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Wenn die Sonne am heil. Christtage scheinet, so bedeutet es ein glücklich Jahr. Den 2ten, so bedeutet es Theurung. Den 3ten, Uneinigkeit. Den 4ten drohets den Kinder Masern und Blattern. Den 5ten geräth das Obst und Winterfrucht wohl. Den 6ten giebt es Ueberfluß an Baum- und Feldfrüchten. Den 7ten gute Viehweide; hingegen Theurung an Korn und Wein. Den 8ten viel Fische und wilde Vögel. Den 9ten den Kaufleuten glückliche Handelschaft. Den 10ten gefährliche Gewitter. Den 11ten große Nebel und Krankheiten. Den 12ten bedeutets Krieg und Blutvergießen.
Jeder weiß, wie viel und großer Aberglaube von und an den Tagen herrscht, die für Christen die heiligsten seyn sollten: Hier wird uns auch gesagt, daß die Sonne Glück, oder Unglück bedeute, wenn sie an den ersten zwölf Christtagen scheine. Aber laß sie nur scheinen, die wohlthätige Sonne, sie soll uns immer willkommen seyn, an den Christtagen, so wie durchs ganze Jahr. Wir wollen, wenn wir sie an diesem Tage sehen, weder Unglück ahnden, noch außerordentliches Glück erwarten; denn beides möchte unsere Erwartungen täuschen. Ist das Jahr glücklich, oder tritt in demselben, Theurung ein; so soll die Sonne uns das nicht prophezeihet haben. Masern, Blattern, Krankheiten, Uneinigkeit x. wilde Vögel werden in dem neuen Jahre nicht fehlen, werden aber gewiß auf diese Kalenderprophezeihungen nicht folgen. Geräth das Obst und die Winterfrucht wohl; giebt es Ueberfluß an Baum- und Feldfrüchten, an Fischen x. so wollen wir dem dafür danken, der es uns gab – ohne auf jene vorgeblich vorbedeutende Sonnenerscheinungen an heiligen Tagen geachtet zu haben. Krieg und Blutvergießen hängt von dem Willen de Weltregierers ab, wie könnte der Sonnenschein am zwölften Christtage es uns verkündigen? Denn
Alles lenkt ein weiser Gott:
Drum ists Dummheit oder Spott,
Etwas glauben ohne Grund.
Wo ist es uns gesagt, daß Gott durch Sonnenerscheinungen zu gewissen Zeiten uns die Zukunft entdecken wolle, die er uns aus weisen Ursachen verborgen hat? Eben so wenig hat Gott in den Donner, der in den verschiedenen Monaten gehöret wird, etwas vorbedeutendes gelegt. Der Donner, welcher allemal auf den Blitz folgt, welches zusammen Gewitter heißt, hat seine sehr natürliche Ursachen! Wenn die Dünste, die aus der Erde beständig aufsteigen, in der Luft sich reiben, so werden sie entzündet; und das ist der Blitz: Der Blitz aber treibt die Luft aus einander, die denn mit Heftigkeit wieder zusammenfährt; und das ist der Donner. Unter gewissen Umständen muß ein Gewitter entstehen, und Regen und Wind sind natürlich und begreifliche Folgen desselben, die unter diesen Umständen nicht ausbleiben können. Sobald man aber von etwas weiß, daß es natürlich zugeht, und die Ursachen kennt, warum es geschieht; so hört man auf zu glauben, daß dadurch etwas prophezeihet werde. Unter den zwölf Nächten versteht man bekanntermassen diejenigen zwölf Tage und Nächte, die vom ersten Christtag anfangen, und sich am Abend vor dem Feste der Erscheinung Christi oder heil. drey Könige endigen. Die abergläubischen Thoren wollen von der Witterung, die in diesen Tagen einfällt, auf die Witterung des ganzen Jahrs schliessen. Der erste Christtag soll den März, der zweite den April, der dritte den Mai u.s.w. bedeuten. Und so wie die Witterung des Morgens, Vor- und Nachmittags und auf den Abend, an jedem Tage der Zwölfen beschaffen ist; so soll die Witterung in jeder Woche der zwölf Monate seyn. Man glaubt fälschlich, daß in den zwölf Nächten die Kalender gemacht werden, weil während derselben eine besondere Stellung der Gestirne am Himmel sey, und man an dem Laufe derselben sehen könne, was für Witterung das ganze Jahr seyn werde. Das ist alles grundfalsch, ist die Geburt eines schwachen Kopfs. Man hat sonst noch von den Zwölfen andre Vorurtheile, glaubt z.B. daß man krank werde, wenn man Hülsenfrüchte; Erben, Linsen, Bohnen u. dgl. genieße; daß das beste Vieh im Stalle sterbe, wenn man Fleisch esse. Es ist aber nichts gewöhnlicher, als daß der Landmann in den Feiertagen krank wird, weil er da mehr als sonst zu essen und zu trinken pflegt, und weniger arbeitet; Und da in solchen Tagen auch das Gesinde nicht zu arbeiten pflegt, so ist es um so mehr eine gute Hausregel, wenn man wenig Fleisch zu essen giebt. Gleichfalls soll das Ausmisten der Viehställe, während den Zwölfen nicht gut seyn. Ein verständiger Hauswirth aber wird, wenn es erfoderlich und die Witterung bequem ist, sich durch dieses Vorgeben nicht davon abhalten lassen. Das Gesinde, welches mit Ende des Jahrs aus den Diensten geht, unterzieht sich in den letzten Tagen vielen Arbeiten so ungern, als das neue Gesinde in den erster Flitter- oder sogenannten Anzugstagen; und der Hausherr läßt es geschehen, zumal da man in den kürzesten Tagen, wenn die Kälte sehr groß ist, die Ställe ungern öfnet. Daher verfließen die zwölf Unternächte gemeiniglich ohne Säuberung der Ställe, und der Aberglaube hat es endlich für unrathsam ausgeschrieen. Im Kalender heißt es ferner: