenen Wagen in's Schloßthor fahren sehen, und der Angekommene war nicht beim Frühstück erschienen; sichtlich waltete hier ein Geheimniß und schon das Vermuthen eines solchen genügte, phantastische Erklärungen daran zu knüpfen. So geschah es auch hier, doch kam Keiner der Wahrheit nahe.

Gleich nach Aufhebung der Tafel eilte Aleide nach dem Vorgemach ihrer Gebieterin, auf hohen Befehl dort wartend. Im Toilettezimmer aber herrschte große Regsamkeit. Die junge Gräfin hatte sich den Händen ihrer Kammerjungfern anvertraut und stampfte ungeduldig mit dem kleinen Fuß, sobald dieselben irgend einen Schmuck unrichtig anbrachten oder, zur Eile getrieben, sich beim Anlegen der Perlen oder Befestigen des zierlichen Häubchens ungeschickt zeigten. Der sonst so ruhige Ton der hohen Frau klang fast heftig unter der Zurechtweisung ihrer Zofen, und dann und wann machte sie gar mit eigner Hand Aenderungen, die ihr beim Blick in den Spiegel geeignet schienen ihre Schönheit zu heben. Denn heute wollte sie unter ihren Hofdamen glänzen und mehr denn je durch äußere Gaben blenden, die Natur und Reichthum ihr verliehen.

Das himmelblaue Schleppkleid, vorn offen, läßt ein weiß seidenes, reich mit Gold und Perlen gesticktes Unterkleid sehen; ein schlichter Gürtel, von dem goldene Täschchen herabhängen, umschließt die Taille, das fürstliche Gewand, dessen Schleppe und weite Aermel von Hermelin umsäumt sind, in üppige Falten legend. Das Häubchen, von dem ein kleiner Schleier herabwallt, bedeckt die Stirn nur wenig, und ungehindert fallen die langen Locken über die Schultern herab, von Perlenschnüren gehalten. Ein prachtvolles Diamantkreuz hängt an schweren goldenen Ketten ihr um den Hals, wo, nach damaliger Sitte, das Kleid ein wenig ausgeschnitten und mit kostbaren Spitzen eingefaßt war, die auch das untere Ende der eng anschließenden Aermel des Unterkleides schmückten.

In dem Augenblick als die Kammerzofen die letzte Hand an die Toilette gelegt und, froh, die heute so schwierige Aufgabe vollendet zu sehen, sich eben entfernen wollten, vernahm man ein eiliges Klopfen an der Thür. Es wurde geöffnet und Jungfrau Aleide trat herein.

»Vergebt Gräfin, daß meine Ungeduld mir längeres Warten unmöglich machte,« sagte die Jungfrau, nachdem Jene das Zimmer verlassen; »Ihr hattet mich schon vor einer halben Stunde herbeschieden und ich wünschte so sehr Euch noch vor der Versammlung zu sprechen.«

»Ja, die Toilette hielt mich heute lange auf; doch meine Aleide ist immer willkommen und nicht am wenigsten heute.«

»Habt Dank! Hält meine Gräfin ihre Pläne fest?« fragte das junge Mädchen; »ich sehe ihrer Ausführung mit großer Sorge entgegen.«

»Das Ergebniß wird zeigen, daß ich richtig gehandelt,« erwiderte Jacoba voll Selbstvertrauen. »Ja, Aleide, es bleibt dabei; das hätte Euch schon die Kutsche sagen können, die vorhin in's Thor fuhr. Ihr wißt, lange habe ich in Bezug auf diesen Schritt geschwankt, mußte ihn aber thun, weil ich nur so mich gegen den Uebermuth der Edlen schützen kann, und besser ist's aus freiem Entschluß zu wählen als durch Feindschaft und Parteisucht gezwungen. Wäre ich wirklich frei und allgemein anerkannt, ich würde vielleicht noch gezögert, meine Entscheidung noch hinausgeschoben haben, jetzt aber kann ich nicht anders –« und wie ermüdet stützte Jacoba das Haupt in die Hand.

»Faßt Muth, Gräfin!« versetzte Aleide in fröhlichem Ton; »augenblicklich sind die Zeiten dunkel, aber das Licht wird wieder durchbrechen. Wer weiß, wie bald wir Euch an der Seite eines geliebten Gemahls sehen dürfen, der Euch wirklich Freund und Rathgeber ist.«

»Gebe der Himmel, daß es geschehe!« antwortete Jacoba ernst. »Doch kommt, die Stunde zum Beginn der Versammlung hat bereits geschlagen, und nicht länger darf man sich in Muthmaßungen über meine Abwesenheit ergehen.«

»Deren wurden viele laut,« bemerkte die Jungfrau, »man schien Euer Unwohlsein nur für einen Vorwand zu halten.«

»Welche Vermessenheit!« zürnte die Gräfin. »Kommt Aleide, begeben wir uns nach dem großen Saal, wo Ihr Euch meines Muthes freuen sollt. Und wahrlich, Muth gehört dazu, den vielen versammelten Edlen den neuen Günstling, den von ihnen gehaßten Edelmann, vorzustellen!« und festen Schrittes, mit stolz erhobenem Haupt, betrat die Fürstin den Seitengang und von dort das uns schon bekannte Vorzimmer, wo einer der Edlen ihr den Arm bot, um sie in den Audienzsaal zu führen.

Und wieder, wie bei der vorherigen Versammlung, waren die Edlen zahlreich gekommen. Jacoba grüßte freundlich, als sie, nachdem die Flügelthüren sich weit geöffnet, und ein Kammerdiener ihr Erscheinen gemeldet, eintrat und nach ihrem Sitz schritt. In ihrem Gang lag heute mehr Festigkeit; – bisher hatte sie geschwankt, was in diesen heiklen Zeiten zu thun sei, einerseits gegenüber der Macht ihrer Edlen, andererseits gegen ihre Feinde; aber heute war sie entschlossen, und Entschlossenheit sprach sich in ihrem ganzen Wesen aus, ihrem schönen Antlitz besondern Adel verleihend.

Ein Ausruf der Bewunderung wurde unwillkürlich laut, und manches Auge ruhte mit mehr als gewöhnlicher Theilnahme auf der Gräfin, als sie, sich hoch aufrichtend, begann:

»Wir sind hier zusammengekommen, um in einem Geiste für Land und Volk zu wirken. Ihr Alle habt mir gerathen nicht zu zögern, und sicher, Euer Rath war gut. Wir glauben gewiß zu sein, daß Se. Eminenz der Bischof von Luik sich uns feindlich gegenüber stellen wird, und seine Macht, sein Einfluß ist groß; wir wissen ebenfalls, daß wir schon im Beginn unserer Regierung ihm ein Dorn im Auge waren, und daß, ungeachtet seiner anscheinend freundlichen Gesinnung, der Boden unter unsern Füßen unterminirt ist; wir wissen, daß die Herren von Egmont und von Arkel sich gegen uns verbündet haben, und daß ihrerseits Versuche gemacht sind, mit jenem Kirchenfürsten ein Triumvirat zu bilden, von dem er der Arm sein wird, der durch Geld und Ueberredung ihre Waffen schärft und spornt, während die Haltung, welche Se. Eminenz bei unserer letzten Versammlung angenommen, genugsam beweist, der Versuch von Seiten der Kabeljauischen sei nicht vergeblich gewesen. Aus Vlaardingen ging mir die Kunde zu, daß die Bürger uns verrathen und wir also von dieser Seite nichts mehr zu hoffen haben. Also Gewalt gegen Gewalt! Bevor wir Euch jedoch mit unserm Vorhaben bekannt machen, dem Ihr, wie wir uns überzeugt halten, Eure Zustimmung nicht versagen werdet, möchten wir ein Mal noch Eure Versicherung hören, daß Ihr dasselbe in Ehren zu halten gewillt seid.« –

Ein lautes Beifallsgemurmel durchlief die vollen Reihen, und die Gräfin fuhr fort: »Wir bitten aber, Ihr wollet Euch jeglichen Urtheils enthalten bis das Ergebniß Euch gezeigt, daß wir reiflich erwogen und richtig gehandelt haben!«

In diesem Augenblick öffneten sich die Flügelthüren abermals so weit, wie es nur beim Erscheinen der fürstlichen Frau selbst üblich war, und während Alle den Blick auf Jene gerichtet hielten, voll Spannung, welche Durchlaucht jetzt eintreten werde, rief ein Kammerdiener mit lauter Stimme: »Herr Wilhelm von Arkel Herr Wilhelm von Arkel. Das Geschlecht der Arkel war eins der ältesten Hollands, den Häusern von Egmont und Gelre und dem deutschen, regierenden Fürstenhause verwandt. Wie sein Vater stand auch Herr Wilhelm von Arkel auf Seiten der Kabeljauischen. Einst durch Brederode gefangen genommen, verdankte er der Gräfin Jacoba seine Freiheit, die ihn, nach geschichtlichem Bericht, zu ihrem Gemahl erheben wollte, als der Tod zwischen Beide trat.

Die Gräfin war leichenblaß geworden, bewahrte jedoch völlig ihre äußere Ruhe und Würde, als bemerke sie weder den heimlichen Groll, der sich in den Gesichtszügen Einzelner aussprach, noch die Kühnheit Anderer, die schon ihre Hand an die Klinge legten. Ihr Auge sah nur auf den jungen Mann, der festen Schrittes und mit erhobenem Haupt durch die Reihen der Edlen ging und – als sei sein Ohr den rohen Verwünschungen, die zwar nur flüsternd gesprochen, aber doch von ihm gehört zu werden bestimmt waren – keinen zu beachten schien, bevor er den fürstlichen Sitz erreicht hatte. Dort kniete er und beugte das Haupt tief zur Erde. Auf einen Wink der Gräfin nahte ihr ein Kammerherr, einen kostbaren Degen in der Hand haltend.

»Reicht ihn diesem Edelmann!« befahl die hohe Frau, »und Ihr,« fügte sie zu dem jungen Mann gewandt hinzu, »tragt ihn mit Ehren, und lasset diesen Degen nicht mehr gegen mich, sondern für mich streiten!«

Der Jüngling blickte erstaunt bald auf die Gräfin, bald auf den Kammerherrn, der ihm den Degen bot; dunkle Röthe übergoß sein Antlitz und heller Glanz strahlte aus seinen Augen.

»Gräfin,« sprach er in ernstem Ton, »heißt das – daß –«

»Daß Ihr frei seid und gehen könnt wohin Ihr wollt,« unterbrach sie ihn lächelnd. »Habt Ihr uns denn nicht verstanden und müssen wir es Euch noch deutlicher zu erkennen geben, daß wir Eure Ehre wieder herstellen und Euch unseres Vertrauens wieder würdig achten?«

»Meine Ehre, meine Freiheit!« sprach der junge Edelmann zweifelnd, »und das, während meine Freunde Eure Gegner sind, Frau Gräfin?«

»Seine Freiheit!« murrten die Edlen; »seine Freiheit ist unser Verderben! Hinweg mit dem Verräther!«

Wilhelm von Arkel erhob sich plötzlich und während sein Blick voll Zorn die Edlen traf, sagte er ernst und mit lauter Stimme:

»Ich stamme aus edlem Blut und ein Verräther war ich niemals! Wer das zu wiederholen wagt, der soll es erfahren, was es heißt, einem Arkel Trotz zu bieten. Gott ist mein Zeuge und die Gräfin weiß es, daß ich nimmer weder mein Land noch meine Partei verrathen, sondern an ihrer Spitze redlich für sie gekämpft habe.«

»Das habt Ihr,« rief die Gräfin zustimmend aus, »und deshalb halten wir es für angemessen, keinen Groll gegen Euch zu hegen. Nehmt Euren Degen zurück und dient uns mit demselben Heldenmuth, der Euch zuvor beseelte.«

Der junge Mann nahm die lang entbehrte Waffe und küßte sie wie im Freudenrausch; dann sich abermals vor der Gräfin verbeugend, versetzte er mit einer an Verehrung grenzenden Dankbarkeit:

»Gräfin, so lange ich lebe, werde ich Eures Edelmuthes eingedenk bleiben – wie aber kann ich je vergelten, was Ihr mir gethan?«

»Herr von Arkel! bisher konntet Ihr, mein Gefangener, mir nicht dienen,« antwortete die Fürstin, über seine freudige Ueberraschung lächelnd; »jetzt aber seid Ihr frei, und wir zweifeln nicht, Ihr werdet uns bald Beweise geben, daß unser Vertrauen nicht eitel war;« und unter tiefem Erröthen reichte sie ihm ihre kleine Hand, die er fest an die Lippen drückte.

»Bei Gott, welch ein Schauspiel!« hörte man hier und dort flüstern; »sind wir denn nur herberufen, um Zeuge zu sein wie einem dieser Verhaßten die Freiheit zurückgegeben wird?« hieß es von anderer Seite.

»Dürfen wir das dulden?« rief einer der Edlen aus und Graf Brederode trat mit dem Recht eines Rathgebers der Gräfin vor die hohe Frau, indem er fragte:

»Können Ew. Gnaden solches vor Ihren getreuen Vasallen verantworten?«

Langsam erhob Jacoba sich; ihr seelenvolles Auge erglühte und die vollste Ueberzeugung sprach aus ihren Worten.

»Verantworten?« fragte sie, »sind wir denn Jemandem Verantwortung schuldig? Habt Ihr nicht Alle wie ein Mann gelobt, meine Handlungsweise zu ehren, wie sie auch sei? Vor Gott und unserm Gewissen erkennen wir, daß hier Recht geschehen ist! Sollten wir die Strafe, welcher eine ganze Anzahl Edler sich schuldig gemacht, allein auf diesen legen? Das wäre doch Unrecht! Während so Viele meine Gegner sind, bestand seine Schuld nur darin, daß er dem Ruf seines Geschlechtes und seiner Partei folgte. Darin aber hat er allein gegen seine Fürstin sich vergangen, und wenn nun die Fürstin vergibt, geziemt es da Euch unversöhnlich zu sein? Keine Strafe ist so wirksam, als unbedingte Vergebung! Herr von Arkel kehre jetzt nach Dordrecht zurück, nicht als mein Gesandter, aber als ein freier Edelmann, und begrüßen ihn seine Freunde dort, so möge er bezeugen: nicht durch Gewalt und List, sondern durch die freie Gnade der Gräfin sind die Thüren des Gefängnisses mir geöffnet – und er wird fortan nicht mehr im Kampf wider uns stehen.«

»Nach Dordrecht senden Ew. Gnaden mich? Ein so großes Vertrauen schenkt Ihr mir? O habt Dank, meine edle Gebieterin! Jetzt sollt Ihr's erfahren, was Arkels Einfluß vermag!«

»Geht denn und bezwingt die Verbündeten, entwaffnet die Kriegsschaaren, beseitigt die Aufwiegler – vielleicht wird Euer Wort Dordrecht's Bürger wieder für mich gewinnen.«

»Was ich vermag, das soll geschehen!« betheuerte der junge Edelmann, und noch einmal sich tief vor der Fürstin verbeugend, schritt er aus dem Saal.

Kaum hatten sich die Thüren hinter ihm geschlossen, als die zurückgehaltene Entrüstung sich ungescheut kundgab.

»Fürwahr, eine hübsche Lösung des Räthsels!« hieß es; »was will die Gräfin nun weiter? sollen wir aufbrechen oder abermals geduldig warten?«

Die Gräfin vernahm die murrenden Aeußerungen wohl, ließ sie jedoch unbeachtet; stolz und ruhig begann sie aufs Neue:

»Ihr wißt jetzt wozu wir Euch zusammenberufen; wir sind gewiß, Herr von Arkel wird, was möglich ist, aufbieten, um seine Partei für uns zu gewinnen; doch ist es vielleicht schon zu spät, auch kann er auf Widerstand stoßen oder sich den Haß seines Geschlechtes zuziehen – deshalb müssen wir handeln. Also, Herr von Brederode, ergreift kräftige Maßregeln, wendet Euch um Beistand an die Friesen, ruft zu den Waffen und laßt in wenig Tagen eine fest gefügte Kriegsmacht nach Vlaardingen marschieren. Vielleicht werden die frommen, mir ergebenen Bürger – dürfen sie auf Befreiung hoffen – sich gegen die augenblickliche Uebermacht aufsetzen. Spart weder Kosten noch Mühe, eilt und suchet den Sieg zu gewinnen!«

»Ihr, Heemstede, wackerer Held, Ihr habt dafür zu sorgen, daß der Muthlosigkeit in Holland entgegengewirkt, Mord und Plünderung verhütet werden; verfügt über Alles, was Ihr dazu bedürft; von Eurer Treue überzeugt, lassen wir Euch völlige Freiheit.«

»Euch endlich, Raaphorst, sei ebenfalls eine Pflicht auferlegt, deren Erfüllung nicht leicht ist. Wir senden Euch nach Brabant, um Beistand zu erbitten; man möge uns eilig Hülfe senden und keine geringe Macht, denn ich sehe schwere Tage kommen. Und nun lebt wohl! Wer uns übrigens noch zu sprechen wünscht, suche bei Herrn van der Burg darum nach, der Jedem freundlich Rede stehen wird,« und sich leicht verneigend, schritt die Fürstin durch den Saal und trat in den Corridor.

Ein lautes Gemurmel der Zurückbleibenden ließ sich hören, sobald sich Jacoba mit ihrem Gefolge entfernt, und mehr als einer der Edlen gab seine Entrüstung in abgerissenen Aeußerungen zu erkennen. Der Gegenstand des Hasses aber, Herr von Arkel, hatte sich inzwischen nach dem für ihn hergerichteten Gemach begeben, um, mit Hilfe seines Kammerdieners, eiligst das Nöthige für seine Abreise zu beschaffen. Fast erschrak er beim Eintritt in dasselbe von Jacoba's Beichtvater begrüßt zu werden, obgleich dieser den Ritter auch während seiner Gefangenschaft einzelne Male besucht hatte, um im Auftrage der Gräfin dafür zu sorgen, daß es ihm an nichts fehle; rasch näherte sich der junge Edelmann dem Abt und sagte, sich vor ihm niederlassend:

»Der hochwürdige Abt wolle mir seinen Segen ertheilen.«

»Empfanget ihn, edler Herr, Ihr, ein getreuer Sohn unserer heiligen Kirche,« sprach der Geistliche ernst und machte das Zeichen des Kreuzes; dann hob er ihn auf und sagte:

»Euch ist heute Barmherzigkeit widerfahren, Ihr habt Eure Freiheit erhalten!«

»Freiheit! ja, Gott sei Dank!« jubelte der junge Mann. »O wie herrlich ist es frei zu sein, frei zu athmen, den blauen Himmel über, die schönste Zukunft vor sich! Nimmer noch wußte ich was es ist um die Freiheit, ehe ich sie monatelang entbehrte. O Ehrwürden, ich möchte tanzen und fröhlich sein wie ein Kind!« und in der vollen Freude seines Herzens erfaßte er die Hand des Geistlichen und sprang im Zimmer umher, den Abt mit sich fortreißend, der, weit entfernt darob zu zürnen, ihn ernst lächelnd anblickte und sagte:

»Fasset Euch, mein Sohn! vielleicht kommen noch bessere Zeiten, vielleicht naht bald ein Tag, wo Ihr Eure Freiheit gern hingebt und durch sanfte Bande gefesselt sein möchtet.«

»Ihr sprecht in Räthseln, mein Vater! und doch, bedenke ich, wie lieb und freundlich die Gräfin zu mir sprach, mit welchem Feuer ihr Blick auf mir ruhte, in dem auch nicht der leiseste Tadel sich aussprach, wie sie nicht Anstand nahm vor den vielen versammelten Edlen meine Unschuld zu bezeugen, dann –«

»Dann zweifelt Ihr, ob das Alles dem Gefangenen galt, Euer Herz sagt Euch, daß Ihr Jacoba's Günstling geworden seid – und ihr noch mehr werden könnt –«

»Ist das Scherz, Ehrwürden? Vergebt mir, aber die Gräfin ist zu edel für solche Ironie, sprecht so nicht von ihr,« fiel der Edelmann dem Abt eifrig in die Rede.

»Scherz? wer denkt an Scherz! Ich gewiß am wenigsten, der ich die Gräfin um ihrer Tugenden willen hochschätze und nimmer Ursache fand, mich über sie zu beklagen. Nein, mein Sohn, ferne sei's mit ihren oder Euren Empfindungen zu scherzen, solches geziemt dem Geistlichen nicht. Doch Eins darf ich und thue es: Euch bitten, Ihr wollet Euer Herz prüfen! Und nun – die Versammlung ist beendigt und die Gräfin wünscht Euch vor Eurer Abreise noch zu sprechen. Dies sei unser Abschied für heute; mein Segen aber und mein Gebet werden Euch begleiten.«

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