Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Bericht vom Aderlassen.

An welchem Tage durch das ganze Jahr gut oder bös Aderlassen ist. Der erste Tag ist bös, man verliehrt die Farbe. Der zweite ist bös, bringet leichtlich ein Fieber mit sich. Der 3 ist bös, verursachet gefährliche Krankheiten. Der 4 ist bös, kann einen schnellen Tod verursachen. Der 5 ist bös, es verschwindet das Geblüte. Der 6 ist gut, da geht Blut und Wasser. Der 7 ist bös, verderbet den Appetit zur Speise. Der 8 ist bös, kränkt und verderbt den Magen. Der 9 ist bös, machet den ganzen Leib krätzig. Der 10 ist bös, verursachet ein flüssig Angesicht. Der 11 ist gut, machet Lust zum Essen und Trinken. Der 12 ist gut, machet geschickt am ganzen Leibe. Der 13 ist bös, machet Unlust zum Essen und Trinken. Der 14 ist bös, verursacht gefährliche Krankheiten. Der 15 ist gut, machte Lust zu Speis und Trank. Der 16 ist bös und der allergefährlichste. Der 17 ist gut, und der allerbeste. Der 18 ist gut, und bringet Gesundheit. Der 19 ist bös, und gar besorglich. Der 20 ist bös, erwecket allerhand Krankheiten. Der 21 ist gut zu allen Dingen. Der 22 ist gut, und entfernt alle Krankheiten vom Menschen. Der 23 ist sehr gut, wehret allen Krankheiten, und stärket die Glieder des ganzen Leibes. Der 24 ist gut, und nimmt alle Dämpfe, starken Husten und Herzensangst hinweg. Der 25 ist gut für diejenigen, die Hauptbeschwerungen haben, befördert auch den Verstand. Der 26 ist gut, und bewahret das ganze Jahr vor Fieber, und wehret vornehmlich den Schlagflüssen. Der 27 ist bös, und geneigt zum jähen Tod. Der 28 ist gar herrlich und sehr gut. Der 29 ist bös. Der 30 ist sehr bös. Da haben wir also in jedem Monat vierzehn böse, einen gar herrlichen und guten, einen allerbesten, und einen allergefährlichsten, einen zu allen Dingen guten, und einen gar besorglichen Tag bei dem Aderlassen. Aber wer, wenn er nicht ein belachenswerther Narr ist, wird sich daran kehren, wenn er Bedürfnis fühlt, oder der Arzt ihm dazu räth, ob in dem Kalender bös oder gut steht? Laß zur Unzeit Ader, und du wirst die übeln Folgen davon wohl erfahren, wenn im Kalender gleich – recht sehr gut stand. Laß zu Ader, wenn es dir nöthig ist, oder ein Sachverständiger dazu räth; und es wird dir bekommen, wenn gleich der Tag, an welchem es geschah, im Kalender für gar besorglich angegeben wurde. Es ist allerdings wahr, daß man nach dem Aderlassen die Farbe verliehren, in ein Fieber oder andre Krankheit verfallen, oder sich gar den Tod zuziehen kann; aber immer nur in dem Fall, wenn es zu unrechter Zeit geschieht: Zu rechter Zeit gebraucht, hat es bekannt gute Wirkungen, ohne daß man aber im Stande wär, dazu einen Tag fest zu setzen. Der Kalenderaderlaßprophet hat es auch gar wohl gewußt, daß der Dumme (denn für Kluge wird so etwas nicht geschrieben) immer mehr Unglück als Glück erwartet; daher sind der unglücklichen Tage mehr, als der glücklichen. Er wußte es auch, daß diese Gläubigen nicht untersuchen, und hält sie daher für das, was sie sind, für Narren. Der 5te heißt es, ist bös, es verschwindet das Geblüte, der 6te ist gut, da geht das Blut und Wasser. Allerdings verliehrt man Geblüt, wenn man Ader läßt, und daß das Blut mit Wasser vermischt sey, ist ja jedem bekannt! Wie konnte er das als eine Prophezeihung aufstellen? Gewiß wird auch aus einem Lahmen kein Tanzmeister, wenn er Adergelassen hat. Man sollte dieß meinen, wenn man liest: Der 12te ist gut, machet geschickt am ganzen Leibe. Verschiebe das Aderlassen bis zum 26ten, und glaube, daß du denn das ganze Jahr vor Fiebern und Schlagflüssen werdest bewahrt bleiben; oder bis zum 15ten, um mehr Verstand zu bekommen; der Erfolg wird dich lehren, daß du in jedem Fall betrogen seyst.

Kaum kann man sich des Unmuths enthalten, wenn man Menschen, die doch ihre Schwäche kennen, über Sachen z.B. über Gesundheiten, und Krankheiten, so zuversichtlich urtheilen hört, als ob ihre Prophezeihungen ungezweifelt zutreffen müßten. Man höre hierüber den Kalender:


 << zurück weiter >>