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Vom Wahrsagen aus den Sternen.

Unter der Astrologie, welche ehedem so großes Ansehen hatte, und eifrig erlernt und getrieben wurde, versteht man die Kunst, aus den verschiedenen Stellungen der Gestirne zukünftige Begebenheiten, als: die Veränderungen des Wetters, die Fruchtbarkeit der Erde, die Schicksale ganzer Reiche und einzelner Menschen, und den Ausgang ihrer Unternehmungen vorher zu sagen. Der Ursprung derselben ist in dem Heidenthum zu suchen, da man glaubte, der Himmel habe Leben in sich, und beseele die Gestirne, welche daher sehr vollkommne Wesen wären. Man schrieb es ihrer innern, vortreflichen und göttlichen Natur zu, daß sie sich bewegen und glaubte, daß die vornehmsten Theile der Gottheit darin befindlich wären, durch welche denn auch die Schicksale der Menschen und die Begebenheiten auf dieser Unterwelt regiert würden, welche man daher durch fleisige Beobachtung der Gestirne und ihrer Stellung gegen einander voraus sehen könnte. Selbst gelehrte und fromme Männer waren ehedem von dieser Art des Aberglaubens angesteckt, und suchten durch Astrologie ihr Lebensende zu erfahren. Ein Mensch, der gewiß glaubt, daß er auf einen bestimmten Tag sterben werde, kann allerdings vor Einbildung sterben; denn je näher die Stunde kommt, desto lebhafter werden die Todesvorstellungen, alle Bewegungen des Körpers gerathen in Unordnung, verursachen den Tod, und der Abergläubische ist dahin. Der Aberglaube hat die Meinung gebracht, daß bei der Geburt eines Menschen ein neuer Stern an den Himmel gesetzt werde; je nachdem der Stern leuchte, sey das Schicksal des Menschen gut oder böse: Er werde reich, wenn dieser schön glänze; arm, wenn er nicht viel glänze; er sterbe, wenn sein Stern vom Himmel falle. Die Verbindung des Jupiters oder der Venus mit dem Mond sey bei der Geburt der Kinder glücklich; die des Saturns und des Mars unglücklich. Aber die Gestirne halten einmal wie das andre ihren Lauf; wie könnten sie dem neugebohrnen Kinde Glück oder Unglück verkündigen, oder die Begebenheiten der Welt und der Menschen anzeigen? Eben so wenig Einfluß können sie auf den Charakter der Menschen haben. Schon ein weiser Heide, Cicero, erklärt das Vorhersagen aus den Sternen für das, was es ist, für Aberglauben. »Es ist zu wenig, sagt er, es Thorheit zu nennen, wenn man ein Kind nach der Beschaffenheit des Himmels beurtheilt; es ist Unsinn. Woher kommt es denn, daß oft Zwillinge, die doch unter einerlei Gestirn gebohren sind, so verschiedene Schicksale haben? Wie weit sind die Planeten entfernt? Kann man sich ihren Einfluß als möglich vorstellen? Es wäre gewiß vernünftiger, wenn man sagte, die Veränderungen des Windes und des Wetters hätten Einfluß auf die Geburt des Menschen u.s.w.« Bestimmen die Gestirne der Menschen Denkungsart und Schicksal, wozu hätten sie den freien Willen? die, welche in einer Schlacht das Leben verlieren, sind gewiß nicht unter einerlei Gestirn gebohren. Die Wahrsagungen der Astrologen, wenn sie auch nach allen Regeln der Kunst gemacht worden wären, sind falsch und betrüglich, und können die Probe nicht halten. Unter hundert Personen, welche sich die Nativität stellen lassen (so nennt man es, wenn jemand sich von einem Sterndeuter aus dem Gestirn, unter welchem, wie er glaubt, gebohren ist, aus dem Tag seiner Geburt und dergleichen das Zukünftige vorhersagen läßt) wird immer nur bei sehr wenigen der Erfolg mit dem Vorhersagen übereinstimmen, und wenn es geschieht; so ist es zufällig. Man ist geneigt, die Begebenheiten des zukünftigen Lebens als solche zu betrachten, die der Sterndeuter vorhergesagt hat. Mir soll es gleichgiltig seyn, wenn man mir sagt, daß der Anblick des Gestirns in der Stunde meiner Geburt lächelnd oder drohend gewesen ist. Können die Himmelskörper, die sich ihres eigenen Daseyns nicht bewußt und mehrere Millionen Stunden weit von mir entfernt sind, und welche die ihnen vom Schöpfer angewiesene Laufbahn nach unwandelbaren Regeln fortgehen, mir von künftigen Dingen Nachricht ertheilen? Soll ich zu einer groben, unempfindsamen Materie, meine Zuflucht nehmen? Nein, öfters will ich mein Auge nach jenem Sternfeld hinrichten, und darin die Allweisheit und Allmacht des Schöpfers bewundern. Nie soll mich ihr Anblick zu dem thörigten Gedanken verleiten, von ihnen die Zukunft lernen zu wollen. Die Sternkunde (Astronomie), welche uns die Grösse der Himmelskörper, ihre Entfernungen und Bahnen lehrt, ist nicht nur erlaubt, sondern auch sehr nützlich. Sie beruht auf sichern Gründen und Erfahrungen. Aber nicht so ist es mit der Astrologie, durch welche freilich auch schon manche wichtige Begebenheit bewirkt worden ist. Die Engländer hatten bis auf eine Festung in Frankreich alles erobert, und Karl der siebente wollte schon in eine gebirgigte Landschaft fliehen, und sich da verbergen. Aber Agnes Sorel, Karls Maitresse, ließ einen Sterndeuter holen, der, nachdem sie das nöthige mit ihm verabredet hatte, ihr in Gegenwart des Königs sagte: Wenn ihn nicht alle Gestirne betrögen; so würde sie einen grossen König noch lange vergnügen. Sie stellte sich, als ob sie nun zum König von England gehen wollte. Karl bekam Muth, mit ihm das Volk, man spielte den bekannten Auftritt mit dem Mädchen von Orleans, die sich göttlicher Offenbahrungen rühmen mußte, und die Engländer wurden wieder aus Frankreich vertrieben.


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