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Die Kalendermacher sind hierinn nicht eins: Dieser bestimmt diese, und jener jene Tage; und wenn man darüber vergleicht, so findet man, daß sie alle Tage, theils für gut, theils für böse halten. So einfältig sind aber jetzt nur wenig Landleute mehr, daß sie in den Kalender sehen sollten, wenn sie den Acker bestellen oder den Garten bearbeiten wollen: Vernünftige nehmen dazu die Zeit, welche ihnen die beste zu seyn scheint, und sind, wenn sie das ihre gethan haben, unbekümmert, weil sie wohl wissen, daß sie nun nicht weiter zum Fortkommen des Gesäeten oder Gepflanzten beitragen können: sondern Seegen und Gedeihen von dem erwarten müssen, der dieß allein geben kann. Wie oft ist der Abergläubische betrogen worden, wenn er zu diesen Geschäften einen vermeintlich glücklichen Tag wählte; und wie oft hat die Erfahrung gelehrt, daß auf solche Tage nichts ankomme. Die Burkhardswoche, welche in den October fällt, soll eine unglückliche Saatwoche seyn. Burkhardus war aus England nach Deutschland berufen, wo er sich um die Ausbreitung der christlichen Religion verdient machte; daher er auch im Jahr 746 Bischof zu Würzburg wurde. Man nennte den 11ten October nach seinem Nahmen, um dadurch seine Verdienste im Andenken zu erhalten. – Wie könnte man nun glauben, daß dieser Tag auf die Saat nachtheiligen Einfluß habe? Könnte man die Tage bestimmen, die zum glücklichen Fortkommen des Gesäeten gewiß beitrügen; so wär folgende Prophezeihung auch gegründet: Das Sommergetraide: als Gerste und Hafer, sollen mittelmässig gerathen, wie auch Linsen Wicken, Erbsen, Hirsen; Heu dürfte mehr, aber weniger Grummet werden.
Das Wintergetraide, sonderlich Korn, kann im Herbste bei rechter Zeit gesäet werden. Das Obst soll an etlichen Orten gut, an andern aber wenig seyn: Die Eicheln verbleiben ganz klein. Der Hopfen geräth mittelmässig, und leidet gemeinniglich im Frühlinge Schaden durch Mehlthau. In diesem Jahr soll wenig Wein werden, und weil im Herbst kein gut Wetter ist; so soll man ihn bald lesen und die Weinberge zeitig decken. So kann man vorhersagen, daß es heute finster und morgen wieder helle werden wird, wie der Kalender versichert, daß in diesem Jahr mehr Heu als Grummet; an etlichen Orten mehr, an andern weniger Obst seyn werde. Daß der Hopfen gemeiniglich im Frühling durch Mehlthau Schaden leide; daß im Herbst kein gut Wetter seyn werde, und man daher bei Zeiten säen, und Wein lesen solle. Wenn denn aber jenes zuversichtliche Vorhersagen: Gerste und Hafer sollen mittelmässig gerathen. – In diesem Jahr soll wenig Wein werden x. nicht eintrifft, wer merkt darauf, oder wer macht dem, der es gesagt hat, Vorwürfe. Welcher Vernünftige kann so etwas glauben? Wer wird sich nicht gern von Meinungen losmachen, die so elend ausgedacht sind, die so gefährlich werden können, wenn man an denselben fest bleibt?!
So unzuverlässig, wie alles dieses, sind auch die Wetterprophezeihungen der Kalender: Wer aus dieser Ursach sich einen Kalender kauft, der betrügt sich gewiß. Man vergleiche nur die Kalendervorherverkündigungen mit der Witterung selbst, und man wird sich bald überzeugen, daß sie nichtig sind. Nachdem man sich zehnmal betrogen hat, so trifft es kaum einmal zu, was man im Kalender vom Wetter sucht. Wir wissen im allgemeinen die Ursachen davon, wenn das Wetter sich verändert hat; aber die Regeln, nach welchen dieß geschieht, kennen wir noch nicht, und werden sie schwerlich entdecken. Man hat Jahre lang das Wetter jedes einzelnen Tages bemerkt, und die Ursachen davon gesucht; hat alles das mit einander verglichen, und hierinn auf etwas gewisses zu kommen; aber vergebens! Und fast scheint es, daß alle künftige Versuche so fruchtlos als die bisherigen, seyn werden. Es ist auch bekannt, daß die Witterung an allen Orten nicht gleich ist. Hier regnet es, und eine Stunde weiter scheint die Sonne. Dort ist ein Gewitter, und hier bemerken wir es nicht. Wir haben Kalender, die in einer 15 und mehrere Meilen entfernten Stadt gemacht sind; wie wär es möglich, daß sie uns sagen könnten, es werde heute bei uns ein Gewitter, morgen Wind, übermorgen Regen u.s.w. seyn?
Heute fallen keine sonderliche Aspecten, sagt der Kalender, heute fallen gute, heute böse. Aspecten sind die Stellungen der Sonne und der Planeten, welche zu verschiedenen Zeiten, auch verschieden sind, weil diese Körper sich bewegen. Wenn sie mit einander auf- und untergehen, und zu gleicher Zeit im Mittage erscheinen; so sagt man, daß sie einerlei Länge habe. Wenn man von der Sonne bis zum Mond durch die Mittagslinie in Gedanken sich eine Linie denkt, und findet sie entweder in eben dem Grade, oder, doch nur wenige Grade der Länge, von einander unterschieden; so heißt dieß Zusammenkuft: Und diese soll mittelmässig glücklich seyn. Ist aber die Sonne von dem Planet, oder ein Planet von dem andern, 60 Grad (ein Grad hat 15 deutsche Meilen) der Länge nach entfernt; so heißt das Gesechsterschein der nach dem Kalender gut seyn soll. Wenn die Sonne von einem Planet, oder ein Planet von dem andern 90 Grade abstehen, so nennt man das Geviertenschein, der, wie der Kalender sagt, böse ist. Beim Getdrittenschein sind Sonne und Planeten 190 Grade der Länge nach von einander entfernt – er ist gut! Wenn zween Planeten gegen einander überstehen; so heißt es Gegenschein; und er ist böse! Erblickt man zwei oder mehrere an derselben Stelle des Himmels; so heißt dieser ihr Stand conjuctio oder Verbindung. Ich fühle es hier, daß ich, um diese Kalenderausdrücke zu erklären nicht ganz deutlich seyn kann; fühle aber auch, daß es ungereimt seyn würde, zu glauben, die verschiedenen Stellungen der Sonne und Planeten, die von Ewigkeit her nach den vom Schöpfer festgesetzten Regeln erfolgen, und zu bestimmten Zeiten gewiß eintreffen – könnten etwas böses oder gutes bedeuten. Warum wollte man sich bei Dingen, welche nicht in unsrer Macht stehen, mit Furcht oder Hofnung quälen? Würden wir dabei wohl als vernünftige Menschen handeln, oder würden wir nicht mit Recht Thoren genennt werden, die ohne Not sich die Freuden des Lebens verbittern? Der Aberglaube denkt z.B. Wenn der Mond bei dem Jupiter oder Venus gesehen werde; so zeige diese Verbindung bei der Geburt eines Kindes Glück an: Wenn aber Saturn oder Mars mit dem Mond in Verbindung stehe; so bedeutet es eine unglückliche Geburt. Allein, wer die ungeheuren Entfernungen bedenkt, in welchen die Planeten von einander, und von der Erde, (auch bei ihrer Zusammenkunft) abstehen, der wird nicht Kälte, Wärme, Hitze, Trocknis und Feuchtigkeit, noch weniger Schicksale einzelner Menschen oder gar Weltbegebenheiten ihren Einfluß zuschreiben.
Die Planeten sind aus dem, bei manchem so beliebten Kalenderbuch bekannt. Sie heissen eigentlich Uranus, Saturnus, Jupiter, Mars, Erde, Venus und Merkur; sind selbstständige Körper, haben jeder seinen eigenen Lauf um die Sonne, und hat keiner auf den andern auch nur den geringsten Einfluß. Einige haben ihre Trabanten oder Monde, die um sie, wie sie selbst mit den Monden um die Sonne laufen. Solcher Monde haben Uranus, Saturn und Jupiter mehrere, unsere Erde aber nur einen. In den meisten Kalendern, und sogar in einigen Hofkalendern, werden unwissender Weise Sonne und Mond auch unter die Planeten gezählet, und der neuentdeckte Planet Uranus ganz ausgelassen. Die Planeten sind Weltkörper, denen man diese Namen gegeben hat, um sie zu unterscheiden. Jedem Jahr wird von den Kalenderphantasten ein Planet zugeordnet, von den man alsdann sagt: Er regiert. Jedem Planet legt man Eigenschaften bei, die man auf die Witterung des Jahrs überträgt. Saturn ist trocken und kalt; Jupiter feucht und warm; Mars ist hitzig und trocken; Venus feucht und warm; Mercurius warm und trocken; Mond feucht und kalt. Der gute Uranus geht also leer aus? – Jedermann weiß aber wohl, daß die Witterung der Jahrszeiten unveränderlich eintritt, ohne daß der Planet, den man den regierenden nennt, Einfluß darauf hat. Hätten diese Planeten, oder ihre Stellung wie man dieß nach dem sogenannten hundertjährigen Kalender glaubt, auf die Denkungsarten und Schicksale der Menschen Einfluß; so müßten die Zwillinge, und alle diejenigen Kinder, die zu der Zeit geboren werden, da die Planeten dieselbe Stellung haben – auch einerlei Charakter und Schicksale haben: Aber lehrt nicht die Erfahrung daß ihre Gemüthsart und die Vorfälle ihres Lebens sehr verschieden sind? Wie sonderbar ist es daher, wenn man von einem Planet sagt; Er regiert. Kann ein todter Weltkörper, der sich seines Daseyns nicht bewußt ist, über vernünftige Geschöpfe das Regiment führen? Wenn das ein Planet könnte, warum sollte es nicht vielmehr die Erde können, auf der wir wohnen, und die daher auf uns einen weit grössern Einfluß haben könnte, als jene weit entfernte Welten? Ist es nicht schändlich, bei Betrachtung seiner Schicksale an eine leblose Materie zu denken, und derselben Wirkungen zuzuschreiben, die sie unmöglich haben kann? Als ob man es nicht wüßte daß ein Gott sey, der alles regiert, und für seine Geschöpfe mit Güte und Weisheit sorgt! Jener Aberglaube schändet die göttliche Vorsehung, und ist für die Tugend höchst gefährlich. Der Müller in G. glaubt, daß die sieben in dem 100jährigen Kalender angezeigten Planeten die sieben Fürsten (Erzengel) im Himmel bedeuten, und daß man sich, je nachdem dieser oder jener Planet im Jahr regiert, an diesen oder jenen Himmelsfürst wenden müsse, um etwas zu erlangen: Und weil er, wie man sagt, sonst kein ungescheuter Mann ist, so glaubt es die ganze Gegend. Wenn aber nun der Müllermeister einmal hört, daß man den achten Planet (Uranus) entdeckt hat, wird er denn auch einen achten Himmelsfürst erwählen? Eben so wenig bestimmen die zwölf himmlischen Zeichen: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Wage, Scorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische – die monatliche Witterung; Sie zeigen in den Kalender weiter nichts an, als daß die Sonne scheinbarlich in dieses Zeichen trete; und man kann nicht sagen der Februar ist wässerig, der Julius feurig, weil in diesem der Löwe, in jenem die Fische – das Monatszeichen sind. Wenn der Mond oder die Sonne in dieses oder jenes himmlische Zeichen tritt; so glaubt man, dieß habe in die Dinge auf der Erde, in die Schicksale der Menschen, auf Seegen und Unseegen einen besondern Einfluß. So will mancher Zimmermann, wenn die Sonne im Zeichen des Krebses oder des Scorpions steht, kein Holz fällen, weil er glaubt, der Wurm komme in dasselbe. Wenn das Zeichen der Fische drei Tage hinter einander im Kalender steht; so soll es Regen bedeuten. Allein wer die ungeheure Entfernung bedenkt, in welcher die Fixsterne von der Erde abstehen, und daß sie blos willkührliche Namen haben, welche die alten Sternkündiger von den Dingen hernahmen, mit welchen sie sich in jedem Monat vorzüglich beschäftigten, der wird leicht einsehen, daß es Thorheit sey, ihnen solche Wirkungen beizumessen. Man bestimmt im Kalender auch die monatliche Witterung im allgemeinen, aber so, daß jeder andere eben das vorhersagen kann. Der Frühling, heißt es, ist feuchte, dabei warm, mit unterlaufendem Froste; der März ist kalt; der April hält Regen; der Mai ist anfangs schön, worauf Kälte folgen könnte. Der Sommer ist bisweilen warm, doch öfters kalt; der Junius ist zwar fein, hat aber öfters Regen. Der Herbst und Winter ist anfangs feucht, alsdenn mittelmässig kalt, danach ganz kalt und feuchte. Im December kommt Schnee, darauf etwas Regen; Zu Ende des Jahres wird es kalt, so bis ins folgende Jahr dauert. Wie bekannt ist es, daß im Frühling noch Fröste mit unterlaufen; daß es im April regnet, und noch etwas kalt, und der Winter am Ende ganz kalt ist, und die Kälte bis ins folgende Jahr dauert? Es würde daher mehr als Neugier nach der Zukunft seyn, wenn man nach diesem Maasstab die Witterung messen wollte. Wir können die künftige Witterung im allgemeinen mit ziemlicher Gewißheit vorhersagen; denn die Erfahrung hat uns ihre Verschiedenheit in den Jahrszeiten und ihre gewöhnlichen Abweichungen von der Regel gelehrt.
Auch darf man nicht glauben, als ob die Thiergestalten so am Himmel erscheinen, wie sie im Kalender stehen. Man hat die bei einander stehenden und bleibenden Sterne aber nur auf dem Papier, in Thiergestalten gezogen, und dadurch ihnen Namen gegeben, um sie zu unterscheiden, und sie im gemeinen Leben kurz nennen zu können. Die Sterne an sich, oder ihre Stellungen gegeneinander, haben nichts weniger als solche Gestalten.
Und damit es an nichts fehle, was ein Neugieriger oder Abergläubischer suchen könnte; so haben vielen Kalender auch